Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1333 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung Finanzielle Verwerfungen bei der Reform der Eingliederungshilfe? Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 20.06.2018 - Drs. 18/1183 an die Staatskanzlei übersandt am 26.06.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung namens der Landesregierung vom 25.07.2018, gezeichnet In Vertretung Heiger Scholz Vorbemerkung der Abgeordneten Die Eingliederungshilfe ist zurzeit (2018) noch eine Sozialleistung nach dem SGB XII. Sie soll Menschen mit einer Behinderung oder von Behinderung bedrohten Menschen helfen, die Folgen ihrer Behinderung zu mildern und sich in die Gesellschaft einzugliedern (§ 53 SGB XII). Im Zuge einer umfassenden Reform ist sie 2017 durch das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen neu geregelt worden. Zum Januar 2018 hätte die Neuregelung der Zuständigkeiten für die Leistungen der Eingliederungshilfe in Niedersachsen erfolgen sollen, inzwischen ist hier eine Einigung erfolgt. Diese wird aber vom Niedersächsischen Landkreistag kritisiert, da einige Kreise mit Einnahmeausfällen rechnen müssen während andere „gewinnen“ würden. Konkret wird mit „Verwerfungen“ in Höhe von rund 100 Millionen Euro jährlich gerechnet. Vorbemerkung der Landesregierung Die sachlichen Zuständigkeiten, also die Kostenträgerschaft in der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege, sind in Niedersachsen auf der Grundlage der Regelungen des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs (Nds. AG SGB XII) derzeit wie folgt zugeordnet : – Grundsätzlich sind die örtlichen Träger der Sozialhilfe (Landkreise, kreisfreie Städte und die Region Hannover) sachlich zuständig; § 6 Abs. 1 Nds. AG SGB XII. – Ausnahme: das Land als überörtlicher Träger ist im Wesentlichen sachlich zuständig für Leistungen in teilstationären und vollstationären Einrichtungen für alle Leistungsberechtigten bis zum 60. Lebensjahr; § 6 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Nds. AG SGB XII. Das Land und die Kommunen sind seit dem Jahr 2001 durch die Einführung des sogenannten Quotalen Systems gegenseitig an den insgesamt entstehenden Kosten für Leistungen der Sozialhilfe beteiligt. Der derzeitige durchschnittliche kommunale Anteil beträgt rund 24 %, der des Landes rund 76 %. Die Regelungen zum Quotalen System sind in den §§ 12 ff. Nds. AG SGB XII festgelegt . Das Gesamtvolumen der Nettoaufwendungen für Leistungen der Sozialhilfe in der Kostenträ- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1333 2 gerschaft der örtlichen Träger und des Landes als überörtlicher Träger der Sozialhilfe belief sich im Jahr 2017 auf ca. 2,335 Milliarden Euro. Die Höhe der jeweiligen quotalen Beteiligung variiert je nach örtlichem Träger, da keine landeseinheitliche Quote festgelegt wird, sondern eine Zuordnung zu sogenannten Quotenklassen nach der Verordnung über die Zuordnung der örtlichen Träger der Sozialhilfe zu Quotenklassen erfolgt. Die Zuordnung zu Quotenklassen ist abhängig vom jeweiligen jährlichen Anteil eines örtlichen Trägers der Sozialhilfe an den Gesamtaufwendungen, die in seiner örtlichen Zuständigkeit entstehen. Diese Zuordnung wird jährlich durch den Gemeinsamen Ausschuss nach § 5 der Verordnung zur Durchführung des Nds. AG SGB XII (DVO Nds. AG SGB XII) geprüft. Derzeit beträgt die Bandbreite der kommunalen Quoten zwischen 13 % und 34 %. Das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) wirkt sich in der Weise aus, dass eine Neuregelung der sachlichen Zuständigkeiten und der