Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/189 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Gehen die niedersächsischen Kommunen einheitlich bei möglichen Stilllegungen von vom Dieselbetrug betroffenen Kraftfahrzeugen vor? Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP), eingegangen am 18.12.2017 - Drs. 18/89 an die Staatskanzlei übersandt am 20.12.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 19.01.2018, gezeichnet Dr. Bernd Althusmann Vorbemerkung des Abgeordneten „Zulassungsbehörden stellen Dieselautos kalt“ war am 14. Dezember 2017 auf NDR-Online zu lesen . Der NDR berichtete in mehreren Beiträgen über das unterschiedliche Vorgehen der Kommunen bei der Umsetzung von Verfügungen, die sich auf Kraftfahrzeuge erstrecken, die sich bisher einer erforderlichen Umrüstung nicht unterzogen haben. Wörtlich heißt es in dem Beitrag: „Denn das Kraftfahrtbundesamt legt den Landkreisen nach Paragraf 5 der Fahrzeugzulassungsverordnung zwar nahe, nicht umgerüstete Diesel aus dem Verkehr zu ziehen. Es überlässt den Kommunen aber die endgültige Entscheidung. Die Kommunen in Niedersachsen handhaben den Umgang mit Umrüst-Verweigerern deshalb sehr unterschiedlich“ (http://www.ndr.de/nachrichten/nieder sachsen/Zulassungsstellen-stellen-Dieselautos-kalt,diesel204.html). Der NDR hat diesbezüglich Anfragen an 45 Kommunen in Niedersachsen gestellt. Weiter heißt es, dass bundesweit 200 000 Fahrzeuge betroffen sein können. Der Deutschlandfunk (15. Dezember 2017) hat hierzu Folgendes veröffentlicht: „Nach der Aufdeckung des Dieselbetrugs hatte das Kraftfahrt-Bundesamt angeordnet , 2,4 Millionen Wagen mit einer neuen Software auszurüsten. Nach VW-Angaben ist dies inzwischen bei rund zwei Millionen deutschen Autos geschehen. Das sind 90 % der betroffenen Fahrzeuge “ (http://www.deutschlandfunk.de/zulassungsbehoerden-erste--nicht-umgeruestete-vw-die sel.1939.de. html?drn:news_id=827560). Vorbemerkung der Landesregierung Die Bestimmungen der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) werden im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung von den Ländern in eigener Zuständigkeit ausgeführt. In Niedersachsen sind hierfür die Landkreise und kreisfreien Städte sowie die Region Hannover zuständig (Zulassungsbehörden ). Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ist insofern gegenüber den niedersächsischen Zulassungsbehörden nicht weisungsbefugt. Die Fachaufsicht erfolgt ausschließlich durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (MW) als zuständiges Verkehrsressort. Nach § 5 FZV kann der Betrieb eines Fahrzeugs untersagt werden, wenn es sich als nicht vorschriftsmäßig nach dieser Verordnung oder der Straßenverkehrs-Zulassungs-Verordnung (StVZO) erweist. Diese Bestimmungen haben vorrangig der Verkehrssicherheit sowie dem Schutz der Umwelt und Allgemeinheit (z. B. vor schädlichen Emissionen) zu dienen und stellen kein Instrument zur Wahrung von Belangen des Verbraucherschutzes dar. Diese können gegebenenfalls im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit durchgesetzt werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/189 2 Seitens des KBA wurde festgestellt, dass in verschiedenen Fahrzeugmodellen unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut sind. Diese Fahrzeuge entsprechen dadurch nicht dem in § 47 StVZO aus Emissionsschutzgründen normierten Abgasverhalten. Dem Hersteller als Inhaber der für diese Fahrzeuge erteilten EG-Typgenehmigung wurde durch das KBA unter Mitteilung der Halterdaten auferlegt, die Fahrzeuge entsprechend der zugrunde liegenden EG-Typgenehmigung nachzurüsten. Die Halter der Fahrzeuge wurden vom Hersteller über den Sachverhalt informiert und gebeten, mit ihren Fahrzeugen an der Rückrufaktion teilzunehmen. Nicht alle betroffenen Fahrzeughalter sind dieser Bitte nachgekommen. Zur Beseitigung dieses rechtswidrigen Zustandes hat sich der für das Kfz-Zulassungsrecht zuständige Bund-Länder-Fachausschuss (BLFA-FZ) einvernehmlich für folgendes Verfahren ausgesprochen : 1. Stufe: Das KBA schreibt die