Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1114 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Richtlinien und Definitionen polizeiliche Kriminalstatistik Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD), eingegangen am 17.05.2018 - Drs. 18/936 an die Staatskanzlei übersandt am 23.05.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 12.06.2018, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung des Abgeordneten Wie im Focus online vom 05.05.2018 berichtet wird, hat eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Marcel Luthe, MdB, ergeben, dass Begriffe und Definitionen in den Richtlinien für die Führung der polizeilichen Kriminalstatistik in den letzten zehn Jahren 245 Mal geändert wurden. https://m.focus.de/politik/deutschland/polizeiliche-kriminalstatistik-kripo-beamter-behauptet-tatsaech lich-gab-es-viel-mehr-straftaten-als-statistik-zeigt_id_8882500.html Vorbemerkung der Landesregierung Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) wird auf der Grundlage bundesweit abgestimmter Richtlinien erstellt. Sie dient der – Beobachtung der Kriminalität und einzelner Deliktsarten, des Umfanges und der Zusammensetzung des Tatverdächtigenkreises sowie der Veränderung von Kriminalitätsquotienten, – Erlangung von Erkenntnissen für vorbeugende und verfolgende Kriminalitätsbekämpfung, organisatorische Planungen und Entscheidungen sowie kriminologisch-soziologische Forschungen und kriminalpolitische Maßnahmen. In der PKS werden nur die der Polizei bekannt gewordenen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche gemäß festgelegtem Straftatenkatalog registriert. Im Interesse einer wirksamen Kriminalitätsbekämpfung ist es das Ziel, zu einem möglichst verzerrungsfreien Bild der angezeigten Kriminalität zu gelangen. Eine separate PKS für Niedersachsen existiert nicht. 1. Wie oft wurden Begriffe und Definitionen in den Richtlinien für die Führung der polizeilichen Kriminalstatistik Niedersachsens in den letzten zehn Jahren geändert? In Niedersachsen werden, wie in den anderen Bundesländern auch, die bundesweit abgestimmten Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik des BKA in der aktuell gültigen Fassung zugrunde gelegt. Bundesweit beschlossene Änderungen werden demzufolge auch in Niedersachsen berücksichtigt. Eigene statistische Erhebungen hinsichtlich der Änderungen/Anpassungen der o. g. PKS-Richtlinien werden in Niedersachsen nicht vorgehalten, sodass zu der im Focus online vom 05.05.2018 berichteten Zahl von 245 Änderungen keine Aussage getroffen werden kann. Hierzu wäre eine zeit- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1114 2 und personalintensive händische Auswertung notwendig. Eine Veranlassung einer entsprechenden Auswertung würde daher das zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage Zumutbare und Leistbare übersteigen. 2. Sind die PKS Niedersachsen verschiedener Jahre bei vorgenommenen Änderungen der Richtlinien überhaupt noch miteinander vergleichbar? Die in der PKS enthaltenen Daten entsprechen den bundesweiten Vorgaben aus den jeweils für das Jahr gültigen Richtlinien. Die Statistiken verschiedener Jahre sind grundsätzlich, aber nicht uneingeschränkt , miteinander vergleichbar. Neben der tatsächlichen Änderung des Kriminalitätsaufkommens beeinflussen u. a. Änderungen im Anzeigeverhalten, der Polizeilichen Kontrolle, des Strafrechts sowie auch in der statistischen Erfassung (Einführungen neuer Deliktsschlüssel bzw. Umschlüsselungen) die Entwicklung der Zahlen in der PKS. Daher werden gerade für die Analyse der vorliegenden Daten immer jeweils aktuelle Abfrage- bzw. Analysewege gewählt und beschrieben, die eine weitere Vergleichbarkeit gewährleisten sollen. Gesetzesänderungen , die zuvor geltende Tatbestände abschaffen, beeinträchtigen auch die Vergleichbarkeit der PKS in diesem Phänomen. Werden neue Tatbestände geschaffen, so wird bei der PKS-Analyse darauf geachtet, inwieweit andere Tatbestände und damit bestehende PKS-Schlüssel darin aufgegangen sind. Beispielhaft sei hier die am 10.11.2016 in Kraft getretene Verschärfung des Sexualstrafrechts erwähnt. Insbesondere wurden der § 177 StGB neu gefasst und der § 184 i StGB neu konstituiert. Infolgedessen wurde ein Zuwachs der Fallzahlen in der PKS im Jahr 2017 registriert. In dem Bereich Tatbestand „Sexuelle Belästigung“ gemäß § 184 i StGB können daher auch Sachverhalte inbegriffen sein, die bisher als Beleidigung auf sexueller Grundlage erfasst wurden . Weitere Gesetzesänderungen der letzten Jahre betreffen z. B. den Bereich der Straftaten im Kontext „Internet“, der Nachstellung (Stalking), der Übergriffe auf Einsatzkräfte und wie bereits erwähnt die Neufassung der Sexualdelikte. Diese Änderungen betreffen aber jeweils nur einen kleinen Teil der in der PKS erfassten Delikte und einen sehr kleinen Teil der erfassten Fälle. Auch wenn die PKS wie beschrieben kein vollständig getreues Bild der Kriminalität darstellt, ist sie gleichwohl ein Hilfsmittel, um Erkenntnisse über Häufigkeit, Formen und Entwicklungstendenzen zu gewinnen. Gemeinsam mit den Daten der PKS und weiteren Lagedarstellungen, u. a. zu „Organisierter Kriminalität und politisch motivierter Kriminalität“, oder Studien, beispielsweise der Dunkelfeldstudie , liegen in Niedersachsen Grundlagen vor, um Art und Ausmaß der Kriminalität im Land zu beschreiben und zu bewerten. Kriminalitätsrelevante Entwicklungen können somit besser erkannt und entsprechende Maßnahmen und Strategien optimal angepasst werden. 3. Wie können Trends bzw. Tendenzen über Jahre aufgezeigt werden, wenn Definitionen und Begriffe jährlich geändert werden? Es trifft nicht zu, dass Definitionen und Begriffe „jährlich geändert werden“. Gerade die Strafrechtsordnung und damit einhergehend auch die in diesem Bereich angesiedelte PKS zeichnen sich über lange Zeiträume hinaus durch eine geringe Varianz aus. Relevante Deliktbereiche, wie die nicht sexualisierte körperliche Gewalt, der Raub oder auch der Diebstahl, sind beispielsweise zum Teil seit Jahrzehnten unverändert oder nur insoweit verändert worden, dass eine Vergleichbarkeit weiterhin gegeben war - wie etwa durch Zusammenfassung von Einzelphänomenen beim Diebstahl. Ferner wird auf die Beantwortung der Frage 2 verwiesen. (Verteilt am 20.06.2018) Drucksache 18/1114 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Richtlinien und Definitionen polizeiliche Kriminalstatistik