1878Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2091 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung Soziale Brennpunkte und Brennpunktschulen Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD), eingegangen am 08.10.2018 - Drs. 18/1878 an die Staatskanzlei übersandt am 19.10.2018 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung vom 12.11.2018 Vorbemerkung des Abgeordneten Die Neue Presse berichtete am 09.05.2018 vom Besuch des Kultusministers Tonne in der Peter- Ustinov-Schule in Hannover-Ricklingen.1 Diese gilt als Brennpunktschule. Sie hat nach Presseangaben einen 90-prozentigen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund und sehr viele Schüler mit Förderbedarf. Das MK hat im Rahmen der „Initiative schulische Sozialarbeit in sozialen Brennpunkten“ 50 Stellen für Sozialarbeiter geschaffen und diese verteilt. Dabei wurden in 17 Städten sogenannte soziale Brennpunkte identifiziert, teilweise auch mit Nennung verschiedener Stadtteile. Die Hauptstadt Hannover wird drei Mal mit den Stadtteilen Mühlenberg/Ricklingen, Vahrenheide/Sahlkamp und Stöcken/Herrenhausen genannt. Am 17.05.2018 wurde das Thema in der von der AfD beantragten Aktuellen Stunde im Landtag debattiert (Drs. 18/879) 1. Wie definiert die Landesregierung einen „sozialen Brennpunkt“ (bitte auf rechtliche und wissenschaftliche Grundlage eingehen, bitte auch Kriterien und Maßstäbe, nach denen eine Örtlichkeit als „sozialer Brennpunkt“ eingestuft wird, benennen)? Nach einer Definition des Deutschen Städtetags von 1979 sind „Soziale Brennpunkte“ Wohngebiete , in denen Faktoren, die die Lebensbedingungen ihrer Bewohnerinnen und Bewohner und insbesondere die Entwicklungschancen beziehungsweise Sozialisationsbedingungen von Kindern und Jugendlichen negativ bestimmen, gehäuft auftreten. Der Begriff „Sozialer Brennpunkt“ wird seither in verschiedenen Zusammenhängen unterschiedlich verwendet. So wird etwa im Rahmen der Stadtentwicklung eher von „Wohngebieten mit besonderen Herausforderungen“ bzw. „besonderem Entwicklungsbedarf“ oder von „benachteiligten Quartieren“ gesprochen. Mit Unterzeichnung der Leipzig-Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt (2007) erkannte die Bundesrepublik Deutschland die wichtige Funktion an, die diese benachteiligten Gebiete im gesamtstädtischen Zusammenhang erfüllen, und verpflichtete sich, ihnen verstärkt politische Aufmerksamkeit zu widmen. Dies geschieht im Rahmen der „Nationalen Stadtentwicklungspolitik“ und ganz konkret z. B. im Bund-Länder-Förderprogramm „Soziale Stadt“, dem Programm „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier - BIWAQ“ mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) oder dem Investitionspakt soziale Integration im Quartier. 1 http://www.neuepresse.de/Hannover/Meine-Stadt/Hannover-Dramatische-Zustaende-an-Peter-Ustinov- Schule (Zugang am 31.05.2018 um 9:34 Uhr) Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2091 2 Im schulischen Bereich wurde der Begriff in folgenden Kontexten verwendet: – Im Erlass zur Klassenbildung und Lehrerstundenzuweisung an allgemeinbildenden Schulen werden zusätzliche Lehrerstunden zur weiteren sonderpädagogischen Förderung Schulen in besonderen sozialökonomischen Brennpunkten zur Verfügung gestellt (RdErl. d. MK v. 07.07.2011 - 15-84001/3 - VORIS 22410 SVBl. 2011 Nr. 8, S. 268; zuletzt geändert durch RdErl. d. MK v. 16.07.2015 [SVBl. 2015 Nr. 8, S. 366]). – Bei der Initiative schulische Sozialarbeit in sozialen Brennpunkten in 2017. Eine Legaldefinition im Sinne einer allgemein gültigen Begriffsbestimmung gibt es im schulischen Kontext nicht. Ob ein Gebiet als „Sozialer Brennpunkt“ und damit als Gebiet mit besonderem Entwicklungsbedarf bezeichnet wird, hängt sowohl von den Größenordnungen, dem Verhältnis bzw. Zusammenwirken der verschiedenen Indikatoren als auch vom Verhältnis des Gebiets in Bezug auf die jeweilige Gesamtkommune ab. Der besondere Entwicklungsbedarf eines Gebiets wird somit nicht allgemeingültig , sondern nur in Betrachtung der konkreten Situation und in Abstimmung mit den Akteuren vor Ort definiert. Diese Einschätzung kann im Rahmen der vorstehend genannten Programme durchaus unterschiedlich ausfallen. Die konkrete Verteilung von Zusatzbedarfen erfolgte in eigener Verantwortung der jeweiligen Regionalabteilungen unter Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen, die gegebenenfalls auf konkrete Ortsteile einer Kommune bezogen zu beurteilen sind. Bei der Initiative schulische Sozialarbeit wurden überwiegend Schulen berücksichtigt, die