Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1213 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte und Dragos Pancescu (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Wie viel radioaktives Material befindet sich noch im Brennelement-Lagerbecken des AKW Esenshamm? Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte und Dragos Pancescu (GRÜNE), eingegangen am 30.05.2018 - Drs. 18/989 an die Staatskanzlei übersandt am 04.06.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 28.06.2018, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung der Abgeordneten Das Atomkraftwerk Esenshamm wurde nach dem Atomunfall in Fukushima im Jahr 2011 vorzeitig abgeschaltet und soll nun zurückgebaut werden. Nach Angaben des Betreibers auf einer öffentlichen Veranstaltung wurden im Februar 2018 alle intakten Brennelemente aus dem Abklingbecken des AKW entfernt und in Castorbehälter verpackt. Es befänden sich jedoch noch defekte Brennelemente bzw. Brennstäbe im Lagerbecken, die Presseberichten zufolge bis Mitte 2019 geborgen und in Glas eingeschmolzen werden sollen (NDR vom 11.04.2018, https://www.ndr.de/nachrich ten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Kiste-zu-AKW-weg-Rueckbau-von-Unterweser,unterwe ser140.html, Weser-Kurier vom 07.04.2018 https://www.weser-kurier.de/region/niedersachsen_arti kel,-atomkraftwerk-esenshamm-wird-abgebaut-_arid,1717736.html). Laut einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom März 2017 (Drs. 17/7776) befanden sich im Februar 2017 noch 147 Brennelemente sowie 86 Brennstäbe, davon 56 beschädigte, im Lagerbecken. Zudem wurde ein Brennelement mit Brennstabdefekt im Nasslager vermutet. Den damaligen Angaben der Landesregierung zufolge standen noch zwei Genehmigungen für die Einlagerung der verbleibenden Elemente in das Standortzwischenlager aus. 1. Wie viele Brennelemente, Brennstäbe oder Teile davon befinden sich aktuell noch im Brennelement-Lagerbecken, und welche Beschädigungen weisen diese jeweils auf? Im Brennelement-Lagerbecken befinden sich keine Brennelemente mehr. Insgesamt befinden sich 87 Brennstäbe in Köchern im Lagerbecken, darunter 57 defekte. Die Hüllrohre der defekten Brennstäbe sind in unterschiedlichen Maßen beschädigt, sodass die gasdichte Barrierefunktion nicht mehr gegeben ist 2. Befinden sich defekte Brennelemente, Brennstäbe oder Teile davon in einem Köcher bzw. einer Kapsel? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1213 2 3. Wo sollen die defekten Brennstäbe repariert werden, und wurden bereits defekte Brennstäbe aus dem Lagerbecken entfernt? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet: Alle defekten Brennelemente wurden repariert und ins Standortzwischenlager verbracht. Eine Reparatur von Brennstäben ist nicht vorgesehen. Alle 87 Brennstäbe wurden in drei Köcher für Sonderbrennstäbe (KSBS) eingesetzt, für die eine verkehrsrechtliche Zulassung zur Beladung in einen Transport- und Lagerbehälter vom Typ CASTOR V/19 vom Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), vormals Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), vorliegt. Stärker beschädigte Brennstäbe wurden vor dem Einsetzen in die KSBS in einseitig geschlossene Hülsen gesetzt. Der KSBS wurde qualifiziert, die Funktion der gasdichten Barriere für die defekten Brennstäbe zu übernehmen. 4. Ist geplant, die defekten Brennstäbe zu verglasen? Nein. 5. Sind dem Umweltministerium Absichten bekannt, die defekten Brennstäbe zu einer Forschungsanlage oder einer Konditionierungsanlage im In- oder Ausland (ähnlich wie im Fall Brunsbüttel) zu bringen, und wenn ja, wohin sollen die Brennstäbe gebracht werden? Nein. 6. Welche Genehmigungen sind für die Bergung, Reparatur und den Abtransport der beschädigten Brennelemente und Brennstäbe erforderlich, und inwiefern wurden diese bereits beantragt bzw. erteilt? Die verkehrsrechtliche Zulassung zur Beladung eines Transport- und Lagerbehälters vom Typ CASTOR V/19 mit Sonderbrennstäben1) in KSBS liegt seit Mitte 2017 vor. Die ebenfalls erforderliche Änderungsgenehmigung nach § 6 AtG für das Standortzwischenlager ist bereits beim BfE beantragt und wird nach jetziger Planung im dritten Quartal 2018 erwartet. 