Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2007 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Rückgang von Rauch- und Mehlschwalbe in Niedersachsen Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD), eingegangen am 08.10.2018 - Drs. 18/1790 an die Staatskanzlei übersandt am 11.10.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 05.11.2018 Vorbemerkung des Abgeordneten Schwalben gehören seit jeher zum sommerlichen Dorfbild in Niedersachsen und ganz Deutschland. Aus einem Artikel der Nachrichtenagentur RTL NORD vom 15.06.2018 geht hervor, dass die Bestände von Rauch- und Mehlschwalbe auch in Niedersachsen seit Jahren rückläufig sind (http://www.rtlnord.de/nachrichten/nabu-zahl-der-schwalben-auch-in-niedersachsen-ruecklaeufig. html, abgerufen am 26.09.2018). Nach Angaben des NABU habe es um 1985 noch 200 000 Brutpaare von Rauchschwalben gegeben, während um 2008 nur noch 105 000 Paare gezählt wurden. Als Gründe für den Rückgang gelten die Versiegelung von Gebäuden und Oberflächen, der Insektenrückgang und damit Nahrungsmangel und die Bejagung im Mittelmeerraum. Sowohl die Rauchschwalbe als auch die Mehlschwalbe werden seit 2015 in der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands in der Kategorie 3 (gefährdet) geführt. Die Rauchschwalbe wird darüber hinaus in der Niedersächsischen Roten Liste ebenso in der Kategorie 3 geführt. Vorbemerkung der Landesregierung Rauch- und Mehlschwalbe gehören zur Gruppe der Singvögel. Sie ernähren sich ausnahmslos von Fluginsekten. Beide Arten sind Langstreckenzieher, wobei die mitteleuropäischen Populationen im tropischen und südlichen Afrika überwintern. Beide Arten sind in Niedersachsen fast flächendeckend verbreitet. Kleinere Verbreitungslücken sind habitatbedingt. So finden sich Rauch- und Mehlschwalben nicht in ausgedehnten Waldgebieten der Lüneburger Heide, des Sollings und des Harzes . 1. Werden vonseiten der Landesregierung Daten zum Bestand der Rauch- und Mehlschwalbe in Niedersachsen erhoben? Wenn ja, bitte Bestandsdaten der letzten 30 Jahre aufführen. Seitens der Landesnaturschutzverwaltung wird kein aktives Monitoring der Rauch- und Mehlschwalbenbestände durchgeführt. Jedoch erfolgt ein ehrenamtliches Monitoring durch die Niedersächsische Ornithologische Vereinigung e. V., auf deren Ergebnisse die Naturschutzverwaltung im Einzelfall zurückgreifen kann. Auf diesen Daten basierend hat der Dachverband Deutscher Avifaunisten die nachstehenden Bestandsentwicklungen sowohl für das Bundesgebiet als auch für Niedersachen seit 1989 errechnet. In Bezug auf die niedersächsischen Bestände und ihre Entwicklung entspricht ein Indexwert von 1 einem Brutbestand von etwa 80 000 Paaren bei der Mehlschwalbe und etwa 105 000 Brutpaaren bei der Rauchschwalbe. Der Brutbestand der Rauchschwalbe hat in Niedersachsen, über den Gesamtzeitraum betrachtet, abgenommen. Allerdings zeigen die Daten auch, dass diese Abnahme besonders im Zeitraum 1989 bis 2004 erfolgte. Seit- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2007 2 her ist eine leichte Bestandserholung nachweisbar. Auch bei der Mehlschwalbe ist eine signifikante Bestandsabnahme im Zeitraum 1989 bis 2001 erkennbar. Anschließend erfolgte eine deutliche Zunahme auf Werte zu Beginn des Monitorings. Bestandsentwicklung bei der Rauchschwalbe im Bundesgebiet und in Niedersachsen seit 1989 Bestandsentwicklung bei der Mehlschwalbe im Bundesgebiet und in Niedersachsen seit 1989 2. Welche Schwalbenschutzprojekte gibt es aktuell in Niedersachsen? Seitens der Landesnaturschutzverwaltung ist kein landesweites Schwalbenschutzprojekt aufgelegt. Auf regionaler Ebene engagieren sich jedoch nach Erkenntnissen der Fachbehörde für Naturschutz fallweise untere Naturschutzbehörden, Verbände und Bürger in Einzelprojekten für den Erhalt lokaler Schwalbenpopulationen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2007 3 3. In welcher Höhe wurden finanzielle Mittel für den Schutz von Rauch- und Mehlschwalbe im Rahmen von Artenschutzprojekten im Land Niedersachsen in der Vergangenheit zur Verfügung gestellt, und was ist in diesem Bereich in Zukunft geplant? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse zur Höhe öffentlicher Gelder vor, die in den Schwalbenschutz fließen. Soweit es sich um lokale behördliche Maßnahmen handelt, werden diese nach Erkenntnissen der Fachbehörde für Naturschutz zumeist aus dem laufenden Budget finanziert bzw. sind Bestandteil eines größeren Maßnahmenpaketes. 