Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1056 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Wie geht es mit der Geschäftsstelle der Straßenbauverwaltung in Bad Gandersheim weiter? Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Jörg Bode (FDP), eingegangen am 03.05.2018 - Drs. 18/815 an die Staatskanzlei übersandt am 03.05.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 08.06.2018, gezeichnet Dr. Bernd Althusmann Vorbemerkung der Abgeordneten Im Rahmen der Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen wurde vereinbart, dass der Bund den Ländern mehr Geld zur Verfügung stellt und die Länder Regelungskompetenzen an den Bund abgeben . Bestandteil dieser Reform war auch die Einrichtung einer bundeseigenen Infrastrukturgesellschaft , die die Planung, den Bau und die Unterhaltung der Bundesautobahnen übernehmen soll. Niedersachsen hatte sich jahrelang und fraktionsübergreifend gegen die Abgabe dieser Kompetenzen gewehrt. Noch im Herbst 2016 setzte die SPD-geführte Landesregierung sich gegen die Zerschlagung der Straßenbaubehörden und für eine Stärkung von Südniedersachsen ein. Zum Schluss der Verhandlungen brachte die Landesregierung ihren Widerstand in zwei Protokollnotizen (Drucksache 18/20) zum Ausdruck, bevor sie ihr „Nein zu Autobahngesellschaft ganz aufgeweicht hat“ (NOZ, 9. Februar 2017). Im Beitrag „Bei Straßenplanern droht Aderlass“ (Deister-Weser-Zeitung , 15. Mai 2017) werden die Folgen einer bundeseigenen Infrastrukturgesellschaft auf die niedersächsischen Straßenbaubehörden wie folgt beschrieben: Das Land verliert Einfluss auf die Planungen , Synergien gehen verloren, und es drohen ein Aderlass an Personal sowie der Verlust von Wissen und Wissensträgern. Dafür entstehen Doppelstrukturen mit erhöhtem Abstimmungsbedarf zwischen dem Bund und dem Land. Am 20. April 2018 verkündete der Bundesverkehrsminister das Standortkonzept für die geplante Infrastrukturgesellschaft und für das Fernstraßenbundesamt. Beide Institutionen sollen ihren Betrieb am 1. Januar 2021 aufnehmen. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass Niedersachsen bei der „Autobahn-Reform gut weg“-kommt (https://www.mw.niedersachsen.de/aktuelles/presse informationen/bund-praesentiert-plaene-zur-neuordnung-der-bundesfernstraen-verwaltung--163 746.html). „Für Niedersachsen seien damit zentrale Forderungen an den Bund umgesetzt worden“, heißt es aus dem Verkehrsministerium. Allerdings zeigt sich Minister Althusmann irritiert „über die Nichtberücksichtigung des bisherigen Standortes Gandersheim“ (ebenda). „Die Entscheidung ist angesichts der Zusage des Bundes, ausgeprägte Organisationsstrukturen für Autobahnen an ihren Standorten erhalten zu wollen, nicht nachvollziehbar“, so Minister Althusmann (ebenda). Vorbemerkung der Landesregierung Ab dem 1. Januar 2021 wird der Bund auf Basis der Grundgesetzänderung vom 20. Juli 2017 die Bundesautobahnen in Bundesverwaltung übernehmen. Bis dahin werden sie weiter gemäß Artikel 90 des Grundgesetzes in Auftragsverwaltung durch die Länder betreut. Niedersachsen ist daher bis zum Stichtag für Planung, Bau, Erhaltung und Betrieb von ca. 1 300 km Bundesautobahnen Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1056 2 (BAB) zuständig und hat u. a. diese Aufgaben bei der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) gebündelt. Für die neue Bundesautobahnverwaltung wird der Bund eine Infrastrukturgesellschaft gründen sowie ein Fernstraßen-Bundesamt errichten. Im Rahmen der Verkehrsministerkonferenz am 20. April 2018 hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die Länder über den Entwurf der Standortkonzepte zur Gründung der Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen (IGA) sowie zur Errichtung des Fernstraßen-Bundesamts (FBA) informiert. Die Bekanntgabe der Entwürfe für die Standortkonzepte markiert einen wichtigen Meilenstein im laufenden Transformationsprozess der Bundesautobahnverwaltung. Damit nimmt die Organisationsreform erste sichtbare Konturen an. Alle heutigen Standorte der NLStBV mit BAB-Aufgaben - außer dem regionalen Geschäftsbereich Gandersheim - sollten danach als Niederlassung oder Außenstelle der IGA zumindest temporär erhalten bleiben. Bis Ende des ersten Halbjahrs 2018 beabsichtigt das BMVI, seine Standortkonzepte zu finalisieren. Der Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, Dr. Bernd Althusmann, hat sich daher in einem Schreiben