Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1266 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Susanne Victoria Schütz und Sylvia Bruns (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung Abbau Sanierungsstau an niedersächsischen Hochschulen Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Susanne Victoria Schütz und Sylvia Bruns (FDP), eingegangen am 0606.2018 - Drs. 18/1048 an die Staatskanzlei übersandt am 08.06.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 11.07.2018, gezeichnet Björn Thümler Vorbemerkung der Abgeordneten Viele Gebäude der Hochschulen in Niedersachsen haben Sanierungsbedarf an Fassaden und Dächern , im Innenraum oder beim Brandschutz. Zudem besteht ein höherer Raumbedarf angesichts des Aufwuchses der Studierendenzahlen in den letzten Jahren. Folglich melden die Hochschulen dem Land einen Sanierungsstau und äußern konkrete Wünsche zu Sanierungen und Neubauvorhaben. Vorbemerkung der Landesregierung Der Sanierungs- und Modernisierungsstau sowie der Baubedarf insgesamt im Hochschulbereich sind bundesweit hoch und steigen weiter an. Die Kultusministerkonferenz (KMK) rechnet in Abhängigkeit von Flächenerweiterungen bundesweit mit einer Finanzierungslücke von rund 20 bis 35 Milliarden Euro im Zeitraum 2008 bis 2025 (ohne Universitätsklinika). Der entsprechende Beschluss der KMK vom 11.02.2016 ist auf der Internetseite der KMK unter dem Titel „Solide Bauten für leistungsfähige Hochschulen. Wege zum Abbau des Sanierungs- und Modernisierungsstaus im Hochschulbereich“ veröffentlicht. Grundlage dieses Ergebnisses stellen zwei bundesweite Untersuchungen des Instituts für Hochschulentwicklung (HIS-HE) aus den Jahren 2014 und 2016 dar, die gleichfalls öffentlich zugänglich sind. Dazu vgl. Stibbe, J. und Stratmann, F., „Bau- und Instandsetzungsbedarf in den Universitäten - Soll-Ist-Vergleich für den Zeitraum 2008 - 2012“, Forum Hochschule, Heft 5, 2014 sowie Stibbe, J. und Stratmann, F. „Finanzierungsbedarf für den Bestandserhalt der Hochschulgebäude bis 2025“, Forum Hochschulentwicklung, Heft 1, 2016. Die Untersuchungen gründen auf einer Berechnung, mit der unter Beiziehung von Kostenrichtwerten der Bauministerkonferenz, der Gebäudenutzungsdauer sowie der Instandsetzungsraten ein Bau- und Instandsetzungsbedarf auf Basis der Wiederherstellungskosten bzw. der Wiederbeschaffungswerte ermittelt werden kann. Die Saldi als Finanzierungsdefizit der einzelnen Länder ergeben sich dann durch Abzug der tatsächlichen bzw. der geplanten Ausgaben. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen die „Empfehlungen der Kommission zur Finanzierung des universitären Hochschulbaus in Baden-Württemberg“ aus Oktober 2017. Diese wurden auf Anregung Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1266 2 des Vorsitzenden der Landeshochschulkonferenz Baden-Württemberg durch ein Expertengremium unter Leitung des Generalsekretärs der Volkswagenstiftung erstellt. Auch an den niedersächsischen Hochschulen ist der Sanierungs- und Baubedarf sehr hoch. Es trifft zu, dass die Sanierung der Gebäudehüllen sowie des Brandschutzes und der technischen Anlagen insgesamt einen Schwerpunkt beim Sanierungsbedarf darstellen. Das liegt am Alter sehr vieler Gebäude und an der Veranschlagungspraxis zum Bauunterhalt in den vergangenen Jahrzehnten . Auch Flächenerweiterungen wegen gestiegener Studierendenzahlen oder zur Förderung der Spitzenforschung z. B. durch neue Forschungsbauten gemäß Artikel 91 b des Grundgesetzes (GG) sind notwendig. Wegen der Einzelheiten wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu den dortigen Ausführungen sei angemerkt, dass diese nicht die Hochschulkliniken beinhalten. Denn die Hochschulkliniken sind gesondert zu betrachten. Insoweit wird auf das Großprojekt der Erneuerung der Hochschulkliniken in Niedersachsen verwiesen, über das dem Landtag regelmäßig berichtet wird. 1. Wie groß ist der Sanierungsbedarf an den einzelnen Hochschulen, der dem Land bekannt ist (bitte für jede Hochschule einzeln den gemeldeten Bedarf [und wofür genau] angeben)? Der tatsächliche Sanierungsstau kann nicht für jedes einzelne Gebäude und damit für jede einzelne Hochschule benannt werden. Hierfür wäre es