Niedersächsischer Landtag − 17. Wahlperiode Drucksache 17/8848 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8815 - Bilanz der Sprachkurse für nicht schulpflichtige, erwachsene Flüchtlinge Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode und Almuth von Below-Neufeldt (FDP) an die Landesregierung , eingegangen am 11.10.2017, an die Staatskanzlei übersandt am 13.10.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 08.11.2017, gezeichnet Dr. Gabriele Heinen-Kljajić Vorbemerkung der Abgeordneten Das Land fördert den Spracherwerb von erwachsenen, nicht schulpflichtigen Flüchtlingen insbesondere seit 2015 mit mehreren Programmen. Ursprüngliche Schätzungen gingen davon aus, dass allein bis Jahresende 2016 ca. 33 000 Flüchtlinge einen „Landessprachkurs“ besucht haben. Erfahrungen aus der Praxis legen nahe, dass die Verzahnung der Angebote des Landes miteinander, aber auch von Angeboten des Landes mit Angeboten des Bundes noch nicht reibungslos ist. 1. Wie viele Flüchtlinge haben an Sprachkursen des Landes teilgenommen? Wie viele davon erfolgreich (bitte nach Art des Sprachkurses getrennt angeben)? Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) hat mit der Förderung von Maßnahmen zum Spracherwerb (Deutsch) für Flüchtlinge (den sogenannten Basissprachkursen) ab dem Herbst 2015 ein Angebot geschaffen, das in der Hochphase des Flüchtlingszustroms der besonderen Situation Rechnung getragen hat. Seit Beginn der Förderung wurde das Programm quantitativ und qualitativ deutlich überarbeitet, u. a. wurden der Kursumfang von 200 auf 300 Unterrichtsstunden und die Trägerpauschale auf 3,90 Euro analog zu den Kursen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhöht. In den ersten beiden Förderrunden (von September 2015 bis März 2017) haben 26 749 Flüchtlinge einen Basissprachkurs abgeschlossen. In der seit März 2017 laufenden dritten Förderrunde haben im ersten Halbjahr 2017 11 846 Flüchtlinge einen Basissprachkurs absolviert. Valide Zahlen für das zweite Halbjahr 2017 liegen aktuell noch nicht vor. Neben den Basissprachkursen hat das MWK außerdem in einer ersten Pilotphase ab Sommer 2015 ein Förderproramm „Intensivsprachkurse (Deutsch) für höherqualifizierte Flüchtlinge“ aufgelegt . In dieser Phase konnten 75 Flüchtlinge einen Intensivsprachkurs absolvieren. Das Programm wurde ab September 2016 auf ganz Niedersachsen ausgeweitet. Aufgrund der in den Anträgen genannten Teilnehmerzahlen ist davon auszugehen, dass 1 048 Flüchtlinge die Kurse bis Ende des Jahres 2017 beenden werden. Auch für die zweite Förderrunde (Beginn der Laufzeit ab Juli 2017) kann man auf Grundlage der Anträge davon ausgehen, dass bis Ende des Jahres 2018 1 014 Flüchtlinge den Intensivsprachkurs abgeschlossen haben. Aufgrund des hohen Bedarfes an Grundbildungsmaßnahmen werden ab Juli 2017 Grundbildungs - und Alphabetisierungskurse angeboten. Die angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer (807 Flüchtlinge) werden bis Ende 2018 ihren Kurs abschließen. Neben den genannten Maßnahmen hat das Ministerium für Wissenschaft und Kultur seit Juli 2017 ein Förderprogramm zum nachträglichen Erwerb von Haupt- und Realschulabschlüssen für Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8848 2 Flüchtlinge (Zweiter Bildungsweg) aufgelegt. Auf Grundlage der Anträge ist davon auszugehen, dass bis Ende 2018 892 Flüchtlinge einen solchen Kurs besucht haben werden. Die Angebote haben das Ziel, die aktuelle Situation der Flüchtlinge zu verbessern und eine gesellschaftliche und berufliche Orientierung zu begleiten, die Kommunikation zwischen Flüchtlingen und Deutschen zu ermöglichen und zu verbessern sowie die gesellschaftliche Teilhabe zu unterstützen. Es handelt sich bei den genannten Zielen vorwiegend um für die Integration der Flüchtlinge zentrale Aspekte. Der weite Fokus der Ziele ermöglicht es den Einrichtungen, auf die konkreten Bedürfnisse der Teilnehmergruppen einzugehen und gezielt passende Maßnahmen anzubieten. Bezogen auf die formulierten Ziele ist der individuelle sprachliche Fortschritt der Teilnehmenden und damit die verbesserte Orientierung und Integration im neuen Umfeld als Erfolg zu werten (sowohl sprachals auch sozialpädagogisch), unabhängig vom erreichten Sprachniveau. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele Teilnehmende ohne diese Kurse keinen (raschen) Zugang zu Sprachkursen hätten. 2. Wie viele Flüchtlinge haben mehrere aufeinander aufbauende Sprachkurse erfolgreich abgeschlossen? Zu Beginn der „Intensivsprachkurse (Deutsch) für höherqualifizierte Flüchtlinge“ in 2016 und 2017 wurde eine Eingangsbefragung durchgeführt, die die Teilnahme an vorherigen Sprachkursen abfragt . Für die in 2016 begonnenen Kurse legt die erste Auswertung nahe, dass 10 % der Teilnehmenden vorab einen landesgeförderten 200-stündigen Sprachkurs besucht haben. Für die Förderprogramme für 200- bzw. 300-stündige Sprachkurse liegen solche Daten nicht vor. Es ist bekannt, dass teilweise aufeinander aufbauende Sprachkurse angeboten werden. Da es sich bei den Maßnahmen jedoch um eine kursbezogene und nicht um eine personenbezogene Förderung handelt, liegen der bewilligenden Behörde keine detaillierten, persönlich zuzuordnenden Informationen über einzelne Teilnehmende vor. 3. Inwiefern wird eine Einstufung bezüglich Integrations- und Lernfähigkeit sowie Integrations - und Lernwillen durch Pädagogen und Dozenten vorgenommen, und wie fließt eine solche Beurteilung in die Förderung durch Maßnahmen der Agentur für Erwachsenenbildung ein? Die Fähigkeiten der Teilnehmenden werden in den laufenden Maßnahmen zum Spracherwerb (Deutsch) von Flüchtlingen in einem Kompetenzfeststellungsverfahren erhoben, dazu gehört in der Regel auch die Abfrage sozialer Kompetenzen und Lernkompetenzen. Hinzu tritt im Regelfall ein Eingangstest zu Kursbeginn. Die Kompetenzfeststellung dient in erster Linie dazu, den Teilnehmenden eine individuelle Rückmeldung über ihre Kompetenzen zu geben. Die Einrichtungen vor Ort sind aufgefordert, die Kurse den individuellen Lern- und Kenntnisständen der lokalen Zielgruppen anzupassen. Die Einrichtungen können aus Datenschutzgründen die Ergebnisse nicht an die Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung weitergeben. 4. Inwieweit wirken sich Integrationserfolge (z. B. Ausbildungsplatz, andere Beschäftigung ) und Integrationsmisserfolge (z. B. Straftaten) auf die Förderung durch Sprachkurse aus? Die Aufnahme einer Ausbildung oder einer Beschäftigung kann zum Abbruch der Sprachfördermaßnahme führen, wenn sich Kurszeiten und Berufstätigkeit überschneiden. Diese „positiven Abbrüche “ machen jedoch nur ca. 5 % der Kursabbrüche in den Maßnahmen zum Spracherwerb (Deutsch) von Flüchtlingen aus. Erkenntnisse über die Auswirkungen von Straftaten auf Sprachfördermaßnahmen liegen nicht vor. Niedersächsischer Landtag – 17. Wahlperiode Drucksache 17/8848 3 5. Wie gewährleistet das Land, dass die Sprachprogramme des Landes und Bundes ineinander greifen? Entscheidend für die Abstimmung von Sprachprogrammen unterschiedlicher Geldgeber ist die Koordinierung in den Kommunen. Deshalb hat das MWK gemeinsam mit dem Ministerium für Wirtschaft , Arbeit und Verkehr, den kommunalen Spitzenverbänden Niedersachsens, der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit am 16.01.2017 „Gemeinsame Empfehlungen zur Koordinierung der Sprachförderung auf regionaler Ebene“ verabschiedet. Darin wird eine klare und transparente Struktur mit einer verantwortlichen Leitung der Koordinierung auf Kreisebene unter Einbindung aller relevanten Akteure dargestellt. Die Empfehlungen wurden seitens der Landesregierung mit einem eigenen Förderprogramm für entsprechende Personalstellen für die Koordinierung finanziell hinterlegt (6,4 Millionen Euro bis 31.12.2018). (Ausgegeben am 09.11.2017) Drucksache 17/8848 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/8815 Bilanz der Sprachkurse für nicht schulpflichtige, erwachsene Flüchtlinge Anfrage der Abgeordneten Jörg Bode und Almuth von Below-Neufeldt (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur