Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1859 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung Welche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt verursacht der geplante Sandabbau in Vierhöfen im Landkreis Harburg? Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Imke Byl (GRÜNE), eingegangen am 14.09.2018 - Drs. 18/1647 an die Staatskanzlei übersandt am 19.09.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 15.10.2018 Vorbemerkung der Abgeordneten Die Firma Manzke hat südöstlich von Vierhöfen im Landkreis Harburg den Abbau von Sand und Kies im Trocken- und später im Nassabbau auf einer Fläche von rund 28 ha beantragt. Es handelt sich dabei um den dritten Antrag auf Rohstoffabbau, der für diese Fläche gestellt wird. Die Fläche ist im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises Harburg als Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung festgelegt. Dem entsprechenden Fachbeitrag im RROP zufolge ist der Rohstoffabbau mit Auswirkungen verbunden: „Die SUP für dieses Gebiet hat ergeben, dass mit erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzgüter Mensch/Gesundheit, Natur, Landschaft, Boden, Wasser/Hydrogeologie und Kultur- und Sachgüter zu rechnen ist. In die landesplanerische Abwägung eingestellt wurden die bestehenden Bedenken zum Eingriff in das Landschaftsbild, die zusätzlichen Verkehrsbelastungen für die Ortschaft Vierhöfen sowie befürchtete Grundwasserabsenkungen und dadurch verursachte Schädigungen des Einemhofer Forstes.“1 Vorbemerkung der Landesregierung Südlich Vierhöfen ist im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises Harburg ein Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung und im Flächennutzungsplan der Samtgemeinde Salzhausen eine Vorrangfläche für Abgrabungen (Kies und Sand) dargestellt. Für eine Teilfläche davon wurden von der Firma Manzke Besitz GmbH & Co. KG aus Lüneburg zuletzt im September 2017 Antragsunterlagen für eine wasserrechtliche Planfeststellung zur Gewinnung von Kies und Sand vorgelegt. Die Gesamtfläche des beantragten Bodenabbaugebiets beträgt ca. 27,9 ha. Das tatsächliche Abbaugebiet soll eine Fläche von rund 21 ha umfassen. Nach dem Nassabbau wird nach derzeitigem Planungsstand eine etwa 14,6 ha große Teichfläche zurückbleiben. Für das Vorhaben wurde erstmals im Jahr 2006 ein Planfeststellungsverfahren nach §§ 67 ff. des Wasserhaushaltsgesetzes beantragt. Bis zum Jahr 2010 stand die Bewältigung der hydrogeologischen Sachthemen im Fokus. Anfang 2011 wurden umfassende Änderungen der Planung und Aktualisierungen der Berechnungen zu den Auswirkungen des geplanten Bodenabbaus vorgelegt. Im Laufe der weiteren Bearbeitung wurde festgelegt, dass aufgrund der Entwicklungen im Wasserund Naturschutzrecht und der bis dahin durchgeführten Änderungen und Aktualisierungen einzelner Planunterlagen eine Wiederholung des Anhörungsverfahrens erforderlich ist. 1 RROP 2007, Fachbeitrag Rohstoffgewinnung, S. 41 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1859 2 Nach Vorlage umfassend überarbeiteter Antragsunterlagen durch die Antragstellerin wurde Mitte 2012 ein erneutes Anhörungsverfahren durchgeführt. Das Anhörungsverfahren wurde im Jahr 2014 mit der Feststellung des Landkreises beendet, dass die gesamten Planungsunterlagen zu überarbeiten sind. Sodann wären die Planungsunterlagen erneut öffentlich auszulegen. Im September 2017 wurden von der Vorhabenträgerin die aktuellen Antragsunterlagen vorgelegt. Zu dem aktuellen Antrag liegen erste Einschätzungen und Hinweise u. a. der Gemeinde Vierhöfen, einiger Fachbehörden und einiger Naturschutzverbände vor, die derzeit von der Vorhabenträgerin ausgewertet und dazu genutzt werden, die Antragsunterlagen zu ergänzen. Sobald die Antragsunterlagen vollständig und prüffähig vorliegen, werden sie öffentlich ausgelegt. Mit dem Antrag auf wasserrechtliche Planfeststellung wird ein Verfahren in Gang gesetzt, welches dem Landkreis Harburg als Zulassungsbehörde eine möglichst zuverlässige Basis für die Entscheidung liefern soll. Dazu ist es erforderlich, die Ergebnisse der Prüfungen durch die Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange, die Stellungnahmen der Naturschutzvereinigungen und die Einwände und sonstigen Hinweise der betroffenen Öffentlichkeit abzuwarten. 1. Plant die Landesregierung aufgrund des oben genannten Fachbeitrags zum Regionalen Raumordnungsprogramm, das Vorranggebiet Nr. 45.3 südöstlich von Vierhöfen aus dem Landes-Raumordnungsprogramm zu nehmen? Die Streichung eines Vorranggebiets Rohstoffgewinnung erfordert ein förmliches Verfahren zur Änderung des Landes-Raumordnungsprogramms (LROP). Eine jüngst erfolgte grundsätzliche Überprüfung der Festlegungen des LROP im Bereich Rohstoffsicherung und Rohstoffgewinnung hat aus raumordnerischer Sicht keinen dringenden landesweiten Überarbeitungsbedarf für die Rohstoffart Sand aufgezeigt, sodass die Einleitung eines LROP-Änderungsverfahrens für diesen Rohstoffbereich kurzfristig nicht geplant ist. 2. Sieht die Landesregierung eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung, da das geplante Abbaugebiet an ein Vorsorgegebiet für Trinkwassergewinnung grenzt? Im Grundwasserzustrom des geplanten Bodenabbaus liegen im Abstand von ca. 1 800 m die Förderbrunnen des Wasserwerks Westergellersen. Die Auswirkungen der Maßnahme auf das Grundwasser werden im laufenden Planfeststellungsverfahren geprüft. Dabei wird der Landkreis Harburg vom Gewässerkundlichen Landesdienst beraten. Der Wasserbeschaffungsverband Lüneburg Süd als Betreiber des Wasserwerks wurde und wird stets beteiligt. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Verkehrsbelastungen, die im Falle eines Sandund Kiesabbaus vor Ort entstehen? Die Beurteilung der Verkehrsbelastungen ist Gegenstand des laufenden Planfeststellungsverfahrens . 4. Welche Auswirkungen hat der geplante Abbau auf schützenswerte Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensräume? Die Prüfung möglicher Auswirkungen des Vorhabens auf schützenswerte Tier- und Pflanzenarten ist Gegenstand des laufenden Planfeststellungsverfahrens. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1859 3 5. Welche Erfassungen von schützenswerten Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensräumen liegen für dieses Gebiet vor? Im Rahmen der Erarbeitung der Antragsunterlagen für den geplanten Bodenabbau hat die Vorhabenträgerin biologische Kartierungen zu Biotoptypen, Pflanzen, bestimmten Arthropoden-Gruppen, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Fledermäusen durch ein Gutachterbüro vornehmen lassen. Gegebenenfalls vorliegende weitere Erkenntnisse können durch die Träger öffentlicher Belange, die betroffene Öffentlichkeit und Naturschutzvereinigungen im Planfeststellungsverfahren eingebracht werden. 6. Sieht die Landesregierung den Artenschutz durch die vorgesehene Rodung von Bäumen als gefährdet an? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 7. Welche Auswirkungen hatte der bisherige Bodenabbau bei Vierhöfen auf den Grundwasserspiegel in der Umgebung? Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 8. Welche Auswirkungen auf das Grundwasser sind durch den beantragten Bodenabbau im Bereich der Endmoränen auf der Grenze zwischen Geest und Marsch zu erwarten? Die Prüfung der Auswirkungen ist Gegenstand des laufenden Planfeststellungsverfahrens. 9. Welche Auswirkungen auf das Grundwasser sind zu erwarten, sollte die gesamte Vorrangfläche für Rohstoffgewinnung (110 ha) abgebaut werden? Die gesamte Vorrangfläche ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Eine Einschätzung der Auswirkungen ist deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich. 10. An wie vielen Messstellen wird der Grundwasserspiegel in der Umgebung des Abbaugebiets überwacht und in welchen zeitlichen Abständen? Das mit Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 1989 zugelassene Abbauvorhaben ist abgeschlossen . Eine Nachsorge im Sinne der Fortführung eines Beweissicherungskonzepts findet nicht statt. Für das neu geplante Abbauvorhaben ist vorgesehen, ein Beweissicherungsprogramm einzurichten . Art und Umfang des Untersuchungsprogramms werden in dem laufenden Planfeststellungsverfahren konkretisiert. 11. Sieht die Landesregierung einen Zusammenhang zwischen dem Sandabbau und dem Eindringen von Wasser in Keller von Gebäuden in dem Zeitraum 2000 bis 2008? Die Auswirkungen des bisherigen Bodenabbaus auf den Grundwasserspiegel und die damit in Zusammenhang gebrachten Kellervernässungen sind vom Landkreis Harburg intensiv behandelt worden . Im Jahr 2011 beauftragte der Landkreis Harburg Untersuchungen zur Feststellung des Bodenaufbaus sowie der Grundwasserverhältnisse. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass die temporär auftretenden Vernässungen in den Kellern der Ortslage Vierhöfen in keinem direkten Zusammenhang mit dem vorhandenen Kiesabbaugewässer stehen. Im Anschluss an diese Untersuchungen, bei denen auch von Vernässungen betroffene Gebäude begutachtet wurden, wurde ein Grundwassermonitoring unter Einsatz von automatisch registrierenden Wasserstandssonden mit dem Ziel eingerichtet, verlässliche Langzeitdaten zu gewinnen. Dazu wurde ein Untersuchungskonzept mit der Gemeinde Vierhöfen und der örtlichen Bürgerinitiative Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/1859 4 abgestimmt. Es wurde darüber hinaus vereinbart, dass der Landkreis umgehend über auftretende Kellervernässungen informiert wird. In dem gesamten Überwachungszeitraum von Dezember 2013 bis Dezember 2016 wurden keine Kellervernässungen gemeldet. Bei den ermittelten maximalen Grundwasserständen kam es zu keinen Kellervernässungen. Nach Einschätzung des vom Landkreis beauftragten Gutachters ist jedoch nicht auszuschließen, dass es bei langanhaltenden Starkregenereignissen wieder zum Eindringen von Wasser in Keller kommen kann, dies ist jedoch keine Besonderheit, die ausschließlich auf das Untersuchungsgebiet zutrifft. Das bestehende Abbaugewässer ist für die Kellervernässungen nicht ursächlich. Sämtliche Untersuchungsergebnisse wurden der Gemeinde Vierhöfen und der örtlichen Bürgerinitiative vorgestellt und übergeben. 12. Aus welchen Gründen wurden die beiden vorangegangenen Genehmigungsverfahren für einen Bodenabbau (seit 2006) dieser Fläche eingestellt? Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen. 13. Besteht durch die Festlegung als Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung ein Genehmigungsanspruch für den Sandabbau? Nein. (Verteilt am 17.10.2018) Drucksache 18/1859 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Welche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt verursacht der geplante Sandabbau in Vier-höfen im Landkreis Harburg?