nötig, jedes einzelne Gebäude zu begutachten und den technisch-baulichen Sanierungsbedarf im Einzelfall mit Kosten zu ermitteln. Angesichts der über 1 000 Hochschulgebäude an den niedersächsischen Hochschulen ist dies jedoch anlassbezogen nicht möglich. Die Gesamtaufnahme des Landes Hessen hat mehrere Jahre und eine intensive Einbindung der HIS-HE benötigt. Der dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) bekannte Sanierungs- und Baubedarf der niedersächsischen Hochschulen ergibt sich aus den jährlich eingereichten Prioritätenlisten der Hochschulen. a) Aus den Prioritätenlisten für sogenannte Große Baumaßnahmen (GNUE > 2 Millionen Euro) für den Haushalt (HH) 2019 ergibt sich ein Bedarf von rund 1 500 000 TEuro. Dieser ist noch nicht durch den Bauhaushalt des MWK (Kap. 06 04) oder durch andere Quellen wie z. B. das in 2017 geschaffene Gesetz über das „Sondervermögen zur Nachholung von Investitionen bei den Hochschulen in staatlicher Verantwortung“ vom 16. Mai 2017 (Nds. GVBl. Nr. 8/2017 S. 153), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juni 2018 (noch nicht veröffentlicht), finanziert. Er ist nicht als abschließend im Sinne von vollständig für alle Gebäude /Liegenschaften zu verstehen, denn er bildet i. d. R. nur den anstehenden Bedarf ab. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen noch nicht alle Meldungen der Hochschulen für den HH 2019 vor. GNUE > 2 Mio. Euro aus den Prioritätenlisten HH 2019 Hochschule Summe Uni Göttingen 237.700.000 Uni Oldenburg (ohne EMS) 161.700.000 Uni Osnabrück 177.000.000 TU Braunschweig 152.600.000 TU Clausthal 40.620.000 Uni Hannover 422.535.000 Uni Vechta noch keine Meld. TiHo Hannover 80.000.000 HS f. Bildende Künste Braunschweig noch keine Meld. HS f. Musik, Theater u. Medien Hannover noch keine Meld. Uni Lüneburg noch keine Meld. Uni Hildesheim 34.800.000 HS Whv/Ol/Elsfl. 29.200.000 HS Emden-Leer 8.870.000 HS Osnabrück 20.480.000 HS Hildesheim/Holzm./Göttingen 8.800.000 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1266 3 Hochschule Summe HS BS/Wolfb. 31.300.000 HS Hannover 63.000.000 1.468.605.000 b) Aus den Prioritätenlisten für sogenannte Kleine Baumaßnahmen (KNUE < 2 Millionen Euro) für den HH 2019 ergibt sich zum derzeitigen Stand ein Bedarf von rund 33 288 TEuro für sieben Hochschulen. Der Bedarf ist in der folgenden Auflistung abgebildet. Bei den übrigen Hochschulen steht der entsprechende Bericht noch aus. In der Auflistung sind die Stiftungshochschulen nicht aufgeführt. Das hat folgenden Hintergrund: Die Mittel für KNUE werden nicht im Baukapitel 06 04 bereitgestellt, sondern werden allen Hochschulen pauschal in ihren jeweiligen Haushalt zugewiesen. Berichtspflichtig gegenüber dem MWK bezüglich der laufenden und im nächsten Jahr geplanten Maßnahmen sind im Wege der Fachaufsicht nur die als Landesbetriebe geführten Hochschulen. KNUE < 2 Mio. Euro aus den Prioritätenlisten HH 2019 Hochschule Summe Uni Oldenburg (ohne EMS) 5.850.000 Uni Osnabrück noch keine Meld. TU Braunschweig noch keine Meld. TU Clausthal 220.000 Uni Hannover 18.488.000 Uni Vechta noch keine Meld. HS f. Bildende Künste Braunschweig 700.000 HS f. Musik, Theater u. Medien Hannover noch keine Meld. HS Whv./Ol/Elsfl. 2.280.000 HS Emden-Leer 1.250.000 HS Hildesheim/Holzm./Göttingen noch keine Meld. HS BS/Wolfb. noch keine Meld. HS Hannover 4.500.000 33.288.000 2. Welche Zusagen zu den angegebenen Sanierungen haben die Hochschulen jeweils vom Land bereits bekommen? Das MWK kann ohne die Zustimmung des Landtages keine rechtsverbindlichen Zusagen zu großen Baumaßnahmen mit Gesamtkosten von mehr als 2 Millionen Euro erteilen. Über kostenmäßig darunter liegende Baumaßnahmen - sogenannte kleine Baumaßnahmen - sowie über Maßnahmen der Bauunterhaltung entscheiden die Hochschulen in eigener Zuständigkeit, da ihnen die entsprechenden Mittel hierfür direkt mit der jährlichen Finanzzuweisung bzw. der Finanzhilfe zugewiesen werden. Die Höhe dieser Finanzzuweisung bzw. Finanzhilfe beträgt jährlich für die in Rede stehenden 18 Hochschulen 4 356 000 Euro für sogenannte Kleine Baumaßnahmen und 20 708 000 Euro für Bauunterhaltung. Der Entscheidungsprozess bei Großen Baumaßnahmen ist so