betroffenen Halter ca. ein Jahr nach der jeweiligen Übergabe der Halterdaten an den Hersteller (entspricht der Freigabe zur Umrüstung) mit dem Hinweis an, dass – das KBA den jeweiligen Hersteller aufgefordert hat, die betroffenen Fahrzeuge umzurüsten, – das Fahrzeug des Adressaten betroffen ist, – die Umsetzung der Mitwirkung des Halters bedarf, – sich das Fahrzeug bei Nichtteilnahme als unvorschriftsmäßig erweist, die Unvorschriftsmäßigkeit in der Hauptuntersuchung beanstandet werden kann, – das KBA die Zulassungsbehörden zu einem bestimmten, im Schreiben konkret benannten Termin (19 Monate nach Übergabe der Halterdaten an den Hersteller) auf die Nichtteilnahme hinweisen kann, sodass von dort kostenpflichtige Maßnahmen nach § 5 FZV ergriffen werden können . 2. Stufe: Nach Ablauf von 19 Monaten nach Übersendung der Halterdaten an den Hersteller gibt das KBA eine Information an die jeweils zuständige Zulassungsbehörde, welche Fahrzeuge nicht umgerüstet worden sind. 3. Stufe: Die Zulassungsbehörde schreibt den jeweiligen Halter an mit dem Hinweis, dass nach dort vorliegenden Informationen eine Umrüstung des Fahrzeugs nicht innerhalb der gebotenen Frist erfolgt ist, verbunden mit der Aufforderung, diese Umrüstung innerhalb von vier Wochen nachholen zu lassen, da ansonsten aufgrund des erheblichen Mangels für das Fahrzeug eine Betriebsuntersagung erfolgen kann. Die niedersächsischen Zulassungsbehörden wurden durch das MW mit Erlass vom 04.08.2017 entsprechend der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Verfahrensweise (Stufe 3) gebeten, die notwendigen Maßnahmen unter Berücksichtigung der im Rahmen des Ermessens vorzunehmenden Interessenabwägung zu ergreifen. Ob und gegebenenfalls welche Maßnahme angeordnet werden, haben die Zulassungsbehörden nach pflichtgemäßen Ermessen im Einzelfall zu entscheiden . Die in § 5 FZV auf Rechtsfolgenseite vorgesehene Ermessensausübung überlässt MW den Zulassungsbehörden und greift aufgrund der Komplexität der Einzelfälle nicht durch konkrete Anweisungen in den Verwaltungsvollzug ein. Die Vorgehensweise der niedersächsischen Zulassungsbehörden erfolgt im Wesentlichen entsprechend der vorgenannten Verfahrensweise. Im Ergebnis wurden bis auf eine Ausnahme (noch unbearbeitet ) alle der in Niedersachsen betroffenen Fahrzeughalter (41) unter Fristsetzung zur Nachrüstung aufgefordert. Diese Frist ist noch nicht in jedem Fall abgelaufen, dennoch wurden bereits in 21 Fällen (davon drei nach erfolgter Betriebsuntersagungsverfügung) die Fahrzeuge nachgerüstet, in zwei Fällen wurde gegen die Betriebsuntersagungsverfügung Klage erhoben. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/189 3 Eine zwangsweise Außerbetriebsetzung durch die Zulassungsbehörde ist bisher in keinem Fall erfolgt . 1. Wie viele der ca. 10 % betroffenen Kraftfahrzeuge mit fehlender neuer Software sind in Niedersachsen zugelassen? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu den genauen Zahlen können noch keine Angaben gemacht werden, da noch nicht für alle betroffenen Fahrzeugmodelle die Frist der in der Vorbemerkung beschriebenen 2. Stufe abgelaufen ist. 2. Welche Kraftfahrzeugmodelle und -typen und Motoren sind von diesen Maßnahmen betroffen ? Bisher sind die Kraftfahrzeugmodelle „VW Amarok“ (Anzahl: 15) sowie „Audi A4 Avant“ (Anzahl: 26), die mit Motoren des Typs „EA 189“ ausgerüstet sind, von diesen Maßnahmen betroffen. 3. Ist der Landesregierung bekannt, ob es unterschiedliche Vorgehensweisen bei den Kommunen im Umgang mit den betroffenen Kraftfahrzeugen mit fehlender neuer Software gibt? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 4. Wie beurteilt die Landesregierung als oberste Verkehrsbehörde das unterschiedliche Vorgehen der Zulassungsstellen beim Umgang mit „überfälligen Dieseln“ (http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Das-plant-Ihr-Landkreis-mit-nichtumgeruesteten -Dieseln,diesel208.html)? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 5. Welche unterschiedlichen Vorgehensweisen der Zulassungsstellen in Niedersachsen beim Umgang mit „überfälligen Dieseln“ sind der Landesregierung bekannt? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 6. Was hat die Landesregierung seit Bekanntwerden dieser unterschiedlichen Vorgehensweisen bei den Kommunen im Umgang mit den betroffenen Kraftfahrzeugen mit fehlender neuer Software unternommen? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 7. Ist es im Sinne der Landesregierung, dass betroffene Kfz-Halter unterschiedlich von den Zulassungsbehörden in Niedersachsen behandelt werden? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 8. Zieht die Landesregierung gegebenenfalls in Erwägung, die unterschiedlichen Vorgehensweisen bei den Kommunen im Umgang mit den betroffenen Kraftfahrzeugen mit fehlender neuer Software zu harmonisieren? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/189 4 9. Wenn nicht, kann es dann sein, dass vom Dieselbetrug betroffene Kraftfahrzeuge mit fehlender neuer Software von Kommune zu Kommune unterschiedlich behandelt werden ? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 10. Plant die Landesregierung einen entsprechenden Erlass an die Zulassungsbehörden und, wenn ja, welche Regelungen sollen darin getroffen werden? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 11. Welche Erleichterungen für die Halter der betroffenen Kraftfahrzeuge könnte die Landesregierung durch eigene Regelungen erwirken? Keine. 12. Ist es nach Ansicht der Landesregierung möglich, dass im Einzelfall „vielleicht aus gewichtigen Grund kein Update durchgeführt“ (Süddeutsche Zeitung, 15. Dezember 2017) wurde? Nein, es wird auf die Vorbemerkung verwiesen, wonach insbesondere Belange des Verbraucherschutzes im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit durchzusetzen sind. In diesem Zusammenhang hat z. B. das Landgericht Frankfurt (Urteil vom 23.11.2017, Az.: 2-3 O 104/17) festgestellt, dass mögliche Schadensersatzansprüche nicht durch bereits vorgenommene Softwareupdates (Nachrüstung) verwirkt werden. 13. Welche gewichtigen Gründe könnten ein Softwareupdate verhindern? Es wird auf die Vorbemerkung sowie die Beantwortung der Frage 12 verwiesen. 14. Wie bewertet die Landesregierung solche begründeten Einzelfälle? Es wird auf die Vorbemerkung sowie die Beantwortung der Frage 12 verwiesen. 15. Vor dem Hintergrund, dass der Landkreis Northeim „Argumente des Halters gegen eine Außerbetriebnahme … mit dem Verkehrsministerium“ (http://www.ndr.de/nachrichten/nie dersachsen/Das-plant-Ihr-Landkreis-mit-nicht-umgeruesteten-Dieseln,diesel208.html) besprechen würde: Haben sich Kommunen in dieser Angelegenheit bereits an das Verkehrsministerium gewandt? Nein. 16. Wenn ja, wann und welche? Entfällt. 17. Hält die Landesregierung ein konsequentes Vorgehen der Zulassungsstellen in Sachen „überfälliger Diesel“ aus Umweltschutzgründen für angemessen? Ja. Auch bei Einhaltung der Immissionsgrenzwerte sind die zuständigen Behörden gehalten, gemäß § 26 der 39. BImSchV zwecks Erhalt der bestmöglichen Luftqualität die jeweiligen Werte dieser Schadstoffe unterhalb der Grenzwerte zu halten. Vor diesem Hintergrund ist auch ein konse- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/189 5 quentes Vorgehen der Zulassungsbehörden in den Fällen, in denen die Stickoxid-Emissionen nicht der den Fahrzeugen zugrunde liegenden EG-Typgenehmigung entsprechen, zur weiteren Reduzierung der NO2-Belastung erforderlich. 18. Hält die Landesregierung ein behutsames behördliches Vorgehen der Zulassungsstellen in Sachen „überfälliger Diesel“ aus Verbraucherschutzgründen für angemessen? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 19. Wie gedenkt die Landesregierung, berechtigte Umwelt- und Verbraucherschutzgründe zu harmonisieren? Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. (Verteilt am 22.01.2018) Drucksache 18/189 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jörg Bode (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Gehen die niedersächsischen Kommunen einheitlich bei möglichen Stilllegungen von vom Dieselbetrug betroffenen Kraftfahrzeugen vor?