Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1650 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Abgelehnte Asylbewerber in Niedersachsen Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD), eingegangen am 14.08.2018 - Drs. 18/1419 an die Staatskanzlei übersandt am 17.08.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 19.09.2018 Vorbemerkung des Abgeordneten Laut einem Bericht der Jungen Freiheit vom 8. August 2018 halten sich in Deutschland derzeit ca. 700 000 rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber auf. (https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/knapp-700-000-abgelehnte-asylbewerber-indeutschland /). 1. Wie viele der ca. 700 000 in Deutschland lebenden rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber wohnen in Niedersachsen? Ausweislich des Ausländerzentralregisters (AZR) hielten sich zum Stichtag 31.07.2018 insgesamt 67 661 Personen mit abgelehnten Asylantrag in Niedersachsen auf. Es wird darauf hingewiesen, dass eine Asylablehnung im AZR im Regelfall nicht gelöscht wird, die zugrundeliegende Asylentscheidung daher unter Umständen viele Jahre zurückliegen kann und der Ausländer zwischenzeitlich das Aufenthaltsrecht gegebenenfalls auf andere Weise erworben oder als Unionsbürger eine Freizügigkeitsberechtigung erlangt haben kann. Eine im AZR gespeicherte Asylablehnung allein bedeutet daher nicht, dass sich diese Person unberechtigt in Niedersachsen aufhält. 2. Welche Kosten entstehen dem Land Niedersachsen jährlich durch die Versorgung dieser Personen? Nach dem Aufnahmegesetz zahlt das Land den Landkreisen, der Region Hannover, den kreisfreien Städten sowie den Städten Hannover und Göttingen zur Abgeltung aller Kosten, die ihnen für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) entstehen, eine jährliche Pauschale je Leistungsempfängerin bzw. Leistungsempfänger. Ab dem Jahr 2017 beträgt die jährliche Kostenabgeltungspauschale mindestens 10 000 Euro pro Person. Für das Jahr 2017 wurde die Kostenabgeltungspauschale mit Erlass vom 11.08.2017 auf 11 192 Euro und für das Jahr 2018 mit Erlass vom 01.08.2018 auf 11 351,10 Euro festgestellt. Die Höhe der Kostenabgeltungspauschale ergibt sich aus den angefallenen landesdurchschnittlichen Nettoausgaben pro Person nach der Asylbewerberleistungsstatistik zuzüglich eines pauschalierten Betrages in Höhe von 1 500 Euro im Jahr 2017 bzw. 1 535,25 Euro im Jahr 2018 pro Person . Mit dem vorgenannten pauschalierten Betrag werden Kosten ausgeglichen, die durch die Asylbewerberleistungsstatistik nicht abgebildet werden. Hierzu gehört neben den allgemeinen Personalund Arbeitsplatzkosten der nach der Übernahme aus der Zuständigkeit des Landes für die konkrete Aufnahme der verteilten und zugewiesenen Ausländerinnen und Ausländer erforderliche personelle Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1650 2 Vorbereitungs- und soziale (Erst-) Betreuungsaufwand. Dazu zählen beispielsweise der personelle Aufwand für die Akquise, die Bereitstellung, Herrichtung und die Ausstattung von Wohnraum im Vorfeld der Aufnahme, der Empfang sowie die soziale (Erst-) Betreuung und Begleitung der Ausländerinnen und Ausländer und gegebenenfalls die Bereitstellung eines Wach- und Sicherheitsdienstes für Gemeinschaftsunterkünfte. Zu den hiernach geleisteten Kostenabgeltungen für rechtskräftig abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber liegen keine Erkenntnisse vor. Weder der jüngsten hier vorliegenden Asylbewerberleistungsstatistik 2017 kann entnommen werden, bei wie vielen der Leistungsempfängerinnen bzw. Leistungsempfänger es sich um rechtskräftig abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerbern handelt, noch gibt das Ausländerzentralregister darüber Auskunft, welche dort erfassten Ausländerinnen und Ausländer Leistungen nach dem AsylbLG beziehen. Daneben entstehen noch Kosten für rechtskräftig abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber , die sich nicht in den Kommunen, sondern in der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) aufhalten. Hierbei handelt es sich in der Regel um Personen aus sicheren Herkunftsländern , die nicht auf die Kommunen verteilt wurden. Alle im Zusammenhang mit der Aufnahme, Versorgung und sozialen Betreuung in der LAB NI bis zur Verteilung der Flüchtlinge auf die Kommunen oder deren Aufenthaltsbeendigung