4. Ist es nach Auffassung der Landesregierung hilfreich und durchführbar, an Verwaltungsgebäuden des Landes und an kommunalen Gebäuden in Niedersachsen Nisthilfen für Schwalben anzubringen? Rauchschwalben sind Kulturfolger, die brütend vor allem an Einzelgehöften und in bäuerlich geprägten Dörfern mit Großviehhaltung auftreten. Ihre Nester befinden sich vor allem in Viehstallungen . Bei randlich gelegenen Bau- und Betriebshöfen in Offenbauweise mag es im Einzelfall hilfreich sein, eine Nisthilfe auch für die Rauchschwalbe anzubringen. Mehlschwalben dagegen sind vor allem Bewohner menschlicher Siedlungen, die sogar bis in das Zentrum von Großstädten hinein brütend auftreten können, sofern ausreichend Nahrung und Nistmaterial (offene feuchte Lehmkuhlen) zur Verfügung stehen. Bei Zutreffen dieser Voraussetzungen können Nisthilfen an öffentlichen Gebäuden durchaus sinnvoll sein. 5. Vor dem Hintergrund, dass das Entfernen von Schwalbennestern nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG verboten ist: Wie und mit welchem Erfolg wird vonseiten der Landesregierung oder der Landkreise solch ein Vergehen geahndet? Rauch- und Mehlschwalbe sind wie alle europäischen Vogelarten nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 b) bb) des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) besonders geschützte Arten. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG ist es verboten, die Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Die Fortpflanzungsstätten sind auch dann geschützt, wenn sie - phänologisch bedingt - gerade nicht bewohnt werden, aber zu erwarten ist, dass die Tiere aufgrund ihrer Standorttreue wieder zu ihnen zurückkehren werden. Nach § 69 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 BNatSchG kann mit einer Geldbuße von bis zu 50 000 Euro belegt werden, wer wissentlich entgegen § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG eine Fortpflanzungs - oder Ruhestätte aus der Natur entnimmt, beschädigt oder zerstört. Zuständig für die Umsetzung des besonderen Artenschutzrechts in Niedersachsen sind die unteren Naturschutzbehörden. Dem Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz sind nur wenige Einzelfälle in Bezug auf das Entfernen von Schwalbennestern bekannt geworden. In allen diesen Fällen haben die zuständigen Behörden auf die Einhaltung des Artenschutzrechts hingewirkt. 6. Welche Maßnahmen sind nach Auffassung der Landesregierung für einen umfassenden Schutz der Rauch- und Mehlschwalbe zu ergreifen? Beide Schwalbenarten sind in Bezug auf die Nistplatzwahl in besonderem Maße vom Wohlwollen der Gebäudebesitzer abhängig. So ist nicht auszuschließen, dass der Bestandsrückgang bei der Rauchschwalbe auch auf das Verschließen moderner Stallungen zurückgeht. Für die Mehlschwalbe gilt ebenfalls, dass Außenfassaden von Gebäuden so gestaltet werden können, dass eine Ansiedlung nicht mehr möglich ist. Vor diesem Hintergrund sind Aufklärung und Akzeptanzförderung bei Hauseigentümern/Mietern von besonderer Wichtigkeit. So lassen sich beispielsweise Probleme mit Schwalbenkot an Wänden und Fassaden leicht durch das Anbringen von Kotbrettern unterhalb der Nester lösen. Rauch- und Mehlschwalben sind beim Bau ihrer Nester auf feuchte Lehm- und Erdvorkommen angewiesen . Aus einem Mangel an feuchten Lehm- und Erdböden folgt, dass die Schwalbennester entweder nicht fertig gebaut werden können oder aber instabil sind und auseinanderzubrechen Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2007 4 drohen. Dadurch sind die Jungvögel gefährdet, zumal solche Nester der Witterung auch weniger standhalten. Wenn keinerlei Flussufer oder Pfützen mit feuchtem Erdmaterial zur Verfügung stehen , nehmen Schwalben auch künstlich angelegte Feuchtstellen (z. B. in Gärten) an. Auch hier kann durch Aufklärung von Grundstückseigentümern praktischer Schwalbenschutz auf den Weg gebracht werden. Günstig für eine Ansiedlung von Mehl- und Rauchschwalben wirken sich im Übrigen die Nähe von Gewässern und Feuchtgrünland, aber auch von Wald aus. (Verteilt am 06.11.2018) Drucksache 18/2007 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stefan Wirtz (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Rückgang von Rauch- und Mehlschwalbe in Niedersachsen