Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1179 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Kostenübernahme für Schwangerschaftsabbrüche durch das Land Niedersachsen Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD), eingegangen am 17.05.2018 - Drs. 18/932 an die Staatskanzlei übersandt am 23.05.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 22.06.2018, gezeichnet Dr. Carola Reimann Vorbemerkung des Abgeordneten Die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche in Niedersachsen weist eine steigende Tendenz auf. 2016 verzeichnete Niedersachen 7 830 Schwangerschaftsabbrüche. Im Jahr 2017 stieg die Zahl auf 8 308 Schwangerschaftsabbrüche an. Vorbemerkung der Landesregierung Schwangerschaftsabbrüche sind unter den Voraussetzungen des § 218 a des Strafgesetzbuchs (StGB) nicht strafbar. Dabei handelt es sich um Schwangerschaftsabbrüche nach der sogenannten Beratungsregelung bei einer Not- und Konfliktlage der Schwangeren (§ 218 a Abs. 1 StGB) sowie um nicht rechtswidrige Schwangerschaftsabbrüche mit medizinischer oder kriminologischer Indikation (§ 218 a Abs. 2 und 3 StGB). Die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche mit medizinischer oder kriminologischer Indikation werden bei gesetzlich versicherten Schwangeren gemäß § 24 b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Bei Schwangerschaftsabbrüchen im Sinne des § 218 a Abs. 1 StGB sind die entstehenden Kosten durch die betroffenen Frauen selbst aufzubringen. Nach den § 19 ff. des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) hat eine Frau einen Anspruch auf Leistungen in Anlehnung an die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, die bei einem nicht rechtswidrigen Abbruch übernommen werden, wenn ihr die Aufbringung der Mittel für den Abbruch einer Schwangerschaft nicht zuzumuten ist. In diesen Fällen haben die Länder gemäß § 22 SchKG den gesetzlichen Krankenkassen die ihnen entstehenden Kosten zu erstatten. In Niedersachsen haben die gesetzlichen Krankenkassen und das Land durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 20. Dezember 2002 geregelt, dass die den gesetzlichen Krankenkassen obliegende Abrechnung der Leistung dem Land übertragen wird (§ 21 SchKG). Ärztinnen und Ärzte sowie die Kliniken rechnen die Leistungen gemäß § 20 SchKG direkt mit dem Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie ab. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1179 2 1. In welchen Fällen des § 218 a StGB und in welchem Umfang übernimmt das Land Niedersachsen die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch? Bei Schwangerschaftsabbrüchen gemäß § 218 a Abs. 2 und 3 StGB erfolgt keine Kostenübernahme durch das Land. Bei Schwangerschaftsabbrüchen im Sinne des § 218 a Abs. 1 StGB werden die Kosten eines Abbruchs der Schwangerschaft durch das Land in den Fällen übernommen, in denen der betroffenen Frau die Aufbringung der Mittel für den Abbruch einer Schwangerschaft nicht zuzumuten ist. In diesen Fällen erfolgt eine Kostenübernahme für Leistungen gemäß § 20 Abs. 1 SchKG in dem Umfang der in § 24 b Abs. 4 SGB V genannten Leistungen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nur bei einem nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch getragen werden. Danach umfasst die Kostenübernahme im Wesentlichen Leistungen für – die Anästhesie, – den operativen Eingriff oder die Gabe einer den Schwangerschaftsabbruch herbeiführenden Medikation, – die vaginale Behandlung einschließlich der Einbringung von Arzneimitteln in die Gebärmutter, – die Injektion von Medikamenten, – die Gabe eines wehenauslösenden Medikaments, – die Assistenz durch eine andere Ärztin bzw. einen anderen Arzt, – die körperliche Untersuchung im Rahmen der unmittelbaren Operationsvorbereitung und der Überwachung im direkten Anschluss an die Operation, – die mit den ärztlichen Leistungen im Zusammenhang stehenden Sachkosten, wie Narkosemittel und ähnliches. 