Finanzierungsregelungen im Verhältnis zwischen den örtlichen Trägern der Sozialhilfe und dem Land zwingend erfolgen muss. Das BTHG sieht mit Wirkung ab dem 1. Januar 2020 (u. a.) vor, dass die bisherige Unterscheidung zwischen ambulanten und stationären Leistungen entfällt. Bereits aus diesem Grunde können die bisherigen Abgrenzungsregelungen nicht beibehalten werden. Die Eingliederungshilfe wird in das Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) überführt, während die Hilfe zur Pflege im SGB XII verortet bleibt. Die sachlichen Zuständigkeiten und somit auch die Finanzströme zwischen Land und Kommunen in Niedersachsen müssen daher neu geregelt werden. Es ist auch zu berücksichtigen, dass Aufwendungen der Eingliederungshilfe einen erheblichen Anteil der Zuschussbedarfe für Kreisaufgaben ausmachen und sich Veränderungen hier im Kommunalen Finanzausgleich (KFA) grundsätzlich zugunsten finanziell stärker belasteter Aufgabenträger auswirken. Gleichwohl kann es sich auf längere Sicht als notwendig erweisen, Anpassungen vorzunehmen, um dem Erfordernis eines aufgabengerecht ausgestalteten Finanzausgleichs gerecht zu werden. Das wäre insbesondere dann der Fall, wenn die leistungsrechtlichen Änderungen dazu führen, dass Belastungen aufgrund des BTHG nicht ausreichend im KFA berücksichtigt werden. Ob und in welchem Umfang dies notwendig wird und eine Änderung des KFA infolgedessen angezeigt sein könnte, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf Grundlage der verfügbaren Daten noch nicht absehen. Gemäß § 94 Abs. 1 SGB IX, der mit Wirkung zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist, bestimmen die Länder die für die Durchführung der Eingliederungshilfe zuständigen Träger. Diese Bestimmung ist in einem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zu treffen, das auf der Grundlage einer inzwischen getroffenen Einigung der Landesregierung über die ab dem 1. Januar 2020 geltenden Zuständigkeiten derzeit erarbeitet wird. Bei der Entscheidung über die geplanten Neuregelungen zur Zuständigkeit und zur Finanzierung der Leistungen in Niedersachsen mit Wirkung ab dem 1. Januar 2020 hat die Landesregierung folgende Ziele verfolgt: – Im Mittelpunkt stehen die Belange der anspruchsberechtigten Menschen mit Behinderung wie insbesondere Hilfebedarfsermittlung, -planung und -bewilligung „vor Ort“ und aus einer Hand, – Beibehaltung einer finanziellen Lastenverteilung im Verhältnis zwischen den örtlichen Trägern der Sozialhilfe und dem Land im bisherigen Umfang, – Beibehaltung einer gemeinsamen Finanzverantwortung zur Sicherung einer bedarfsgerechten, wirtschaftlichen und möglichst sparsamen Mittelverwendung, – Auflösung nicht bewährter Schnittstellen bei den sachlichen Zuständigkeiten, – Aufgreifen vorhersehbarer Entwicklungen auf Bundesebene wie z. B. der sogenannten Großen Lösung in der Kinder- und Jugendhilfe, – Übernahme der Finanz- und Handlungsverantwortung in der Altenpflege durch das Land sowie – Vereinfachung des Abrechnungsverfahrens. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1333 3 1. Wie genau sieht die Einigung aus? Regelungen zur sachlichen Zuständigkeit: – Das Land bestimmt zur Durchführung des Teils 2 (§§ 90 ff.) SGB IX die Landkreise, kreisfreien Städte und die Region Hannover als örtliche Träger der Eingliederungshilfe sowie das Land als überörtlichen Träger der Eingliederungshilfe. Gleiches gilt für die Bestimmung der Träger der Sozialhilfe für Leistungen nach dem SGB XII. – Die sachliche Zuständigkeit für alle Leistungen an Kinder und Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs bzw. darüber hinaus bis zum Ende der Regelbeschulung nach Teil 2 SGB IX und dem SGB XII wird den örtlichen Trägern zur Aufgabenerfüllung im eigenen Wirkungskreis übertragen. – Die sachliche Zuständigkeit für alle Leistungen nach Teil 2 SGB IX und dem SGB XII an Erwachsene wird vom Land übernommen; auch über das 60. Lebensjahr hinaus. – Die heutigen, bewährten funktionalen Zuständigkeiten der örtlichen Träger bleiben bestehen; insbesondere werden die Leistungsentscheidungen im Einzelfall nach Teil 2 SGB IX und dem SGB XII für erwachsene Leistungsberechtigte weiterhin dort getroffen und somit Gegenstand einer Heranziehung der örtlichen Träger durch das Land. Regelungen zur Finanzierung: Die Zielsetzung der Beibehaltung einer Lastenverteilung zwischen Land und örtlichen Trägern im bisherigen Umfang war für die Landesregierung einer der zentralen Eckpunkte der jetzt getroffenen Einigung. Modellrechnungen, die auf den Abrechnungen im Quotalen System für die Jahre 2015 und 2016 basieren, haben ergeben, dass zum Zeitpunkt des geplanten Systemwechsels ab dem 1. Januar 2020 ein Gesamtanteil des Landes an den betreffenden Netto-Zweckausgaben in Höhe von 75 % und ein Gesamtanteil der örtlichen Träger in Höhe von 25 % zugrunde zu legen ist. Anders ausgedrückt ist von einem Verhältnis von 3 : 1 auszugehen. Dieses Ziel soll mit der geplanten Neuaufteilung der sachlichen Zuständigkeiten erreicht werden, indem eine gleichwertige Umverteilung der Finanzanteile zwischen dem Land und den örtlichen Trägern erfolgt. Eine aktuell auf der Grundlage der inzwischen vorliegenden Abrechnungsdaten für 2017 erstellte Modellrechnung bestätigt die Annahme, dass sich die Finanzanteile, die vom Land auf die örtlichen Träger - und umgekehrt - übergehen, gegenseitig ausgleichen. Ein weiterer wichtiger Eckpunkt war die Beibehaltung einer gemeinsamen Finanzverantwortung zur Sicherung einer bedarfsgerechten, wirtschaftlichen und möglichst sparsamen Mittelverwendung. Diese gemeinsame Finanzverantwortung hat sich dem Grunde nach bewährt und soll daher fortgeführt werden. Sie hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich im Laufe der Jahre seit 2001 zwischen den örtlichen Trägern und dem Land in den Themenfeldern der Sozialhilfe eine gefestigte vertrauensvolle Zusammenarbeit über die jeweiligen Grenzen der sachlichen Zuständigkeiten hinweg entwickelt hat. Das Land sieht daher keine Veranlassung bzw. Perspektive darin, diese langjährige positive Entwicklung mit einer Rückkehr zum System einer reinen Spitzabrechnung, wie es vor Einführung des Quotalen Systems praktiziert wurde, zu konterkarieren. Konkret ist vorgesehen, dass sich - entsprechend dem für 2020 prognostizierbaren Verhältnis von 3 : 1 - das Land mit 30 % an den Aufwendungen der örtlichen Träger beteiligt und die örtlichen Träger sich mit 10 % an den Aufwendungen des Landes beteiligen. Mit dieser Regelung würden sich bei der Summe der jeweiligen Gesamtaufwendungen auf Seiten der örtlichen Träger und auf Seiten des Landes keine Änderungen ergeben; sie wäre insoweit „kostenneutral“. Geplant ist, dass eine regelmäßige Revision der jeweiligen prozentualen Anteile erfolgt, um eventuell eintretenden wesentlichen Veränderungen der jeweiligen Aufwandsanteile in den Jahren ab 2020 ff. begegnen zu können. Ziel der Landesregierung ist es, mit den vorgenannten geplanten Regelungen eine faire Lastenverteilung im Verhältnis zwischen dem Land und den örtlichen Trägern insgesamt zu schaffen. Zugleich wird das im Laufe der Jahre immer komplexer ausgestaltete und kaum noch in allen Facetten beherrschbare Quotale System abgelöst durch eine wesentlich vereinfachte Abrechnungssystematik . Schnittstellen, die sich aus den bisher geltenden Zuständigkeitsregelungen ergaben und Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1333 4 die regelmäßig Probleme bei der Zuordnung von Kosten aufgeworfen haben, werden weitestgehend beseitigt. Somit tragen die geplanten Neuregelungen nicht zuletzt zu einer Entbürokratisierung des Abrechnungsverfahrens bei. 2. Trifft es zu, dass es zu Verwerfungen kommen wird, und wenn ja, in welcher Höhe insgesamt (bitte für die nächsten fünf Jahre angeben)? Mit der Bezeichnung „Verwerfungen“ dürfte gemeint sein, dass es - wie zu Frage 1 dargestellt - trotz der im Verhältnis zwischen den örtlichen Trägern und dem Land insgesamt kostenneutralen Auswirkung der geplanten Neuregelungen zu unterschiedlichen Auswirkungen bei den jeweiligen örtlichen Trägern kommt. Dabei geht es technisch nicht um Einnahmeausfälle oder Mehreinnahmen , sondern um Mehr- bzw. Minderaufwendungen bei den Zweckausgaben der einzelnen örtlichen Träger, die sich infolge der Veränderung der sachlichen Zuständigkeiten ergeben. Um dies zu klären, hat die Landesregierung weitere Vergleichsberechnungen angestellt. Verglichen wurden die Abrechnungsergebnisse für die Jahre 2016 und 2017 im Quotalen System mit einer Berechnung, wie sich diese Abrechnungsergebnisse auf der Basis der geplanten Neuverteilung der sachlichen Zuständigkeiten und unter Einbeziehung der oben zu Frage 1 dargestellten gegenseitigen Kostenbeteiligung von 30 % bzw. 10 % verändern. Danach trifft es zu, dass sich bei einer Einzelbetrachtung der örtlichen Träger Mehr- bzw. Minderausgaben im Vergleich zu einer Beibehaltung des Quotalen Systems ergeben. Eine Beibehaltung der jetzigen Zuständigkeitsverteilung und des Quotalen Systems in der jetzigen Form kommt nicht in Betracht. Weitere zwingende Folge jeglicher Zuständigkeitsänderung ist der Effekt, dass sich in Abhängigkeit von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten interkommunale Mehr- bzw. Minderaufwendungen ergeben. Dieser Effekt würde sich stets auch bei - theoretisch denkbaren - anderen Aufteilungen ergeben. Ursachen für die interkommunalen Mehr- bzw. Minderaufwendungen sind vor allem die regional teilweise sehr unterschiedlichen Altersstrukturen der Bevölkerung und die über viele Jahre hinweg entwickelte Angebotslandschaft für Menschen mit Behinderungen. Für örtliche Träger, die derzeit z. B. einen überdurchschnittlichen Sozialhilfeaufwand für Leistungen an ältere Menschen (Altenpflege ) erbringen müssen, ergibt die Vergleichsberechnung Minderaufwand, da diese Leistungen künftig vom Land übernommen werden. Für die örtlichen Träger, bei denen derzeit z. B. eine überdurchschnittliche Anzahl von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen teilstationäre Leistungen der Eingliederungshilfe bezieht, ergibt sich demgegenüber Mehraufwand, da insbesondere die Aufwendungen für Sonderkindergärten und Tagesbildungsstätten künftig von den örtlichen Trägern getragen werden. Im Hinblick auf die Beschulung niedersächsischer Schülerinnen und Schüler mit Behinderung in Tagesbildungsstätten, deren Gesamtkapazität landesweit 3 380 Plätze beträgt, weist die Landesregierung darauf hin, dass die dafür entstehenden Aufwendungen derzeit vollständig aus Mitteln der Eingliederungshilfe in der sachlichen Zuständigkeit des Landes bestritten werden . Die Kapazitäten der Tagesbildungsstätten sind im Land jedoch nicht gleichmäßig verteilt. Größere Kapazitäten im Umfang von 100 Plätzen