Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1313 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Frank Oesterhelweg (CDU) Antwort des Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Gleiches Recht für alle - Werden Niedersachsens Gewässeranlieger im Hochwasser-Schadensfall gleich behandelt? Anfrage des Abgeordneten Frank Oesterhelweg (CDU), eingegangen am 18.06.2018 - Drs. 18/1162 an die Staatskanzlei übersandt am 21.06.2018 Antwort des Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 16.07.2018, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung des Abgeordneten Die Hochwasserereignisse Ende Juli 2017 haben stellenweise zu erheblichen Schäden geführt. Viele Privatleute haben zur Regulierung der an ihrem Hab und Gut entstandenen Schäden erhebliche Summen aufbringen müssen, einige können dies nicht leisten, nicht einmal unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel. Dieser Problematik wird beispielsweise in der Ortschaft Lautenthal der Stadt Langelsheim deutlich. Dort sind durch das Hochwasser nicht nur Schäden an und in Häusern sowie auf Grundstücken entstanden, sondern auch an Einfassungen von Gewässern bzw. Uferbefestigungen . Die Regulierung der Schäden an diesen Uferbefestigungen ist im Rahmen der aktuellen Regelungen entschädigungsfähig, wenn die Kommune Eigentümerin ist. Bei Privatpersonen gestaltet sich die Situation anders. Hier sind Privatpersonen - wenn nicht die Uferbefestigung zugleich die Grundmauer des Wohnhauses ist - persönlich für die Schadensregulierung zuständig. Entschädigungsregelungen greifen in diesem Fall nicht. Zusätzlich erfährt dieser Sachverhalt eine weitere Beschränkung dadurch, dass Uferbefestigungen unter Denkmalschutz stehen. Erschwerend kommt hinzu, dass innerhalb einer Gemarkung unterschiedliche tradierte Wasserrechte gelten. Selbst wenn nach Intervention einiger Landtagsabgeordneter von SPD und CDU über Sondergenehmigungen und Ministerentscheidungen Hilfe für die betroffenen Eigentümer ermöglicht werden soll, so sind nach Meinung Betroffener und der Kommunalpolitik vor Ort generell gültige Regelungen zu etablieren, um langfristig Rechtssicherheit und Verlässlichkeit zu schaffen und nicht von Einzelentscheidungen abhängig zu sein. Vorbemerkung der Landesregierung Hochwasserereignisse können zu erheblichen Schäden führen. Deshalb ist es im originären Interesse der potenziell Betroffenen, sich hiergegen soweit wie möglich zu schützen, also Eigenvorsorge zu betreiben. Wie bereits in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung der Abgeordneten Försterling, Kortlang, Schütz, Grupe, Dr. Birkner und Grascha (Drs 18/1101) ausgeführt, steht die öffentliche Hand bei Hochwasserereignissen in keiner Verpflichtung gegenüber Kommunen, Privatpersonen, Unternehmen, Vereinen oder sonstigen Kreisen, finanzielle Hilfen für entstandene Schäden zu gewähren. Beim Hochwasser im Juli/August 2017 hat das Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1313 2 Land Niedersachsen gleichwohl beschlossen, freiwillige, nicht auf einer Rechtsverpflichtung beruhende Leistungen zur Kompensation bestimmter Schäden zu gewähren. Da die Haushaltsmittel für Hilfen für Hochwassergeschädigte aus dem allgemeinen Steueraufkommen und damit von der Allgemeinheit aufzubringen sind, sind strenge Maßstäbe darüber anzulegen, unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe Hilfen gezahlt werden sollen. Der Landtag hat mit dem Nachtragshaushalt 2017 Mittel in Höhe von 50 Millionen Euro für Hochwasser-Hilfeprogramme für die Bereiche Gebäude- und Hausratschäden von Privatpersonen, Schäden bei