Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2063 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Welche Auswirkungen hat der niederschlagsarme Sommer auf den Zustand der Landesstraßen in Niedersachsen? Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 04.10.2018 - Drs. 18/1775 an die Staatskanzlei übersandt am 09.10.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung ´vom 08.11.2018 Vorbemerkung des Abgeordneten Der Sommer 2018 war auch in Niedersachsen sehr heiß und trocken. Das Ausbleiben von Niederschlägen führt u. a. dazu, dass die Wasserstände von Oberflächengewässern und Grundwasserkörpern beeinträchtigt worden sind. Der Rückgang des Grundwassers führt insbesondere im Bereich der Moorböden und der humushaltigen oder/und grundwassernahen Bodenarten zu Schrumpfungs - und Sackungsprozessen. Hierdurch können Hohlräume und infolgedessen Bodenunebenheiten entstehen. Zahlreiche Landesstraßen sind allerdings auch ohne die meteorologischen Erscheinungen des Sommers 2018 bereits seit Jahren in einem schlechten Zustand (z. B. Drucksache 16/2292 oder Bild und NWZ, 09.08.2016). Die Landesstraße 46 (L 46) wurde im Rahmen eines Wettbewerbs zur „Schlechtesten Landesstraße 2010 gekürt“ (Drucksache 17/747). Die Landesregierung führt in ihrer Antwort aus, dass durch die „regelmäßig durchgeführte Zustandserfassung“ (Drucksache 17/747) „geschädigte Streckenabschnitte exakt identifiziert und nach ihrer Dringlichkeit saniert werden“ können (Drucksache 17/747). 1. Wie haben sich die meteorologischen Ereignisse, gemeint sind insbesondere die geringen Niederschlagsmengen und die erhöhte Sonneneinstrahlung, auf den Grundwasserhaushalt in Niedersachsen ausgewirkt? Auswertungen von wasserwirtschaftlichen Daten werden regelmäßig nach Ablauf des wasserwirtschaftlichen Jahres (Abflussjahr vom 01.11.2017 bis 31.10.2018) und entsprechender Qualitätssicherungsroutinen einschließlich einer Plausibilisierung vorgenommen. Dies gilt auch für den Grundwasserhaushalt in Niedersachsen. Da die hierfür erforderlichen Datensätze zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vollständig vorliegen, ist lediglich eine vorläufige Einschätzung möglich. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass die seit dem Frühjahr 2018 zu verzeichnenden niedrigen Niederschläge insgesamt zum Absinken der Grundwasserstände in Niedersachsen geführt haben. Dabei haben sich die fehlenden Niederschläge unterschiedlich stark an den einzelnen Standorten ausgewirkt. So sind zum Teil die bisher niedrigsten Werte zu beobachten. Es wird erwartet, dass sich die Grundwasserstände im Winterhalbjahr 2018/2019 wieder erholen. 2. Welche Auswirkungen haben die meteorologischen Ereignisse im Sommer 2018 auf den Wasserstand/Grundwasserstand innerhalb der niedersächsischen Moorstandorte? Wie in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, ist zum jetzigen Zeitpunkt lediglich eine vorläufige Betrachtung der Auswirkungen möglich. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Gewässer- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2063 2 Überwachungssystem Niedersachsen vergleichsweise wenige Grundwassermessstellen an Moorstandorten umfasst, die zudem unterschiedliche hydrogeologische Verhältnisse aufweisen. Insgesamt sind an den Grundwassermessstellen, die oberflächennah im Torf verfiltert sind, im Vergleich mit den langjährigen Mittelwerten deutlich tiefere Grundwasserstände zu beobachten. In Einzelfällen wurden historische Tiefststände erreicht oder sogar unterschritten. Hier lagen die Grundwasserstände zwischen 0,8 bis 1,0 m