Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1594 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Niedersachsen Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 13.07.2018 - Drs. 18/1286 an die Staatskanzlei übersandt am 18.07.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 11.09.2018, gezeichnet Olaf Lies Vorbemerkung der Abgeordneten In der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung von Abgeordneten der FDP-Fraktion „Stehen Mühlen der Wasserrahmenrichtlinie entgegen?“ (Drs. 17/8798) teilte die Landesregierung am 2. Oktober 2017 u. a. mit, dass in Niedersachsen bei der überwiegenden Anzahl der Wassermühlen die Anforderungen der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) überwiegend nicht erfüllt würden. Außerdem könne die Anzahl der in Niedersachsen für die Stromerzeugung genutzten Wassermühlen nicht angegeben werden. In derselben Antwort gibt die Landesregierung an, dass für die Umrüstung von Wassermühlen eine Förderung aufgrund der rechtlich verbindlichen Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) nur dann möglich sei, wenn keine kommerzielle Wasserkraftnutzung erfolge (Antwort auf Frage 8). Gemäß § 35 Abs. 3 WHG sind die zuständigen Behörden verpflichtet zu prüfen, ob an Staustufen und sonstigen Querverbauungen eine Wasserkraftnutzung nach den Standortgegebenheiten möglich ist. Das Ergebnis der Prüfung soll nach § 35 Abs. 3 Satz 2 WHG der Öffentlichkeit in geeigneter Weise zugänglich gemacht werden. Vorbemerkung der Landesregierung Die Umsetzung der Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie an Standorten mit Wasserkraftnutzung zur Erzeugung elektrischer Energie beinhaltet sehr komplexe Fragestellungen und stellt bundesweit eine große Herausforderung für alle Beteiligten dar. Die damit verbundenen Lösungsansätze sind vor dem Hintergrund der differenzierten rechtlichen, fachlichen, topografischen und weiteren Rahmenbedingungen daher jeweils sehr spezifisch. 1. Wie ist der Stand der Umsetzung der Vorgaben aus § 35 Abs. 2 und 3 WHG durch die in Niedersachsen zuständigen Behörden? Zur Umsetzung des Absatzes 2 des § 35 WHG liegen der Landesregierung keine umfänglichen Kenntnisse vor. Es wird davon ausgegangen, dass der Stand der Umsetzung der Anforderungen des Absatzes 2 vor dem Hintergrund der Schwierigkeit bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe sowie des Fehlens eines definierten Standes der Technik für den Fischschutz bundesweit hinter den fachlichen Erfordernissen zurückliegt. Zu Absatz 3 ist anzumerken, dass seitens der Landesregierung schon im Jahr 2002 die Thematik des Nutzungspotenzials der Wasserkraft in Nieder- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1594 2 sachsen intensiv aufgearbeitet und in der Drs. 14/3397 veröffentlicht worden ist. Dabei wurde festgestellt , dass das infolge der Topographie in Niedersachsen gegenüber anderen Ländern ohnehin vergleichsweise geringe Potenzial seinerzeit weitgehend ausgeschöpft war. Für bisher nicht genutztes Potenzial lagen und liegen weiterhin oft technische, rechtliche, ökonomische und gegebenenfalls weitere Restriktionen vor. Die Sachgrundlagen haben sich nicht verändert, eine erneute Prüfung bzw. Veröffentlichung ist nicht erforderlich. 2. In welcher Weise ist die in § 35 Abs. 3 Satz 2 WHG geforderte Veröffentlichung von Anlagen zur Wasserkraftnutzung in Niedersachsen erfolgt? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Hat sich die Landesregierung seit Erteilung der Antwort auf o. g. Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung (Frage Nr. 3) um weitere Erkenntnisse hinsichtlich des in Niedersachsen mittels Wasserkraft erzeugten Stroms bemüht? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Der weit überwiegende Anteil an der Erzeugung regenerativer Energie wird nach dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) vergütet. Das EEG ist ein Bundesgesetz und zielt auf das privatrechtliche Gefüge zwischen den Erzeugern und den Netzbetreibern ab. Die Landesregierung hat daher nicht die Möglichkeit, belastbare Angaben zur diesbezüglichen Erzeugung zu erheben . 4. Wie bewertet die Landesregierung ihr diesbezügliches Bemühen vor dem Hintergrund der Regelung in § 35 Abs. 3 WHG? Siehe Antwort zu Frage 1. 5. Ist es richtig, dass die Landesregierung Anfragen nach Fördermitteln zur Verbesserung der Durchlässigkeit von Wehranlagen dahin gehend beantwortet, dass eine Förderung in Niedersachsen nicht erfolgt und mit § 35 WHG auch nicht vereinbar sei, soweit die Anlage - und sei es in geringem Umfang - zur Stromproduktion genutzt wird? Entscheidungen über Fördermittel betreffen jeweils Einzelfälle, die von den zuständigen Bewilligungsstellen geprüft und beschieden werden. Sofern eine etwa über heimatkundliche Anschauungszwecke hinausgehende wirtschaftliche Nutzung der durch Wasserkraft erzeugten elektrischen Energie in Rede steht, ist regelmäßig zu prüfen, inwieweit die gesetzlich normierte Betreiberpflicht nach § 35 Abs. 2 WHG mit zuwendungsrechtlichen Grundregeln kollidiert. Ab welcher Größenordnung eine Stromerzeugung als