Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1173 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Niedersachsentarif für Taxen: Wann kommt die landesweite Harmonisierung der Taxitarife? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP), eingegangen am 17.05.2018 - Drs. 18/944 an die Staatskanzlei übersandt am 24.05.2018 Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 20.06.2018, gezeichnet Dr. Bernd Althusmann Vorbemerkung des Abgeordneten Im Bereich der Eisenbahnverkehre gibt es den einheitlichen Niedersachsentarif für Niedersachsen, Bremen und Hamburg. Im Bereich der Taxiverkehre gibt es in den 37 Landkreisen, 8 kreisfreien Städten, 7 großen selbstständigen Städten und der Region Hannover über 50 unterschiedliche Tarife . Der abschließende Fahrpreis einer Fahrt kann sich aus mehreren Einzelkomponenten, wie z. B. Grundpreis, Strecke in Kilometer bei Tag oder Nacht oder Gepäckzuschlägen, zusammensetzen . So ist es möglich, dass eine Taxifahrt auf der gleichen Strecke zu deutlich unterschiedlichen Fahrpreisen erfolgt. Auch bei vergleichbaren Fahrten in benachbarten Tarifgebieten kann es zu größeren Preisunterschieden kommen. In Zeiten von App-basierten und geteilten bzw. sich ergänzenden Mobilitätskonzepten - gemeint ist die Verknüpfung des öffentlichen Nahverkehrs einschließlich Taxen mit der Bahn, Carsharing-Angeboten und Leihrädern - wäre eine einheitliche Tarifstruktur im Taxenverkehr hilfreich. Auch vor dem Hintergrund, dass sogenannte Match-Fahrten im Bereich des Taxigewerbes an Bedeutung gewinnen werden und der Kunde zunehmend Klarheit über den Preis seiner On-Demand-Mobilität haben möchte, erscheinen eine Harmonisierung und Vereinfachung der niedersächsischen Taxitarife sinnvoll. Die Taxitarife werden dabei nicht willkürlich festgelegt , sondern unter Beachtung der Interessen der Allgemeinheit, unter Beteiligung von Verbänden , Kammern und Gewerkschaften und unter Prüfung der Wirtschaftlichkeit ermittelt und politisch entschieden. Die Fahrpreise werden am Ende also nicht frei ermittelt, sondern behördlich festgelegt . Dies kann mit Bezug auf § 51 Abs. 1 Satz 3 PBefG auch vom Land Niedersachsen übernommen werden. Vorbemerkung der Landesregierung Gemäß der bundesweit geltenden Rechtslage im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) werden Beförderungsentgelte und -bedingungen im Taxenverkehr in Form von Rechtsverordnungen behördlich festgelegt. Für den Erlass entsprechender Rechtsverordnungen sind in Niedersachsen nach § 16 Abs. 4 Nr. 3 der Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Verkehr (ZustVO-Verkehr) die Landkreise, kreisfreien und großen selbstständigen Städte zuständig. In der Praxis erfolgt die Festsetzung der Höhe von Beförderungsentgelten in der Regel aufgrund konkreter Anträge bzw. Vorschläge der Verbände des Taxengewerbes oder der Taxenunternehmen . Dabei wird neben den Erfordernissen des Taxenverkehrs auch die aktuelle wirtschaftliche Situation im örtlichen Taxengewerbe dargelegt. Bei der Festsetzung der Beförderungsentgelte haben die Landkreise, kreisfreien und großen selbstständigen Städte gemäß §§ 39 Abs. 2, 51 Abs. 3 PBefG insbesondere zu prüfen, ob die Beförderungsentgelte unter Berücksichtigung der wirtschaft- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1173 2 lichen Lage der Taxenunternehmer, einer ausreichenden Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und der notwendigen technischen Entwicklung angemessen sind. Gemäß §§ 14 Abs. 2, 51 Abs. 3 PBefG sind vor dem Erlass der Rechtsverordnung die betroffenen Gemeinden, die für die Gewerbeaufsicht zuständige Behörde, die jeweilige Industrie- und Handelskammer, die Fachgewerkschaften und die Verkehrsverbände gutachtlich anzuhören Die Festlegung der Beförderungsentgelte im Taxenverkehr folgt insoweit