Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1432 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Helge Limburg, Belit Onay und Christian Meyer (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Respektiert Niedersachsen gerichtliche Entscheidungen und Verfahren? Anfrage der Abgeordneten Helge Limburg, Belit Onay und Christian Meyer (GRÜNE), eingegangen am 23.07.2018 - Drs. 18/1329 an die Staatskanzlei übersandt am 25.07.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 17.08.2018, gezeichnet Boris Pistorius Vorbemerkung der Abgeordneten Gegenwärtig werden zwei Fälle in Deutschland diskutiert, bei denen Personen trotz laufender gerichtlicher Verfahren bzw. gegenteiliger gerichtlicher Entscheidungen abgeschoben worden sind. In Nordrhein-Westfalen wurde der als Gefährder eingestufte Sami A. entgegen einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen nach Tunesien abgeschoben. Der Fall beschäftigt den Nordrhein-Westfälischen Landtag. In Mecklenburg-Vorpommern wurde ein 20-jähriger Afghane trotz eines laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach Afghanistan abgeschoben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) will nun seine Rückholung nach Deutschland einleiten . Der 20-Jährige war Teil einer Gruppe von 69 Personen, die nach Auskunft von Bundesinnenminister Seehofer an seinem, Seehofers, 69. Geburtstag abgeschoben worden sind. Der Bundesinnenminister betonte, dies so nicht bestellt zu haben. Gemäß Artikel 1 Abs. 3 des Grundgesetzes ist auch die vollziehende Gewalt, also Verwaltung und Regierung, an die Grundrechte gebunden. Dazu gehört auch das Recht auf gerichtliches Gehör und Zugang zu einem gesetzlichen Richter. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung und die niedersächsische Verwaltung fühlen sich in hohem Maße dem Grundsatz des Artikels 1 Abs. 3 des Grundgesetzes als tragender Säule ihres Handelns verpflichtet . Dabei sind sie als vollziehende Gewalt nach Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes und Artikel 2 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung an Recht und Gesetz gebunden. Hierzu gehört auch § 58 des Aufenthaltsgesetzes, wonach Ausländer abzuschieben sind, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist und die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Ausreisepflicht ist gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist. Entfaltet eine Klage gegen einen solchen Verwaltungsakt per Gesetz aufschiebende Wirkung oder wird diese durch Gerichtsbeschluss angeordnet oder wiederhergestellt, so ist der Verwaltungsakt nicht im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar. In diesen Fällen wird eine Abschiebung mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nicht vollzogen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1432 2 1. Wurden seit Dezember 2017 Personen aus Niedersachsen abgeschoben, bei denen noch gerichtliche Verfahren bezüglich ihres Aufenthaltsstatus liefen? Wenn ja, wie viele ? In welcher Ausländerbehörde wurden die Fälle bearbeitet, und wann geschah dies? Die Frage wird dahin gehend verstanden, dass gerichtliche Verfahren gemeint sind, in denen Rechtsbehelfe eine aufschiebende Wirkung entfalten und aufgrund dessen keine Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht vorliegt. Nach Kenntnis der Landesregierung wurde im Februar 2018 eine Person durch den Landkreis Rotenburg (Wümme) während des laufenden Klageverfahrens nach Serbien abgeschoben, da die Ausländerbehörde in diesem Einzelfall irrig davon ausging, dass die Klage keine aufschiebende Wirkung entfalte. Dem Ausländer ist die Wiedereinreise in das Bundesgebiet durch die Ausländerbehörde umgehend gestattet worden. 2. Wurden seit Dezember 2017 Personen aus Niedersachsen abgeschoben, obwohl es gegenteilige gerichtliche Entscheidungen gab? Wenn ja, wie viele? In welcher Ausländerbehörde wurden die Fälle bearbeitet, und wann geschah dies? Nein. 3. Welche Maßnahmen (Erlasse, Verwaltungsvorschriften etc.) hat die Landesregierung unternommen, um sicherzustellen, dass keine Abschiebungen während laufender aufenthaltsrechtlicher Gerichtsverfahren oder entgegen gerichtlicher Entscheidungen erfolgen ? Die in der Vorbemerkung aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grundsätze des Verwaltungshandelns sowie die aufenthaltsgesetzlichen Regelungen sind den Ausländerbehörden bekannt. Es bedarf daher keiner weitergehenden regelnden Maßnahmen der Landesregierung. 4. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass gerichtliche Entscheidungen in Bezug auf aufenthaltsrechtliche Fragen unmittelbar den zuständigen Ausländerbehörden und Polizeidienststellen bekannt gegeben werden? Die niedersächsischen Gerichte sind sich der besonderen Bedeutung und Dringlichkeit derartiger Verfahren bewusst und informieren die Beteiligten in akuten Fällen vorab telefonisch bzw. per Fax oder über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach über entsprechende Entscheidungen . 5. Sind der Landesregierung Weisungen, Erlasse, mündliche Hinweise oder Ähnliches aus dem BAMF oder dem Bundesinnenministerium bekannt, Personen ohne Rücksicht auf laufende gerichtliche Verfahren oder gegenteilige gerichtliche Entscheidungen abzuschieben ? Nein. 6. Sind der Landesregierung Weisungen, Erlasse, mündliche Hinweise oder ähnliches aus dem BAMF oder dem Bundesinnenministerium bekannt, die sicherstellen sollen, zu vermeiden, Personen während laufender gerichtlicher Verfahren oder entgegen gerichtlichen Entscheidungen abzuschieben? Nein. (Verteilt am 21.08.2018) Drucksache 18/1432 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Helge Limburg, Belit Onay und Christian Meyer (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Respektiert Niedersachsen gerichtliche Entscheidungen und Verfahren?