in Fördergebieten des Bundesprogramms Soziale Stadt (aktuelle Förderperiode) liegen. Beim Programm Schule [PLUS] - Programm Lebensort und Schule wurde bei der Auswahl der Schulen u. a. auf in den Kommunen vorliegende Sozialberichte zurückgegriffen. Dabei wurden z. B. Sozialdaten wie die Verdichtung der Quoten von Transferleistungen, Arbeitslosigkeit und Kinderarmut herangezogen oder auf statistische Auswertungen des Innenministeriums im Rahmen des „Aktionsplans Sekundärmigration“ der Landesregierung zurückgegriffen. Das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung verwendet in seiner Richtlinie „Investitionspakt Soziale Integration“ vom 15.05.2017 (Nds. MBl. 2017, S. 593 ff.) die Begrifflichkeit „Verbesserung der sozialen Integration und des sozialen Zusammenhalts im Quartier“. Auch im dortigen Kontext gibt es keine Legaldefinition von „sozialen Brennpunkten“. 2. Wie viele Örtlichkeiten, die als soziale Brennpunkte identifiziert werden, gibt es demnach in Niedersachsen (bitte mit Benennung der Örtlichkeiten)? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Wie hat sich die Anzahl der sozialen Brennpunkte in Niedersachsen innerhalb der letzten 30 Jahre verändert (bitte um Angabe 2018/2015/2013, dann weiter in Fünfjahresabschnitten )? In der Vergangenheit wurden benachteiligte Wohngebiete nicht systematisch erfasst. Noch zu Beginn der 1990er-Jahre waren typische Problemgebiete, in denen es zu einer Armutsverdichtung gekommen war und die auch im offiziellen Sprachgebrauch als „Soziale Brennpunkte“ bezeichnet wurden, vor allem Notunterkünfte und Obdachlosensiedlungen, aber auch einige innenstadtnahe Altbauquartiere. In der Folgezeit entwickelten sich besonders die großen, in den 1960er- und 1970er-Jahren errichteten Wohnsiedlungen zum Synonym für „Soziale Brennpunkte“. Gegenwärtig zeigt sich ein wesentlich differenzierteres Bild. Dies trifft sowohl auf die Struktur der Gebiete als auch auf die Unterschiedlichkeit und Intensität der Problemlagen zu. Aktuell stehen, neben den sogenannten „benachteiligten Wohngebieten“ in Groß- und Mittelstädten, zunehmend auch kleinere Kommunen und ländliche Gebiete vor außergewöhnlichen Herausforderungen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2091 3 4. Wie hoch ist der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund in diesen Örtlichkeiten im Vergleich zum Landesdurchschnitt? Hierzu verfügt die Landesregierung über keine valide Datenlage. 5. Wie hoch sind die Arbeitslosenquote und die Sozialhilfeempfängerquote in den genannten Brennpunkten im Vergleich zum Landesdurchschnitt? Hierzu verfügt die Landesregierung über keine valide Datenlage. 6. Wie hoch ist der Anteil an unvollständigen Familien in den Brennpunkten im Vergleich zum Landesdurchschnitt? Hierzu verfügt die Landesregierung über keine valide Datenlage. 7. Wie definiert die Landesregierung eine „Brennpunktschule“ (bitte auf rechtliche und wissenschaftliche Grundlagen eingehen, bitte auch Kriterien und Maßstäbe, nach denen eine Schule als „Brennpunktschule“ eingestuft wird, benennen)? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Auch für „Brennpunktschulen“ gibt es keine allgemein gültige Definition. Im Übrigen wird auf die Kriterien der Schulauswahl im Rahmen des Programms Schule [PLUS] verwiesen. 8. Wie viele Schulen, die als Brennpunktschulen identifiziert werden, gibt es demnach in Niedersachsen (bitte mit Benennung der Schulnamen und Standorte)? Hierzu verfügt die Landesregierung über keine valide Datenlage. 9. Wie hat sich die Anzahl der Brennpunktschulen in Niedersachsen innerhalb der letzten 30 Jahre verändert (bitte um Angabe 2018/2015/2013, dann weiter in Fünfjahresabschnitten )? Hierzu verfügt die Landesregierung über keine valide Datenlage. 10. Wie hoch ist der Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund bzw. nicht deutscher Herkunftssprache an Brennpunktschulen im Vergleich zum Landesdurchschnitt? Hierzu verfügt die Landesregierung über keine valide Datenlage. 11. Wie hoch ist der Anteil an Schülern, die aus von Arbeitslosigkeit betroffenen und/oder Sozialhilfe empfangenden Familien stammen (bitte im Vergleich zum Landesdurschnitt )? Hierzu verfügt die Landesregierung über keine valide Datenlage. 12. Wie hoch ist der Anteil an Schülern, die aus unvollständigen Familien stammen, im Vergleich zum Landesdurchschnitt? Hierzu verfügt die Landesregierung über keine valide Datenlage. (Verteilt am 14.11.2018) Drucksache 18/2091 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums Soziale Brennpunkte und Brennpunktschulen