Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2059 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Durch Gefährder verursachte Kosten Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD), eingegangen am 08.10.2018 - Drs. 18/1809 an die Staatskanzlei übersandt am 12.10.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 08.11.2018 Vorbemerkung des Abgeordneten Laut Bild.de vom 16.August 2018 leben die meisten der aktuell 767 islamistischen Gefährder in Deutschland von staatlichen Transferleistungen (Quelle: https://www.bild.de/politik/ausland/sieleben -auf-unsere-kosten-niemand-macht-es-seinen-feinden--so-bequem-56713652.bild.html). In der Antwort der Landesregierung in der Drucksache 18/982 auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung ist von ca. 40 „Gefährdern“ die Rede, von denen ca. 30 in Niedersachsen nicht inhaftiert sind. 1. Wie hoch sind die monatlichen Kosten für die Überwachung eines einzelnen sogenannten Gefährders in Niedersachsen? Die Art und der Umfang von Maßnahmen der niedersächsischen Sicherheitsbehörden gegen im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität als Gefährder eingestufte Personen orientiert sich an einer differenzierten Einzelfallbetrachtung und richtet sich nach geltendem Recht. Im Zuge der Interventionsplanung werden mitunter verschiedene Maßnahmen in umfassender Hinsicht geprüft, sodass an deren Ende ein individuelles Maßnahmenkonzept entsteht. Mit der Planung und der Umsetzung der Maßnahmen werden Kosten in den niedersächsischen Sicherheitsbehörden für den eventuellen Personal- und Technikeinsatz einhergehen. Eine pauschale Kostenangabe im Sinne der Frage ist aus dem Grund der o. a. Einzelfallbearbeitung im Kontext von Gefährdern nicht möglich . 2. Wie hoch wären die monatlichen Kosten pro Gefährder, wenn dieser staatliche Leistungen (ALG II oder andere staatliche Transferleistungen) erhalten würde (Angabe von Minimum bis Maximum ist ausreichend)? Der Duden definiert den Begriff Transferleistung als eine „vom Staat gewährte Geld- oder Sachleistung “. Im Allgemeinen werden darunter Leistungen des Staates subsumiert, die die Einzelne, der Einzelne oder die Familie erhält, ohne dafür eine direkte finanzielle Gegenleistung erbringen zu müssen. Dazu gehören u. a. das Arbeitslosengeld II, die Sozialhilfe, die Ausbildungshilfe, das Elterngeld , das Kindergeld oder das Wohngeld. Weitere Auffassungen berücksichtigen auch von den Kommunen gewährte Unterstützungen, u. a. einen vergünstigten Eintritt in eine Badeanstalt, darüber hinaus die gesetzliche Rentenzahlung sowie Leistungen durch die einzelne Person selbst, z. B. die geringe Steuerbelastung von Geringverdienern. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2059 2 Beispielhaft sind folgende mit Tansferleistungen einhergehende Kostenangaben zu nennen: – Im Rechtskreis des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) fallen u. a. folgende Kosten an: Leistungen zur Eingliederung in Arbeit durch die Agentur für Arbeit, Kosten für kommunale Eingliederungsleistungen, Leistungen für Bildung und Teilhabe, Leistungen für Mehrbedarfe gemäß § 21 SGB II, Leistungen für Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten , Erstausstattung für Bekleidung und Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt sowie zur Anschaffung und Reparatur von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstung sowie die Miete von therapeutischen Geräten, Zuschüsse zu Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge . Die Erbringung dieser Leistungen erfolgt teilweise individuell von der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen. Vollständige statistische Daten zu diesen Kostenarten liegen nicht vor. Die durchschnittliche Höhe des Zahlungsanspruchs von Regelleistungsberechtigten auf Regelbedarfe beläuft sich laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit im Berichtsmonat März 2018 in Niedersachsen auf monatlich 308 Euro, für Kosten der Unterkunft auf 206 Euro. Minimale und maximale Zahlungsansprüche liegen dem Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung nicht vor. – Eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) beträgt monatlich mindestens 10 Euro und maximal 673 Euro für Schülerinnen und Schüler bzw. maximal 735 Euro für Studierende. Für Auszubildende, die mit mindestens einem eigenen Kind, das das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in einem Haushalt leben, kann ein Kinderbetreuungszuschlag von monatlich 130 Euro für jedes dieser Kinder hinzukommen. – Für in Strafhaft befindliche Personen wird im Falle unverschuldeter Bedürftigkeit gemäß § 43 Satz 1 NJVollzG ein Taschengeld gewährt. Der höchstmögliche Taschengeldsatz für Gefangene beträgt derzeit 1,84 Euro je Arbeitstag. Im Falle der Sicherungsverwahrung bei Bedürftigkeit gemäß § 45 Satz 1 Nds. SVVollzG Taschengeld gewährt. Der höchstmögliche Taschengeldsatz für Sicherungsverwahrte beträgt derzeit 5,61 Euro pro Arbeitstag. Aus Gründen der kalendarisch abweichenden Arbeitstage pro Monat erfolgt keine monatliche Darstellung. Vor dem Hintergrund der mit der dargelegten Begiffsbedeutung weit gehenden Fragestellung, der mannigfaltigen Lebensgestaltbarkeit und der individuell vorliegenden Anspruchsvoraussetzung im Einzelfall ist eine pauschale Angabe im Sinne der Fragestellung selbst in der Annahme, dass ein Gefährder alle ihm verfügbaren Transferleistungen tatsächlich beanspruchen würde, nicht möglich. 