klaren gesetzlichen Regelungen, die sicherstellen, dass Taxen-Tarife weder frei noch willkürlich festgelegt werden können. Im Übrigen wird klarstellend darauf hingewiesen, dass der im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) landesweit geltende Niedersachsentarif bei Fahrten innerhalb von Verbundräumen, bei denen eine Tarifintegration von SPNV und straßengebundenem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) besteht, nicht zur Anwendung kommt. Insoweit ergeben sich, anders als vom Fragesteller dargestellt, auch im SPNV bei Fahrten innerhalb der Tarifgebiete der Tarifverbünde Großraum-Verkehr Hannover (GVH), Hamburger Verkehrsverbund (HVV), Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (VBN), Verkehrsverbund Region Braunschweig (VRB), Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen (VSN) unterschiedliche Tarifhöhen im Vergleich zum Niedersachsentarif. 1. Wie viele Taxitarife gibt es derzeit in Niedersachsen? In Niedersachsen gibt es derzeit landesweit insgesamt 54 Regelungen für Beförderungsentgelte und -bedingungen im Taxenverkehr. Allerdings werden in der Praxis in einigen Regionen aufgrund von Abstimmungen der jeweils örtlich zuständigen kommunalen Gebietskörperschaften einheitliche Beförderungsentgelte und -bedingungen festgesetzt, wodurch sich trotz formell separater Einzelregelungen in der Praxis identische Inhalte hinsichtlich der Beförderungsentgelte beispielsweise für das Gebiet mehrerer Landkreise ergeben. 2. Aus wie vielen und welchen Bestandteilen setzen sich die Taxitarife in Niedersachsen derzeit zusammen? Die Einzelfaktoren für die Bildung der Beförderungsentgelte im Taxenverkehr sowie deren Gewichtung und Höhe stellen sich aufgrund der unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten regional unterschiedlich dar. In der Regel enthalten die sogenannten Taxitarifordnungen neben dem Grundpreis zusätzlich die Preise für Tages-/Nachtentfernungskilometer. Hinzu kommen u. a. Preise für Wartezeiten und Leerfahrten. Darüber hinaus können Zuschläge, beispielsweise für Großraum- oder Kombifahrzeugnutzung, enthalten sein. In Ausnahmefällen führt dies dazu, dass die Tarifbildung bis zu neun Elemente enthalten kann. 3. Wodurch sind die Unterschiede bei der Zusammensetzung der einzelnen Taxitarife in den Städten, Landkreisen und der Region Hannover bei der Kostenstruktur vor Ort begründet ? Die Beförderungsentgelte im Taxenverkehr werden nach einem die Besonderheiten dieser Verkehrsform berücksichtigenden Tarifsystem gebildet. Die unterschiedliche Zusammensetzung steht ebenso wie die Höhe der einzelnen Bestandteile in Abhängigkeit von der jeweiligen wirtschaftlichen Situation und Aufstellung des örtlichen Taxengewerbes, des Fahrgastaufkommens sowie der konkreten Verkehrsverhältnisse und alternativen Beförderungsangebote vor Ort. Unter anderem können dabei das Angebotsspektrum, die Größe der Taxenunternehmen, die Anzahl der Fahrzeuge und die Personalkosten sowie die Größe und Beschaffenheit des Pflichtfahrgebietes eine namhafte Rolle spielen. Die Unterschiede spiegeln die landesweit durchaus unterschiedliche Situation in den einzelnen kommunalen Gebietskörperschaften vor Ort wider, beispielsweise hinsichtlich der Unterschiede zwischen eher ländlichen und städtischen Regionen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1173 3 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Potenziale sowie die Vor- und Nachteile landesweit einheitlicher Beförderungsbedingungen und Beförderungsentgelte im Taxenverkehr (Niedersachsentarif für Taxen), die durch die Landesregierung festgelegt werden? Eine abschließende Beurteilung dazu liegt nicht vor. Ein Vorteil landesweit einheitlicher Beförderungsentgelte und -bedingungen könnte aus Kundensicht in deren gegebenenfalls größerer Transparenz