tiefer als in durchschnittlichen Sommern. Im Vergleich dazu war das Absinken der Grundwasserstände im Bereich wiedervernässter Moore mit verminderter Oberflächenentwässerung deutlich schwächer ausgeprägt. In Moorgebieten im Nordwesten Niedersachsens befinden sich Grundwassermessstellen, die unterhalb der Moorschichten in den pleistozänen Sanden verfiltert sind und zudem gespannte Grundwasserverhältnisse aufweisen. An diesen Messstellen wurden im Vergleich zu den Vorjahren gleichbleibende oder nur geringfügig niedrigere Grundwasserstände gemessen. Aufgrund der gespannten Grundwasserverhältnisse ändert sich an diesen Messstellen ausschließlich die Druckhöhe . Das Grundwasser steht deshalb in der Regel auch bei leichtem Absinken des Grundwasserstandes weiterhin direkt unter der Moorschicht an, übt allerdings einen geringeren Druck auf diese aus. Eine endgültige Aussage zu den Auswirkungen der langen Phasen extrem geringer Niederschläge auf den Grundwasserstand wird hier gegen Mitte November möglich sein, wenn die niedrigsten Werte des Jahres zu erwarten sind. 3. Ist es hierdurch zu Beeinträchtigungen bei Landesstraßen gekommen, die im Bereich von Mooren, humushaltigen Oberböden oder grundwasserbeeinflussten Bodenarten liegen? Ja. 4. Welche Landesstraßen sind hiervon betroffen? Grundsätzlich sind alle Landesstraßen auf wasserempfindlichen Böden gefährdet, durch schwankende Wassergehalte im Untergrund unterschiedliche Setzungen in Längs- und Querrichtung zu erfahren . Insbesondere in den nördlichen Teilen von Niedersachsen sind mögliche Schäden der Straßen aufgrund der geologischen Situation ausgeprägter. 5. Welche Schadensbilder sind an den betroffenen Landesstraßen zu verzeichnen? Bei Wasserentzug des Untergrunds ändert sich das Lastaufnahmevermögen des Straßenuntergrunds . Dabei treten sowohl Setzungen in ganzer Fahrbahnbreite auf als auch Einzelrisse - vorwiegend in Längsrichtung. In wasserreichen Untergründen sind Setzungen und Hebungen vom Wasserstand im unmittelbaren Straßendammbereich abhängig. So traten in der zweiten Jahreshälfte 2018 vermehrt Kantenabbrüche auf, da die Bankette durch den vielen Regen an Stabilität verloren. Starke Frostperioden führen durch die Eisbildung zu Untergrundhebungen. Wenn der Frost ungleichmäßig aus dem Boden weicht, sind anschließende kleinere Setzungsschäden unvermeidbar. 6. Auf welcher Länge ist bei welcher Landesstraße (gegebenenfalls tabellarische Auflistung ) mit welchem Schaden zu rechnen? Besondere Meldungen über außergewöhnliche Schäden an Landesstraßen aufgrund des trockenen Sommers sind bisher nicht eingegangen. Eine landesweite, tabellarische Auswertung speziell der durch den niederschlagsarmen Sommer entstandenen Schäden liegt nicht vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2063 3 7. Wann werden die betroffenen Abschnitte der jeweiligen Landesstraße instandgesetzt, repariert oder saniert? Kleinere Schäden werden im Rahmen der von den Straßenmeistereien durchzuführenden Unterhaltungsarbeiten im laufenden Betrieb beseitigt. Größere Sanierungen erfolgen im Rahmen des Erhaltungsmanagements . Im jährlich erstellten Bauprogramm werden alle Baumaßnahmen für die Infrastruktur der Landesstraßen (Straßen, Ingenieurbauwerke und Straßenausstattung) aufgeführt. Kurzfristig erforderlich werdende Arbeiten werden durch die Geschäftsbereiche der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) im laufenden Jahr bei Bedarf vergeben . 