Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1471 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Ausbau der Windkraftnutzung - Nachfragen zur Fragestunde im Landtag am 22. Juni 2018 Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 23.07.2018 - Drs. 18/1331 an die Staatskanzlei übersandt am 26.07.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 24.08.2018, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung der Abgeordneten In der Fragestunde des Landtages am 22. Juni 2018 antwortete Minister Lies auf Fragen der Abgeordneten gemäß Plenarprotokoll u. a. mit nachfolgenden Aussagen: „Ein wesentlicher Baustein der Sektorenkopplung ist die Verzahnung der Strom- und Gasnetzinfrastruktur .“ „Nun lasst uns doch einmal ein bisschen intelligenter denken! Wir wollen doch den Strom nicht im Norden produzieren, um ihn nach Bayern zu übertragen, sondern wir wollen den Strom, den wir hier produzieren, auch dazu nutzen, dass sich Niedersachsen weiter erfolgreich wirtschaftlich entwickelt . Wir wollen die erneuerbaren Energien hier nutzen.“ Zur Frage, in welchem Umfang es in Niedersachsen zu Abregelungen von Windenergieanlagen komme, antwortete Minister Lies: „Wir haben insofern für Niedersachsen nur Daten für die Gesamtmenge der Abregelung aller erneuerbaren Energien, aber nicht spezifisch für die Form.“ 1. Welche Anregungen oder Vorschläge hat die Landesregierung bislang gegenüber dem Bund bei der Aufstellung der Netzentwicklungspläne Strom und Gas dahin gehend unternommen , diese Pläne zukünftig als einheitlichen Netzentwicklungsplan und nicht mehr unabhängig voneinander aufzustellen? Der Netzentwicklungsplan (NEP) zur Bedarfsermittlung im Strom- und Gassektor wird seit der Einführung im Jahr 2012 regelmäßig von den Übertragungsnetzbetreibern im Strombereich und von den Fernleitungsnetzbetreibern im Gassektor erstellt, öffentlich konsultiert und von der BNetzA nach einer kritischen Prüfung erneut konsultiert und schließlich genehmigt. Dieses Verfahren führt zu einer deutlichen Verbesserung der Transparenz bei der Ermittlung des Netzausbaubedarfs. Niedersachsen hat sich von Beginn an in diesen Prozess im Rahmen der Konsultationen mit eigenen Stellungnahmen eingebracht. In der letzten Stellungnahme zum NEP Strom 2017-2030 vom Oktober 2017 hatte die Landesregierung zu diesem Thema nachfolgende Forderungen zum Thema Sektorkopplung und Verzahnung von Gas- und Strom NEP formuliert: Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1471 2 „Stärkere Verzahnung von Strom- und Gasnetzentwicklungsplänen Zwischen dem Strom- und dem Gasversorgungssystem gibt es bereits heute zahlreiche Schnittstellen . Die enge Verbindung der beiden Systeme wird sich zukünftig durch die strombasierte Sektorenkopplung weiter vertiefen. Dies erfordert eine stärkere Verzahnung der Strom- und Gasnetz-Planung und eine transparente Herausstellung der Bezüge zwischen den Planungen. Eine integrierte Netzplanung würde es auch ermöglichen, die netzplanerischen Potenziale der Sektoren-Kopplung im Hinblick auf eine effektivere und effiziente Nutzung der Strom- und Gasleitungskapazitäten angemessen in den Planungsprozess einzubinden. Langfristig betrachtet kann die strombasierte Sektorkopplung, z. B. beim Einsatz von Power-to-X (PtX) dazu beitragen, den überregionalen Stromnetzausbaubedarf zu verringern. Die Landesregierung begrüßt daher, dass bei der Erstellung des Szenariorahmens auch die Bereiche Power-to-Gas (PtG), Elektromobilität und Wärmepumpen einbezogen werden. Um die Auswirkung auf die Netzplanung adäquat zu berücksichtigen, sollte zukünftig jedoch ein stärkerer Fokus auf diese Bereiche gelegt werden.“ 2. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung konkret, um den von Minister Lies beschriebenen Anreiz zum Verbrauch von regenerativ erzeugtem Strom in Niedersachsen zu schaffen, ohne sich jedoch für die Schaffung unterschiedlicher Preiszonen für Strom in Deutschland einzusetzen (vgl. frühere Anfragen an die Landesregierung)? Die zukünftige Struktur eines auf erneuerbaren Quellen basierenden Energiesystems, das nicht nur Elektrizität, sondern auch Wärme und Mobilitätsbedürfnisse abdeckt und mit anderen Systemen verknüpft ist, hat das Potenzial zur Dekarbonisierung der anderen Sektoren außerhalb des Strombereichs . Nur mittels der Substitution durch zusätzlich und erneuerbar erzeugten Strom aus Windund PV lassen sich die ambitionierten CO2-Minderungsziele erreichen. Der vermehrte Einsatz von PtX kann dazu künftig auch einen wichtigen Beitrag leisten, den überregionalen Stromnetzausbaubedarf zu verringern und diesen regenerativen Strom vor Ort zur Substitution von fossilen Energiearten im Wärme- und Mobilitätssektor einzusetzen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hatte dazu im Rahmen der SINTEG (Schaufenster Intelligente Energie)-Projekte fünf Modellregionen ausgewählt, die Antworten auf diese Fragen geben sollen. Eine diese Modellregionen liegt im Nordwesten Niedersachsens, wo die EWE AG gemeinsam mit 63 Partnern das Schaufensterprojekt enera vorantreibt. Die Landesregierung unterstützt das enera-Projekt in