strukturiert, dass MWK auf Grundlage der Prioritätenlisten der Hochschulen sowie auf Grundlage von Gesprächen mit den Hochschulen und dem Staatlichen Baumanagement Niedersachsen (SBN) die jeweils vordringlichst erscheinenden und im durch Haushalt und Mipla vorgegebenen Finanzrahmen realisierbaren Maßnahmen jährlich auswählt. Für diese erarbeiten die Hochschulen dann entsprechende Baubedarfsanmeldungen , die in einer Kommission, in der im Regelfall neben dem MWK auch der Landesrechnungshof (LRH) und das SBN mitwirken, beraten werden. Anschließend erteilt MWK den Planungsauftrag zur Erstellung der Bauunterlagen, der sogenannten Haushaltsunterlage-Bau bei Landesbetrieben bzw. Zuwendungsunterlage-Bau bei Hochschulen in Trägerschaft einer Stiftung. Die fertiggestellten Bauunterlagen werden erneut der Kommission zur Beratung vorgelegt. Anschließend legt MWK dem Haushaltsausschuss des Landtages die Maßnahme zur Zustimmung vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1266 4 3. Welche Neubauvorhaben sind dem Land an den einzelnen Hochschulen bekannt (bitte nach Hochschulen getrennt angeben, Stand der Planung bitte skizzieren)? Große Baumaßnahmen in Form von Neubau-, Umbau- und Sanierungsmaßnahmen, die sich entweder in Planung oder bereits im Bau befinden, werden im Haushalt des EP 06 im Kapitel 06 04 einzeln aufgelistet. Hierauf wird verwiesen. Bei den Maßnahmen der unter Antwort 1 a abgebildeten Auflistung verhält es sich so, dass etwa 40 Maßnahmen von 120 Maßnahmen Neubauten sind, sehr viele davon reine Ersatzneubauten als Maximalsanierung. 4. Welche Zusagen für welche Neubauten gibt es vonseiten des Landes an die einzelnen Hochschulen bereits? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Die aktuellen Zahlen für 2017/2018 sind im Haushaltsplan wiedergegeben. 5. In welcher Reihenfolge plant die Landesregierung, die einzelnen Projekte anzugehen? Wo liegen die Prioritäten vorbehaltlich plötzlich auftretender Schadensfälle? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Tritt plötzlich ein Schadenfall auf, der sofortiges Handeln erfordert, weil er z. B. die Sicherheit für Leib und Leben gefährdet (z. B. Schließung eines Gebäudes wegen Brandgefahr) und/oder weil er den Hochschulbetrieb beeinträchtigt (z. B. Überschwemmung der Domäne Marienburg/Hildesheim der Universität Hildesheim im Sommer 2017), liegt auf der Schadenbeseitigung die höchste Priorität . Die Maßnahme wird gegebenenfalls in Abstimmung mit dem Finanzministerium (MF) außerplanmäßig in den Haushalt aufgenommen. An dem in Antwort 2 beschriebenen Verfahren der Beteiligung der Kommission und des Landtags ändert sich dadurch nichts. 6. Sind an den niedersächsischen Hochschulen die Brandschutzstandards gemäß § 14 NBauO flächendeckend gewährleistet? Das Land sowie die Hochschulen mit Bauherrenverantwortung sind als Bauherren gemäß § 3 Abs. 16 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) dem gesamten öffentlichen Baurecht verpflichtet , d. h., bei jeder Baumaßnahme sind sämtliche Vorschriften des öffentlichen Rechts einzuhalten , die in Niedersachsen Geltung haben und die Anforderungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte oder Baumaßnahmen stellen, oder auch an die Bebaubarkeit von Grundstücken. § 14 NBauO ist Bestandteil dieser öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Bei Bestandsbauten, die mit gültiger Baugenehmigung errichtet wurden, ist allerdings der Bestandsschutz zu berücksichtigen. Dieser schützt das Gebäude grundsätzlich in seinem Bestand gegenüber späteren Rechtsänderungen. Tatsächliche Veränderungen am Gebäude, wie Nutzungsänderungen oder Umbauten, können den Bestandsschutz eingrenzen. 7. Ist in allen Gebäuden der niedersächsischen Hochschulen flächendeckend im Sinne der Inklusion die Barrierefreiheit gewährleistet? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Auch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Inklusion und Barrierefreiheit sind einzuhalten. (Verteilt am 18.07.2018) Drucksache 18/1266 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Susanne Victoria Schütz und Sylvia Bruns (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur Abbau Sanierungsstau an niedersächsischen Hochschulen