Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1217 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode, Björn Försterling und Christian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Welche Geheimnisse will die Landesregierung im „Fall Härke“ schützen? Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode, Björn Försterling und Christian Grascha (FDP), eingegangen am 28.05.2018 - Drs. 18/977 an die Staatskanzlei übersandt am 30.05.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 02.07.2018, gezeichnet In Vertretung Stephan Manke Vorbemerkung der Abgeordneten Am 26. Mai 2018 erschien in der HAZ ein Artikel mit der Überschrift „Geheimnisverrat im Rathaus? Strafanzeige gegen Härke“. Darin werden Aussagen zu einer angeblichen Verwicklung des Ministerpräsidenten in einen möglichen Fall von Geheimnisverrat durch den Kulturdezernenten der Landeshauptstadt Hannover getätigt. Neben Mutmaßungen über zurückliegende Konflikte im Rathaus der Landeshauptstadt Hannover werden Stellungnahmen der Kommunalaufsicht des Landes zu einer Prüfung einer Gehaltszulage für den Büroleiter des Oberbürgermeisters erwähnt, die vom Kulturdezernenten für rechtswidrig erachtet worden sei. Vorbemerkung der Landesregierung Mitte Februar 2018 hat der Landtagsabgeordnete Dirk Toepffer dem Ministerpräsidenten Ausdrucke bzw. Kopien von E-Mails gegeben, die ihm zuvor zugegangen waren. Diese Unterlagen stammten ersichtlich aus dem Dienstverkehr der Landeshauptstadt Hannover und betrafen einen dortigen Personalvorgang. Ministerpräsident Stephan Weil hat diese Unterlagen kurz darauf an Oberbürgermeister Stefan Schostok weitergegeben. 1. Entsprechen die Aussagen im HAZ-Artikel vom 26. Mai 2018 „Geheimnisverrat im Rathaus ?“ zum Tätigwerden und zu Kenntnissen des Ministerpräsidenten der Wahrheit? Siehe Vorbemerkung. 2. Ist es insbesondere zutreffend, a) dass der Ministerpräsident Unterlagen aus der Personalakte des Büroleiters des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Hannover vom Fraktionsvorsitzenden der CDU im Landtag entgegengenommen hat; Ob diese Unterlagen direkt aus der Personalakte des Büroleiters des Oberbürgermeisters stammten , wusste und weiß der Ministerpräsident nicht. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1217 2 b) dass der Ministerpräsident die Unterlagen gesichtet und deren Inhalt zur Kenntnis genommen hat; Ja. c) dass der Ministerpräsident diese Unterlagen an den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover weitergegeben hat? Ja. 3. Was genau enthielten die dem Ministerpräsidenten übergebenen Unterlagen, und sind diese vollständig identisch mit den Unterlagen, die dieser an den Oberbürgermeister weitergegeben hat? Es handelte sich um Unterlagen aus der innerdienstlichen Kommunikation der Hannoverschen Stadtverwaltung. Sie sind vollständig an den Oberbürgermeister weitergegeben worden. 4. Wann und wo fanden die jeweiligen Übergaben der Unterlagen statt? Die Übergaben haben jeweils im Büro des Ministerpräsidenten stattgefunden. Erhalten hat der Ministerpräsident die Unterlagen seiner Erinnerung nach Mitte Februar, weitergegeben hat er sie zwei oder drei Tage später. 5. Aus welchen Gründen hat sich der Ministerpräsident für die Weitergabe der Unterlagen an den Oberbürgermeister entschieden? Die Unterlagen stammten erkennbar aus einer innerdienstlichen Kommunikation einer Behörde einer anderen Gebietskörperschaft und waren deshalb an den dortigen Behördenleiter zu übergeben. 6. Hat der Ministerpräsident beim Erhalt oder bei der Weitergabe der Unterlagen irgendeine Art von Zusagen, Zusicherungen oder Versprechungen im Zusammenhang mit dem dieser Frage zugrunde liegenden Gesamtkomplex getätigt? Nein. 7. Geht die Landesregierung davon aus, dass die betreffenden Unterlagen mit Übergabe an den Ministerpräsidenten zu einer Akte oder einem Aktenbestandteil der Landesregierung geworden sind, und wie begründet die Landesregierung ihre entsprechende Auffassung? Nein, es handelte sich erkennbar um eine Angelegenheit der Stadt Hannover und nicht der Landesregierung . 8. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung von einer im o. g. Artikel angedeuteten Stellungnahme der Kommunalaufsicht zu einer Gehaltserhöhung bzw. Besoldungszulage oder anderen außertariflichen Leistungen des Büroleiters des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Hannover? Nach Kenntnis der Landesregierung gibt es eine solche Stellungnahme der Kommunalaufsicht nicht. Die Kommunalaufsicht des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport war vor der Presseberichterstattung vom 26.05.2018 nicht mit der Besoldung des Büroleiters des Oberbürgermeisters befasst. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1217 3 9. Wie beurteilt die Landesregierung eine solche Zulage/Zahlung/Erhöhung aus rechtlichen Gesichtspunkten? Die Landesregierung hält die Zulage für rechtswidrig. 10. Welche kommunalaufsichtlichen Tätigkeiten oder Prüfungen hat die Landesregierung hinsichtlich der im o. g. Artikel angedeuteten Zulage/Zahlung/Erhöhung in der Vergangenheit unternommen? Siehe Antwort zu Frage 8. 