Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8834 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8793 - Wie weit ist in Niedersachsen die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes? Anfrage der Abgeordneten Reinhold Hilbers, Dr. Max Matthiesen, Volker Meyer, Burkhard Jasper, Petra Joumaah, Gudrun Pieper und Annette Schwarz (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 28.09.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 05.10.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 30.10.2017, gezeichnet Cornelia Rundt Vorbemerkung der Abgeordneten Am 30.06.2017 ist die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassene „Richtlinie zur Förderung von regionalen Projekten in den Bundesländern zur modellhaften Erprobung der zum 01.01.2020 in Kraft tretenden Verfahren und Leistungen nach Artikel 1 Teil 2 des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) einschließlich ihrer Bezüge zu anderen Leistungen der sozialen Sicherung nach Artikel 25 Abs. 3 BTHG durch den Bund“ in Kraft getreten. Bis zum 30.09.2017 können sich die von den Ländern bestimmten Leistungsträger um eine Förderung beim Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung bewerben. Die Modellprojekte sollen ab 01.01.2018 starten. Unter Bezugnahme auf die Urteile des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 29.01.2016, Az. StGH 1, 2 und 3/15, Rn. 46, und vom 22.08.2012, Az. StGH 1/12, Rn. 54-56, weisen wir darauf hin, dass wir ein hohes Interesse an einer vollständigen Beantwortung unserer Fragen haben, die das Wissen und den Kenntnis-/Informationsstand der Ministerien, der ihnen nachgeordneten Landesbehörden und, soweit die Einzelfrage dazu Anlass gibt, der Behörden der mittelbaren Staatsverwaltung aus Akten und nicht aktenförmigen Quellen vollständig wiedergibt. Vorbemerkung der Landesregierung Mit dem im Dezember 2016 verabschiedeten Bundesteilhabegesetz (BTHG) ist ein bedeutender Systemwechsel verbunden. Insbesondere wird die Eingliederungshilfe personenzentriert weiterentwickelt und aus dem „Fürsorgesystem“ der Sozialhilfe herausgeführt. Aufgrund von Forderungen u. a. der Bundesländer ist mit Artikel 25 Abs. 3 BTHG eine Regelung aufgenommen worden, mit der die Auswirkungen der materiell-rechtlichen Änderungen schon vor dem am 01.01.2020 vorgesehenen Inkrafttreten in der Praxis modellhaft erprobt werden. Ab dem Jahr 2019 werden auch die Regelungen zum leistungsberechtigten Personenkreis in diese modellhafte Erprobung mit einbezogen . Vorgesehen ist, während der Modellphase einen repräsentativen Fallbestand sowohl nach dem aktuell geltenden Recht als auch „virtuell“ nach dem künftigen Recht zu bearbeiten. Der Landesregierung ist es wichtig, dass Personen, die heute unter dem Begriff „wesentliche Behinderung“ leistungsberechtigt sind, auch in Zukunft Leistungen erhalten. Sie sieht in der modellhaften Erprobung ein geeignetes Instrument, um frühzeitig Erkenntnisse über die Auswirkungen der umfangreichen gesetzlichen Änderungen zu erhalten, auf deren Grundlage ein gegebenenfalls bestehender Steuerungs- oder Handlungsbedarf ermittelt werden kann. Um Kenntnisse über die konkreten Auswirkungen der Regelungen des BTHG für die betroffenen Menschen in Niedersachsen zu erhalten, ist für die Landesregierung die Beteiligung einer niedersächsischen Kommune (u. a. auch für die im Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8834 2 Rahmen des Heranziehungsverhältnisses wahrgenommenen Aufgaben) an dem Modellprojekt von großer Bedeutung. 1. Wie hoch ist der auf Niedersachsen entfallende Anteil an den vom Bund für die modellhafte Erprobung bereitgestellten Fördermitteln? Zur Ermittlung des jeweiligen Länderanteils aus den zur Verfügung stehenden Gesamtmitteln für die modellhafte Erprobung wurde seitens des Bundes ein Verteilungsschlüssel zugrunde gelegt, der sich aus der Anzahl der jeweiligen Empfängerinnen und Empfänger der Eingliederungshilfe sowie der Einwohnerzahl (jeweils Stand 2015) zusammensetzt. Die vorläufige Gesamtsumme i. H. v. rund 24,05 Millionen Euro steht - soweit Mittel für die Jahre 2019 ff. betroffen sind - nach Informationen aus dem BMAS allerdings unter Haushaltsvorbehalt. Für Niedersachsen liegt der Anteil an den Gesamtmitteln für die modellhafte Erprobung nach diesen vorläufigen Zahlen rechnerisch bei einem