Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/191 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Imke Byl (Bündnis 90/Die Grünen) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Spätschäden der Erdgasförderung: Was weiß die Landesregierung über Methan-Leckagen an alten Bohrlöchern? Anfrage der Abgeordneten Imke Byl (Bündnis 90/Die Grünen), eingegangen am 20.12.2017 - Drs. 18/109 an die Staatskanzlei übersandt am 22.12.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 20.01.2018, gezeichnet Dr. Bernd Althusmann Vorbemerkung der Abgeordneten Laut einer Studie des Geomar-Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung strömen aus Bohrlöchern in der Nordsee große Mengen Methan an die Oberfläche, so ein Bericht des NDR vom 7. Dezember 2017. Methan ist ein klimaschädliches Treibhausgas mit einer klimaschädlicheren Wirkung als das das viel zitierte CO2. „Jedes dritte der rund 20 000 Bohrlöcher in der gesamten Nordsee stehe unter Verdacht,“ wird der Geowissenschaftler Prof. Dr. Klaus Wallmann zitiert. Betroffen sei auch die deutsche Küste mit Hunderten ehemaliger Öl- und Gasbohrungen. Der NDR berichtet weiter: „Das niedersächsische Landesbergamt (LBEG) teilte auf Nachfrage des NDR mit, dass es von der Problematik nichts wisse. Die Erforschung der alten Bohrlöcher stehe noch ganz am Anfang. Nach Einschätzung der Helmholtz-Forscher könnte es an Land sogar noch schlimmer aussehen. Auch hier gebe es Tausende alte Bohrlöcher, die vermutlich Methan ausstoßen . ‚Es ist tatsächlich etwas, was man vermeiden könnte‘, sagt Wallmann. ‚Man könnte zum Beispiel strengere Auflagen für das Zementieren der Bohrlöcher machen, damit Leckagen verhindert werden.‘“ (https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Methangas-stroemt-aus-Bohrloe chern-in-der-Nordsee,methan100.html). Das Methan stamme aus flachen Gastaschen, die weniger als 1 000 m unter dem Meeresboden liegen. Bei Bohrungen zu tiefer liegenden, wirtschaftlich interessanten Lagerstätten werden diese durchstoßen (https://www.geomar.de/news/article/oel-und-gasbohrungen-als-starke-quelle-vontreibhausgasen /). Vorbemerkung der Landesregierung Neben Kohlendioxid ist Methan eines der bedeutendsten Klimagase, welches substanziell zum anthropogen Klimawandel beiträgt. So beliefen sich die Methanemissionen in Deutschland im Jahr 1990 auf einen Anteil von 9,6 % an den gesamten Treibhausgasemissionen in Kohlendioxid-Äquivalenten . Dieser Wert ist seither gesunken und liegt seit 2006 zwischen 6,2 und 6,6 %. In absoluten Zahlen sanken die Emissionen zwischen 1990 und 2011 jedes Jahr und liegen derzeit stabil bei etwa 2,2 Millionen t. Vor allem durch den Rückgang von zu deponierenden Abfallmengen und durch eine sinkende Kohleförderung wurden in diesem Zeitraum rund 2 Millionen t an Methan- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/191 2 emissionen vermieden. Nach Angaben des Umweltbundesamtes stellt aktuell die Landwirtschaft mit über 57 % die größte anthropogene Emissionsquelle für Methan in Deutschland dar. Vergleichsweise geringe Methanemissionen entstehen bei der Förderung, dem Transport und der Weiterverarbeitung von Erdöl und Erdgas. Insbesondere undichte Rohrleitungen oder Kompressoren sowie Reinigungs- und Wartungsarbeiten sind potenzielle Quellen entlang der Lieferkette, die eine atmosphärische Freisetzung von Methan ermöglichen. Auch wird beim bestimmungsgemäßen Erdöl- und