11. Was waren die Ergebnisse dieser Prüfungen? Siehe Antwort zu Frage 8. 12. Wen, wann und in welcher Form hat die Landesregierung über diese Ergebnisse informiert ? Siehe Antwort zu Frage 8. 13. Wie bewertet die Landesregierung den gesamten dieser Frage zugrunde liegenden Komplex aus datenschutzrechtlicher Sicht? Die Rechtmäßigkeit des Umgangs mit Personalaktendaten des betroffenen Beamten bestimmt sich nach § 50 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und §§ 88 ff. des Niedersächsischen Beamtengesetzes (NBG). Nach § 50 BeamtStG sind Personalaktendaten alle Unterlagen, die die Beamtin oder den Beamten betreffen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (§ 50 Satz 2 BeamtStG). Personalaktendaten dürfen grundsätzlich nur für Zwecke der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft verwendet werden, es sei denn, die Beamtin oder der Beamte willigt in die anderweitige Verwendung ein. Darüber hinaus bestimmt § 88 Abs. 4 NBG, dass nur Beschäftigte Zugang zur Personalakte haben dürfen, die von der zuständigen Stelle mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten beauftragt sind. Sollte es sich bei den weitergegebenen Unterlagen um personenbezogene Daten des betroffenen Beamten handeln, die nicht Personalaktendaten sind, ist die Verarbeitung dieser Daten nur bei bestimmten Verarbeitungszwecken zulässig, welche in § 88 Abs. 1 NBG festgelegt sind. Demnach ist eine Verarbeitung nur zulässig, soweit dies zur Begründung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienstverhältnisses oder zur Durchführung organisatorischer, personeller und sozialer Maßnahmen, insbesondere auch zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes erforderlich ist. Anhaltspunkte für eine rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten des betroffenen Beamten sind - auch unter Berücksichtigung der Berichterstattung in den Medien - bisher nicht ersichtlich . Unabhängig davon, ob die an den Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag aus der Landeshauptstadt Hannover weitergegebenen Unterlagen zur Personalakte gehörende Personalaktendaten oder allgemeine personenbezogene Daten des betroffenen Beamten enthalten, wäre eine solche Weitergabe aus dem Bereich der Landeshauptstadt nach den die Personaldatenverarbeitung für Beamtinnen und Beamte betreffenden beamtenrechtlichen Vorschriften nicht zulässig. § 88 Abs. 1 Satz 2 NBG verweist weiter auf das ergänzend anzuwendende Niedersächsische Datenschutzgesetz (NDSG). Nach § 5 NDSG in der Fassung bis zum 24.05.2018 ist es Personen, die dienstlichen Zugang zu personenbezogenen Daten haben, untersagt, diese zu einem anderen als dem zur jeweiligen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu verarbeiten (Datengeheimnis). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1217 4 Eine Datenübermittlung zwischen öffentlichen Stellen ist zulässig, wenn dies für die Aufgabenerfüllung einer dieser Stellen erforderlich ist und die Daten nach § 10 NDSG verarbeitet werden dürfen. Hier käme nur die Möglichkeit in Betracht, dass eine Rechtsvorschrift dies erlaubt. Es liegen hier keine konkreten Kenntnisse zum Zweck der Datenübermittlung vor, sodass hierzu keine weitere Bewertung erfolgen kann. Soweit die personenbezogenen Daten ohne Rechtsgrundlage verarbeitet (erhoben und übermittelt ) worden wären, läge eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 NDSG vor. Darüber hinaus wäre zu prüfen, ob Straftatbestände i. S. d. § 28 Abs. 1 Nr. 1 NDSG erfüllt sind (unbefugte Datenerhebung und -übermittlung, um einen anderen zu schädigen). Die erfolgte Rückgabe der Unterlagen an die Landeshauptstadt Hannover als Berechtigte ist datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden. So stellt zunächst die Entgegennahme der Unterlagen keine Erhebung von Daten i. S. v. § 9 NDSG a. F. dar. Vielmehr handelt es sich im datenschutzrechtlichen Sinne insoweit um sogenannte aufgedrängte Daten, sodass tatbestandlich kein gezieltes Beschaffen vorliegt. Es ist datenschutzrechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn der Ministerpräsident als Empfänger die Daten an die berechtigte Stelle zurückgibt. Angesichts der Interessenlage sowohl der berechtigten Stelle als auch der betroffenen Person, um deren personenbezogene Daten es geht, stellt die Rückgabe eine datenschutzkonforme Lösung dar. Berechtigte und damit zuständige Stelle für die fraglichen Daten ist die Landeshauptstadt Hannover als Anstellungskörperschaft des Büroleiters des Oberbürgermeisters. Die Rückgabe von personenbezogenen Daten an den Berechtigten (z. B. nach Entwendung, Verlieren, Fehlzustellung) ist im Übrigen auch nicht als Datenübermittlung im datenschutzrechtlichen Sinne zu klassifizieren. (Verteilt am 05.07.2018) Drucksache 18/1217 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Dr. Stefan Birkner, Jörg Bode, Björn Försterling und Chris-tian Grascha (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Welche Geheimnisse will die Landesregierung im „Fall Härke“ schützen?