Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1306 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Wie werden wiederkehrende Beiträge nach NKAG berechnet? Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 21.06.2018 - Drs. 18/1199 an die Staatskanzlei übersandt am 29.06.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 17.07.2018, gezeichnet In Vertretung des Staatssekretärs Friedhelm Meier Vorbemerkung des Abgeordneten Im Jahr 2017 wurde das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz (NKAG) novelliert. Unter anderem wurde die Möglichkeit für Kommunen eingerichtet, wiederkehrende Beiträge für Verkehrsanlagen nach § 6 b NKAG zu erheben. Die Regelung in § 6 b Abs. 2 NKAG lautet: „Die Gemeinde bestimmt durch Satzung unter Beachtung ihrer tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten die Gesamtheit der Verkehrsanlagen im Gemeindegebiet , die eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, für die wiederkehrende Beiträge erhoben werden. Ist das gesamte Gemeindegebiet ein zusammenhängendes Gebiet, so kann die Gemeinde durch Satzung bestimmen, dass sämtliche Verkehrsanlagen im Gemeindegebiet eine einzige einheitliche öffentliche Einrichtung bilden.“ Vorbemerkung der Landesregierung Um in Zukunft die Akzeptanz für die Beitragserhebung in der Bevölkerung zu verstärken, hat sich der niedersächsische Gesetzgeber im Jahr 2017 entschlossen, die Erhebung wiederkehrender Beiträge für Verkehrsanlagen einzuführen. Ebenso wie es eine Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nicht gibt, besteht auch eine Rechtspflicht zur Erhebung der wiederkehrenden Beiträge für Verkehrsanlagen nicht. Es liegt nicht nur das „Ob“ der Ausbaubeitragserhebung im Ermessen der Kommunen, sondern auch das „Wie“. Sie können zwischen der Erhebung einmaliger oder wiederkehrender Beiträgen wählen, können aber auch die Aufwendungen für den Straßenausbau aus allgemeinen Finanzmitteln begleichen. Der niedersächsische Landesgesetzgeber hat sich bei den Tatbestandsmerkmalen des § 6 b NKAG besonders an die Regelungen des § 10 a KAG RLP orientiert, da das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 25.06.2014 - 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/10 - (NVwZ 2014, 1448) diese Regelung für verfassungsgemäß erklärt hat. Insoweit kann zurzeit bei der Beurteilung der Abgrenzung von einheitlichen öffentlichen Einrichtungen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und die rheinland-pfälzische Rechtsprechung verwiesen werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1306 2 1. Gibt es eine Mindestgröße von Abrechnungseinheiten bezüglich Einwohnerzahl, Grundstückszahl oder Straßenlänge? Das Bundesverfassungsgericht äußerte sich zu dieser Frage wie folgt: „Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt dabei nicht von der politischen Zuordnung eines Gebiets, sondern vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden bebauten Gebiets, der Topographie wie der Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung. Dabei dürfte in Großstädten die Aufteilung der Verkehrsanlagen in mehrere abgrenzbare Gebietsteile regelmäßig erforderlich und unbeschadet des ansonsten bestehenden Satzungsermessens die Annahme einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgeschlossen sein; in kleinen Gemeinden - insbesondere solchen, die aus nur einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen - werden sich einheitliche öffentliche Einrichtung und Gemeindegebiet dagegen häufig decken“. Das OVG Koblenz (Urteil v. 10.12.2014 - 6 A 10853/14.OVG -, BeckRS 2015, 40988) äußerte sich dahin gehend, dass nicht nur in Großstädten mehrere einheitliche öffentliche Einrichtungen zu bilden wären, sondern auch in Städten mit weniger als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern. 2. Können zwei Ortslagen in unmittelbarer Nachbarschaft als Abrechnungseinheit zusammengefasst werden? Nach § 6 b Abs. 2 NKAG bestimmt die Gemeinde durch Satzung unter Beachtung ihrer tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten die Gesamtheit der Verkehrsanlagen im Gemeindegebiet, die eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden. Danach können auch zwei Ortslagen eine einheitliche öffentliche Einrichtung bilden, wenn z. B. die Größe des zusammengefassten Gebiets stimmig ist und die Ortslagen ein zusammenhängendes bebautes Gebiet bilden. 3. Ab welcher Distanz ist in der Regel von getrennten Abrechnungseinheiten auszugehen ? Eine pauschale Distanz für das Land Niedersachsen ist nicht festlegbar. Ausschlaggebend sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten. Jede Kommune muss für sich ihr Gemeindegebiet anschauen und dann nach Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung oder vor allem auch nach Lage von Außenbereichsflächen entscheiden , wo sie die Grenzen für die einheitlichen öffentlichen Einrichtungen ziehen muss. 4. Werden Anlieger an Kreis-, Landes- oder Bundesstraßen zu wiederkehrenden Beiträge herangezogen, oder sind diese beitragsfrei zu stellen? Nach § 6 b Abs. 1 Satz 1 NKAG können die Gemeinden zur Deckung des jährlichen Investitionsaufwandes z. B. für die Erneuerung von Verkehrsanlagen wiederkehrende Beiträge erheben. Das bedeutet, die Investitionsaufwendungen müssen in ihrer Straßenbaulast liegen (§ 9 Abs. 1 NStrG). Sofern eine Gemeinde die Straßenbaulast für Ortsdurchfahrten trägt (§§ 5 FStrG und 43 NStrG), kann sie diese auch in die einheitliche öffentliche Einrichtung einbeziehen (vgl. auch § 4 Abs. 1 Satz 1 NStrG), sofern die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten dies zulassen. 5. Ist es möglich, dass Straßenabschnitte eines Gemeindegebietes nicht zu einer Abrechnungseinheit zugeordnet werden und dort weiterhin einmalige Straßenausbaubeiträge erhoben werden? Es liegt im Ermessen der Gemeinden, ob sie für einen Gebietsteil wiederkehrende Beiträge und für einen anderen Teil einmalige Beiträge erheben wollen. Sie müssen bei einer Aufteilung nur darauf achten, dass beide Gebietsteile voneinander abgrenzbar sind und die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten beachtet werden (Drs. 17/5422 S. 16). Im niedersächsischen Landesrecht ist nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg (vgl. u. a. Beschluss v. 11.02.1987 - 9 B 122.86 -, KStZ 1987, Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1306 3 151) der Begriff „öffentliche Einrichtung“ im Sinne des § 6 Abs. 1 NKAG grundsätzlich identisch mit dem Begriff „gesamte Verkehrsanlage“, sodass unter einer öffentlichen Einrichtung nur die Gemeindestraße oder der öffentliche Platz insgesamt zu verstehen ist (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht , Bearbeiter: Driehaus, 58. Erg.Lfg. (März 2018, § 8 Rz. 97). Insofern können „Straßenabschnitte “ nicht als öffentliche Einrichtung nach § 6 NKAG gelten. (Verteilt am 23.07.2018) Drucksache 18/1306 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Wie werden wiederkehrende Beiträge nach NKAG berechnet?