Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1760 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung Maßnahmen zu Gender-Mainstreaming und Diversity an Universitäten und Hochschulen in Niedersachsen Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD), eingegangen am 06.09.2018 - Drs. 18/1586 an die Staatskanzlei übersandt am 11.09.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 05.10.2018 Vorbemerkung des Abgeordneten In der deutschen Sprache sind Genus (grammatisches Geschlecht) und Sexus (natürliches Geschlecht ) grundsätzlich getrennt. So unterscheiden sich grammatisches und natürliches Geschlecht bei zahlreichen Wörtern (beispielsweise „das Mädchen“ - Genus: Neutrum, Sexus: weiblich)1 Wenn das natürliche Geschlecht keine Rolle spielt oder männliche und weibliche Personen gleichermaßen gemeint sind, wird das Maskulinum generisch verwendet. Das „generische Maskulinum“ leistet hierbei eine Neutralisierungsfunktion um das Merkmal des Geschlechts der gemeinten Personen.2 Erst kürzlich scheiterte vor dem Bundesgerichtshof die Klage einer Sparkassen-Kundin, welche ihre Bank dazu verpflichten wollte, in Formularen neben der männlichen Form auch die weibliche zu nennen. Das Gericht urteilte, dass die Nutzung des generischen Maskulinums nicht gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoße.3 Trotzdem ergehen an deutschen Hochschulen und Universitäten seit einigen Jahren vermehrt Maßnahmen, welche die Umgehung des generischen Maskulinums zum Ziel haben. In der Dokumentation des Gleichstellungskonzeptes der Hochschule Hannover ist unter Anlage 2 eine „Ordnung für Gleichstellung“ der Fachhochschule Hannover beigefügt .4 In dieser Ordnung gibt es das „Kapitel 6: Geschlechtergerechte Sprache“. Dort ist u. a. zu lesen: „Für die FHH ist eine geschlechtergerechte Sprache ein wichtiger Schritt zur Realisierung der Gleichstellung von Frauen und Männern, denn zwischen Denken und Sprachverhalten besteht eine enge Wechselwirkung. Vor allem die häufige Verwendung von maskulinen Personenbezeichnungen als Oberbegriff für Frauen und Männer führt zur Ausgrenzung und Benachteiligung von Frauen .“ Außerdem sollen „alle Schriftstücke wie Texte, Formulare, Richtlinien, Studien- und Prüfungsordnungen , Zeugnisse, Bescheinigungen, Rundschreiben, usw. (…) geschlechtergerecht formuliert“ werden, und es heißt, dass „alle Lehrenden (…) der Pflege einer geschlechtergerechten Sprache in ihren Veranstaltungen verpflichtet“ sind. 1 vgl. Der Duden. Bd. 4. Grammatik. Dudenverlag. (1995). S. 195. 2 vgl. Kalverkämper, Hartwig: Die Frauen und die Sprache. in: Linguistische Berichte. Bd. 62. (1979), S. 58. 3 http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bundesgerichtshof-sparkassen-kundin-muss-sich-kunde-nennenlassen -a-1197788.html (Zugang 28.05.2018 um 12:14 Uhr) 4 https://www.hs-hannover.de/fileadmin/media/doc/gb/Professorinnenprogramm/Dokumentation_Gleichstel lungskonzept_HsH.pdf (Zugang 28.05.2018 um 12:12 Uhr) Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1760 2 Vorbemerkung der Landesregierung Sowohl nach dem Grundgesetz als auch nach der Niedersächsischen Verfassung hat das Land Niedersachsen die Verpflichtung, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern aktiv durchzusetzen . Diese Verpflichtung betrifft alle Landeseinrichtungen. Am 27. Februar 1989 ist das Gesetz zur Förderung der Gleichstellung der Frau in der Rechts- und Verwaltungssprache verkündet worden (Nds. GVBl. S.50). Danach sind in allen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Landes und der seiner Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts Bezeichnungen so zu wählen, dass sie dem Grundsatz der Gleichberechtigung entsprechen. Das Niedersächsische Landesministerium hat dazu am 09.07.1991 einen „Beschluss über Grundsätze für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Rechtssprache“ gefasst (Nds. MBl. S. 911). Beide Bestimmungen sind unverändert gültig; sie werden auch von den niedersächsischen Hochschulen angewendet. Sie regeln die Modalitäten der Umstellung auf eine geschlechtergerechte Sprache bei Beibehaltung der Allgemeinverständlichkeit und Lesbarkeit. Ferner wird auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 (1 BvR 2019/16) verwiesen. 1. An welchen Universitäten und Hochschulen des Landes herrscht eine verbindliche Übereinkunft zur Verwendung geschlechtsneutraler Sprache bei Prüfungsleistungen? Ich bitte um Aufschlüsselung nach den einzelnen betroffenen Prüfungsordnungen der Fakultäten und Jahr der jeweiligen Einführung. An den niedersächsischen Hochschulen gibt es keine derartigen verbindlichen Übereinkünfte. 2. An welchen Universitäten und Hochschulen des Landes gab es in den letzten 25 Jahren Umbenennungen von universitären oder der Universität angeschlossenen Einrichtungen in „geschlechtsneutrale Bezeichnungen“ (beispielsweise Studentenwerk zu Studierendenwerk , Studentenbüro zu Studierendenbüro, etc.)? Ich bitte um Aufschlüsselung nach Projekt, Datum der Umsetzung, Kosten und Auftraggeber. An den niedersächsischen Hochschulen hat es aufgrund von Umorganisationen in den letzten 25 Jahren etliche Umbenennungen gegeben, die sich im Einzelnen nicht mehr nachvollziehen lassen . Exemplarisch sei genannt die Universität Osnabrück, wo im Jahr 2002 auf Veranlassung des Präsidiums das Studentensekretariat in „Studierendensekretariat“ kostenneutral umbenannt wurde. 3. An welchen Universitäten und Hochschulen des Landes sind in den letzten 25 Jahren sonstige Projekte mit Gender-, Gleichstellungs- oder Diversity-Bezug abseits von Forschung und Lehre durchgeführt worden? Beispiele wären: die Einrichtung geschlechtsneutraler Toiletten, Änderungen von Türschildern (beispielsweise Studentenzimmer zu Studierendenzimmer), Umbenennung des Studententickets zu Studi- Ticket/Studierendenticket etc. Ich bitte um Aufschlüsselung nach Projekt, Datum der Umsetzung, Kosten und Auftraggeber. Die Hochschulen haben hierzu folgende Projekte genannt: Die Universität Göttingen hat im Mai 2017 zwei all-gender-Toiletten eingerichtet. An der Universität Lüneburg wurde 2005 kostenneutral auf Veranlassung des Präsidiums der Studenten- in Studierendenausweis umbenannt. 2016 wurden ebenfalls kostenneutral vier all-gender-Toiletten eingerichtet. An der Hochschule Hildesheim- Holzminden-Göttingen wurden im ersten Quartal 2018 die bisher geschlechtlich nicht zugeordneten barrierefreien Toiletten mit dem Zusatz „Toilette für alle“ versehen. Kosten einmalig rund 5 000 Euro. (Verteilt am 09.10.2018) Drucksache 18/1760 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur Maßnahmen zu Gender-Mainstreaming und Diversity an Universitäten und Hochschulen in Niedersachsen