Erdgasförderbetrieb heutzutage kein Methan mehr freigesetzt, da hier ausschließlich geschlossene Förder- und Anlagensysteme zum Einsatz kommen. Noch im Jahr 2000 betrugen nach Angaben des Wirtschaftsverbandes Erdöl- und Erdgasgewinnung e. V. (heute: Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e. V. [BVEG]) die Methanemissionen in etwa 8 000 t pro Jahr. Durch die kontinuierliche Verbesserung der Anlagensicherheit und die Optimierung von Betriebsabläufen wurden diese unnötigen Methanverluste jedoch deutlich reduziert und liegen aktuell bei ca. 1 000 t (2016). Gemessen am aktuellen bundesdeutschen Aufkommen entspricht diese Menge rund 0,045 %. Bezugnehmend auf die o. g. Studie des Geomar-Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung ist zunächst klarzustellen, dass die zitierte Berichterstattung des NDR zur Bohrungsanzahl in der Nordsee nicht nachvollzogen werden kann. Entsprechend einer Pressemitteilung des Geomars vom 28.08.2017 wird bei einem Drittel der mehr als 11 000 Bohrungen (und nicht „20 000 Bohrlöchern“) in der Nordsee davon ausgegangenen, dass beim Niederbringen der Bohrungen sogenannte „Shallow -Gas-Vorkommen“ durchbohrt wurden. Diese Horizonte liegen in einer geringen Tiefe und können biogenes Methan führen, welches durch den anaeroben Abbau von tertiären Braunkohlevorkommen gebildet wird. Zur klimawirksamen Bedeutung der in der Studie hochgerechneten Methanemissionen ist anzumerken , dass unter Hinzuziehung des angenommenen Höchstwertes von 17 000 t ein Kohlendioxid -Äquivalent von 425 000 t pro Jahr letztlich zu beurteilen ist. Gemessen am bundesdeutschen Gesamtausstoß an Kohlendioxid (2016: 906 Millionen t) entspricht dieser Wert einem Anteil von lediglich 0,047 %. Dieser Anteil verringert sich noch weiter, da die Wissenschaftler der Studie davon ausgehen, dass nur 42 % des emittierten Methans die Atmosphäre erreichen. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Klimawirkung von Methan? Die anthropogen, also durch Aktivitäten von Menschen verursachten Treibhausgasemissionen sind maßgeblich verantwortlich für die überdurchschnittlich rasche Erwärmung der Erdatmosphäre (Treibhauseffekt) sowie den damit verbundenen bisherigen und zukünftigen Anstieg des Meeresspiegels . Hinzu kommen die Erwärmung und Versauerung der Ozeane, eine Veränderung der globalen und regionalen Niederschläge sowie eine Zunahme extremer Wetterereignisse. Diese Klimaveränderungen haben weitreichende und nachhaltige Auswirkungen auf die Ökosysteme sowie damit verbunden erhebliche wirtschaftliche und soziale Folgen. Vor diesem Hintergrund lautet das nationale wie internationale Ziel, die globale Erwärmung langfristig auf unter 2° C, möglichst 1,5° C, verglichen mit vorindustriellen Werten, zu begrenzen. Nach Angaben des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC - Weltklimarat) verfügt Methan über ein Treibhauspotenzial, das etwa 25-mal größer als das von Kohlendioxid ist. Abschätzungen des IPCC zufolge hat Methan heute einen Anteil von ungefähr einem Sechstel an den globalen , durch den Menschen hervorgerufenen Treibhausgasemissionen. Damit besitzt Methan eine hohe Klimawirksamkeit und macht einen substanziellen Anteil des menschgemachten Treibhauseffektes aus. Gleichwohl trägt Kohlendioxid seit Beginn der Industrialisierung deutlich stärker zum Anstieg des globalen Treibhauseffektes bei, etwa doppelt so stark wie Methan. Zudem hat sich der Anstieg