Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1781 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel, Meta Janssen-Kucz und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Finanzielle Aufwendungen des Landes für Thyssen Nordseewerke und Rechtsnachfolger Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel, Meta Janssen-Kucz und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE), eingegangen am 05.09.2018 - Drs. 18/1556 an die Staatskanzlei übersandt am 07.09.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 09.10.2018 Vorbemerkung der Abgeordneten In den letzten knapp zwei Jahrzehnten wurden zahlreiche Versuche unternommen, um die Thyssen Nordseewerke GmbH und eine Vielzahl unterschiedlicher Rechtsnachfolger vor der Insolvenz zu bewahren. Über TKMS, SIAG, DSD Steel, Seafort Advisers, NES und EWD erstreckten sich diverse Versuche, die Arbeitsplätze nachhaltig zu sichern. Im vorerst letzten Kapitel beantragte die Nordseewerke Emden Shipyard GmbH (NES) im August 2018 Insolvenz in Eigenregie. Vorbemerkung der Landesregierung Die Beantwortung der Anfrage erfolgt nach derzeitigem Stand der Aktendurchsicht sowie unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit. Gemäß Nr. 5.7.5 VV zu §§ 70 bis 72 und 74 bis 80 LHO sind Bücher und Rechnungsunterlagen zehn Jahre aufzubewahren. Die Landesregierung kann die nachfolgenden Fragen daher nur für diesen Zeitraum beantworten. Die von Herrn MdL Stefan Wenzel, Frau MdL Meta Janssen-Kucz und Herrn MdL Detlev Schulz- Hendel in ihrer o. g. Kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gestellte Frage 3 steht im Zusammenhang mit Bürgschaften und bezieht sich damit explizit auf Bereiche, für die umfassende Vertraulichkeit zugesichert ist. Das Bürgschaftsverfahren wird auf der Grundlage des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgewickelt . Nach § 30 VwVfG haben die Verfahrensbeteiligten Anspruch auf die Wahrung ihrer „Geheimnisse “, insbesondere der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Deren unbefugte Offenbarung wird strafrechtlich sanktioniert. Daneben enthält Ziffer 27 der Bürgschaftsrichtlinie des Landes Niedersachsen eine weitere Regelung zur Vertraulichkeit der „Verhandlungen, Beratungen und Unterlagen “. Da die Antworten auf Kleine Anfragen zur schriftlichen Beantwortung Bestandteil der Landtagsdrucksachen werden (§ 19 Abs. 1 GO LT), die „jede Person … beim Landtag einsehen“ kann (§ 19 Abs. 3 GO LT), würden die o. g. „Geheimnisse“ auf diesem Wege für jedermann zugänglich. Im Zusammenhang mit der angefragten Thematik verweist die Landesregierung auch auf die Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen (AfHuF) am 29.08.2018; hier wurde bereits zu der Thematik im vertraulichen Sitzungsteil unterrichtet. Die Landesregierung ist aber selbstverständlich wie in der Vergangenheit jederzeit bereit, den AfHuF in vertraulicher Sitzung über das Bürgschaftsengagement des Landes zu unterrichten. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1781 2 1. In welcher Höhe wurden die o. g. Unternehmen und gegebenenfalls weitere Rechtsnachfolger durch die öffentliche Hand jeweils finanziell unterstützt? Nachfolgend werden die finanziellen Unterstützungen durch das Land Niedersachsen aufgeführt. Über Förderung durch den Bund oder eine kommunale Einrichtung liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Mit Zuwendungsbescheid vom 07.12.2010 wurde der SIAG Nordseewerke GmbH eine Zuwendung in Höhe von 2 000 000 Euro als Anteilfinanzierung im Rahmen der Projektförderung zur Erweiterung der bestehenden Betriebstätte gewährt. Die Förderung erfolgte nach den Regelungen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) in der seinerzeit gültigen Fassung. Daneben erhielt die Nordseewerke Emden Shipyard GmbH mit Zuwendungsbescheid vom 22.07.2016 eine Zuwendung in Höhe von 2 637 Euro als Anteilfinanzierung zur Weiterbildungsförderung „Personalfachkaufmann IHK“. Diese Förderung erfolgte nach den Regelungen des Programms „Weiterbildung in Niedersachsen“ aus Mitteln des Landes Niedersachsen und des Europäischen Sozialfonds (ESF). 