Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1232 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Antisemitische Straftaten in der Statistik politisch motivierter Kriminalität Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD), eingegangen am 04.06.2018 - Drs. 18/1009 an die Staatskanzlei übersandt am 06.06.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 03.07.2018, gezeichnet In Vertretung Stephan Manke Vorbemerkung des Abgeordneten Nach dem bundeseinheitlich gültigen „Definitionssystem Politisch motivierte Kriminalität“ (Definitionssystem PMK) werden dem Phänomenbereich politisch motivierter Kriminalität - rechts - Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung (z. B. nach Art der Themenfelder ) einer „rechten“ Orientierung zuzurechnen sind, ohne dass die Tat bereits die Außerkraftsetzung oder Abschaffung eines Elementes der freiheitlich demokratischen Grundordnung (Extremismus ) zum Ziel haben muss. Während die Polizeiliche Kriminalstatistik nur Fälle enthält, bei denen die Polizei diesbezüglich einen Täter ermittelt hat, sind in der Statistik politisch motivierter Kriminalität alle Verdachtsfälle enthalten , bei denen die Polizei einen politischen Hintergrund vermutet. Antisemitische Straftaten sind sowohl rechtsradikalen Tätern zuzuordnen als auch Tätern, die einer muslimischen Gruppierung angehören. Vorbemerkung der Landesregierung Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) bildet nicht nur die Fälle ab, bei denen Tatverdächtige ermittelt wurden, wie es in der Vorbemerkung des Abgeordneten dargestellt ist. Sie enthält alle der Polizei bekannt gewordenen rechtswidrigen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche , die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen und eine Reihe weiterer Angaben zu Fällen, Opfern oder Tatverdächtigen. In der PKS wird auch ein Teil der politisch motivierten Kriminalität abgebildet (z. B. politisch motivierte Körperverletzungen). Die „echten“ Staatsschutzdelikte, die in den §§ 80 bis 100 a des Strafgesetzbuches aufgeführt sind, sind indes nicht enthalten. Grundlage für die Erfassung sämtlicher politisch motivierter Kriminalität (PMK) ist der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen von PMK“ (KPMD-PMK). Demnach werden die Straftaten der PMK unter Berücksichtigung bundeseinheitlicher Kriterien durch die Staatsschutzdienststellen an das LKA gemeldet und nach qualitätssichernden Maßnahmen an das BKA weitergeleitet. Dabei wird jedes gemeldete Delikt in einem mehrdimensionalen Erfassungssystem u. a. nach Deliktsqualität , Themenfeldern (z. B. „Antisemitisch“ oder „Fremdenfeindlich“) und Phänomenbereich PMK -links-, PMK -rechts-, PMK -ausländische Ideologie-, PMK -religiöse Ideologie- oder „PMK - nicht zuzuordnen-“ differenziert. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1232 2 1. Welcher Tätergruppe werden in der Statistik politisch motivierter Kriminalität in Niedersachsen Täter von antisemitischen Straftaten zugeordnet, die noch nicht ermittelt werden konnten? Entsprechend der aktuell bundesweit gültigen Erfassungsregeln ist eine Tat/der Täter (auch unbekannte Tatverdächtige) dem Phänomenbereich PMK -rechts- zuzuordnen, wenn die Tat dem Themenfeld „Antisemitisch“ zugeordnet wurde und wenn keine gegenteiligen Tatsachen zur Tätermotivation vorliegen. Soweit sich im Verlauf der Ermittlungen Hinweise auf eine andere Tatmotivation ergeben, erfolgen entsprechende „Nachtragsmeldungen“ an das LKA und BKA, sodass der Datenbestand im KPMD- PMK stets den aktuellen Erkenntnisstand der Staatsschutzdienststellen widerspiegelt. In ihrer Frühjahrssitzung vom 06. bis 08.06.2018 diskutierten die Innenminister der Länder die Erfassung antisemitischer Straftaten. Im Ergebnis beauftragten sie den Arbeitskreis II der Innenministerkonferenz , zu prüfen, ob fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten ohne Hinweise auf die Tätermotivation zukünftig als PMK -nicht zuzuordnen- zu erfassen sein sollten. 2. Stehen in Niedersachsen aktuell jüdische Einrichtungen unter Polizeischutz? Falls ja, aufgrund welcher Vorkommnisse oder Gefahreneinschätzungen? Schutzmaßnahmen der Polizei richten sich bundeseinheitlich nach der Polizeidienstvorschrift (PDV) 129 (VS-NfD). Diese sieht vor, in jedem Einzelfall eine Beurteilung der Gefährdungslage durchzuführen , gegebenenfalls Gefährdungsstufen festzulegen und Schutzmaßnahmen anzuordnen. Auf Basis von derartigen einzelfallbezogenen Beurteilungen der Gefährdungslage wurden in Niedersachsen aufgrund vorliegender Erkenntnisse für diverse jüdische Einrichtungen Gefährdungsstufen festgelegt und Schutzmaßnahmen angeordnet. (Verteilt am 10.07.2018) Drucksache 18/1232 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Antisemitische Straftaten in der Statistik politisch motivierter Kriminalität