8. Gibt es, aufgrund der meteorologischen Ereignisse des Sommers 2018, angeordnete verkehrliche Beschränkungen, z. B. Tempolimits, an Landesstraßen und wenn ja, wo und welche? In dem über 8 000 km großen Landesstraßennetz mit seinen 4 500 km Radwegen und 1 900 Ingenieurbauwerken werden laufend verkehrliche Anordnungen in Form von Geschwindigkeitsbeschränkungen , Durchfahrtsverboten, Umleitungen, Tonnagebeschränkungen, Baustellenbeschilderungen etc. von den weit über 100 zuständigen unteren Verkehrsbehörden ausgesprochen. Es gibt darüber weder eine Meldepflicht noch sammelt das zuständige Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (MW) Daten. 9. Welchen zusätzlichen Finanzierungsbedarf für Erhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen haben die meteorologischen Ereignisse des Sommers 2018 an Landesstraßen hervorgerufen? Aufgrund der langjährigen Erfahrung hat die NLStBV eine sehr grobe Kostenschätzung von 2 Millionen Euro genannt. Diese Angabe ist jedoch nicht durch Addition von Einzelmeldungen gesichert. 10. Kann oder wird sich das Schadensbild an Landesstraßen im Bereich von Mooren, humushaltigen Oberböden oder grundwasserbeeinflussten Bodenarten durch Frost und Niederschläge weiter verschlechtern? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 4 und 5 verwiesen. 11. Welche baulichen oder technischen Sanierungsarten/Erhaltungsmaßnahmen (Arten der Bauausführung) können an Landesstraßen im Bereich von Moorböden zum Tragen kommen? Die bautechnischen Möglichkeiten beim Neubau erlauben es heute, auch auf weniger standfesten Böden eine dauerhafte Straße zu bauen. Die klassische Bauweise besteht in der Auskofferung des Moores und dem Ersatz mit Sand. Bei größerer Mächtigkeit ist diese Bauweise nicht wirtschaftlich. Neuere Verfahren ersetzen nur Teilschichten und verwenden Geotextilien zur Stabilisierung. Mit Vorbelastungsdämmen und Drainagesträngen wurden ebenfalls gute Erfahrungen gesammelt. Bei der Erneuerung einer Landesstraße auf Moorböden kommt häufig auch nur eine Profilierung mit neuer Deckschicht zum Tragen. Eine Auskofferung ist in diesen Fällen kostenmäßig nicht darstellbar , sodass auf diese vereinfachte Bauweise zurückgegriffen wird. 12. Welche Standzeit/Erhaltungsdauer kann jeweils mit dieser Art der Bauausführung an Landesstraßen im Bereich von Moorböden durchschnittlich erzielt werden? Grundsätzlich führt eine aufwändige Stabilisierung des Untergrunds auch zu einer längeren Liegezeit der Straße. Der Fahrbahnaufbau der Landesstraßen ist überwiegend historisch gewachsen und Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2063 4 damit sowohl in Quer- als auch in Längsrichtung nicht homogen. Im Sinne der Fragestellung liegen dem MW keine gesicherten Erkenntnisse vor. 13. Haben die Aussagen der Landesregierung in der Drucksache 17/747, Antwort 5, noch Bestand, oder haben sich die Kosten für die Erneuerung von Landesstraßen verändert? 14. Wenn ja, wie haben sich die Kosten für die Erneuerung von Landesstraßen verändert? Aufgrund des Sachzusammenhanges werden die Fragen 13 und 14 gemeinsam beantwortet. Die Kosten haben sich verändert. Für die freie Strecke wurden seinerzeit Kosten zwischen 50 000 und 160 000 Euro/km angegeben. Im Landesmittel kostet die Erneuerung einer Landesstraße außerhalb der Ortsdurchfahrten heute je nach Ausführung zwischen 50 000 und 250 000 Euro/km. In Ortsdurchfahrten ergibt sich eine Bandbreite von 200 000 Euro bis 1,4 Millionen Euro/km, die in starkem Maße vom Umfang der Tiefbauarbeiten abhängen. 