Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1028 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Missbrauch des Asylstatus und des Aufenthaltsrechts - Heimaturlaub in Kriegsgebieten Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD), eingegangen am 07.05.2018 - Drs. 18/826 an die Staatskanzlei übersandt am 09.05.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 05.06.2018, gezeichnet In Vertretung Stephan Manke Vorbemerkung des Abgeordneten Seit vielen Jahren kann man den Medien entnehmen, dass als „Flüchtlinge“ bezeichnete und ausschließlich von Sozialleistungen lebende Personen von Deutschland aus Urlaubsreisen in ihre Herkunftsländer unternehmen, aus denen sie wegen angeblich drohender Verfolgung oder aufgrund von Krieg ausgereist waren. Derartige Presseberichte lassen sich bereits aus dem Jahr 1998 finden , so beispielsweise in der Ausgabe des Focus vom 18. Mai 19981. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erfährt nach eigenen Angaben immer öfter von Flüchtlingen, die Reisen in ihre Heimatländer unternehmen. Die Bundespolizei bezeichnet die Anzahl solcher Fälle als „nicht nur vereinzelt“, ohne genauere Angaben zu machen2. Regelmäßig führen solche Reisen nach Afghanistan , Syrien und in den Libanon, also in Länder, die offiziell als Kriegsgebiete oder unsichere Herkunftsländer gelten. Vorbemerkung der Landesregierung Das Recht, die Bundesrepublik Deutschland vorübergehend oder dauerhaft zu verlassen, ist ein durch die Verfassung garantiertes Recht, das jedermann zusteht und insoweit auch keiner behördlichen Erlaubnis bedarf. Ausnahmen gelten in den Fällen, in denen einer oder einem deutschen Staatsangehörigen auf der Grundlage des Passgesetzes die Ausstellung eines Passes versagt oder dieser entzogen wurde oder auf der Grundlage des Personalausweisgesetzes die Ausstellung eines Personalausweises oder eines vorläufigen Personalausweises versagt oder dieser entzogen wurde. In diesen Fällen wird ein Ersatzpersonalausweis ausgestellt, der nicht zum Verlassen Deutschlands berechtigt. Liegen die Voraussetzungen für die Versagung oder Entziehung des Personalausweises nicht mehr vor, wird dies der Inhaberin oder dem Inhaber des Ersatzpersonalausweises unverzüglich mitgeteilt , um ihr oder ihm die Beantragung eines neuen Personalausweises zu ermöglichen. Ausnahmen gelten ebenso, wenn Ausländerinnen und Ausländern die Ausreise auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes in entsprechender Anwendung des Passgesetzes untersagt wurde. 1 Focus online vom 18.05.1998: https://www.focus.de/politik/deutschland/fluechtlinge-asylanten-aufheimaturlaub _aid_170910.html 2 RP online vom 15.06.2017: http://www.rp-online.de/politik/deutschland/bamf-behoerden-melden-immermehr -heimat-reisen-von-fluechtlingen-aid-1.6886076 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1028 2 Von diesen Ausnahmen abgesehen, steht deutschen wie ausländischen Staatsangehörigen gleichermaßen das Recht zu, Deutschland jederzeit und voraussetzungslos verlassen zu dürfen, ohne hierfür eine Erlaubnis einholen zu müssen oder dies öffentlichen Stellen gegenüber anzuzeigen. Dies bedeutet, dass es auch anerkannten ausländischen Flüchtlingen freisteht, Deutschland für einen Auslandsaufenthalt dauerhaft oder vorübergehend zu verlassen. Allerdings erlischt nach den bundesgesetzlichen Regelungen ihre Flüchtlingsanerkennung kraft Gesetz u. a. dann, wenn sie freiwillig in das Land, das sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen haben oder außerhalb dessen sie sich aus Furcht vor Verfolgung befinden, zurückgekehrt sind und sich dort niedergelassen haben . Mit dem am 29. Juli 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht wurde das Asylgesetz um eine Regelung ergänzt, mit der in bestimmten Fallkonstellation eine Mitteilungsverpflichtung öffentlicher Stellen gegenüber den mit der Ausführung des Asylgesetzes zuständigen Behörden begründet wurde. Danach haben die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden, die Ausländerbehörden und die deutschen Auslandsvertretungen den zuständigen Behörden mitzuteilen, wenn sie von Umständen Kenntnis erlangt haben, dass Schutzberechtigte in ihr Herkunftsland gereist sind. Die auf diesem Wege übermittelten Informationen dürfen (nur) für die Prüfung genutzt werden, ob die Schutzberechtigung fortbesteht oder nicht (§ 8 Abs. 1 c des Asylgesetzes). Die niedersächsischen Ausländerbehörden sind nach Inkrafttreten dieser Regelung hierüber unterrichtet und um weitere Veranlassung (Weitergabe entsprechender Informationen an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) gebeten worden. Hinsichtlich der Personengruppe asylsuchender und geduldeter Ausländerinnen und Ausländer ergibt sich Folgendes: Auch Angehörige dieses Personenkreises dürfen Deutschland zwar jederzeit verlassen, die damit zwangsläufig verbundene Einreise in einen Anrainerstaat setzt aber regelmäßig den Besitz eines gültigen Passes sowie eines entsprechenden Visums oder nationalen Aufenthaltstitels voraus; entsprechendes gilt für eine anschließende Wiedereinreise nach Deutschland. Da diese Voraussetzungen bei Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sowie geduldeten Ausländerinnen und Ausländern regelmäßig nicht vorliegen, sind ihnen erlaubte Einreisen in Nachbarstaaten ebenso wenig möglich wie erlaubte Wiedereinreisen nach Deutschland. 