anfallenden Ausgaben sind im Einzelplan 03, Kapitel 03 28, abgebildet. Eine Aufschlüsselung nach Kosten für abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber und Kosten für andere Personengruppen ist jedoch nicht möglich, da die LAB NI ein budgetierter Landesbetrieb mit einem globalisierten Haushalt ist. 3. Wie viele der in Niedersachsen lebenden rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber stammen aus EU-Ländern wie Polen, Bulgarien, Kroatien, der Slowakei, Tschechien oder Rumänien bzw. EU-Beitrittskandidatenstaaten wie Serbien, der Türkei, Montenegro , Mazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina oder dem Kosovo? Die Staatsangehörigkeiten der rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber können der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Staatsangehörigkeit Asylantrag abgelehnt EU-Staaten 2.498 Albanien 1.859 Bosnien und Herzegowina 871 Kosovo 6.832 Mazedonien 1.310 Montenegro 1.959 Serbien 7.008 Serbien (ehemals) 246 Serbien und Montenegro (ehemals) 394 Türkei 8.099 übrige Drittstaaten 36.585 4. Wie viele der rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber aus EU-Ländern wie Polen, Bulgarien , Kroatien, der Slowakei, Tschechien oder Rumänien bzw. EU-Beitrittskandidatenstaaten wie Serbien, der Türkei, Montenegro, Mazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina oder dem Kosovo erhalten in Niedersachsen staatliche Leistungen (ALG II oder andere staatliche Transferleistungen)? EU-Ausländerinnen und Ausländer, für die der Verlust der Freizügigkeit nach dem FreizügG/EU festgestellt wurde und die damit vollziehbar ausreisepflichtig sind, sind nicht leistungsberechtigt im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Mit Erlass vom 25.06.2018 wurden die kommunalen Leistungsbehörden in Niedersachsen darauf hingewiesen, dass Ausnahmen hiervon nur in besonders begründeten Einzelfällen gegeben sein können. Statistische Daten zu möglichen Einzelfällen liegen nicht vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1650 3 Über die Zahl der rechtskräftig abgelehnten Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus EU-Ländern bzw. EU-Beitrittskandidatenländern, die Arbeitslosengeld II, Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Elterngeld, Unterhaltsvorschuss, Kindergeld oder Kinderzuschlag erhalten, gibt es ebenfalls keine statistischen Erhebungen. Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Darüber hinaus werden auch im Rahmen eines Antrags auf Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz zulässigerweise keine Daten erhoben, die darauf schließen lassen, ob es sich bei der Antragstellerin bzw. dem Antragsteller um eine rechtskräftig abgelehnte Asylbewerberin bzw. einen rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber handelt. Deren Anzahl bzw. ob es überhaupt entsprechende Personen gibt, ist daher nicht bekannt und kann nach den Vorschriften des Wohngeldgesetzes auch nicht erhoben werden. 5. Seit wann leben die rechtkräftig abgelehnten Asylbewerber aus EU-Ländern bzw. EU-Beitrittskandidatenstaaten bereits in Niedersachsen (bitte nach Jahren auflisten)? Die Aufenthaltsdauer der rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber kann der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die zugrundeliegende Asylentscheidung unter Umständen viele Jahre zurückliegen und nunmehr ein Aufenthaltsrecht gegebenenfalls auf andere Weise erworben worden sein kann (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 1). Eine Differenzierung nach Herkunftsländern kann der zugrundliegenden Sonderauswertung des BAMF nicht entnommen werden, daher sind in diesen Daten auch die übrigen Drittstaaten enthalten . Aufenthaltsdauer nach letzter Einreise Asylantrag abgelehnt Gesamt 67.661 davon Nicht berechenbar 13 0-3 Jahre 17.315 4-10 Jahre 12.215 11-20 Jahre 17.152 21-30 Jahre 17.220 Über 30 Jahre 3.746 6. Welchen ausländerrechtlichen Status haben die in Niedersachsen lebenden rechtkräftig abgelehnten Asylbewerber aus EU-Ländern bzw. EU-Beitrittskandidatenstaaten? Der aktuelle Aufenthaltsstatus der rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber kann der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Eine Differenzierung nach Herkunftsländern kann der zugrundliegenden Sonderauswertung des BAMF nicht entnommen werden, daher sind in diesen Daten auch