oder mehr bestehen auf dem Gebiet von zehn Landkreisen und zwei kreisfreien Städten. In den Gebieten der übrigen 33 örtlichen Träger gibt es keine oder nur geringere Kapazitäten in Tagesbildungsstätten (99 Plätze oder weniger); soweit ein sonderpädagogischer Förderbedarf von Schülerinnen und Schülern besteht, wird dort der dafür entstehende finanzielle Aufwand - neben der Finanzhilfe für Förder- und inklusive Schulen aus den Mitteln des Kultusministeriums - vor allem in kommunaler Zuständigkeit getragen. Für das Jahr 2017 ergeben sich nach der Vergleichsberechnung folgende Daten: – Gesamtmehraufwand bei 28 örtlichen Trägern: 81,286 Millionen Euro, – Gesamtminderaufwand bei 17 örtlichen Trägern: 73,251 Millionen Euro. Die Feststellung, dass die beiden genannten Summen nicht identisch sind, ist der Tatsache geschuldet , dass im Jahr 2017 der Landesanteil an den Gesamtaufwendungen in der Sozialhilfe (noch) nicht bei exakt 75 %, sondern bei 75,86 % lag; entsprechend betrug der kommunale Gesamtanteil nicht exakt 25 %, sondern 24,14 %. Bei der Einrechnung der gegenseitigen Kostenbeteiligung von 30 % bzw. 10 % ergibt sich somit für das Jahr 2017 noch keine exakte Kostenneutralität. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1333 5 Wie oben unter 1. dargestellt, erwartet die Landesregierung bis zum Jahr 2020 jedoch ein nahezu exaktes Erreichen der Verteilung von 75 % zu 25 %. Eine von den Fragestellern erbetene genaue Berechnung der Mehr- bzw. Minderaufwendungen für die Jahre 2019 bis 2023 ist der Landesregierung zurzeit nicht möglich. Die aktuell angestellte Vergleichsberechnung basiert auf den Ist-Daten der Abrechnungen im Quotalen System, die naturgemäß für die Jahre 2019 bis 2023 noch nicht vorliegen können. Dies jedoch sind die einzigen Datenquellen , die für valide Vergleichsberechnungen zur Verfügung stehen. Hingewiesen wird außerdem darauf, dass sich die in Rede stehenden Auswirkungen dem Grunde nach nicht schon 2019, sondern erst ab 2020 ergeben können. Im Hinblick auf die jeweiligen Gesamtsalden für Mehr- und Minderaufwendungen erwartet die Landesregierung für den Zeitpunkt des Systemwechsels ab 1. Januar 2020 eine ähnliche Datenlage, wie sie sich aus den bisherigen Vergleichsberechnungen ergibt. Eine exakte Vorausberechnung ist jedoch nicht möglich, da die Entwicklung der Aufwendungen für Sozialhilfeleistungen der einzelnen örtlichen Träger bis zum Jahr 2023 zum jetzigen Zeitpunkt nicht feststeht. Eine nähere Validisierung wird frühestens im kommenden Jahr auf der Basis der Abrechnungsdaten im Quotalen System für das Jahr 2018 vollzogen werden können. 3. Mit welchen Einnahmeausfällen müssen welche Kreise, kreisfreien Städte bzw. die Region Hannover genau rechnen (bitte für die nächsten fünf Jahre angeben)? Zu einer von den Fragestellerinnen und Fragestellern erbetenen genauen Berechnung der Mehrbzw . Minderaufwendungen für die Jahre 2019 bis 2023 sieht sich die Landesregierung nicht in der Lage. Zunächst wird auf die diesbezüglichen Ausführungen zu Frage 2 verwiesen. Bei einer Betrachtung der Einzeldaten der 45 örtlichen Träger kommt hinzu, dass die bisherigen Abrechnungen im Quotalen System keinen einer validen Hochrechnung zugänglichen linearen Verlauf aufweisen. In den jeweiligen Leistungsbereichen sind in aller Regel von Jahr zu Jahr interkommunal nicht unerhebliche unterschiedliche Entwicklungen der Aufwendungen bzw. Kostensprünge sowohl in Gestalt von Steigerungen als auch Reduzierungen zu beobachten. Dies ist vielfach der individuellen Abrechnungspraxis der örtlichen Träger geschuldet, bei