7. Wo sollen die defekten Brennstäbe zwischengelagert werden? Ein Transport- und Lagerbehälter vom Typ CASTOR V/19 mit allen 87 Brennstäben in drei KSBS aus dem Kernkraftwerk Unterweser (KKU) soll in das Standortzwischenlager eingestellt werden. 8. Bis wann sollen alle Brennelementteile aus dem Lagerbecken entfernt sein? Vorbehaltlich der noch zu erteilenden Änderungsgenehmigung nach § 6 AtG durch das BfE wird das KKU nach derzeitiger Planung im Februar 2019 brennstofffrei sein. 9. Wie viele Brennelemente mit welchen Abbrandraten und Abklingzeiten wurden seit 2017 aus dem Nasslager entfernt? Wie in 1. dargestellt, sind alle Brennelemente aus dem Brennelement-Lagerbecken (Nasslager ) entfernt. Die seit Januar 2017 insgesamt abtransportierten 204 Brennelemente haben 1 Sonderbrennstäbe sind intakte oder defekte Brennstäbe, die aus einem Brennelement entfernt wurden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1213 3 Abbrände von 8 bis 51 MWd/kg SM und Abklingzeiten von mindestens 6 und in Einzelfällen bis zu 20 Jahren. 10. Wie viel radioaktive Gase mit welchen Nuklidgehalten wurden beim Beladen der Castoren abgesaugt und über die Abluft an die Umwelt abgegeben? Da die Brennelemente in der Regel dicht sind, treten beim Beladen keine radioaktiven Gase aus den Brennelementen aus. Lediglich einmal musste im Februar 2017 im KKU ein Castor- Behälter wieder entladen werden, weil während der Abfertigung ein defekter Brennstab detektiert wurde. Eine separate Bilanzierung der Edelgasmenge aus dem defekten Brennstab ist allerdings nicht möglich. Die gesamte Edelgasabgabe des KKU betrug im Monat Februar 2017 6,02 E+09 Bq entsprechend 0,001 % vom Genehmigungswert und im Monat März 2017 1,82 E+10 Bq entsprechend 0,002 % vom Genehmigungswert. Die nuklidspezifische Auswertung der Edelgasaktivität zeigte keine Werte über der Erkennungsgrenze für ein Einzelnuklid. 11. Wie viele Castoren welches Typs wurden seit März 2017 in das Standortzwischenlager eingelagert? Es wurden 10 beladene Transport- und Lagerbehälter vom Typ CASTOR V/19 in das Standortzwischenlager eingestellt. 12. Wo wurden die Castoren gefertigt, und wann wurden sie an den Standort Esenshamm geliefert? Die Transport- und Lagerbehälter wurden von der Gesellschaft für Nuklear-Service mbH (GNS) gefertigt und im November 2015, März 2016 und Januar 2017 im Standortzwischenlager angeliefert. 13. Wann hat das BfE die für die Einlagerung der Castoren nötigen Änderungsgenehmigungen für das Standortzwischenlager erteilt? Genehmigung des BfE (vormals BfS) zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen im Standort- Zwischenlager in Rodenkirchen der E.ON Kernkraft GmbH vom 22.09.2003 Erste Änderungsgenehmigung des BfE vom 27.05.2008 Dritte Änderungsgenehmigung des BfE vom 18.12.2012 Fünfte Änderungsgenehmigung des BfE vom 02.11.2017 14. Vor dem Hintergrund, dass defekte Brennstäbe aus dem Atomkraftwerk Brunsbüttel nach Schweden zu Untersuchungszwecken nach Schweden exportiert wurden: Gibt es einen Austausch mit dem Land Schleswig-Holstein zu diesen Untersuchungen? Nein. (Verteilt am 05.07.2018) Drucksache 18/1213 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte und Dragos Pancescu (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Wie viel radioaktives Material befindet sich noch im Brennelement-Lagerbecken des AKW Esenshamm?