Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1259 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Bearbeitungsdauer von Steuererklärungen im Land Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 08.06.2018 - Drs. 18/1063 an die Staatskanzlei übersandt am 12.06.2018 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 06.07.2018, gezeichnet Reinhold Hilbers Vorbemerkung der Abgeordneten Die Bearbeitungszeit der Finanzbehörden ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Häufig ist der Wohnort dafür ausschlaggebend, wie schnell ein Steuerbescheid erstellt wird. Der Bund der Steuerzahler untersuchte mithilfe von Daten der Finanzämter der vergangenen drei Jahre (Stichtage: 31.12.2015, 31.12.2016, 31.12.2017), wo die Steuererklärungen von Arbeitnehmern, Unternehmern und im Gesamtdurchschnitt am schnellsten bearbeitet wurden. In Niedersachsen betrug die durchschnittliche Bearbeitungsdauer im vergangenen Jahr 55,7 Tage. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Verbesserung um 2,2 Tage. Bei Steuererklärungen von Arbeitnehmern betrug der Wert für das vergangene Jahr 56,4 Tage. Im Vorjahresvergleich ist das eine Verbesserung um 1,6 Tage. Bei „sonstigen Personen“ (Unternehmer und Selbstständige) benötigten die Finanzbeamten in Niedersachsen eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von 53,7 Tagen . Im Vorjahr waren es noch 57 Tage. Im Ländervergleich belegt Niedersachsen dabei den 13. Platz. Bremen und Nordrhein-Westfalen sind mit einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer der Steuerbescheide von 55,9 Tage bzw. bis zu sechs Monaten schlechter. Die Differenz zur Spitzenposition Berlin (36,5 Tage) beträgt 19,2 Tage . Diese Spannweite gibt angesichts der zunehmenden digitalen Abgabe von Steuererklärungen im Arbeitnehmerbereich Anlass zu Fragen. Vorbemerkung der Landesregierung Auch Bund und Länder haben ein Interesse an aussagekräftigen Vergleichen für ausgewählte Arbeitsbereiche in den Steuerverwaltungen der Länder. Die Vergleiche zeigen, dass Grunddaten und Kennzahlen aufgrund sich ändernder Verfahren und unterschiedlicher Verfahrensstände oder rechtlicher Rahmenbedingen auch weiterhin im Detail analysiert und fortentwickelt werden müssen. Aufgrund der Notwendigkeit automationsgestützter Erfassungs- und Auswertungsroutinen können Veränderungen überwiegend nur einheitlich im Rahmen des Vorhabens KONSENS bewirkt werden . Die für die Antwort herangezogenen Daten basieren auf den Daten, die auf Bund-/Länderebene abgestimmt erhoben und ausgewertet wurden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1259 2 1. Wie viele Tage betrug die Bearbeitungsdauer von Steuererklärungen in Niedersachsen in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 (bitte den Gesamtdurchschnitt sowie nach Arbeitnehmer -Erklärungen und sonstigen Erklärungen aufschlüsseln)? Vorbemerkung zu den Fragen 1 und 2: Die in der Anfrage dargestellten Werte zur Bearbeitungsdauer beziehen sich jeweils auf den Veranlagungszeitraum (VZ)-1. Bei der Beantwortung zu Frage 1 ist deshalb ebenfalls auf die Werte des VZ-1 Bezug genommen worden (im Kj. 2014 wurden z. B. vorrangig die Erklärungen des VZ 2013 bearbeitet). Bei den Eingangszahlen ist zu berücksichtigen, dass eine erhebliche Zahl an Erklärungen erst im Nachfolgejahr eingeht. Insoweit sind zusätzlich die Werte für beide VZ (VZ-1 und VZ-2) genannt. Die Bearbeitungsdauer von Steuererklärungen in Niedersachsen stellt sich wie folgt dar: Arbeitnehmerbereich: Veranlagungszeitraum (VZ) Kalenderjahr 2014 2015 2016 2017 Durchlaufzeit VZ-1 in Tagen 56 55 58 56 Einkommensteuerbereich (sonstige natürliche Personen): Veranlagungszeitraum (VZ) Kalenderjahr 2014 2015 2016 2017 Durchlaufzeit VZ-1 in Tagen 57 64 57 53 Einkommensteuerbereich (gesamt): Veranlagungszeitraum (VZ) Kalenderjahr 2014 2015 2016 2017 Durchlaufzeit VZ-1 in Tagen 56 57 58 55 2. Wie viele Eingänge von Steuererklärungen gab es in Niedersachsen in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 (bitte die Gesamtzahl sowie nach Arbeitnehmererklärungen und sonstigen Erklärungen aufschlüsseln.)