der es zu jährlich unterschiedlichen Entwicklungen wegen der Höhe von Abschlagszahlungen an Einrichtungsträger, nachträglicher Spitzabrechnungen , der unterschiedlichen Höhe von gegenzurechnenden Einnahmen oder auch durch den Ausgang von Gerichtsverfahren kommt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Einzelergebnisse von Vergleichsberechnungen von Jahr zu Jahr nicht unerheblich voneinander abweichen. Eine genauere Aussage über die Höhe von Mehraufwendungen ab dem Jahr 2020 wird sich somit erst treffen lassen, wenn auch die Ist-Daten der Jahre 2018 und 2019 ausgewertet sind und damit eine breitere Datenlage zur Verfügung steht. In der folgenden Aufstellung ist das Ergebnis der Vergleichsberechnung nach den Ist-Daten der Abrechnung im Quotalen System für das Jahr 2017 abgebildet. Örtlicher Träger der Sozialhilfe mit Prognose Mehraufwendungen Saldo Vergleichsberechnung Basis IST 2017; in Tausend Euro Landkreis Ammerland 1 780 Landkreis Aurich 1 983 Landkreis Celle 2 076 Landkreis Cloppenburg 5 719 Landkreis Cuxhaven 2 868 Landkreis Diepholz 4 485 Landkreis Emsland 12 290 Landkreis Friesland 2 464 Landkreis Gifhorn 7 173 Landkreis Grafschaft Bentheim 1 986 Landkreis Heidekreis 4 397 Landkreis Helmstedt 8 Landkreis Hildesheim 60 Landkreis Leer 2 834 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1333 6 Örtlicher Träger der Sozialhilfe mit Prognose Mehraufwendungen Saldo Vergleichsberechnung Basis IST 2017; in Tausend Euro Landkreis Nienburg 835 Landkreis Northeim 1 266 Landkreis Oldenburg 1 386 Landkreis Osnabrück 10 671 Landkreis Rotenburg 2 769 Stadt Salzgitter 296 Landkreis Schaumburg 1 422 Landkreis Stade 986 Landkreis Uelzen 473 Landkreis Vechta 4 664 Landkreis Verden 2 964 Landkreis Wesermarsch 407 Stadt Wilhelmshaven 2 242 Landkreis Wittmund 782 4. Mit welchen „Gewinnen“ können die nicht von den Einnahmeausfällen betroffenen Kreise, kreisfreien Städte bzw. die Region Hannover genau rechnen (bitte für die nächsten fünf Jahre angeben)? Im Hinblick auf die erbetene Fünf-Jahres-Prognose wird auf die Ausführungen zu Frage 2 und 3 verwiesen. In der folgenden Aufstellung ist das Ergebnis der Vergleichsberechnung nach den Ist-Daten der Abrechnung im Quotalen System für das Jahr 2017 abgebildet. Örtlicher Träger der Sozialhilfe mit Prognose Minderaufwendungen Saldo Vergleichsberechnung Basis IST 2017, in Tausend Euro Stadt Braunschweig 6 913 Stadt Delmenhorst 3 060 Stadt Emden 1 693 Landkreis Goslar 2 218 Landkreis Göttingen 6 529 Landkreis Hameln-Pyrmont 1 738 Landkreis Harburg 2 031 Landkreis Holzminden 648 Landkreis Lüchow-Dannenberg 250 Landkreis Lüneburg 1 798 Stadt Oldenburg 4 171 Stadt Osnabrück 2 900 Landkreis Osterholz 758 Landkreis Peine 1 183 Region Hannover 35 574 Landkreis Wolfenbüttel 630 Stadt Wolfsburg 1 157 5. Plant die Landesregierung, mögliche Verwerfungen zu kompensieren, und wenn ja, wie? Zunächst wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Mit Blick auf die dort dargelegten Auswirkungen der bundesrechtlichen Änderungen auf die inhaltliche und finanzielle Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Land und Kommunen stellt die unter Frage 1 erläuterte Einigung, einschließlich der unter den Fragen 2 bis 4 auf der Basis von Daten für das Jahr 2017 dargestellten Vergleichsberechnungen , die grundsätzliche Neugestaltung auf Landesebene dar. Die notwendigen gesetzlichen Regelungen werden derzeit ausgearbeitet. (Verteilt am 30.07.2018) Drucksache 18/1333 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Finanzielle Verwerfungen bei der Reform der Eingliederungshilfe?