direkt an den Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Andreas Scheuer, gewandt und eine Überprüfung der Standortentscheidung gegen Gandersheim gefordert. Darauf aufbauend wurden auch auf Fachebene Gespräche zwischen dem Ministerium für Wirtschaft , Arbeit, Verkehr und Digitalisierung und dem BMVI aufgenommen. Niedersachsen hat gegenüber dem Bund auf die Einhaltung der Zusagen aus dem Gesetzgebungsverfahren hingewirkt und auf die Regelungen im neuen Fernstraßen-Überleitungsgesetz auch für den Autobahnstandort Gandersheim abgestellt. Danach soll „die Weiterverwendung (…) grundsätzlich am bisherigen Arbeitsplatz und Arbeitsort (erfolgen); ausgeprägte Organisationsstrukturen für Autobahnen bleiben an ihren Standorten erhalten.“ Am 28. Mai 2018 hat der Bund dann gegenüber den Ländern mitgeteilt, dass in seinem überarbeiteten Standortkonzept jetzt der Standort Gandersheim als temporäre Außenstelle der IGA neu aufgenommen ist. 1. Wie kam es zu der Entscheidung, dass der Geschäftsbereich der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim keine Berücksichtigung bei Einrichtung der bundeseigenen Infrastrukturgesellschaft gefunden hat? In die Entscheidungsfindung des Bundes waren die Bundesländer nicht eingebunden. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 2. Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Geschäftsbereich der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim bei? Der regionale Geschäftsbereich Gandersheim unterstreicht durch die Personalausstattung sowie die Zahl der Planungs- und Bauaufgaben heute und zukünftig die Rolle als ausgeprägte Organisationsstruktur für Autobahnen, die nach gesetzlicher Festlegung an ihrem Standort erhalten bleiben sollen. 3. Hat die Landesregierung vom Bund eine Erklärung für die Entscheidung über die Nichtberücksichtigung des etablierten Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim bekommen? In einem geführten Gespräch auf Fachebene hat das BMVI netzübergreifende Gründe angeführt, die zu der Bundesentscheidung gegen eine Außenstelle Gandersheim der IGA geführt hätten. 4. Falls nicht, wird sich die Landesregierung um eine Erläuterung der Entscheidung über die Nichtberücksichtigung des etablierten Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim kümmern und diese dem Landtag mitteilen? Entfällt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1056 3 5. Falls doch, welche Gründe führt der Bund für die Entscheidung über die Nichtberücksichtigung des etablierten Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim an? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 6. Wie bewertet die Landesregierung die ihr bekannten Gründe des Bundes, die zur Entscheidung über die Nichtberücksichtigung des etablierten Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim geführt haben? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Die Begründung des Bundes schien nicht in ausreichendem Maße die Aspekte wie z. B. Personalstärke , Fachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie das Planungs- und Bauprogramm bis nach 2030 zu berücksichtigen. Darum hat Niedersachsen die wesentlichen Argumente für den Erhalt von Gandersheim als Außenstelle der IGA dem BMVI in einem Fachgespräch und anschließend mit Schreiben vom 18. Mai 2018 noch einmal dargelegt. Wie das BMVI am 28. Mai 2018 mitgeteilt hat, wird der Standort in Bad Gandersheim jetzt in dem überarbeiteten Standortkonzept der IGA neu als temporäre Außenstelle berücksichtigt. 7. In welcher Art und Weise beabsichtigt die Landesregierung, die Entscheidung über die Nichtberücksichtigung des etablierten Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim zu hinterfragen? Es wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 8. Gab es im Rahmen von Bund-Länder-Gesprächen zum Thema „Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen“ Absprachen zum Umgang mit Dienststellen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Nein. Der Bund hat seine Entwürfe der Standortkonzepte für IGA und FBA ohne Rücksprache oder ohne Einbindung der Länder nach eigenen Angaben ausschließlich auf Basis der formalisierten Datenlieferungen der Länder bis zum 31. Dezember 2017 erarbeitet. Die Intervention des Ministers für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, Dr. Bernd Althusmann , nach der Bekanntgabe der Entwürfe für die Standortkonzepte auf der Verkehrsministerkonferenz am 20. April 2018 hat dann dazu geführt, dass der BMVI sein Standortkonzept der IGA in Bezug auf den Standort in Bad Gandersheim noch einmal angepasst hat und dieser jetzt als temporäre Außenstelle neu aufgenommen wurde. 9. Wenn ja, wie sehen diese Absprachen in Bezug auf die Dienststellen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter inhaltlich aus? Entfällt. 10. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind von der Entscheidung über die Nichtberücksichtigung des etablierten Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim betroffen? Am Standort in Bad Gandersheim sind 29 Vollzeitäquivalente (VZÄ) betroffen (VZÄ - rechnerische Größe für die aufsummierten Arbeitsanteile aller betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Autobahn-Aufgaben zur Ermittlung der rechnerisch betroffenen Vollzeitstellen). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1056 4 11. Welche Auswirkungen hat die Schließung des Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim auf Südniedersachsen? Durch die Intervention des Ministers für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, Dr. Bernd Althusmann, nach der Bekanntgabe der Entwürfe für die Standortkonzepte auf der Verkehrsministerkonferenz am 20. April 2018 wurde erreicht, dass der BMVI sein Standortkonzept der IGA in Bezug auf den Standort in Bad Gandersheim noch einmal angepasst hat und dieser jetzt als temporäre Außenstelle neu aufgenommen wurde. Diese Entwicklung und die damit verbundene langfristige Perspektive für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen sowie die Stadt Bad Gandersheim und die gesamte Region Südniedersachsen werden von der Landesregierung ausdrücklich begrüßt. 12. Plant die Landesregierung für den Fall einer Schließung des Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim eine Kompensation für Südniedersachsen, und wenn ja, welche Art von Kompensation wäre denkbar für Südniedersachsen oder Bad Gandersheim? Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 13. Wie geht es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim weiter? Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 14. Wie können oder sollen die Aufgaben des Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim ab dem 1. Januar 2021 gelöst werden? Der Bund übernimmt ab dem 1. Januar 2021 die Autobahnaufgaben. Für den konkreten Aufgabenübergang sowie die Betriebsaufnahme ab dem Stichtag erarbeitet der Bund derzeit - auch mithilfe zahlreicher externer Fachberater - entsprechende Übergangskonzepte. Erste Ergebnisse hierzu sollen voraussichtlich im ersten Halbjahr 2019 vorliegen. Für die Organisation der nach dem 1. Januar 2021 verbleibenden Landesaufgaben (u. a. Zuständigkeit für die Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) wurden vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen Organisation der Bundesautobahnverwaltung bisher noch keine Festlegungen getroffen . 15. Macht es aus Sicht der Landesregierung Sinn, im Logistik- und Transitland Niedersachsen mit seinen zahlreichen Hafenhinterlandverbindungen und Hauptverkehrsachsen etablierte Verkehrsbehörden zu schließen? Der regionale Geschäftsbereich Gandersheim ist bis zum 1. Januar 2021 auch als untere Verkehrsbehörde zuständig für Bundesautobahnen. Diese Aufgabe soll nach Fernstraßen-Bundesamt- Errichtungsgesetz auf das neu zu errichtende Fernstraßen-Bundesamt (FBA) überführt werden. Niedersachsen hat sich mit Erfolg für eine von vier Außenstellen des FBA deutschlandweit in Hannover eingesetzt. das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung wird weiter darauf hinwirken, dass die verkehrsbehördliche Kompetenz im Land für alle Regionen gewahrt bleibt. 16. Wie bewertet die Landesregierung die Schließung des etablierten Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim im Zusammenhang mit dem Südniedersachsenprogramm und der beabsichtigten Stärkung von Südniedersachsen ? Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1056 5 17. Was wird die Landesregierung in der nächsten Zeit konkret für den Erhalt, also gegen die beabsichtigte Schließung des etablierten Geschäftsbereichs der niedersächsischen Straßenbaubehörde in Bad Gandersheim unternehmen? Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. (Verteilt am 12.06.2018) Drucksache 18/1056 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Wie geht es mit der Geschäftsstelle der Straßenbauverwaltung in Bad Gandersheim weiter?