Unternehmen sowie in der Land- und Forstwirtschaft und Schäden an der öffentlichen Infrastruktur bereitgestellt. Auf dieser Basis konnten die entsprechenden Richtlinien in Kraft gesetzt werden. Mit ihrer „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Beseitigung der vom Hochwasser im Juli/August 2017 verursachten Schäden an der öffentlichen Infrastruktur in Niedersachsen (RdErl. d. MI u. d. MS v. 15.10.2017)“ hat die Landesregierung die Grundlage für unbürokratische Hilfe an Kommunen, Real-, Wasser- und Boden- sowie Zweckverbände gelegt. Mit der Richtlinie soll sichergestellt werden, dass ausreichend Mittel zur Beseitigung von Schäden an öffentlicher Infrastruktur bereit stehen und die betroffenen Körperschaften nicht über ihre Möglichkeiten hinaus belastet sind. Die vorgenannte Richtlinie sieht u. a. vor, dass jegliche Schäden an Vermögenswerten beseitigt werden, mit denen kommunale öffentliche Aufgaben erledigt werden (Nr. 2.1 der Richtlinie). Für die Förderung kommt es nicht darauf an, ob es sich um Vermögenswerte der Kommunen selbst oder um solche von juristischen Personen, Personenvereinigungen und natürlichen Personen handelt, die Vermögenswerte müssen lediglich der o. g. Erfüllung kommunaler, öffentlicher Aufgaben dienen (Nr. 3 der Richtlinie). Für die Beseitigung von Schäden in Privathaushalten hat das Land finanzielle Hilfen als Billigkeitsleistungen auf der Grundlage der „Richtlinie über die Gewährung von finanziellen Hilfen für vom Hochwasser im Juli/August 2017 geschädigte Privathaushalte in Niedersachsen - Zusätzliche Unterstützungsleistungen Wohngebäude, Brücken und Hausrat (RdErl d. MS v. 29.09.2017 - 504- 25110-2/7.8)“ gewährt. Grundlage dafür, dass bestimmte Privathaushalte staatliche Leistungen für Sachverhalte bekommen, die von allen anderen Privathaushalten üblicherweise ohne staatliche Unterstützung bewältigt werden müssen, bildet Artikel 6 a der Niedersächsischen Verfassung. Danach wirkt das Land darauf hin, dass die Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum versorgt ist. Hierin liegt auch der Unterschied zu den angesprochenen Uferbefestigungen, denen dieser Bezug zum Wohngebäude fehlt und die daher in der Richtlinie nicht berücksichtigt wurden. In Bezug auf die Unterhaltung bzw. Wiederherstellung der angesprochenen Uferbefestigungen stellt sich die Rechtslage so dar, dass für die Unterhaltung der Gewässer dritter Ordnung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) grundsätzlich die Eigentümer zuständig sind. Nach § 69 Abs. 1 des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) obliegt die Unterhaltung dem jeweiligen Anlieger, soweit sich der Gewässereigentümer nicht ermitteln lässt. Nach der Rechtsprechung niedersächsischer Gerichte umfasst die Unterhaltungspflicht die Erhaltung (bzw. gegebenenfalls den Wiederaufbau) von Ufermauern, wenn diese auch der Einfassung des Gewässers und damit der Erhaltung des ordnungsgemäßen Zustandes für den Wasserabfluss dienen. Im Übrigen prüft die Landesregierung derzeit, welche weiteren Konsequenzen aus der zunehmenden Häufung und Intensität entsprechender Wetterphänomene für die Zukunft gezogen werden müssen, insbesondere im Hinblick auf Prävention (u. a. Ausbau der Quote bei Elementarschadensversicherungen , allgemeiner Hochwasserschutz im Binnenland) und Folgenbewältigung. 1. Wie wird die Landesregierung in solchen Fällen für Rechtssicherheit und Gleichbehandlung von Anliegern in Niedersachsen sorgen? Die Gewährung von finanziellen Unterstützungen für vom Hochwasser 2017 Geschädigte erfolgt auf der Grundlage der bestehenden Richtlinien. Die Unterhaltungspflicht für Gewässer dritter Ordnung richtet sich nach § 40 Abs. 1 Satz WHG i. V. m. § 69 NWG. Dazu wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. Insofern sind Rechtssicherheit und Gleichbehandlung der Anlieger gewährleistet. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1313 3 2. Wie und gegebenenfalls wann wird die Landesregierung die unterschiedlichen, in Niedersachsen gültigen Wasserrechte zumindest hinsichtlich der beschriebenen Thematik harmonisieren? Mit dem Inkrafttreten des NWG im Jahr 1960 wurden die bis dahin in Niedersachsen geltenden unterschiedlichen Wassergesetze abgelöst; an deren Stelle trat ein einheitliches, landesweit geltendes Gesetz. Wie sich jedoch aus § 69 Abs. 1 Satz 2 NWG ergibt, blieben ein Wasser- und Bodenverband oder eine Gemeinde, die bei Inkrafttreten des NWG im Jahr 1960 für die Unterhaltung zuständig waren, auch weiterhin zuständig. Insofern sollte sich an bestehenden Unterhaltungspflichten nach dem Willen des Gesetzgebers nichts ändern. Die Landesregierung sieht keine Veranlassung , an den historisch gewachsenen Unterhaltungspflichten von Grundstückseigentümern bzw. Anliegern einerseits und öffentlich-rechtlichen Körperschaften andererseits etwas zu ändern. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass § 69 Abs. 1 NWG der Wasserbehörde die Möglichkeit bietet, die Unterhaltungspflicht auf das Land, auf einen Wasser- und Bodenverband oder auf eine Gemeinde mit öffentlich-rechtlicher Wirkung zu übertragen, wenn die Betroffenen zustimmen. Insofern bietet die bestehende gesetzliche Regelung genügend Flexibilität, um in Einzelfällen im Einverständnis mit den Betroffenen die Pflicht zur Unterhaltung neu zu ordnen. 3. Wie wird die Landesregierung die betroffenen Anlieger hinsichtlich der durch den Denkmalschutz entstehenden Mehrkosten unterstützen bzw. entlasten? Entsprechend der o. g. Richtlinie über die Gewährung von finanziellen Hilfen für vom Hochwasser im Juli/August geschädigte Privathaushalte in Niedersachsen - zusätzliche Unterstützungsleistungen Wohngebäude, Brücken und Hausrat (RdErl d. MS v. 29.09.2017 - 504-25110-2/7.8) ist unter Nr. 5.2.2 geregelt, dass Maßnahmen zur denkmalgerechten Wiederinstandsetzung an durch das Hochwasser beschädigten, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden bei Vorliegen einer entsprechenden denkmalrechtlichen Genehmigung gefördert werden können. Dies kann auch Uferbefestigungen umfassen. In dem konkret angesprochenen Fall ist die innerörtliche Ufereinfassung der Laute im Ortsteil Lautenthal der Stadt Langelsheim als Baudenkmal gemäß § 3 Abs. 2 Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz (NDSchG) ausgewiesen. Die Ufermauern wurden durch das Hochwasser im Juli 2017 stark in Mitleidenschaft gezogen bzw. partiell vollständig zerstört. Um dauerhaft den erforderlichen Hochwasserschutz zu gewährleisten, hat sich der Landkreis Goslar im Rahmen des gesetzlichen Abwägungsverfahrens der unterschiedlichen öffentlichen Belange gemäß § 7 Abs. 2 NDSchG für eine Lösung entschieden, die hochwasserbeständig sein wird. Da noch zahlreiche Details für die Realisierung abgestimmt werden müssen, stehen Genehmigung und Umsetzung noch aus. Die angestrebte Lösung kann zu einem Verlust des Denkmalwertes führen . Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. (Verteilt am 23.07.2018) Drucksache 18/1313 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Frank Oesterhelweg (CDU) Antwort des Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Gleiches Recht für alle - Werden Niedersachsens Gewässeranlieger im Hochwasser-Scha-densfall gleich behandelt?