Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1231 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Werden die Kosten für Gemeinschaftsunterkünfte korrekt bemessen? Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 04.06.2018 - Drs. 18/1017 an die Staatskanzlei übersandt am 06.06.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 03.07.2018, gezeichnet In Vertretung Stephan Manke Vorbemerkung des Abgeordneten Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2018 (AZ: 12 N 18.9) befasst sich mit der „Erhebung von Gebühren für Unterkunft, Verpflegung und Haushaltsenergie in staatlichen Asylbewerberunterkünften“. In den Leitsätzen wird u. a. klargestellt, dass in die Bemessung der Benutzungsgebühren Kosten nicht einberechnet werden dürfen, „die nicht unterkunfts-, sondern personenbezogen sind“. „Aufwendungen, die durch die persönliche Betreuung der Asylbewerber und Asylberechtigten innerhalb der Einrichtung entstehen, können im Rahmen der Unterkunftskosten nicht berücksichtigt werden. Ähnliches gilt für die Kosten der Bewachung von Gemeinschaftsunterkünften “. Vorbemerkung der Landesregierung Das Land Niedersachsen unterhält für die Unterbringung und Versorgung von nach Asyl nachsuchenden und unerlaubt eingereisten ausländischen Staatsangehörigen sowie Personen, denen aufgrund eines Beschlusses der Europäischen Union vorübergehenden Schutz gewährt wird, ausschließlich Aufnahmeeinrichtungen. Ausländerinnen und Ausländer, die nach Maßgabe des Asylund Aufenthaltsgesetzes aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen sind, werden nach Maßgabe des Aufnahmegesetzes auf die niedersächsischen Kommunen verteilt. Damit sind diese für die Unterbringung zuständig. Im Gegensatz zur Unterbringungspraxis des Landes Bayern erfolgt in Niedersachsen im Anschluss einer Entlassung aus einer Erstaufnahmeeinrichtung keine Unterbringung in landeseigenen Gemeinschaftsunterkünften. 1. Inwiefern hält die Landesregierung die Entscheidung für relevant für Gemeinschaftsunterkünfte in Niedersachsen? Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung gegebenenfalls daraus? Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2018 - Az.: 12 N 18.9 wurden die §§ 23 und 24 der Verordnung zur Durchführung des Asylgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes , des Aufnahmegesetzes und des § 12 a des Aufenthaltsgesetzes (Asyldurchführungsverordnung - DVAsyl) vom 16. August 2016 für unwirksam erklärt. § 23 DVAsyl bestimmt die Höhe der Unterkunftsgebühr, § 24 DVAsyl bestimmt die nach Personengruppen gestaffelten Gebühren für Verpflegung und Haushaltsenergie. Im Ergebnis kritisiert der VGH, dass der Bayerische Verordnungsgeber die Gebührenhöhe Asylbewerberunterkünfte nicht auf der Grundlage einer Gebühren- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1231 2 kalkulation ermittelt habe, sondern unabhängig von den ihm tatsächlich entstehenden Gesamtaufwendungen festgelegt habe. Die Bemessung der Benutzungsgebühren für Asylbewerberunterkünfte auf der Grundlage der bayernweit üblichen Miete für Singlehaushalte im SGB II-Bezug sei ohne (vorherige) konkrete Kostenermittlung unzulässig. Im Übrigen enthält die Entscheidung u. a. Ausführungen zur Abgrenzung von unterkunfts- und personenbezogenen Kosten, auf welche der Fragesteller in der Vorbemerkung hinweist. Insoweit erscheint es jedoch nicht eindeutig und wird in der Entscheidung auch nicht näher ausgeführt, aus welchem Grund der VGH insbesondere die Kosten der Bewachung als personenbezogen und damit als nicht ansatzfähig erachtet. Die Entscheidung des VGH betrifft zunächst die Sach- und Rechtslage in Bayern. Eine vergleichbare Asyldurchführungsverordnung gibt es im niedersächsischen Landesrecht nicht. Ebenso ist - wie in der Vorbemerkung dargestellt - die Unterbringung von Schutzsuchenden in Niedersachsen anders ausgestaltet. Darüber hinaus sieht § 5 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (NKAG), welcher die Erhebung von Benutzungsgebühren in Niedersachen durch Satzung ermöglicht , bereits ausdrücklich vor, dass die Kosten nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln und der Gebührenberechnung zugrunde zu legen sind. § 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG zählt einige Kostenpositionen auf, die ansatzfähig sind (u. a. Gemeinkosten), ist aber nicht abschließend. Soweit ersichtlich