Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1261 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Harm Rykena und Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung Überdurchschnittlicher Anstieg der erfassten Kriminalität an niedersächsischen Schulen Anfrage der Abgeordneten Harm Rykena und Jens Ahrends (AfD), eingegangen am 04.06.2018 - Drs. 18/1102 an die Staatskanzlei übersandt am 14.06.2018 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung vom 09.07.2018, gezeichnet In Vertretung der Staatssekretärin Michael Markmann Vorbemerkung der Abgeordneten Laut Medienberichten (HAZ, Kreiszeitung, NWZ, NP vom 23.04.3018) hat die erfasste Kriminalität an niedersächsischen Schulen um 32 % zugenommen, während es in anderen Bundesländern wie BW nur einen Anstieg von 5 % gegeben hat. Die Medien weisen auf einen überdurchschnittlichen Anstieg bei Körperverletzungen um 29 %, Diebstahl um 19 % und Rauschgiftdelikten um 43 % hin. Außerdem ist ein Anstieg bei minderjährigen Tatverdächtigten um 4 % und bei tatverdächtigten Kindern um 21 % zu beobachten. Der Vorsitzende der Niedersächsischen Direktorenvereinigung, Wolfgang Schimpf, hat die Zahlen als „alarmierend“ bezeichnet und vermutet dabei eine hohe Dunkelziffer. Herr Neumann vom Verband Niedersächsischer Lehrkräfte hat geäußert, dass an manchen Schulen Klassenkonferenzen wegen gewalttätiger Schüler bereits zur Regel geworden seien. Frank Stöber vom Schulleitungsverband stellte eine „Verrohung der Sprache“ fest. Als Ursache wurde vor allem eine erhöhte Anzeigebereitschaft, besonders bei ausländischen Tatverdächtigten , genannt. Im HAZ-Artikel „Kriminalität an Schulen steigt um ein Drittel an“ vermutet der Kriminologe Christian Pfeiffer, dass die Anzeigebereitschaft aufgrund „großer medialer Aufregung über Gewalttaten“ steige und eine erhöhte Anzeigebereitschaft gegen ausländische Tatverdächtigte „statistisch erwiesenermaßen höher“ sei. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung hat in der Unterrichtung des Kultusausschusses am 01.06.2018 über den Umgang mit dem Thema „Gewalt an Schulen“ ausführlich informiert. Die Erfassung der Straftaten erfolgt nicht durch das Kultusministerium, sondern durch das Innenministerium in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Diese Statistik differenziert nicht nach Schulformen. Das Problem wird im Kultusministerium sehr ernst genommen, und alle Bemühungen sind von der Haltung getragen, Gewalt an Schulen nicht zu tolerieren. Der Erlass „Sicherheits- und Gewaltpräventionsmaßnahmen in Schulen in Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft“ (gemäß Runderlass. des MK, des MI und des MJ vom 01.06.2016) verpflichtet alle Schulen, ein Sicherheitsund Präventionskonzept zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren. Der Erlass regelt die Anzeigepflichten und enthält eine Liste der Straftaten, die unverzüglich der Polizei gemeldet werden müssen. Den Schulen stehen eine Vielzahl von Präventionsprogrammen zur Verfügung, die darauf Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1261 2 abzielen, Gewalt an Schulen zu verhindern und umgehend zu beenden, sollte es doch dazu kommen . 1. Welche Kriterien legt die Landesregierung zugrunde, damit eine Schule als in besonderer Weise von Gewaltdelikten betroffen bestimmt wird? Es gibt im Kultusministerium weder Kriterien noch eine Liste von Schulen, die „in besonderer Weise von Gewalt“ betroffen sind. Die Festlegung solcher Kriterien wird auch nicht für erforderlich gehalten . Alle Schulen sind verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Schulen zu einem sicheren Ort für alle Kinder, Jugendlichen, Lehrkräfte und das nicht lehrende Personal zu machen. 