und Einfachheit gegenüber dem Status Quo gesehen werden. Darüber hinaus könnten Möglichkeiten zur kombinierten Online-Buchung von Taxenbeförderungen in Verbindung mit anderen Verkehrsangeboten wie Flügen oder Zugfahrten erleichtert werden. Nachteile aus Kundensicht entständen zumindest dort, wo die Bildung landesweit einheitlicher Beförderungsentgelte zu einer Erhöhung der bislang geltenden lokalen Taxitarife führen würde. Dass es bei der Bildung eines landesweit einheitlichen Taxitarifs zumindest in Teilen des Landes gleichzeitig zu Tariferhöhungen kommt, dürfte nicht zu vermeiden sein. Nachteile beständen außerdem insbesondere darin, dass tatsächliche Unterschiede zwischen städtischen und eher ländlich geprägten Tarifgebieten, beispielsweise im Hinblick auf die Ertrags- und Kostenlage der Taxenunternehmen , Fahrgastpotenziale, Konkurrenz mit anderen Personenbeförderungen oder längere Fahrtwege sowie die Taxendichte und Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes vor Ort bei einheitlichen Beförderungsbedingungen und -entgelten, anders als bei regional zu treffenden Entscheidungen , nicht mehr differenziert berücksichtigt werden könnten. Da es in Niedersachsen mehr als 950 Taxiunternehmen mit unterschiedlichsten Wirtschafts- und Interessenlagen gibt, bestehen erhebliche Zweifel, ob eine landesweit einheitliche Regelung der jeweiligen wirtschaftlichen Situation des örtlichen Taxengewerbes wie auch den unterschiedlichen Verkehrsgebieten flächendeckend angemessen gerecht werden könnte. Die Einführung landesweit einheitlicher Beförderungsentgelte und -bedingungen im Taxenverkehr würde im Übrigen eine Rückübertragung der bisherigen kommunalen Zuständigkeit für den Erlass der entsprechenden Regelungen auf die Landesebene erfordern. Dagegen spricht nicht nur, dass sich die bisherige kommunale Zuständigkeit aus Sicht der Landesregierung bewährt hat, sondern insbesondere, dass damit die bisherige einheitliche Bündelung der Aufgaben der Genehmigungsbehörde und anderer relevanter behördlicher Zuständigkeiten für den Taxenverkehr bei den örtlichen Behörden aufgegeben würde. 5. Machen vor dem Hintergrund sich verändernder Mobilitätsmöglichkeiten und ansprüche sowie des politischen Wunsches der Stärkung des ÖPNV landesweit einheitliche Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen im Taxiverkehr Sinn (bitte mit Begründung)? Vor dem Hintergrund der Darlegungen unter Frage 4 erscheint eine grundsätzliche Änderung der bisherigen kommunalen Zuständigkeit für die Festsetzung von Beförderungsentgelten und -bedingungen im Taxenverkehr und deren Übertragung auf die Landesebene nicht sinnvoll. Möglicherweise lassen sich aber die bereits teilweise bestehenden gebietsübergreifenden Regelungen oder Kooperationen zwischen den zuständigen kommunalen Gebietskörperschaften landesweit so ausweiten, dass ein Teil der mit landesweit einheitlichen Beförderungsentgelten und -bedingungen im Taxenverkehr bezweckten Vorteile auch durch gemeinsam abgestimmte einheitliche oder vergleichbarere Festsetzungen seitens der verantwortlichen kommunalen Behörden erreicht werden kann. Ob und in welchen Bereichen entsprechende landesweit vereinheitlichende Ansätze oder Sondertarife im Zuge freiwilliger Abstimmungen der Landkreise, kreisfreien Städte und großen selbstständigen Städte möglicherweise in Niedersachsen sinnvoll und praktikabel erscheinen , soll deshalb in Abstimmung mit dem Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen e. V., Fachvereinigung Taxi- und Mietwagengewerbe, auf Fachebene in Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden erörtert werden. (Verteilt am 25.06.2018) Drucksache 18/1173 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Niedersachsentarif für Taxen: Wann kommt die landesweite Harmonisierung der Taxitarife?