gibt es zu der Frage, welche Kosten bei einer Gebührenkalkulation nach § 5 NKAG für Benutzungsgebühren einer kommunalen Gemeinschaftsunterkunft ansatzfähig sind, keine niedersächsische (obergerichtliche) Rechtsprechung. Der kommunale Satzungsgeber hat jeweils im Einzelfall nach Maßgabe der in § 5 NKAG niedergelegten kostenrechtlichen Grundsätze zu prüfen, welche Kosten in eine Gebührenkalkulation aufgenommen werden dürfen. Das Land führt keine laufenden gesonderten Erhebungen zur detaillierten Unterbringungssituation und deren Ausgestaltung in den Kommunen durch, so dass die erfragten Daten nicht unmittelbar verfügbar waren. Vor diesem Hintergrund war eine Abfrage bei den Kommunen erforderlich. Dafür wurden die 47 kommunalen Kostenträger, die für die Unterbringung und Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zuständig sind, - gefragt, ob und auf welcher Rechtsgrundlage (z. B. Satzung, privatrechtliche Ausgestaltung) Nutzungsgebühren bzw. Mieten erhoben werden, und - gebeten, ihre Gebührenkalkulation im Detail unter Aufführung der berücksichtigten Kostenpositionen darzustellen. 37 kommunale Kostenträger haben eine Rückmeldung erteilt. Davon erteilten 13 Kommunen Fehlanzeige , da innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches keine Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften erfolgt. 24 Kommunen gaben an, dass innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches Nutzungsgebühren bzw. Mieten auf der Grundlage einer Satzung oder sonstigen rechtlichen Ausgestaltung erhoben werden . Zwei Kommunen haben angegeben, Kosten der Bewachung bei ihrer Gebührenkalkulation mit in Ansatz zu bringen. In Ansehung der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erscheint es nicht eindeutig, aus welchen Gründen die Kosten der Bewachung als nicht ansatzfähige personenbezogene Kosten anzusehen und im Rahmen der Gesamtkostenkalkulation der Unterkunft nicht berücksichtigungsfähig sein sollen. Im Rahmen der Abfrage hat nur eine Kommune mitgeteilt, Kosten der sozialen Betreuung mit zu berücksichtigen. Allerdings stuft die Kommune diese Kosten als unterkunfts- und objektbezogen ein und erreicht nur einen Kostendeckungsgrad von unter 30 %. Diesen Einzelfall wird das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport im Rahmen der Aufsicht prüfen. Aus den Gründen ergeben sich aus Sicht der Landesregierung aus der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ganz überwiegend keine unmittelbaren Konsequenzen für Niedersachsen . Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1231 3 2. In welchen Gemeinschaftsunterkünften in Niedersachsen bzw. in welchen Kommunen werden in die Mieten/Nutzungsgebühren personenbezogene Kosten eingerechnet? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Wird die Erstattung dieser personenbezogenen Kosten dann im Rahmen der Mieten /Nutzungsgebühren von Bewohnerinnen und Bewohnern mit eigenem Einkommen eingefordert? Nach dem Ergebnis der Abfrage bei den Kommunen erfolgt dies bei einer Kommune. Die Nutzungsgebühren der übrigen Kommunen enthalten keine personenbezogenen Kosten. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen. 4. Kommt es vor, dass die Jobcenter bei Personen, die beispielsweise als Familie durch die eingerechneten personenbezogenen Kosten auf eine besonders hohe Miete kommen , die hohen Mietkosten monieren und den Umzug in eine kostengünstigere Wohnung fordern? Von den eingegangenen 37 Antworten gab nur eine Kommune an, personenbezogene Kosten mit einzurechnen (siehe Antwort zu Frage 1). Eingeschlossen dieser Kommune gaben insgesamt 35 Kommunen an, dass die Jobcenter keine Umzüge in kostengünstigere Wohnungen forderten. Zwei kommunale Träger, die keine personenbezogenen Kosten bei den Mieten/Nutzungsgebühren einrechnen, gaben an, dass das Jobcenter die Höhe der Unterbringungskosten in der Vergangenheit moniert hat. Dieses Überschreiten der akzeptierten Angemessenheitsgrenze käme in Einzelfällen auch bei einer Unterbringung in Wohnungen vor. In diesen Fällen würden Kostensenkungen innerhalb von sechs Monaten geprüft. Gleichzeitig würden die Betroffenen bei der Suche nach einer kostengünstigeren Unterkunft unterstützt werden. (Verteilt am 10.07.2018) Drucksache 18/1231 Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Werden die Kosten für Gemeinschaftsunterkünfte korrekt bemessen?