2. Unter welchen Voraussetzungen übernimmt das Land Niedersachsen die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch? Für Frauen mit geringem oder ohne eigenes Einkommen übernimmt das Land Niedersachsen auf Grundlage des Schwangerschaftskonfliktgesetzes die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs nach der Beratungsregelung unter folgenden Voraussetzungen: 1. Der Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt der Schwangeren liegt in Niedersachsen. 2. Das monatliche Netto-Einkommen der Schwangeren liegt unter 1 142 Euro (§ 19 Abs. 1 SchKG i. V. m. § 24 SchKG i. V. m. BAnz AT 21.06.2017 B1). Diese Einkommensgrenze erhöht sich um jeweils 270 Euro für jedes Kind, dem sie unterhaltspflichtig ist, wenn das Kind minderjährig ist und ihrem Haushalt angehört oder wenn es von ihr überwiegend unterhalten wird. 3. Die Kosten für Unterkunft (wie z. B. Miete) für die Schwangere und ihre oben genannten Kinder , die über 334 Euro hinausgehen, erhöhen die Einkommensgrenze ebenfalls, höchstens jedoch um 334 Euro. 4. Der Schwangeren steht kein kurzfristig verwertbares Vermögen zur Verfügung. Die genannten Beträge werden gemäß § 24 SchKG entsprechend der prozentualen Veränderung des aktuellen Rentenwertes der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst. Sie basieren auf der letzten Anpassung zum 01.07.2017. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1179 3 Die Voraussetzungen für die Kostenübernahme gemäß § 19 Abs. 3 gelten als erfüllt, wenn die Schwangere 1. - laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), - Ausbildungsförderung im Rahmen der Anordnung der Bundesagentur für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung oder über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter , - Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder - Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhält oder 2. wenn die Kosten für ihre Unterbringung in einer Anstalt, einem Heim oder in einer gleichartigen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder Jugendhilfe getragen werden. Für die Übernahme der Kosten ist ferner erforderlich, dass diese vor der Vornahme des Schwangerschaftsabbruchs beantragt worden ist. 3. Werden die Kosten sowohl für einen operativ als auch für einen medikamentös durchgeführten Schwangerschaftsabbruch übernommen? Die o. a. Kosten werden sowohl für einen chirurgischen als auch für einen medikamentösen Abbruch übernommen. 4. In wie vielen Fällen hat das Land Niedersachsen in den Jahren 2015, 2016 und 2017 die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche übernommen (bitte einzeln pro angegebenes Jahr benennen)? Das Land Niedersachsen hat in der folgenden Anzahl von Fällen1 die Kosten übernommen: Im Jahr 2015 in 8 251 Fällen, im Jahr 2016 in 7 645 Fällen, im Jahr 2017 in 7 727 Fällen. 5. Wie hoch waren die vom Land übernommenen Kosten für Schwangerschaftsabbrüche in den Jahren 2015, 2016 und 2017 (bitte einzeln pro angegebenes Jahr benennen)? Die vom Land Niedersachsen übernommenen Kosten für Schwangerschaftsabbrüche betrugen im Jahr 2015 2 683 545,30 Euro, im Jahr 2016 2 717 203,73 Euro2, im Jahr 2017 2 665 029,22 Euro. 1 Es handelt sich um die in dem betreffenden Haushaltsjahr abgerechneten Zahlfälle. 2 Von dem im Jahr 2016 gebuchten Betrag sind Kosten von 92 056,72 Euro in 2015 entstanden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1179 4 6. Wie hoch waren die Gesamtkosten, die dem Land Niedersachsen in den genannten Jahren durch die Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen entstanden sind? Die vom Land Niedersachsen übernommenen Gesamtkosten3 für Schwangerschaftsabbrüche betrugen im Jahr 2015 2 777 558,66 Euro, im Jahr 2016 2 859 442,90 Euro4 und im Jahr 2017 2 785 850,24 Euro. 3 Erfasst werden auch die Verwaltungskosten für die Ausstellung der Kostenübernahmebescheinigungen durch die Krankenkassen und evtl. Kosten für die Voruntersuchung ohne Durchführung des Schwangerschaftsabbruches . 4 Von dem im Jahr 2016 gebuchten Betrag sind Kosten von 119 745,10 Euro in 2015 entstanden. (Verteilt am 25.06.2018) Drucksache 18/1179 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Kostenübernahme für Schwangerschaftsabbrüche durch das Land Niedersachsen