Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/124 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Wie beurteilt die Landesregierung die faktische Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum im Straßenverkehr? Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Schütz und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 27.11.2017 - Drs. 18/16 an die Staatskanzlei übersandt am 30.11.2017 Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 04.01.2018, gezeichnet Dr. Bernd Althusmann Vorbemerkung der Abgeordneten Der Umgang mit Cannabis kann auch ohne jeglichen Verkehrsbezug zu führerscheinrechtlichen Maßnahmen führen, wie beispielsweise einer MPU. Cannabiskonsumenten wird sogar per se die Fahreignung abgesprochen, wenn sie mehr als sehr gelegentlichen Konsum einräumen oder dieser von Gutachtern festgestellt wird (http://www.bverwg.de/260209U3C1.08.0), obwohl ein solcher nach Begutachtungskriterien der Fahrerlaubnisverordnung weder einen Missbrauch (D2) noch eine Abhängigkeitserkrankung (D1) darstellt. Im Gegensatz dazu wird die Fahreignung bei Alkoholkonsumenten ohne Verkehrsbezug erst dann ausgeschlossen, wenn eine Abhängigkeitserkrankung diagnostiziert oder vom Betroffenen eingestanden wurde. Vorbemerkung der Landesregierung Nach § 46 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Ein solcher Mangel liegt vor bei regelmäßiger Einnahme von Cannabis (Nr. 9.2.1 der Anlage 4). Der gelegentliche Konsum schließt die Fahreignung noch nicht aus, es sei denn, es erfolgt keine Trennung von Konsum und Fahren, es werden zusätzlich Alkohol oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe gebraucht oder es liegt Kontrollverlust vor (Nr. 9.2.2 der Anlage 4). Für die Feststellung des fehlenden Trennungsvermögens von Konsum und Fahren hat die Rechtsprechung mangels gesetzlicher Grenzwerte einen Gefährdungsmaßstab entwickelt. Die Grenze des hinnehmbaren Cannabiskonsums sieht das Bundesverwaltungsgericht bereits dann als überschritten an, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht (Urteil vom 23. Oktober 2014 - BVerwG 3 C 3.13). Das heißt, wenn der Betroffene durch sein Verhalten gezeigt hat, dass er die Einnahme von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeuges nicht in jedem Fall so trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit durch den Konsum ausgeschlossen ist, ist er als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges anzusehen. Nach einer in diesem Revisionsverfahren vorgelegten neuen Stellungnahme der Grenzwertkom- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/124 2 mission besteht bereits bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml im Blutserum die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen , ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung des Konsumverhaltens ein ärztliches Gutachten nach § 14 Abs. 1 FeV an. Gegebenenfalls ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzuordnen , um festzustellen, inwieweit der Betroffene trotz weitergehenden Konsums in Zukunft gewährleisten kann, dass Konsum und Fahren voneinander getrennt werden können. Der einmalige oder gelegentliche Konsum von Cannabis ohne Bezug zum Straßenverkehr rechtfertigt keine Überprüfungsmaßnahme. 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Verkehrssicherheit auf einer verantwortungsvollen Herangehensweise der Fahrer bei der Teilnahme im Straßenverkehr beruht und es folglich sinnvoll ist, verantwortungsvolles Verhalten zu fördern und verantwortungsloses Verhalten zu sanktionieren? Ja. 2. Teilt sie die Auffassung, dass Maßnahmen wie der Führerscheinentzug bei Cannabiskonsum ohne Verkehrsbezug die Verkehrssicherheit grundsätzlich nicht erhöhen ? Nein. 3. Teilt sie die Auffassung, dass hier eine Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum vorliegt? Nein. 4. Sofern dies der Fall ist, sieht sie Nachteile darin, dass nach der derzeitigen Praxis Cannabiskonsumenten , die faktisch niemanden gefährdet haben, ihren Führerschein verlieren ? Entfällt. 5. Wenn ja, wird sie sich für eine Änderung der bisherigen Verwaltungspraxis einsetzen? Entfällt. 6. Im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr haben sich bei Alkohol risikobasierte Grenzwerte bewährt. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die bisherigen Grenzwerte im europäischen und internationalen Vergleich zu niedrig angesetzt sind? Nein. Der gesetzlich festgelegte Grenzwert für die Blutalkoholkonzentration in § 24 a StVG von 0,5 ‰ liegt im europäischen Durchschnitt, nur in Großbritannien ist der Grenzwert mit 0,8 ‰ höher. 7. Wie steht die Landesregierung zur Einführung neuer, risikobasierter Grenzwerte für den Cannabiskonsum? Unter Berücksichtigung des in der Vorbemerkung dargelegten Gefährdungsmaßstabs und der derzeitigen Empfehlungen der Grenzwertkommission sieht die Landesregierung zurzeit keine Notwendigkeit für die Festlegung neuer Grenzwerte für den Cannabiskonsum. (Verteilt am 08.01.2018) Drucksache 18/124 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Wie beurteilt die Landesregierung die faktische Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum im Straßenverkehr?