Betrag von rund 2,428 Millionen Euro. Die „Richtlinie zur Förderung von regionalen Projekten in den Bundesländern zur modellhaften Erprobung der zum 01.01.2020 in Kraft tretenden Verfahren und Leistungen nach Artikel 1 Teil 2 des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) einschließlich ihrer Bezüge zu anderen Leistungen der sozialen Sicherung nach Artikel 25 Abs. 3 BTHG“ lässt eine davon abweichende Mittelverteilung nach Würdigung der tatsächlichen Modellanträge zu. 2. Wie viele Bewerbungen liegen mit Stand 30.09.2017 vor? Bis zum Antragsschluss am 30.09.2017 lag in Niedersachsen ein Förderantrag vor, der eine modellhafte Fallbearbeitung für sieben der acht zur Beantragung möglichen Regelungsbereiche umfasst . 3. Welche Kommunen haben sich beworben? Die kreisfreie Stadt Oldenburg. 4. Was hat die Landesregierung veranlasst, damit Niedersachsen die vorgesehenen Fördermittel für die modellhafte Erprobung abrufen kann? Um frühzeitig über die entsprechenden Fördermöglichkeiten zu informieren, hat das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (MS) bereits am 12.05.2017 einen von BMAS zur Verfügung gestellten ersten Entwurf der Förderrichtlinie zur Förderung von regionalen Projekten in den Bundesländern „zur modellhaften Erprobung der zum 01.01.2020 in Kraft tretenden Verfahren und Leistungen nach Artikel 1 Teil 2 BTHG einschließlich ihrer Bezüge zu anderen Leistungen der sozialen Sicherung nach Artikel 25 Abs. 3 BTHG“ dem Niedersächsischen Städtetag und dem Niedersächsischen Landkreistag mit der Bitte um Weitergabe zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wurden die Kommunen, deren grundsätzliches Interesse an einer Teilnahme bereits bekannt war, einzeln angeschrieben. Der entsprechende erste Richtlinienentwurf wurde ihnen in diesem frühen Stadium übersandt, um eine frühzeitige Konkretisierung ihrer Planungen zu unterstützen . Kurz nach Veröffentlichung der Richtlinie (29.06.2017) wurde diese zusammen mit dem für die Antragstellung bestimmten Formblatt und ergänzenden Informationen zum Verfahren mit Schreiben vom 04.07.2017 der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens mit der Bitte um Bekanntgabe an die Landkreise, die kreisfreien Städte und die Region Hannover zugesandt . Gleichzeitig wurde für ein Interesse von niedersächsischen Kommunen an den Modellprojekten geworben. Nachdem die vom BMAS mit der Umsetzung der Förderung beauftragte Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung mbH (gsub) am 08.09.2017 angeboten hat, bei Bedarf noch kurzfristig für eine Informationsveranstaltung zur Verfügung zu stehen, wurden in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden alle Landkreise, kreisfreien Städte und die Region Hannover von MS an- Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8834 3 geschrieben und alle an der modellhaften Erprobung Interessierten zu einer Informationsveranstaltung am 21.09.2017 unter Beteiligung der gsub nach Hannover eingeladen. Aufgrund der zu geringen Anmeldezahl fand die Veranstaltung zwar nicht statt, aber es wurde durch MS sichergestellt, dass die gsub mit allen Interessierten in Kontakt tritt, um deren noch offenen Fragen zu klären und möglichem Beratungsbedarf nachzukommen. 5. Wie sollen die am 01.01.2018 in Kraft tretenden Regelungen zum Gesamtplanverfahren (§§ 141 ff. SGB XII) umgesetzt werden, damit im Zuständigkeitsbereich der Eingliederungshilfe ein einheitliches Verfahren zur Bedarfsermittlung umgesetzt werden kann? Um in Niedersachsen mit dem Inkrafttreten der Regelungen zum Gesamtplanverfahren am 01.01.2018 ein einheitliches Verfahren zur Bedarfsermittlung umsetzen zu können, wurde eine Projektgruppe initiiert, die sich sowohl mit den in anderen Ländern etablierten Verfahren befasst als auch Kriterien für ein auf die Neuregelungen des BTHG abgestimmtes Verfahren entwickelt und in die Ausgestaltung eines Gesamtplanverfahrens für Niedersachsen einbezieht. (Ausgegeben am 02.11.2017) Drucksache 17/8834 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8793 Wie weit ist in Niedersachsen die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes? Anfrage der Abgeordneten Reinhold Hilbers, Dr. Max Matthiesen, Volker Meyer, Burkhard Jasper, Petra Joumaah, Gudrun Pieper und Annette Schwarz (CDU) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung