Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1381 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Hermann Grupe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung Das niedersächsische Hundegesetz? Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Hermann Grupe (FDP), eingegangen am 29.06.2018 - Drs. 18/1257 an die Staatskanzlei übersandt am 10.07.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 14.08.2018, gezeichnet Barbara Otte-Kinast Vorbemerkung der Abgeordneten Das niedersächsische Hundegesetz gilt laut Medienberichten als das „beste Hundegesetz Deutschlands “ (HAZ vom 29.07.2017). Es wurde im Jahr 2011 im Landtag beschlossen. Viele der Regelungen werden in der Fachwelt gelobt (HAZ, s. o.), wie die Pflicht zur Haftpflichtversicherung oder zum Chippen. Andere Sachverhalte stehen aber auch in der Kritik, wie das niedersächsische Hunderegister , das von der Landesregierung auf Basis einer Verordnungsermächtigung auf den Weg gebracht wurde (HAZ, s. o.). Vorbemerkung der Landesregierung Die Antworten auf die Fragen 2, 4 und 5 beruhen auf Berichten auf eine Abfrage der Gemeinden in Niedersachsen durch das Ministerium für Inneres und Sport (Stand: 09.08.2018). Drei Kommunen haben bis dahin keine Daten geliefert. 1. Wie viele Hunde sind im Hunderegister eingetragen? Im zentralen Register nach § 6 des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden (NHundG) - „Hunderegister Niedersachsen“ - sind 364 041 Hunde gemeldet (Stand: 25.07.2018). 2. Für wie viele Hunde wird Hundesteuer entrichtet? In Niedersachsen wird für ca. 536 300 Hunde Hundesteuer entrichtet. 3. Wie steht die Landesregierung zu einer gleichzeitigen Anmeldung für Hundesteuer und Register? Die Pflicht zur Meldung eines Hundes an das „Hunderegister Niedersachsen“ ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 NHundG wonach, wer einen Hund hält, vor Vollendung des siebten Lebensmonats des Hundes gegenüber der das zentrale Register (§ 16) führenden Stelle Folgendes anzugeben hat: 1. seinen Namen, bei natürlichen Personen auch Vorname, Geburtstag und Geburtsort, Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1381 2 2. seine Anschrift, 3. das Geschlecht und das Geburtsdatum des Hundes, 4. die Rassezugehörigkeit des Hundes oder, soweit feststellbar, die Angabe der Kreuzung und 5. die Kennnummer des Hundes. Gemäß § 6 NHundG ist eine Halterin/ein Halter eines Hundes verpflichtet, Angaben gegenüber der Stelle, welche das zentrale Register führt, zu machen. Für die Verwendung von Daten aus einer anderen Quelle, wie z. B. im Zusammenhang mit der Hundesteuer, besteht keine gesetzliche Grundlage. Vorliegenden Informationen zufolge soll aber derzeit eine technische Möglichkeit erarbeitet werden, dass Bürgerinnen und Bürger, die einen Hund online zur Hundesteuer melden, abgefragt werden, ob der Hund auch an das zentrale Register gemeldet werden soll. Falls die Bürgerin/der Bürger sich für diese Option entscheidet, wird sie/er weitergeleitet auf die Homepage des Hunderegisters. Die zuvor eingegebenen Daten aus der Steuermeldung sollen dann übernommen werden können. 4. Wie viele Kommunen erheben eine höhere Steuer für Hunde bestimmter Rassen? In ca. 260 niedersächsischen Kommunen wird eine erhöhte Hundesteuer entrichtet. 5. Wie viele Kommunen erheben eine höhere Steuer für als gefährlich eingestufte Hunde (unabhängig von der Hunderasse)? Circa 530 Kommunen erheben eine höhere Steuer. 6. Wie viele behördliche Kontrollen haben in Niedersachsen bislang auf Grundlage des Hundegesetzes von 2011 insgesamt stattgefunden? Der Landesregierung liegen keine Informationen zur Gesamtzahl der durchgeführten Kontrollen seit dem Jahr 2011 vor, da das NHundG keine Vorgaben zum Führen einer Statistik über durchgeführte Kontrollen vorsieht. Die Gemeinden und Landkreise überwachen die jeweiligen Vorgaben des NHundG eigenverantwortlich. Auch die diesbezügliche Dokumentation erfolgt in eigener Zuständigkeit . Aufgrund der nicht einheitlich geregelten Datenerfassung kann die Anzahl der behördlichen Kontrollen seit dem Jahr 2011 zweifelsfrei auch nicht durch eine Abfrage der Landkreise und Gemeinden ermittelt werden. 