1. Wie viele Asylbewerber, anerkannte Asylbewerber (Asylberechtigte nach Artikel 16 a des Grundgesetzes), Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention, subsidiär Schutzberechtigte, Geduldete und ausreisepflichtige Personen haben seit dem 1. Januar 2014 eine Reise in ihren Herkunftsstaat unternommen, als sie mit einem Aufenthaltsstatus unter einer der genannten Kategorien in Niedersachsen registriert waren (bitte nach Jahreszahlen aufschlüsseln)? Wie in der Vormerkung ausgeführt, bedarf die Ausreise aus Deutschland keiner behördlichen Erlaubnis und unterliegt auch keiner Anzeigepflicht. Daher liegen der Landesregierung entsprechende Angaben nicht vor. 2. In wie vielen Fällen wurde für solche Reisen ins jeweilige Herkunftsland die gesetzlich vorgeschriebene Zustimmung zur Abwesenheit durch die Behörden erteilt bzw. nicht erteilt? Der Landesregierung ist eine gesetzlich vorgeschriebene Zustimmung zur Abwesenheit nicht bekannt . Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1028 3 3. Gemäß § 33 Abs. 3 des Asylgesetzes gilt ein Asylantrag als zurückgenommen, wenn der Ausländer während des Asylverfahrens in seinen Herkunftsstaat reist. In wie vielen Fällen führten solche nicht genehmigten Reisen in das Herkunftsland zu aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen oder zu sonstigen Sanktionen? Ein Asylantrag gilt u. a. dann als zurückgenommen, wenn die Ausländerin oder der Ausländer während des Asylverfahrens in ihren oder seinen Herkunftsstaat gereist ist (§ 33 Abs. 3 des Asylgesetzes ). In Fällen solcher oder anderer Antragsrücknahmen hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach den bundesgesetzlichen Vorgaben das Asylverfahren einzustellen und festzustellen , ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt (§ 32 des Asylgesetzes). Liegt dieses nicht vor, hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Abschiebungsandrohung unter Gewährung einer einwöchigen Frist zur Ausreise zu setzen (§§ 34 und 38 des Asylgesetzes). In wie vielen Fällen Reisen von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in ihre Herkunftsstaaten zu der beschriebenen Verfahrensweise des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge führten, ist der Landesregierung nicht bekannt. Die betroffene Ausländerin oder der betroffene Ausländer kann nach Einstellung des Asylverfahrens wegen Nichtbetreibens des Asylverfahrens bzw. wegen der gesetzlichen Fiktion der Rücknahme des Asylantrags beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Wiederaufnahme ihres oder seines Verfahrens beantragen; ein gegebenenfalls neuer Asylantrag gilt kraft Gesetz als ein solcher Wiederaufnahmeantrag. Soweit die Einstellung des Asylverfahrens zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens neun Monate zurückliegt oder das Asylverfahren bereits nach dieser Vorschrift wieder aufgenommen worden war, ist das Asylverfahren nicht wieder aufzunehmen und ein entsprechender Antrag durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als sogenannter Folgeantrag (im Sinne des § 71 des Asylgesetzes) zu behandeln (§ 33 Abs. 5 des Asylgesetzes). 4. Hat die Landesregierung infolge der Berichterstattung die Absicht, Maßnahmen zu ergreifen , um etwaige Fälle von Heimaturlaub von den in Frage 1 aufgeführten Personengruppen künftig weiterverfolgen zu lassen? Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung und zu Frage 1 wird verwiesen. Im Übrigen sind der Landesregierung keine über die bestehende Rechtslage hinausgehenden Maßnahmen bekannt, die geeignet wären, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge effektiver über Sachverhalte zu informieren, die ein Erlöschen, einen Widerruf oder eine Rücknahme einer Schutzberechtigung zur Folge haben könnten. 5. Hat die Landesregierung infolge der Berichterstattung die Absicht, die Überprüfung der Ortsanwesenheit der in Frage 1 aufgeführten Personengruppen zu intensivieren und die beschriebenen Missstände aufzudecken und beheben zu lassen? Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, genießen anerkannte ausländische Flüchtlinge Reisefreiheit. Soweit sie diese zu Aufenthalten in ihrem Herkunftsstaat nutzen, kann dies zum Verlust ihrer Flüchtlingsanerkennung führen. Eine Überprüfung der „Ortsanwesenheit“ in Deutschland wäre nicht geeignet, derartige Fälle aufzudecken. Die Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, wonach Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie geduldete Ausländerinnen und Ausländer ihren Aufenthalt in Deutschland in nennenswertem Umfang für Heimatreisen nutzen, zumal ihnen eine erlaubte Wiedereinreise nach Deutschland nicht möglich ist. (Verteilt am 06.06.2018) Drucksache 18/1028 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Missbrauch des Asylstatus und des Aufenthaltsrechts - Heimaturlaub in Kriegsgebieten