der Methankonzentration in der Atmosphäre seit Mitte der 1990-er Jahre deutlich verlangsamt, während der von Kohlendioxid sich weiter beschleunigt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/191 3 2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Methan-Leckagen an Bohrlöchern an Land und im Meer? Im Rahmen eines vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) initiierten Verbundvorhabens zwischen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und dem LBEG, in enger Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küstenund Naturschutz (NLWKN), werden geogene Hintergrundwerte für Methan im Grundwasser von Niedersachsen ermittelt. Die flächendeckende Probenahme an rund 1 600 Grundwasser-Messstellen erfolgte in den Jahren 2014 bis 2016 im Rahmen regulärer Messprogramme durch das NLWKN. Die Konzentrationen von Methan, Ethan und Propan wurden bestimmt sowie Gas-Isotopenanalysen durchgeführt. Gegenstand des Projektes war es, Kenntnisse über die räumliche Verteilung und die Herkunft des Methans im Grundwasser zu erlangen. Erste Ergebnisse zeigen, dass hohe Methankonzentrationen insbesondere in den Marschen, Niederungen und Küstenregionen mit hohem Anteil organischer Substanz in den Sedimenten und großflächig verbreiteten Mooren auftreten. Ein Zusammenhang von erhöhten Konzentrationen an gelösten Gasen im oberflächennahen Grundwasser und tiefliegenden Erdgaslagerstätten konnte dagegen bisher nicht nachgewiesen werden. Die Ergebnisse dieses Untersuchungsprogramms werden derzeit in einem Geo– bericht zusammengestellt und im ersten Halbjahr 2018 veröffentlicht. Die Untersuchungen werden an weiteren Grundwasser-Messstellen kontinuierlich fortgesetzt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 3. Wie viel Methan entweicht jährlich aus Bohrlöchern in Niedersachsen? Laut statistischem Jahresbericht des BVEG wurden im Jahr 2016 bundesweit folgende Mengen an Methan bei der Erdöl- und Erdgasförderung emittiert: – Emissionen aus der Erdgasförderung: 564 t, – Emissionen aus der Schwefelgewinnung im Rahmen der Erdgasförderung: 408 t, – Emissionen aus der Erdölförderung: 48 t. Diese Methanemissionen sind hauptsächlich auf unvorhersehbare Undichtigkeiten in den Anlagensystemen sowie Reinigungs- und Wartungsarbeiten zurückzuführen und demnach keine diffusen Verluste aus Tiefbohrungen. 4. Nach Einschätzung der Landesregierung: Wie viel Methan ist bislang insgesamt aus Bohrlöchern in Niedersachsen entwichen? In Niedersachsen wird seit 1859 Erdöl über Bohrungen gefördert. Anfang des 20. Jahrhunderts kam die Erdgasförderung hinzu, wobei eine Abschätzung der Gesamtsumme der bisherigen Methanemissionen in Niedersachsen nicht möglich ist. 5. Welchen Anteil hat Methan an den niedersächsischen Treibhausgasemissionen, und aus welchen Quellen stammen die Methan-Emissionen? Die Treibhausgasemissionen der Länder ergeben sich aus den Umweltökonomischen Gesamtrechnungen der Länder (http://www.ugrdl.de/veroeffentlichungen.htm). So wurden im Jahr 2014 in Niedersachsen 373 646 t Methan (9,34 Millionen CO2-äquivalente t) freigesetzt. Gemessen am bundesdeutschen Gesamtaufkommen entspricht dies einem Anteil von 11,1 %. Methan entsteht bei der anaeroben Gärung. In Niedersachsen ist die bedeutendste Quelle von Methan die Landwirtschaft (Tierhaltung, Verwendung von Düngemitteln). Eine weitere wichtige Quelle für Methanemissionen sind Abfalldeponien und Anlagen zur Abwasser- und Klärschlammbehandlung . Daneben entstehen Emissionen bei der Energiegewinnung und -verteilung, bei der gewerblichen und privaten Verbrennung in Feuerungsanlagen sowie im Verkehrsbereich. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/191 4 6. Sieht die Landesregierung die Erdöl- und Erdgasindustrie in der Pflicht, Methan- Leckagen aus Bohrlöchern abzustellen? Sofern aus Tiefbohrungen unplanmäßig Methan austritt, ist der Verursacher in der Pflicht, diese abzustellen. Im Übrigen stellt das LBEG auf der Grundlage des Bundesberggesetzes, der Bergverordnungen und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sicher, dass die Anlagen zur Gewinnung von Erdöl und Erdgas dem jeweils aktuellen Stand der Technik entsprechen. 7. Sieht die Landesregierung die Erdöl- und Erdgasindustrie in der Pflicht, die Klimafolgen der Methan-Leckagen zu kompensieren? Nein. Zum einen ist der Anteil der Methanemissionen aus der Erdöl- und Erdgasförderung, gemessen am niedersächsischen Gesamtaufkommen, sehr gering, zum anderen können der freigesetzten Menge keine konkreten Klimafolgen zugeordnet werden. Vor diesem Hintergrund wären Kompensationsforderungen nach derzeitiger Einschätzung weder verhältnismäßig noch zu rechtfertigen. 8. Mit welchen Methoden können Methan-Leckagen an Land und auf See aufgespürt werden ? Um Methan-Leckagen aufzuspüren, gibt es im Wesentlichen folgende Möglichkeiten: – analytische Untersuchung des Grundwassers (an Land), – sensorische Bodenluft-Untersuchungen (an Land), – hubschrauber-/flugzeuggestützte Messungen (z. B. LIDAR-Messverfahren [Light Detection and Ranging]). 9. Werden diese Methoden in Niedersachsen angewandt, und wenn ja, von wem und in welchem Umfang? Die Untersuchung des Grundwassers wird vom LBEG im Rahmen seiner Arbeiten als Geologischer Dienst standardmäßig durchgeführt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 10. Mit welchen Methoden und durch wen wird nach dem Verschluss von Bohrlöchern geprüft , ob Methan und mögliche weitere Stoffe entweichen? Die mehrere 1 000 Meter tiefen Bohrungen werden im Lagerstättenbereich mit einer Druckzementation fest verschlossen, sodass bei ordnungsgemäßer Durchführung kein Gas aus der Lagerstätte austreten kann. Der Erfolg dieser Abdichtung ist dabei nachzuweisen, sofern eine geöffnete Lagerstätte abgedichtet und keine mechanische Abdichtung (Packer) verwendet wird. Dieser Nachweis kann z. B. durch Druckprobe, Zuflusstest oder Gewichtsprobe erfolgen. Die Förderbohrung wird anschließend mit mehreren Zementbrücken und Verfüllabschnitten bis zutage vollständig verfüllt. Nach Verfüllung der Bohrung findet keine dauerhafte Überwachung mehr statt. 11. Inwiefern sieht die Landesregierung Forschungsbedarf zu Methan-Emissionen aus Bohrlöchern an Land und auf See? Vor dem Hintergrund der aktuellen Erkenntnisse sieht die Landesregierung derzeit keinen Forschungsbedarf zu unplanmäßigen Methan-Emissionen an Bohrungen. Gleichwohl wird die Landesregierung in Abhängigkeit der Untersuchungen des LBEG (siehe Antwort zur Frage 2) prüfen, ob sich neue Hinweise ergeben, die einen Zusammenhang zwischen den Förderaktivitäten und den Methankonzentrationen im Grundwasser vermuten lassen. In diesem Fall wären weitere Untersuchungen erforderlich. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/191 5 12. Durch welche Rechtsgrundlage werden die Sicherheitsanforderungen an die Bohrlochintegrität und den Verschluss von Bohrlöchern geregelt? Die gesetzlichen Anforderungen zur Integrität und Verfüllung von Tiefbohrungen ergeben sich im Wesentlichen aus dem Bundesberggesetz (BBergG) und nachgeschalteten Bergverordnungen (u. a. Tiefbohrverordnung (BVOT), Offshore-Bergverordnung). Zur Integrität von Tiefbohrungen fordert das BBergG, dass der Schutz der Oberfläche gewährleistet ist und keine gemeinschädlichen Einwirkungen zu erwarten sind. Demzufolge sind die Verrohrungen durch Zementation im Gebirge zuverlässig zu verankern. Die Länge der Zementationsstrecken ist dabei so zu bemessen, dass nicht genutzte Erdöl- oder Erdgasträger bzw. gas- oder flüssigkeitsführende Gebirgsschichten entlang des Bohrpfades abgedichtet werden (§ 19 Abs. 8 i. V. m. Abs. 5 BVOT). Die Lage der Zementationsstrecken ist durch Messung zu ermitteln. Ein Misslingen der Zementation ist dem LBEG anzuzeigen. Im Hinblick auf die Verfüllung von Tiefbohrungen verlangt das BBergG, dass die vom Bergbau in Anspruch genommene Oberfläche wieder nutzbar zu machen ist. Dies bedeutet, dass Tiefbohrungen so verfüllt werden müssen, dass Einbrüche an der Tagesoberfläche vermieden werden und die spätere Nutzung des Untergrundes zur Gewinnung von Bodenschätzen und Wasser oder zur Untergrundspeicherung nicht beeinträchtigt wird (§ 11 Abs. 1 BVOT). Entsprechend der Verfüll-Richtlinie des LBEG ist die Verfüllung einer Bohrung dabei so auszuführen, dass „nach aller Erfahrung ein flüssigkeits- und gasdichter Abschluss erreicht wird“. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 13. Welche Sicherheitsanforderungen gelten, wenn für Tiefbohrungen Gastaschen bzw. gasführende Schichten durchbohrt werden? Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen sind Tiefbohrungen, mit denen Erdöl- oder Erdgaslagerstätten erschlossen werden sollen oder andere ausbruchsgefährdete Gebirgsschichten (z. B. Shallow-Gas-Vorkommen) angebohrt werden können, durch Verrohrung zu sichern (§ 19 Abs. 1 BVOT). Weitergehende Anforderungen zur Integrität und Dichtigkeit der Verrohrung sind der Antwort zur Frage 12 zu entnehmen. Darüber hinaus muss der Bohrlochkopf einer Tiefbohrung mit Absperreinrichtungen ausgerüstet sein (sogenannte Preventer), die im Falle eines Ausbruchs den Vollabschluss des Bohrlochs und den Abschluss des Ringraums gewährleisten. Sofern mit dem Anbohren oberflächennahen Erdgases zu rechnen ist, muss der Bohrlochkopf mit einer zusätzlichen Einrichtung versehen werden, mit der das Bohrloch geschlossen und gleichzeitig gefahrlos entlastet werden kann (§ 20 Abs. 4 BVOT). Des Weiteren müssen während des Bohrens die Menge und die Beschaffenheit der umlaufenden Bohrspülung eine ausreichende Sicherung des Bohrloches gewährleisten (§ 22 Abs. 1 BVOT). Auf diese Weise ist sichergestellt, dass im Bohrloch stets überhydrostatische Verhältnisse herrschen, die ein unkontrolliertes Aufsteigen von Flüssigkeiten oder Gasen verhindern. Gleichzeitig ist das Spülungssystem mit geeigneten Messgeräten zu überwachen, um Anzeichen von Öl oder Gas frühzeitig zu detektieren (§ 22 Abs. 3 BVOT). 14. Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf, um Methan-Emissionen durch die Erdölund Erdgasförderung zu vermeiden? Im Zuge des Fracking-Regelungspaktes vom Juni/Juli 2016 und der damit verbundenen Änderungen der Allgemeinen Bundesbergverordnung hat der Bundesgesetzgeber den Erdöl- und Erdgasförderunternehmen vorsorglich aufgegeben, Maßnahmen nach dem Stand der Technik zu ergreifen , um Daten über die Freisetzung von Methan und anderen Emissionen in allen Phasen der Gewinnung sowie der Entsorgung von Lagerstättenwasser und Rückfluss zu erheben. Sobald diese Daten dem LBEG vorliegen, wird die Landesregierung prüfen und entscheiden, ob und wenn ja in Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/191 6 welchem Umfang weiterer Handlungsbedarf zur Vermeidung von unnötigen Methanverlusten besteht . 15. Wie viele aktive und aufgegebene Bohrlöcher gibt es an der niedersächsischen Küste? Der Beantwortung dieser Frage wird die Definition des internationalen Seerechtsübereinkommens zugrunde gelegt, die zwischen Festlandsockel, Küstenmeer und Onshore unterscheidet. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Anzahl von Bohrungen nach derzeitigem Kenntnisstand wie folgt differenzieren : – Küstenmeer (Niedersachsen): 35 Bohrungen (alle verfüllt), – Festlandsockel (Niedersachsen): 39 Bohrungen (alle verfüllt). Bezüglich der Anzahl von Bohrungen in Landkreisen an der niedersächsischen Küste wird auf die Antwort zur Frage 16 verwiesen. 16. Wie viele aktive und aufgegebene Bohrlöcher gibt es auf der niedersächsischen Landesfläche (bitte Zahlen je Landkreis aufführen)? Onshore, also auf dem Niedersächsischen Festland, gibt es nach dem gegenwärtigen Stand der Aktendurchsicht insgesamt 15 543 Bohrungen. Eine Unterscheidung in aktive und passive Bohrungen lässt sich aufgrund der im LBEG vorhandenen Datenlage und der zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit nicht leisten. Die genaue Aufstellung nach Landkreisen ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Landkreis Anzahl Bohrungen Ammerland 26 Aurich 57 Braunschweig 119 Celle 2 295 Cloppenburg 312 Cuxhaven 51 Delmenhorst 4 Diepholz 1 443 Emden 9 Emsland 1 713 Friesland 27 Göttingen 1 Gifhorn 1 636 Goslar 11 Grafschaft Bentheim 1 398 Hameln-Pyrmont 29 Hannover 1 276 Harburg 237 Heidekreis 457 Helmstedt 105 Hildesheim 384 Holzminden 28 Lüchow-Dannenberg 69 Lüneburg 29 Leer 41 Nienburg 908 Northeim 10 Oldenburg 187 Osnabrück 121 Osterholz 24 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/191 7 Landkreis Anzahl Bohrungen Peine 1 445 Rotenburg 158 Salzgitter 101 Schaumburg 46 Stade 11 Uelzen 120 Vechta 236 Verden 95 Wesermarsch 60 Wilhelmshaven 3 Wittmund 50 Wolfenbüttel 195 Wolfsburg 16 Zwischensumme (onshore) 15 543 + Küstenmeer (NI) 35 + Festlandsockel (NI) 39 Summe 15 617 17. Welcher Anteil dieser Bohrungen durchstößt gasförmige Schichten bzw. Gastaschen? Es wird davon ausgegangen, dass sich die Formulierung „gasförmige Schichten bzw. Gastaschen“ entsprechend der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage auf natürliche Gasvorkommen bezieht, die weniger als 1 000 m unter dem Meeresboden bzw. der Geländeoberfläche liegen und entsprechend der zitierten Quelle an spezielle Verhältnisse im Untergrund geknüpft sind (sogenannte „Shallow-Gas-Vorkommen“). Eine systematische Erfassung von Bohrungen, die solche Gasvorkommen durchbohren, wird vom LBEG nicht geführt. Aus diesem Grund kann deren Anteil nicht quantifiziert werden. (Verteilt am 22.01.2018) Drucksache 18/191 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Imke Byl (Bündnis 90/Die Grünen) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Spätschäden der Erdgasförderung: Was weiß die Landesregierung über Methan-Leckagen an alten Bohrlöchern?