2. Welche Schulen und Schulformen sind demnach in besonderer Weise von Gewaltdelikten betroffen, und welche Ursachen vermutet die Landesregierung hierfür? Auf die Vorbemerkungen der Landesregierung und die Beantwortung der Frage 1 wird verwiesen. 3. Wie setzt sich die Schülerschaft an diesen Schulen zusammen (Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund bzw. nicht deutscher Herkunftssprache/Familie erhält Sozialhilfe /aus unvollständigen Familien)? Auf die Vorbemerkungen der Landesregierung und die Beantwortung der Frage 1 wird verwiesen. 4. Wie viele Klassenkonferenzen gab es im Zeitraum von 2007 bis 2017 aufgrund von Gewalt gegen die körperliche Unversehrtheit von Schülern durch Schüler (bitte unterschieden in Berufsschulen/Grundschule/Hauptschule/Realschule/Gymnasium Sek I und II/Gesamtschulen Sek I und II/Angabe der Schülerzahlen je Schulart und -form)? Nach § 61 des Niedersächsischen Schulgesetzes führen die Schulen Klassenkonferenzen mit dem Ziel von Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen selbstständig durch und müssen der Landesschulbehörde lediglich die geplanten Konferenzbeschlüsse vorlegen, in denen es um die Erteilung eines Schulverweises geht. Die Schulen sind nicht verpflichtet, entsprechende Statistiken zu führen . Insofern ist die Frage nicht beantwortbar. 5. Auf welche Art und Weise und nach welchen Kriterien wird die Anzeigebereitschaft ermittelt ? Im o. g. Erlass zu Sicherheits- und Gewaltpräventionsmaßnahmen sind die Straftaten, die von den Lehrkräften unverzüglich an die Schulleiterin bzw. den Schulleiter zu melden und von diesen bei der Polizei zur Anzeige zu bringen sind, klar benannt. Es geht also demnach nicht um die Bereitschaft , sondern um die Anzeigepflichten, die die Schulen erfüllen. 6. Wie kommt nach Ansicht der Landesregierung der Kriminologe Pfeiffer zu seiner Aussage , dass die Anzeigebereitschaft gegen ausländische Tatverdächtigte „statistisch erwiesenermaßen höher“ sei? Die Landesregierung bewertet die Hypothesen von Herrn Prof. Pfeiffer nicht. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1261 3 7. Wie erklärt sich die Landesregierung den überdurchschnittlichen Anstieg der Zahlen bei tatverdächtigten Kindern? Die deutliche Erhöhung der Straftaten, die von Tätern im Alter von 12 bis 14 Jahren im Jahr 2017 bezüglich Fahrraddiebstählern und Körperverletzung begangen wurden, hat vermutlich mehrere Ursachen. Allgemein wird - auch bewirkt durch den o. g. Erlass - eine intensivere Zusammenarbeit der Schulen mit der Polizei berichtet, dies führt zu einer höheren Sensibilität und gegebenenfalls zu mehr Anzeigen von Schulmitgliedern und auch von Erziehungsberechtigten. Eine weitere Ursache könnte der längeren Zeitdauer, die die Schülerinnen und Schüler aufgrund der steigenden Anzahl von Ganztagsschulen in der Schule verbringen, geschuldet sein. Auseinandersetzungen, die früher außerhalb der Schule ausgetragen wurden, werden öfter während des Schulbetriebes ausgetragen, wodurch die Aufdeckung durch Erwachsene wahrscheinlicher wird. 8. Welche auffälligen Korrelationen wie z. B. Herkunft oder Religion können ermittelt werden , die aufzeigen, welche Kinder in besonderem Maße als Tatverdächtigte auffällig werden? Die PKS weist eine deutliche Zunahme von Straftaten von männlichen Tatverdächtigen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren deutscher Abstammung aus. Über deren Religionszugehörigkeit werden in der PKS keine Angaben gemacht. (Verteilt am 18.07.2018) Drucksache 18/1261 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Harm Rykena und Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums Überdurchschnittlicher Anstieg der erfassten Kriminalität an niedersächsischen Schulen