assoziierter Partnerschaft. Im Netzausbaugebiet, das weite Teile Niedersachsens umfasst, besteht darüber hinaus die Möglichkeit , zuschaltbare Lasten im Umfang von 2 GW aufzubauen. Mit zuschaltbaren Lasten kann der Abregelung erneuerbarer Energien gezielt entgegengewirkt werden, indem diese Lasten bei drohenden Netzengpässen zugeschaltet werden und so eine Nutzung des erneuerbaren Stroms ermöglichen . Bislang ist diese Regelung primär auf die Flexibilisierung von KWK-Anlagen durch Power-to-Heat-Anlagen ausgerichtet. Um den Aufbau zuschaltbarer Lasten zu beschleunigen, wäre es aus Sicht der Landesregierung jedoch sinnvoll, eine technologieoffene Ausschreibung der zuschaltbaren Lasten einzuführen. Diese Beispiele verdeutlichen, dass Niedersachsen sich intensiv dafür einsetzt, dass Sektorkopplung und Grünes Gas im künftigen Energiesystem ihre Rolle finden werden. Der Weg in den Markt muss für PtG-Technologien bereits heute geebnet werden, damit sie uns künftig in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen. Ein geeignetes Instrument, mit dem die erforderlichen Rahmenbedingungen unter realen Bedingungen getestet werden können, bestünde in der Einrichtung sogenannter Reallabore der Energiewende. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1471 3 3. Ist es richtig, dass der Landesregierung zum Zeitpunkt der o. g. Fragestunde keine auf Niedersachsen bezogenen Zahlen der Bundesnetzagentur zum Umfang von Einspeisemanagementmaßnahmen vorlagen, die nach einzelnen Formen der Energieerzeugung unterscheiden? Auf Basis der Meldungen der Netzbetreiber an die Bundesnetzagentur (BNetzA) erstellt und veröffentlicht die BNetzA Berichte zu Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen. Im Hinblick auf den Umfang der Abregelung einzelner regenerativer Energieträger im Rahmen von Einspeisemanagementmaßnahmen wertet die BNetzA in den Berichten nur aggregierte Daten der Bundesländer für ganz Deutschland aus. Für die einzelnen Bundesländer wird in den Berichten nur der Gesamtumfang aller Einspeisemanagementmaßnahmen ausgewiesen. Der Bericht zu Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen für das Gesamtjahr 2017 wurde am 18.06.2018 von der BNetzA veröffentlicht . Darauf bezieht sich die in der Vorbemerkung der Abgeordneten verkürzt zitierte Antwort: „Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Beekhuis, die Bundesnetzagentur , die dafür zuständig ist, liefert uns die Daten der Netzeingriffe und der Abschaltungen. Die Daten liegen vor bis einschließlich 2017. Schwierig ist dabei: Es gibt keine bundesländerscharfe Bewertung. Man muss den Blick insgesamt auf den Bund richten, was wahrscheinlich auch Sinn macht, weil wir keine länderspezifische Energiewende machen, sondern sie hoffentlich mit der Zielsetzung machen, sie insgesamt zu vollziehen. Wir haben insofern für Niedersachsen nur Daten für die Gesamtmenge der Abregelung aller erneuerbaren Energien, aber nicht spezifisch für die Form. Und danach betrug der Umfang der Abregelungen in Niedersachsen im Jahr 2017 rund 1098 Gigawattstunden . Das sind 20 % der bundesweit durchgeführten Abregelungen, die im Rahmen von Einspeisemanagementmaßnahmen durchgeführt wurden. Für die Bundesebene - es macht vielleicht Sinn, das zu ergänzen - enthalten die Berichte dann allerdings auch energieträgerscharfe Werte. Für den Bund weiß ich also, welcher Typ von Erzeugung abgeschaltet wird, für das Land kann ich sozusagen nur die Menge betrachten. Danach wurden in 2017 bundesweit Onshorewindanlagen in einem Umfang von 4 461 Gigawattstunden abgeregelt, gefolgt von Offshorewindanlagen mit rund 826 Gigawattstunden, Photovoltaikanlagen mit 163 Gigawattstunden und Biomasseanlagen mit rund 61 Gigawattstunden.“ Die BNetzA hat der Landesregulierungsbehörde Niedersachsen am 15.06.2018 per E-Mail unter dem Betreff „Quartalsbericht zu Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen“ vorab zur Information separate Daten zum Umfang der Abregelung einzelner Energieträger in Niedersachsen im Rahmen von Einspeisemanagementmaßnahmen für das vierte Quartal 2017 und das Gesamtjahr 2017 übersandt, die nicht aus dem öffentlich zugänglichen Bericht der BNetzA zu Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen vom 18.06.2018 ersichtlich sind. Die Landesregulierungsbehörde hat diese Daten am 19.06.2018 per E-Mail an das fachlich zuständige Referat weitergeleitet. Die fachliche Vorbereitung der Fragestunde wurde auf Basis des von der BNetzA öffentlich bereitgestellten Berichts vom 18.06.2018 mit bundesweit aggregierten Daten aktualisiert. Eine nochmalige Aktualisierung ist aufgrund eines Büroversehens nicht erfolgt. In der Anlage werden die vorgenannten Daten der BNetzA zum Umfang der Abregelung einzelner Energieträger in Niedersachsen im Rahmen von Einspeisemanagementmaßnahmen nach insoweit erfolgter Rücksprache mit der BNetzA nachgereicht . Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1471 4 (Verteilt am 27.08.2018) Anlage Drucksache 18/1471 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Ausbau der Windkraftnutzung - Nachfragen zur Fragestunde im Landtag am 22. Juni 2018