7. Bei wie vielen Kontrollen konnte ein fehlender Chip nachgewiesen werden? Die Gemeinden überwachen die Kennzeichnungspflicht in eigener Zuständigkeit eigenverantwortlich ; sie entscheiden über die Art und Weise der durchzuführenden Überwachung. Eine Überwachung der Einhaltung der Vorschriften kann anlassbezogen, beispielsweise im Rahmen der Anmeldung eines Hundes zur „Hundesteuer“ erfolgen; Hundehalterinnen und Hundehalter können auch angeschrieben oder in der Öffentlichkeit angesprochen werden. Sofern Landkreise in Zusammenhang mit der Prüfung der Gefährlichkeit eines Hundes feststellen, dass ein Hund nicht gekennzeichnet ist, obliegt die Ahndung des Verstoßes der zuständigen Gemeinde . Das NHundG enthält keine Vorgaben zur Dokumentation der durchgeführten Kontrollen. Informationen zur Zahl der Kontrollen, bei denen festgestellt wurde, dass entgegen § 4 Satz 1 NHundG ein Hund nicht gekennzeichnet wurde, liegen nicht vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1381 3 8. Bei wie vielen Kontrollen konnten fehlende Haftpflichtversicherungen nachgewiesen werden? Da das NHundG das Führen einer diesbezüglichen Statistik nicht vorsieht, liegen Informationen zur Zahl der Kontrollen, bei denen festgestellt wurde, dass entgegen § 5 Satz 1 NHundG ein Hund ohne Haftpflichtversicherung gehalten wird, nicht vor. 9. Bei wie vielen Kontrollen fehlte der Sachkundenachweis des Halters? Da das NHundG das Führen einer Statistik zu durchgeführten Kontrollen nicht vorsieht, liegen Informationen zur Zahl der Kontrollen, bei denen festgestellt wurde, dass entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 NHundG ein Hund ohne die erforderliche Sachkunde gehalten wurde, nicht vor. 10. Bei wie vielen Hunden wurde ein Wesenstest angeordnet? Gemäß § 8 Abs. 1 NHundG bedarf das Halten eines Hundes, dessen Gefährlichkeit nach § 7 festgestellt worden ist, der Erlaubnis der Fachbehörde. Gemäß § 9 Satz 1 NHundG hat die Hundehalterin oder der Hundehalter unverzüglich nach der Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes eine Erlaubnis nach § 8 zu beantragen oder das Halten des Hundes aufzugeben. Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 NHundG ist die Erlaubnis nach § 8 nur zu erteilen, wenn u. a. die Fähigkeit des Hundes zu sozialverträglichem Verhalten durch einen Wesenstest nachgewiesen ist. Der erfolgreich abgelegte Wesenstest ist eine Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes. Ein Wesenstest ist in diesem Zusammenhang ohne weitere Aufforderung/Anordnung von der Hundehalterin /dem Hundehalter zu erbringen. Schreiben der zuständigen Behörde, die auf diese Sachund Rechtslage hinweisen, werden in Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage daher nicht als Anordnung gewertet. Eine Abfrage bei den Landkreisen, kreisfreien Städten, der Region Hannover und dem Zweckverband Veterinäramt JadeWeser hat ergeben, dass in zwei Fällen ein Wesenstest angeordnet wurde. In einem Fall ist ein Hund nach einem bestandenen Wesenstest und einer erteilten Haltungserlaubnis erneut im Rahmen eines Beißvorfalls auffällig geworden. Da nach dem zweiten Vorfall Zweifel an der Sozialverträglichkeit des Hundes bestanden, wurde ein Wesenstest angeordnet. In einem weiteren Fall gaben diverse Beißvorfälle mit Hunden Anlass zur Anordnung eines Wesenstests . 11. Welcher Rasse gehörten diese Hunde an? Weimaraner bzw. Pointer-Mischling. 12. Bei wie vielen Hunden wurden Auflagen auferlegt? Tierschutzrechtliche Auflagen bezüglich der Haltung von Hunden basieren in der Regel direkt auf dem Tierschutzgesetz (TierSchG) oder der Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV). Gefahrenabwehrrechtliche Regelungen können auf dem Niedersächsischen Gesetz über das Halten von Hunden (NHundG) oder auf dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht (Nds. SOG) basieren. Zuständig für die Überwachung der Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorgaben bzw. der in diesem Zusammenhang verhängten Auflagen sind in Niedersachsen die Landkreise/die kreisfreien Städte/der Zweckverband Veterinäramt JadeWeser und die Region Hannover. Diese sind auch zuständig für die Kontrolle der Einhaltung der Vorgaben, die sich in Zusammenhang mit der Prüfung und Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes und Haltung eines Hundes, dessen Gefährlichkeit im Einzelfall festgestellt wurde, ergeben. In Niedersachsen sind die Gemeinden zuständig für die Kontrol- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1381 4 le der Einhaltung der Vorgaben des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts und der diesbezüglich zu erteilenden Auflagen sowie der Vorgaben des NHundG, die nicht in Zusammenhang mit der Prüfung und Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes stehen. Weder die Gemeinden noch die Landkreise führen Statistiken, denen entnommen werden kann, in wie vielen Fällen Auflagen bezüglich der Haltung eines Hundes erlassen wurden. Eine konkrete Beantwortung der Frage ist daher nicht möglich. 13. Welche Auflagen wurden auferlegt? Grundsätzlich müssen Auflagen, die auf Inhalte des Tierschutzrechts zurückgreifen, angemessen und geeignet sein, festgestellte tierschutzrechtliche Verstöße abzustellen. Beispielsweise können Auflagen bezüglich der Versorgung mit Futter und Wasser oder bezüglich der Bewegung, der Unterbringung , der Zucht etc. angeordnet werden. Auch Anordnungen auf gefahrenabwehrrechtlicher Basis müssen angemessen und geeignet sein, um zu verhindern, dass von einer Hundehaltung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Beispielsweise seien hier Auflagen zum Führen eines Hundes an einer Leine, zum Tragen eines Beißkorbs oder zum Errichten eines ausbruchsicheren Zaunes genannt. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 12 verwiesen. Eine Statistik zu den erteilten Auflagen gibt es in den Gemeinden und Landkreisen nicht. 14. Wie viele Prüfer können den Hundeführerschein abnehmen? Derzeit werden 913 Personen auf der von ML geführten Liste der Prüferinnen und Prüfer, die von den zuständigen Behörden anerkannt wurden und Sachkundeprüfungen nach § 3 NHundG abnehmen dürfen. 15. Wie viele Halter haben den Sachkundenachweis erhalten? Gemäß § 3 NHundG muss eine Hundehalterin/ein Hundehalter die für eine Hundehaltung erforderliche Sachkunde besitzen. Sie ist der Gemeinde auf Verlangen durch die erfolgreiche Ablegung einer theoretischen und einer praktischen Sachkundeprüfung nachzuweisen. Die theoretische Sachkundeprüfung ist vor der Aufnahme der Hundehaltung, die praktische Prüfung während des ersten Jahrs der Hundehaltung abzulegen. Die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 NHundG erforderliche Sachkunde besitzt auch, wer gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 NHundG nachweislich 1. innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Aufnahme der Hundehaltung oder Betreuung für eine juristische Person über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren ununterbrochen einen Hund gehalten oder für eine juristische Person betreut hat, 2. Tierärztin oder Tierarzt oder Inhaberin oder Inhaber einer Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 der Bundes -Tierärzteordnung zur vorübergehenden Ausübung des tierärztlichen Berufs ist, 3. Brauchbarkeitsprüfungen für Jagdhunde abnimmt oder eine solche Prüfung mit einem Hund erfolgreich abgelegt hat, 4. eine sonstige Prüfung bestanden hat, die vom Fachministerium als den Prüfungen nach Absatz 1 Satz 2 gleichwertig anerkannt worden ist, 5. eine Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 oder 2 b des Tierschutzgesetzes (TierSchG) zum Halten von Hunden in einem Tierheim oder einer ähnlichen Einrichtung für die dort gehaltenen Hunde oder zur Ausbildung von Hunden zu Schutzzwecken für Dritte zur Unterhaltung einer Einrichtung hierfür besitzt, 6. für die Betreuung eines von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder fremder Streitkräfte gehaltenen Diensthundes verantwortlich ist, oder Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1381 5 7. einen Blindenführhund oder einen Behindertenbegleithund hält. Seit Einführung der Sachkundepflicht wurden 53 398 theoretische Hundehalterprüfungen erfolgreich abgelegt. Die Zahl der Personen, die aufgrund der Vorgaben nach § 3 Abs. 6 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 und 5 bis 7 NHundG als sachkundig gelten, ist nicht bekannt. Bislang wurden sechs sonstige Prüfungen nach § 3 Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 NHundG ebenfalls als Nachweis der Sachkunde zum Halten eines Hundes anerkannt; zur Anzahl der Personen, die vorgenannte „sonstige Prüfungen“ erfolgreich abgelegt haben, liegen keine Informationen vor. 16. Gab es Fälle, in denen die Sachkunde nicht bescheinigt werden konnte? Wenn ja, wie viele? In 3 408 Fällen wurde die theoretische Sachkundeprüfung nach § 3 NHundG nicht erfolgreich abgelegt . Ob und in wie vielen Fällen eine praktische Sachkundeprüfung nach § 3 NHundG nicht erfolgreich abgelegt werden konnte, ist nicht bekannt, weil diesbezüglich keine Mitteilungspflicht der Prüferinnen und Prüfer dem ML gegenüber besteht. Sofern eine Prüfung nicht erfolgreich abgelegt wurde, kann diese jederzeit wiederholt werden. Weiterhin ist nicht bekannt, in wie vielen Fällen eine Prüfung, die als sonstige Prüfung anerkannt wurde (siehe Antwort zu Frage 15), nicht erfolgreich abgelegt wurde. Auch hier besteht keinerlei Mitteilungspflicht dem ML gegenüber. 17. Gab es in der Zeit seit Einführung des niedersächsischen Hundegesetzes relevante Vorfälle und wie viele (bitte aufgeteilt nach Jahren)? Das Niedersächsische Gesetz über das Halten von Hunden (NHundG) wurde erstmals im Jahr 2003 verabschiedet. Informationen darüber, wie viele Hinweise die Fachbehörden auf eine gesteigerte Aggressivität eines Hundes im Sinne des § 7 NHundG erhalten haben, liegen nicht vor. 18. Bei wie vielen Vorfällen sind Menschen zu Schaden gekommen? Es wird auf die Beantwortung der Frage 2 der Kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung in der Drucksache 18/1046 verwiesen: „Den Berichten der zuständigen Behörden zufolge wurde im Jahr 2012 in 71 Fällen die Gefährlichkeit eines Hundes aufgrund eines Angriffs auf einen Menschen festgestellt. Im Jahr 2013 führten Angriffe auf Menschen in 116, im Jahr 2014 in 161, im Jahr 2015 in 118, im Jahr 2016 in 139 und im Jahr 2017 in 136 Fällen zur Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes.“ 19. Wie viele Halter konnten nach Beißvorfällen durch das niedersächsische Hunderegister ermittelt werden? Es wird auf die Beantwortung der Frage 3 der Kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung in der Drucksache 17/7199 verwiesen. Die Zahl der Fälle ist den zuständigen Behörden nicht bekannt . 20. Welche Hunderassen waren in diese Vorfälle verwickelt? Da bezüglich der Beantwortung der Frage 19 keine Daten vorliegen, ist auch eine Aussage zu den beteiligten Rassen nicht möglich. (Verteilt am 15.08.2018) Drucksache 18/1381 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen und Hermann Grupe (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Das niedersächsische Hundegesetz?