? Hinweis auf die Vorbemerkung zu Frage 1 und Darstellung der Entwicklung der Eingänge von Steuererklärungen in Niedersachsen Arbeitnehmerbereich: Veranlagungszeitraum (VZ) Kalenderjahr 2014 2015 2016 2017 VZ-1 1.419.980 1.442.686 1.476.386 1.486.714 VZ-1 und VZ-2 1.617.239 1.658.925 1.691.603 1.695.391 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1259 3 Einkommensteuerbereich (sonstige natürliche Personen): Veranlagungszeitraum (VZ) Kalenderjahr 2014 2015 2016 2017 VZ-1 568.829 587.155 605.357 611.546 VZ-1 und VZ-2 832.178 856.430 870.118 879.026 Einkommensteuerbereich (gesamt): Veranlagungszeitraum (VZ) Kalenderjahr 2014 2015 2016 2017 VZ-1 1.988.809 2.029.841 2.081.743 2.098.260 VZ-1 und VZ-2 2.449.417 2.515.355 2.561.721 2.574.417 3. Wie viele Beschäftigte wurden jeweils in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 zur Bearbeitung von Steuererklärungen eingesetzt? Personalbesetzung in der Veranlagung (Veranl.) einschließlich Rechtsbehelfsbearbeitung (Rb) und im Arbeitnehmerbereich (ANB) - bemessen nach Arbeitskräften (AK) in Vollzeiteinheiten - Arbeitsbereiche/Jahr 2014 2015 2016 2017 Veranl. + Rb 2.703,51 2.736,74 2.758,80 2.773,26 ANB 1.452,86 1.438,95 1.387,94 1.363,07 Summe 4.156,37 4.175,69 4.146,74 4.136,33 4. Wie hoch war der entsprechende Bedarf laut Personalbedarfsplanung in den Jahren 2014, 2015, 2016, 2017? Der durch die Personalbedarfsberechnung (PersBB) für die Steuerverwaltung ermittelte Bedarf wird durch das zur Verfügung stehende Personal insgesamt nicht in vollem Umfang gedeckt. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der ermittelte Personalbedarf nur eine rechnerische Orientierungsgröße für die sachgerechte Verteilung des verfügbaren Personals liefert. Bei der vergleichenden Betrachtung zwischen der Personalbesetzung (Frage 3) und der Bedarfsermittlung in der Veranl. und dem ANB ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Personalbedarfsberechung (PersBB) ein durchschnittlich gleichmäßiger Arbeitsanfall bei Einsatz von eingeführten und voll funktionsfähigen Verfahren unterstellt wird. Die niedersächsische Steuerverwaltung hat im Betrachtungszeitraum die Nachwirkungen der Umstellung auf das KONSENS-Verfahren und die Einführung neuer Programmbestandteile verarbeiten müssen. Das sind in der Regel zeitlich befristete Ereignisse, die zwar zu Arbeitsspitzen führen, aber nicht dauerhaft bestehen bleiben. Sie werden daher bei der PersBB nur mit einem Durchschnittswert berücksichtigt. Sowohl bei der Personalzuweisung als auch bei der tatsächlichen Personalverteilung in den Finanzämtern wird aber insbesondere in den Arbeitsbereichen mit unmittelbarer Auswirkung auf die Zusammenarbeit mit den Steuerpflichtigen darauf geachtet, dass keine größeren Arbeitsrückstände entstehen. Diese Bereiche werden dann auch über den errechneten Bedarf hinaus - zulasten anderer Arbeitsbereiche - mit Personal verstärkt. Der errechnete Personalbedarf in der Veranl. (einschließlich Rb) und ANB (bemessen nach Arbeitskräften (AK) in Vollzeiteinheiten) stellt sich wie folgt dar: Arbeitsbereiche/Jahr 2014 2015 2016 2017 Veranl. + Rb 2.658,82 2.680,70 2.724,61 2.766,90 ANB 1.349,22 1.301,21 1.305,22 1.267,29 Summe 4.008,04 3.981,91 4.029,83 4.034,19 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1259 4 5. Wie viele Steuererklärungen sind in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 insgesamt ausschließlich in Papierform eingegangen? Dargestellt werden hier ausschließlich Einkommensteuerfälle des VZ-1. Da die Abgabe der Erklärungen in Papierform nicht gesondert aufgezeichnet wird, ist die Anzahl eingegangener ELSTER- Erklärungen ESt VZ-1 (elektronisch abgegebene Erklärungen) als Differenzwert zur Gesamtzahl der eingegangenen Erklärungen herangezogen worden. Kennzahl Kalenderjahr 2014 Kalenderjahr 2015 Kalenderjahr 2016 Kalenderjahr 2017 Anzahl eingegangener ELSTER-Erklärungen ESt VZ-1 1.118.427 1.179.540 1.258.581 1.314.040 Eingang der Einkommensteuerfälle gesamt VZ-1 1.988.809 2.029.841 2.081.743 2.098.260 Eingang der Einkommensteuerfälle VZ-1 in Papierform 870.382 850.301 823.162 784.220 Einkommensteuerfälle VZ-1 in Papierform in % 43,76 41,89 39,54 37,37 6. Wie viele Steuererklärungen sind in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 ausschließlich in elektronischer Form eingegangen? Dargestellt ist der Anteil der im Verfahren ELSTER abgegebenen Einkommensteuererklärungen im jeweiligen Kalenderjahr zu den angegebenen Veranlagungszeiträumen (VZ). Der Referenzwert zur ELSTER-Erklärungen ESt VZ-1 ergibt sich aus der Spalte 1 der Tabelle zu Frage 5. Kennzahl Kalenderjahr 2014 Kalenderjahr 2015 Kalenderjahr 2016 Kalenderjahr 2017 Jan. bis Dez. 2014 (VZ 2013, 2012 und 2011) Jan. bis Dez. 2015 (VZ 2014, 2013 und 2012) Jan. bis Dez. 2016 (VZ 2015, 2014 und 2013) Jan. bis Dez. 2017 (VZ 2016, 2015 und 2014) Erklärungseingang 2.492.254 2.549.818 2.600.109 2.635.842 hiervon ESt-Fälle über ELSTER 1.440.327 1.538.844 1.642.280 1.711.220 hiervon ESt-Fälle über ELSTER in % 57,79 60,35 63,16 64,92 7. Wie hoch war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer insgesamt in Niedersachsen in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 jeweils für die Bearbeitung von Steuererklärungen in Papierform und für die Bearbeitung von Steuererklärungen in elektronischer Form? Dargestellt ist die Dauer der Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen in Papierform und in elektronischer Form für den VZ-1 und den VZ-2 und der Durchschnittswert VZ -1/VZ-2 zu den Endterminen der jeweiligen Kalenderjahre. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1259 5 Einkommensteuer (gesamt - Kalenderjahr 2014 und 2015): VZ Termin 31.12.2014 31.12.2015 ELSTER Papierform ELSTER Papierform Durchlaufzeit VZ-1 in Tagen 54 58 56 58 Durchlaufzeit VZ-2 in Tagen 67 72 69 68 Durchlaufzeit VZ-1/VZ-2 in Tagen 58 61 60 60 Einkommensteuer (gesamt - Kalenderjahr 2016 und 2017): VZ Termin 31.12.2016 31.12.2017 ELSTER Papierform ELSTER Papierform Durchlaufzeit VZ-1 in Tagen 55 60 52 60 Durchlaufzeit VZ-2 in Tagen 69 70 63 65 Durchlaufzeit VZ-1/VZ-2 in Tagen 59 62 55 61 8. Wie hoch waren die Ausfallzeiten der Bearbeitungsprogramme in den Jahren 2014, 2015, 2016, 2017 und aktuell 2018 (bitte nach Tagen und Stunden aufschlüsseln) Aufzeichnungen darüber werden nicht geführt. 9. Welche zusätzliche Hardware, wie beispielsweise ein zweiter Monitor zur gleichzeitigen Bearbeitung elektronisch eingesandter Formulare und Belege zu elektronisch eingesandten Steuererklärungen, wird den Beschäftigten im entsprechenden Bereich zur Verfügung gestellt? Bereits in den Jahren 2013/2014 hat die niedersächsische Steuerverwaltung damit begonnen, bestimmte Arbeitsbereiche (Arbeitnehmerveranlagung, Anmeldesteuerstelle, Einheitliche Erhebungsstelle und allgemeiner Veranlagungsbereich) mit einem zweiten Monitor auszustatten, um die Sichtung und Übernahme von Daten neben der Bearbeitung von Steuererklärungen und sonstigen Vorgängen zu ermöglichen und damit die Arbeit der Bearbeiterinnen und Bearbeiter zu erleichtern. Eine landesweite Ausstattung ist in den vorgenannten Arbeitsbereichen im Jahr 2016 erreicht worden . Mittlerweile werden die bislang eingesetzten und in die Jahre gekommenen kleineren Monitore sukzessiv durch aktuelle größere Modelle ersetzt. 10. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung bzw. das Finanzministerium, um eine schnellere Bearbeitung von Steuererklärung zu erreichen, und gibt es eine anvisierte Zielrate für die Bearbeitungsdauer? Zurzeit werden alle organisatorischen und personellen Möglichkeiten zur Stabilisierung und Verbesserung der Arbeitslage untersucht und die vorhandenen Ressourcen ausgeschöpft. Konkret sind folgende Punkte zu nennen: – Sowohl auf Bund-/Länderebene als auch in Niedersachsen (dort zwischen dem LStN und den Finanzämtern) werden Zielvereinbarungen geschlossen, um die Dauer der Bearbeitung der Steuererklärungen in einem möglichst einheitlich vereinbarten Zielkorridor halten zu können. – Verstärkte Zusammenarbeit mit den fünf norddeutschen Ländern in Rahmen der „länderübergreifenden gebündelten Verfahrensbetreuung“ (LGVB), um die ständig erforderlichen Verfahrensanpassungen und Verfahrenserweiterungen im einheitlichen Softwarevorhaben KONSENS Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1259 6 so effektiv und sicher wie möglich betreiben und neue Komponenten reibungslos einführen zu können. – Es werden alle haushalterischen, fachlichen und technischen Möglichkeiten genutzt, die personelle und die sächliche Ausstattung auf hohem Niveau zu erhalten und zu verbessern. (Verteilt am 18.07.2018) Drucksache 18/1259 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums Bearbeitungsdauer von Steuererklärungen im Land Niedersachsen