3. Welche Gründe sprechen gegen eine Inhaftierung der in Niedersachsen lebenden Gefährder ? Die Freiheit der Person ist ein in Deutschland grundgesetzlich geschütztes individuelles Rechtsgut. Die polizeiliche Einstufung einer Person als Gefährder im Bereich der politisch motivierten Kriminalität stellt weder eine Rechtsgrundlage noch einen in der Strafprozessordnung oder dem Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung feststehenden Terminus dar, der für sich genommen freiheitsentziehende Maßnahmen von in Niedersachsen lebenden Menschen rechtfertigt. Im Zuge der polizeilichen Verfahrensbearbeitung im Kontext mit Gefährdern wird vielmehr im Einzelfall zu prüfen sein, ob und inwieweit eine Festnahme, beispielsweise auf der Grundlage der §§ 112, 127 der Strafprozessordnung, oder eine Ingewahrsamnahme nach § 18 Nds. SOG geboten und dem Grunde nach rechtlich zulässig sein kann. 4. Welche Gründe sprechen gegen eine Abschiebung der Gefährder, die eine rein ausländische Staatsbürgerschaft aufweisen (bitte nach Nationalitäten auflisten)? Unter Hinweis auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung „Werden weitere Gefährder abgeschoben?“ (Drs. 17/7790) werden im Ministerium für Inne- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2059 3 res und Sport auf der Grundlage von den Sicherheitsbehörden zugelieferten Erkenntnissen zu ausländischen Gefährdern im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität alle aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten mit dem Ziel einer Aufenthaltsbeendigung geprüft und soweit möglich umgesetzt. Bezüglich Abschiebungen im Sinne der Fragestellung ist zu berücksichtigen, dass die Einstufung als Gefährder auch in dieser Hinsicht keine unmittelbare Rechtsfolge auslöst und keine Rechtsgrundlage zur Ergreifung aufenthaltsbeendender Maßnahmen darstellt. Sie gibt vielmehr den Anlass zur Prüfung der rechtlichen Grundlagen zur Ergreifung aufenthaltsrechtlicher Maßnahmen. Hinsichtlich der derzeit durch die Polizei Niedersachsen eingestuften Gefährder im Sinne der Anfrage sind Abschiebungen aus unterschiedlichen Gründen nicht oder noch nicht durchführbar. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass etwa die Hälfte der betreffenden Gefährder sich nach vorliegenden Erkenntnissen im Ausland oder in Haft befindet. Die zu diesen Personen soweit bekannten Staatsangehörigkeiten sind die der Länder Afghanistan, Algerien, Israel, Kamerun, Marokko , Mazedonien, Nigeria, Tunesien, Türkei und Syrien. Zu den anderen Personen ist das darin begründet, dass teilweise die vorliegenden Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden (noch) nicht ausreichen, um eine Ausreisepflicht herbeizuführen bzw. die Tatbestandsvoraussetzungen für aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu erfüllen. In einigen Fällen sind noch Verfahren (inklusive Klageverfahren) anhängig. Soweit bereits ein Schutzstatus (einschließlich Abschiebungsverbot) zuerkannt worden war, sind entsprechende Widerrufsverfahren durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch nicht abgeschlossen. Daneben steht entweder die noch ungeklärte Staatsangehörigkeit einer Abschiebung entgegen oder diese kommt aus rechtlichen Gründen aufgrund einer syrischen Staatsangehörigkeit derzeit nicht in Betracht . Die vorgenannten Personen haben soweit bekannt die Staatsangehörigkeit der Länder Algerien , Georgien, Libanon, Syrien, Türkei oder Tunesien. 5. Wird eine Abschiebung der Gefährder, die eine rein ausländische Staatsbürgerschaft aufweisen, von der Landesregierung angestrebt? Falls ja, welche Maßnahmen werden hierfür ergriffen? Unter Hinweis auf die Antwort zu Frage 4 werden bei Gefährdern mit hoher Priorität aufenthaltsrechtliche Maßnahmen mit dem Ziel einer Aufenthaltsbeendigung geprüft. Handelt es sich um einen vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer, steht die konkrete Rückführung im Vordergrund. Ist dies noch nicht der Fall, kommen neben einer Ausweisung nach §§ 53 ff des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) insbesondere auch die Versagung eines Aufenthaltstitels sowie eine Abschiebungsanordnung nach § 58 a AufenthG in Betracht. Auch wenn die Zuständigkeit für entsprechende Maßnahmen - ausgenommen der Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 58 a AufenthG - bei den kommunalen Ausländerbehörden verortet ist, werden die Maßnahmen vom Ministerium für Inneres und Sport gesteuert. Die dafür dort eingerichtete „Arbeitsgruppe Einzelfälle“ prüft alle möglichen ausländerrechtlichen Maßnahmen bei Personen mit islamistisch-extremistischem oder terroristischem Hintergrund und stimmt diese unter den in der Arbeitsgruppe Beteiligten, insbesondere mit den niedersächsischen Sicherheitsbehörden , ab. Gleichermaßen ist dabei das BAMF einbezogen, sodass gegebenenfalls Maßnahmen wie der Widerruf der Flüchtlingseigenschaft oder die Beschleunigung der Asylverfahrens bei negativer Bleibeperspektive in den Blick genommen werden können. Soweit länderübergreifende Bezüge bestehen, erfolgt die Abstimmung parallel auf Bundesebene in der durch das Bundesinnenministerium eingerichteten „Arbeitsgruppe Statusrechtliche Begleitmaßnahmen “. So wird sichergestellt, dass Erkenntnisse der Bundesbehörden eingebracht werden und zugleich ein abgestimmtes Vorgehen ermöglicht wird. (Verteilt am 09.11.2018) Drucksache 18/2059 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Durch Gefährder verursachte Kosten