Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1804 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung Aufbau eines Zentrums für Hauswirtschaft: Bleiben die dezentralen Strukturen für Ernährungsbildung auf der Strecke? Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte (GRÜNE), eingegangen am 05.09.2018 - Drs. 18/1564 an die Staatskanzlei übersandt am 10.09.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 10.10.2018 Vorbemerkung der Abgeordneten Laut Medienberichten und Darstellungen im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist das Agrarministerium in den Aufbau eines Zentrums für Hauswirtschaft (ZEHN) eingestiegen. Eine Kick-Off-Veranstaltung in Nienburg hat stattgefunden. Vorbemerkung der Landesregierung Das zentrale Vorhaben der Landesregierung zur Stärkung der Verbraucherbildung ist die Einrichtung eines „Zentrums für Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen“, abgekürzt „ZEHN“. Das ZEHN soll staatliche und nichtstaatliche Aktivitäten rund um eine gesunde und umweltbewusste Ernährung in Niedersachsen bündeln und koordinieren. Ziel des Vorhabens ist es insbesondere, eine gesundheitsförderliche und nachhaltige Lebensweise zu unterstützen, einen Beitrag zur Vermittlung grundlegender Ernährungs- und Hauswirtschaftskompetenzen zu leisten sowie den wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln zu vermitteln. 1. In welcher Höhe werden Haushaltsmittel derzeit vonseiten des Landes für Ernährungsund Verbraucherbildung für welche Projekte und Strukturen ausgegeben (bitte nach einzelnen Projekten und Laufzeit angeben)? Mit Stand 10.09.2018 werden vonseiten des ML folgende Projekte und Strukturen im Bereich der „ernährungsbezogenen Verbraucherbildung“ der Verbraucherzentrale Niedersachsen e. V. (VZN), der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE), der Landesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft Niedersachsen e. V. (LAG HW), des Transfer-Netzwerks nachhaltige Zukunft e. V. (tVMU) und des Niedersächsischen LandFrauenverbands (NLV) Hannover - gemeinnützige Projekt- und BildungsGmbH (umfasst auch den LandFrauenverband Weser-Ems e. V.), gefördert: – VZN - Projektförderung „Aufklärungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Ernährung 2018“ - Laufzeit ist Kalenderjahr: 400 000,00 Euro, – DGE - institutionelle Förderung „Sektion Niedersachsen 2018“ - Laufzeit ist Kalenderjahr: 153 000,00 Euro, – DGE - Projektförderung „Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen 2017 - 2020“ - Laufzeit 01.01.2017 bis 31.12.2020: 220 000,00 Euro, Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1804 2 – tVMU - Projektförderung „Ernährungsrat für Oldenburg“ - Laufzeit 08.09.2017 bis 30.09.2018: 37 860,00 Euro, – NLV Hannover, Gemeinnützige Projekt- und BildungsGmbH Projektförderung „Kochen mit Kindern“ - Laufzeit 02.01.2018 bis 31.12.2018: 85 000,00 Euro, – Unterrichtsmaterial „Ernährungsführerschein“ für am EU-Schulprogramm teilnehmende Bildungseinrichtungen - schuljahresbezogene Laufzeit /Schuljahr 2017/2018: 26 000,00 Euro. Zudem wird unter der Federführung des ML jährlich die Veranstaltung „Schulverpflegung in Bewegung “ durchgeführt. Diese bewährte Veranstaltung hat folgende feste Kooperationspartner: Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung, die Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e. V. (LVG & AFS), die DGE - Sektion Niedersachsen, die VZN und die Akademie des Sports. Die seitens des ML unterstützten Organisationen (DGE - Sektion Niedersachsen, VZN, Vernetzungsstelle Schulverpflegung, LAG HW) führen im laufenden Jahr kontinuierlich selbstständig Veranstaltungen in verschiedenen Formaten zum Themenkomplex „Ernährung“ durch. 2. In welcher Höhe müssen nach Kalkulation des Agrarministeriums Haushaltmittel für den Aufbau des Zentrums für Hauswirtschaft bereitgestellt werden? Das ZEHN soll vorerst befristet für fünf Jahre eingerichtet werden. Dafür sind zunächst 549 Tsd. Euro zur Einrichtung in 2019 und in den Jahren 2020 bis 2022 weitere 2,289 Millionen Euro (insgesamt 2,838 Millionen Euro) vorgesehen. 3. Welche Kosten für die Errichtung des Zentrums sind u. a. durch die Kick-Off-Veranstaltung in Nienburg und die Dokumentation über diese Veranstaltung bereits entstanden ? Am 8. Juni 2018 hat in Nienburg das „1. Netzwerktreffen Ernährung und Hauswirtschaft Niedersachsen “ stattgefunden. Folgende Ausgaben sind entstanden: – Veranstaltungsausgaben: 2 533,93 Euro, – Ausgaben für Veröffentlichungen und Dokumentation: 4 673,32 Euro. 4. Welchen Stellenwert haben dezentrale Strukturen für Ernährungsbildung und Kooperationen mit Schulen und Kitas vor dem Hintergrund des zunehmend schlechten Ernährungsstatus von Kindern für die Landesregierung? Ein grundsätzlich zunehmend schlechter Ernährungsstatus von Kindern kann aufgrund aktueller wissenschaftlicher Erhebungen nicht bestätigt werden. Das Robert-Koch-Institut (RKI) Berlin hat im Journal of Health im Juni 2018 die Ergebnisse der Studie zum Sport- und Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um die KiGGS-Studie (Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland) Welle 2, der in 2014 die Welle 1 vorausging . Somit können die Ergebnisse der Welle 1 mit denen der Welle 2 abgeglichen werden. In Deutschland sind 15 von 100 Kindern von Übergewicht betroffen. Darunter haben 6 von 100 Kindern eine Adipositas. Der Anstieg hat sich in den letzten Jahren nicht weiter fortgesetzt. Die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas ist auf hohem Niveau stabil geblieben. Auch die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung Niedersachsen, veröffentlicht am 31.08.2018 vom Landesgesundheitsamt , bestätigen die Ergebnisse des RKI. Vor diesem Hintergrund der Stagnation in Bezug auf Übergewicht und Adipositas bei Kindern sollten Maßnahmen, die zur Reduktion von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen beitragen, konsequent fortgesetzt werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1804 3 Für den Bereich der Schulen gilt, dass Schülerinnen und Schüler dem Themenfeld „Essen und Trinken“ auf zwei unterschiedlichen Ebenen des schulischen Alltags begegnen. Zum einen ist Ernährungsbildung Teil des schulischen Curriculums und gehört somit zum Unterrichtsstoff. Die Vermittlung erfolgt je nach Jahrgangstufe und Schulform sowohl theoretisch als auch praktisch. Themenbereiche , die direkt oder indirekt mit der Ernährung des Menschen verbunden sind, ziehen sich durch die Kerncurricula aller Jahrgangsstufen und Schulformen. Im Bildungsauftrag des Niedersächsischen Schulgesetzes (§ 2) heißt es zudem: „Schülerinnen und Schüler sollen fähig werden, (…) für die Erhaltung der Umwelt Verantwortung zu tragen und gesundheitsbewusst zu leben.“ Auch im „Orientierungsrahmen Schulqualität“ kommt der Gesundheitsförderung eine besondere Bedeutung zu. Die Verantwortung für die Bildung und Erziehung von Kindern in Kindertageseinrichtungen obliegt den Trägern der Kindertageseinrichtungen. Die Träger von Kindertageseinrichtungen erfüllen den Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen, der im Sozialgesetzbuch Achtes Buch und im Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder verankert ist. Zu diesem gehört auch die Förderung von Gesundheit, einschließlich gesunder Ernährung. Zuständig für die Aufgabe der Kindertagesbetreuung sind die örtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe , also die Kommunen. Insofern sind die Organisationsstrukturen der Träger in Niedersachsen nicht nur vielfältig, sondern auch dezentral organisiert. Das Land hat lediglich die Rolle der Aufsicht und Beratung der Träger von Kindertageseinrichtungen. Den Stellenwert aller Maßnahmen in Niedersachsen, die zur Ernährungsbildung und in Kooperationen mit Schulen und Kitas durchgeführt werden, schätzt die Landesregierung als hoch ein. 5. Wie sollen diese dezentralen Strukturen künftig gefördert werden? Die Landesregierung plant zu den in Frage 1 aufgeführten Förderungen zukünftig keine maßgeblichen Veränderungen mit einer Ausnahme: Das Projekt „Kochen mit Kindern“ wird auf 110 000,00 Euro Fördersumme aufgestockt. Den Schulträgern und Schulen steht die seit mehreren Jahren gut eingeführte Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen als Beratungs- und Unterstützungssystem zur Verfügung. Die Vernetzungsstelle wird institutionell vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gefördert und befindet sich in der Trägerschaft der Deutschen Gesellschaft für Ernährung . Des Weiteren gibt es zahlreiche Bundes- und Landeseinrichtungen, Krankenkassen, Stiftungen und Vereine, die darüber hinaus Kindertagesstätten und Schulen Projekte, Materialien und weitere Maßnahmen im Bereich Ernährungsbildung und Verbraucherschutz anbieten. Schulen können aus diesen Angeboten weiterhin ihre Kooperationspartner eigenverantwortlich auswählen. Eine unmittelbare Förderung seitens des Kultusministeriums besteht für die vorstehend genannten Angebote nicht. 6. Plant die Landesregierung, derzeit bestehende Förderungen für dezentrale Projekte, Institutionen und Strukturen wie den Ernährungsrat Oldenburg, den Verein Gelbe Tomaten e. V. etc. auslaufen zu lassen oder zu beenden, fortzusetzen oder auszubauen, wenn Mittel für das Hauswirtschaftszentrum benötigt werden? Die in der Antwort zu Frage 2 genannten Haushaltsmittel für das Zentrum für Ernährung und Hauswirtschaft werden bei einer neu ausgebrachten Haushaltsstelle im Einzelplan 09 zusätzlich zu den bestehenden Mitteln für Projekte und Strukturen im Bereich der „ernährungsbezogenen Verbraucherbildung “ des ML veranschlagt. Der Verein „Gelbe Tomaten e. V.“ erhält keine Projektförderung des ML. Das Pilotprojekt „Ernährungsrat Oldenburg“ hat eine Laufzeit vom 08.09.2017 bis 30.09.2018. Der Verwendungsnachweis muss sechs Monate nach Projektende vom Zuwendungsempfänger vorgelegt werden und wird dann geprüft. (Verteilt am 12.10.2018) Drucksache 18/1804 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Miriam Staudte (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Aufbau eines Zentrums für Hauswirtschaft: Bleiben die dezentralen Strukturen für Ernährungsbildung auf der Strecke?