15. Was kostet die Sanierung einer Landesstraße im Bereich von Moorböden durchschnittlich pro Kilometer (Näherungswert)? Die Nennung von durchschnittlichen Kosten ist im Bereich von Moorböden nicht möglich, da kostensteigernde Faktoren, wie hoher Wasserstand, Auskofferungsstiefe und Wiederverwendung der Ausbauschichten, zu einer großen Preisspanne führen. Die NLStBV nennt für eine umfangreiche Sanierung Kosten bis zu 2,4 Millionen Euro/km. 16. Im welchem Verhältnis steht dies im Vergleich zu Landesstraßen außerhalb von Moorgegenden ? Es entstehen zusätzliche Kosten durch die Auskofferung des Moores, sofern nicht auch hier der sonst übliche Hocheinbau der bituminösen Schichten möglich ist. Das Verhältnis ist stark von den erforderlichen Arbeiten abhängig und kann nicht als Verhältniszahl angegeben werden. 17. Wie stellt sich der Zustand der L 46 zwischen Ringe und Twist derzeit dar? Die L 46 zwischen Ringe und Twist befindet sich in einem guten bis zufriedenstellenden Erhaltungszustand . 18. Sind die „Untersuchungen für eine wirtschaftliche Erhaltungsmaßnahme“ (Drucksache 17/747, Antwort 2) für den nicht sanierten Abschnitt der L 46 abgeschlossen, und wurden die Straßenbauarbeiten durchgeführt? Die Untersuchungen sind abgeschlossen und die Baumaßnahme wurde im Jahr 2015 fertiggestellt. 19. Welche Ergebnisse haben die Untersuchungen ergeben? Die Untersuchungen hatten als Ergebnis, den nicht tragfähigen Moorboden in 1,50 bis 2,00 m Tiefe auszubauen. Der einzubauende Sandkoffer wurde mit einem Vlies zur Stabilisierung ummantelt. 20. Wie sind die Straßenbauarbeiten an der L 46 verlaufen, und konnte die Kostenschätzung von 2,65 Millionen Euro für 3,24 km Straßenlänge bzw. 800 000 Euro pro Kilometer (Drucksache 17/747) eingehalten werden? Die Baumaßnahme wurde auf der Grundlage des Gutachtens umgesetzt. Da wegen der besonderen Problematik der Anliegerverkehre (Milchabtransport, Futterlieferungen etc. und fehlender rück- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2063 5 wärtiger Erschließung) nur abschnittweise mit Tagesbaustellen und Wiederherstellung der Befahrbarkeit zum Tagesende gebaut werden konnte und zudem erhöhte Entsorgungskosten für belastete Ausbaustoffe anfielen, haben sich die Gesamtkosten auf ca. 3,9 Millionen Euro erhöht. Es ergaben sich damit Durchschnittskosten von 1,2 Millionen Euro/km. 21. Wurde den Empfehlungen des Bodengutachters (Auskofferung bis 2,5 m Tiefe, Verfüllung mit Sand etc.) gefolgt? Den Empfehlungen des Bodengutachtens (Variante 1) wurde gefolgt. Der Bodenaustausch erfolgte zwischen 1,50 und 2,0 m und anschließender Auskleidung des Planums mittels Trennvlies und zugfestem Geogitter. 22. Wenn nicht, welche Art der Bauausführung kam an der L 46 zum Tragen? Entfällt. 23. Welche Erfahrungen hat die Landesregierung am Beispiel der L 46 mit tragfähigen Untergründen sammeln können? Maßnahmen auf nicht tragfähigem Baugrund sind technisch aufwändig. Sofern ein Bodenaustausch erforderlich wird, steigen die Baukosten an. Insbesondere bei vorhandener straßenbegleitender Bebauung sind umfangreiche Sicherungsmaßnahmen erforderlich. 24. Welche „dramatischen Schadensentwicklungen“ (Drucksache 17/747, Antwort 9) hat es „durch äußere Einflüsse wie Wetter“ (ebenda) an Landesstraßen wo in den vergangenen Jahren (seit 2013) gegeben? Die Witterungsbedingungen haben einen erheblichen Einfluss auf die Nutzungsdauer der Straßeninfrastruktur . Besonders zu erwähnen sind die Hochwasserschäden 2013 und Starkregenschäden 2017 mit Schwerpunkt in den Geschäftsbereichen Goslar und Lüneburg. (Verteilt am 12.11.2018) Drucksache 18/2063 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Welche Auswirkungen hat der niederschlagsarme Sommer auf den Zustand der Landesstraßen in Niedersachsen?