2. Wie lauten jeweils die Namen der Muttergesellschaften bzw. der wirtschaftlich Berechtigten der o. g. Gesellschaften und gegebenenfalls weiterer Rechtsnachfolger? Die ThyssenKrupp Marine Systems GmbH (TKMS) gehört laut Handelsregisterauszug vom 20.09.2018 zu 100 % zur thyssenkrupp Industrial Solutions AG. Diese ist laut Homepage der thyssenkrupp AG eine von fünf Business Areas. Die strategische Führung des Konzerns liegt bei der thyssenkrupp AG. Die mit dem Gesellschaftsvertrag vom 28.09.2009 gegründete und im Handelsregister neueingetragene SIAG Nordseewerke GmbH, Emden gehörte zur Windenergietechnologie Offshoresparte von SIAG Schaaf Industrie AG zu 80 % und zur ThyssenKrupp Marine Systems AG zu 20 %. Durch Beschluss des Amtsgerichts Aurich (9 IN 254/12) vom 01.01.2013 wurde über das Vermögen der SIAG Nordseewerke GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO angeordnet. Laut der beim Amtsgericht Aurich gemeldeten Gesellschafterliste (Stand 23.12.2015) werden die Geschäftsanteile der SIAG Nordseewerke GmbH i. L. mit Sitz in Emden von RIEDIGER. tax & public procurement s. r. o. (eingetragen im Handelsregister des Stadtgerichts in Prag/Tschechische Republik) gehalten. Die Muttergesellschaft SIAG Schaaf Industrie AG ist mit Antrag des Vorstands vom 19.03.2012 in das Insolvenzverfahren unter Anordnung der Eigenverwaltung am 01.06.2012 gegangen. Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Montabaur (Az. 14 IN 81/12) vom 19.03.2013, durch den der Insolvenzplan der Gesellschaft vom 06.03.2013 bestätigt wurde und der den Umwandlungsbeschluss enthielt, wurde SIAG Schaaf Industrie AG mit Sitz in Dernbach in die SIAG Industrie GmbH mit Sitz in Dresden formwechselnd umgewandelt. Das seitdem unter SIAG Industrie GmbH firmierte Unternehmen veräußerte im Dezember 2015 SIAG Nordseewerke GmbH i. L. an RIEDIGER. tax & public procurement s.r.o. Ausweislich des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2016 erwarb die PENGG Kabel GmbH, AT-Kapfenberg, 100 % der Geschäftsanteile an der SIAG Industrie GmbH, inzwischen mit Sitz in Leipzig, mit Wirkung zum 25.01.2017. Seit der Übernahme der SIAG Nordseewerke GmbH durch die DSD-Steel-Unternehmensgruppe zum Jahresbeginn 2013 befindet sich die mit dem Gesellschaftsvertrag vom 17.12.2012 gegründete Nordseewerke GmbH, Emden (vormals NST Nordsee Steel-Tech GmbH) zu 100 % im Eigentum der DSD Nordseewerke Holding GmbH, Emden (vormals Nordseewerke Holding GmbH und NST Nordsee Steel-Tech Holding GmbH). Durch Beschluss des Amtsgerichts Aurich (9 IN 104/15) vom 01.09.2015 wurde über das Vermögen der Nordseewerke GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Gesellschafter der DSD Nordseewerke Holding GmbH ist DSD Steel Group GmbH, Saarlouis, zu 100 %. Sie ist wiederum eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der DSD Steel Construction AG, Unterägeri, Schweiz (Stand 15.12.2017). Mit der Akquisition der Nordseewerke GmbH durch Beaufort Capital GmbH in 2015 ist Nordseewerke Emden Shipyard GmbH (NES) entstanden. Patrick Hennings-Huep und Dr. Johann David Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1781 3 Herstatt sind Gründungspartner bzw. Partner. Seit 2016 ist neben der Beaufort Capital GmbH die DSD Nordseewerke Holding GmbH Gesellschafter der NES. Seafort Advisors I GmbH & Co. KG, deren persönlich haftender Gesellschafter Seafort Advisors I Verwaltungs GmbH ist, hält u. a. Beteiligung an der Emder Werft und Dock GmbH (EWD) bzw. allgemein bekannt unter EMDEN DOCKYARD. Gründer und Partner von Seafort Advisors sind Patrick Hennings-Huep und Torben Mons. Weitere Partner sind Dr. Johann David Herstatt und Dr. Jesko T. Kornemann. 3. In welcher Höhe sind in dem o. g. Zeitraum insgesamt Zahlungen aus dem Landeshaushalt abgeflossen bzw. Bürgschaften fällig geworden bzw. stehen an? Aus der unter Nummer 1 genannten Zuwendung in Höhe von 2 Millionen Euro an die SIAG Nordseewerke GmbH wurde seinerzeit ein Teilbetrag in Höhe von 1 273 514,23 Euro ausgezahlt. Der zugehörige Zuwendungsbescheid vom 07.12.2010 wurde nach der Insolvenz der SIAG Nordseewerke GmbH am 05.02.2013 widerrufen. Zugleich wurden die bis dahin ausgezahlten Mittel als Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet und in die Insolvenztabelle aufgenommen. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die weiterhin unter Nummer 1 genannte Förderung in Höhe von 2 637 Euro für eine Weiterbildungsmaßnahme der Nordseewerke Emden Shipyard GmbH wurden vollständig ausgezahlt. Zur Frage der Inanspruchnahme von Bürgschaften wird auf die Vorbemerkung verwiesen. (Verteilt am 10.10.2018) Drucksache 18/1781 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel, Meta Janssen-Kucz und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Finanzielle Aufwendungen des Landes für Thyssen Nordseewerke und Rechtsnachfolger