die übrigen Drittstaaten enthalten. nach Aufenthaltsstatus Asylantrag abgelehnt Gesamt 67.661 davon: Duldung 11.388 EU-Aufenthaltsrechte 1.657 Aufenthaltserlaubnis 110 Aufenthaltsgestattung 575 kein Aufenthaltsrecht 3.475 Niederlassungserlaubnis 23.063 Aufenthaltserlaubnis - Ausbildung 42 Aufenthaltserlaubnis - Erwerbstätigkeit 176 Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt 3.347 Aufenthaltserlaubnis - familiären Gründen 5.724 Vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit 2 Aufenthaltserlaubnis - Besondere Aufenthaltsrechte 576 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1650 4 nach Aufenthaltsstatus Asylantrag abgelehnt Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären, politischen Gründe 17.526 7. Was unternimmt die Landesregierung, um die in Niedersachsen lebenden rechtkräftig abgelehnten Asylbewerber aus EU-Ländern bzw. EU-Beitrittskandidatenstaaten abzuschieben ? Die Zuständigkeit für Aufenthaltsbeendigungen liegt bei den Ausländerbehörden. Diese informieren die ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländer zunächst über die Optionen und Fördermöglichkeiten einer freiwilligen Ausreise. Wenn diese Angebote von den Betreffenden nicht genutzt werden, sind die Ausländerbehörden gesetzlich verpflichtet, die Abschiebung einzuleiten, und zwar unabhängig von dem jeweiligen Herkunftsland. Die nachstehenden Ausführungen sind daher allgemeingültig . Das Ministerium für Inneres und Sport unterstützt die Ausländerbörden bei der Lösung aufenthaltsrechtlicher Fragestellungen, wenn diese an das Ministerium herangetragen werden oder das Ministerium in anderer Weise davon Kenntnis erhält. Das Ministerium für Inneres und Sport lädt regelmäßig und anlassbezogen zu Dienstbesprechungen ein. Im Vorfeld erhalten die Ausländerbehörden die Möglichkeit, Tagesordnungspunkte mit ihren Fragen zum Themenkomplex anzumelden. Diese Dienstbesprechungen ermöglichen den Ausländerbehörden neben einem Informationsgewinn und der Erörterung struktureller Probleme auch den Austausch untereinander. Im Jahr 2018 hat das Ministerium bislang drei Dienstbesprechungen zu Fragen der Rückführung durchgeführt. Die Protokolle dieser Besprechungen haben Erlasscharakter und dienen der Orientierung in der ausländerbehördlichen Praxis. Die Clearingstelle Passersatzpapierbeschaffung und Identitätsklärung bei der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen unterstützt die Ausländerbehörden bei der Beschaffung der für eine Aufenthaltsbeendigung erforderlichen Dokumente, gegebenenfalls unter Einschaltung der Organisationseinheit Passersatzpapierbeschaffung der Bundespolizei in Potsdam oder des Gemeinsamen Zentrums zur Unterstützung der Rückkehr in Berlin. 8. Welche Hindernisse gibt es bei der Abschiebung der rechtkräftig abgelehnten Asylbewerber aus EU-Ländern bzw. EU-Beitrittskandidatenstaaten? Im Rahmen der Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen prüfen die Ausländerbehörden herkunftslandunabhängig das Vorliegen inlandsbezogener Vollzugshindernisse, die dem unmittelbaren Vollzug einer Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen entgegenstehen könnten und zur Folge hätten, dass der Aufenthalt der vollziehbar ausreisepflichtige Person gesetzlich zu dulden wäre. Eine Duldung aus rechtlichen Gründen ist beispielsweise - resultierend aus dem Schutzgedanken des Artikels 6 des Grundgesetzes - bei einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Rechts der Wahrung des Ehe- und Familienlebens zu erteilen oder bei einer fehlenden Zustimmung der Staatsanwaltschaft für eine Abschiebung in Fällen vollziehbar ausreisepflichtiger Straftäter, in denen das Strafverfolgungsinteresse zunächst überwiegt. Tatsächliche Gründe, die einer unmittelbaren Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen können, sind beispielsweise eine ungeklärte Identität und Staatsangehörigkeit bzw. Passlosigkeit der abzuschiebenden Person, noch ausstehende Passersatzpapiere des Herkunftsstaates, die für eine Abschiebung benötigt werden, oder eine aktuell vorhandene Reiseunfähigkeit. Es handelt sich bei einer Duldung lediglich um die Aussetzung der Abschiebung, die die Vollziehbarkeit der Ausreiseverpflichtung nicht berührt. (Verteilt am 20.09.2018) Drucksache 18/1650 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Abgelehnte Asylbewerber in Niedersachsen