förderschädlich qualifiziert wird, kann nicht abstrakt definiert werden und obliegt der Prüfung im Einzelfall. In der Regel ist eine Förderung bei festgestellter wirtschaftlicher Nutzung der Wasserkraft jedoch nicht möglich. Ursächlich hierfür ist dabei nicht unmittelbar das Wasserrecht, sondern das Haushalts- bzw. Zuwendungsrecht. Gefördert werden können nur freiwillige Leistungen, nicht jedoch gesetzlich normierte Pflichtaufgaben. Im Übrigen beinhaltet das EEG Regelungen, die die Erhöhung der Einspeisevergütung im Kontext mit der Verbesserung der Gewässerökologie vorsehen. Die dadurch zu erwirtschaftenden Mehreinnahmen zielen darauf ab, investive Maßnahmen zu ermöglichen. Dieser Fördermechanismus stellt nach allgemeiner Auffassung die wesentliche Finanzierungsgrundlage einschlägiger Nachrüstungen von Wasserkraftanlagen dar. Die Landesregierung prüft derzeit anhand eines konkreten Einzelfalls, wie unter Berücksichtigung der vorgenannten Rahmenbedingungen und der individuellen Leistungsfähigkeit der Anlagenbetreiber ein gangbarer Weg entwickelt werden kann. Die dabei zu beantwortenden Fragestellungen stellen sich als überaus breitgefächert dar, ein konsolidiertes Ergebnis liegt derzeit noch nicht vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1594 3 6. Was ist der Landesregierung darüber bekannt, ob die Bundesregierung diese Rechtsauffassung teilt? Der Landesregierung ist keine Position der Bundesregierung zu auf der Grundlage der Landeshaushaltordnung zu beantwortenden haushalts- und zuwendungsrechtlichen Fragestellungen bekannt . 7. Welche Kenntnisse über Förderprogramme zur Verbesserung der Durchlässigkeit von Stau- und Wehranlagen in anderen Bundesländern hat die Landesregierung? Eine länderübergreifend vollständige Darstellung respektive Bewertung derartiger Förderprogramme ist der Landesregierung nicht bekannt. Bilaterale Kontakte mit anderen Bundesändern zeigen auf, dass der Bedarf an der Umgestaltung vorhandener Wasserkraftanlagen bzw. -standorte überwiegend als hoch eingeschätzt wird, die in Nr. 5 dargestellten Hemmnisse eine finanzielle Unterstützung aber deutlich erschweren beziehungsweise unterbinden. Exemplarisch sei hier das Beispiel Baden-Württemberg genannt. Hier wird die Förderung von Maßnahmen im Sinne der Anforderungen von §§ 33 bis 35 WHG an die technische und hydraulische Optimierung von Anlagen zwischen 100 und 1 000 kW geknüpft. 8. Wie bewertet die Landesregierung diese Förderprogramme vor dem Hintergrund ihrer eigenen Rechtsauffassung? Die Regelungen in anderen Bundesländern sind jeweils vor dem Hintergrund der spezifischen rechtlichen und weiteren Rahmenbedingungen in diesen Ländern zu sehen. Die Landesregierung vermag hier keine Wertung vorzunehmen. 9. Wie viele Wehranlagen mit Wasserkraftnutzung existieren an den niedersächsischen Fließgewässern, die nicht Bundeswasserstraßen sind und nicht die ökologischen Durchgängigkeitsanforderungen erfüllen? Eine genaue Zahl der derzeit in Betrieb befindlichen Wasserkraftanlagen In Niedersachsen liegt nicht vor. Von den ca. 280 bekannten Anlagen mit aktiver Wasserkraftnutzung liegen 178 Wasserkraftanlagen an sogenannten Fischwanderrouten beziehungsweise Laich- und Aufwuchsgewässern außerhalb von Bundeswasserstraßen. Die weit überwiegende Anzahl der Anlagen erfüllt nicht die heutigen Anforderungen im Sinne der ökologischen Durchgängigkeit. Wasserkraftanlagen mit zeitgemäßer Technik für den funktionsfähigen Auf- und Abstieg aller relevanten Organismengruppen stellen hier die Ausnahme dar. 10. Welche Fortschritte wurden in Niedersachsen seit Beantwortung der o. g. Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung hinsichtlich der ökologischen Durchgängigkeit kleiner Fließgewässer erreicht? Die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Fließgewässer stellt ein erklärtes Ziel der Landesregierung dar, sie ist zugleich Gegenstand europäischer Richtlinien wie der EG-Wasserrahmenrichtlinie oder auch der EG-Aalverordnung. Die Umsetzung diesbezüglicher Maßnahmen ist Bestandteil des laufenden Geschäfts der beteiligten Akteure. Ein deutlicher Fortschritt seit Beantwortung der Kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Drs. 17/8677 konnte vor dem Hintergrund der seitdem vergangenen kurzen Zeit nicht erzielt werden. 2017 sind im Rahmen der Förderung nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Fließgewässerentwicklung (RL FGE) 22 Fördermaßnahmen an 26 Querbauwerken erfolgt. Derzeit befindet sich ein neues Antragsverfahren für diesbezügliche Fördermittel im Verfahrenslauf. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1594 4 11. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung zur Verbesserung der Durchgängigkeitsanforderungen der WRRL bei Stau- und Wehranlagen, die auch zur Stromerzeugung genutzt werden? Eine gesonderte Strategie zur Umsetzung von Maßnahmen an Standorten mit aktiver Wasserkraftnutzung liegt nicht vor. Auf Absatz 2 der Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. (Verteilt am 12.09.2018) Drucksache 18/1594 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Niedersachsen