Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2116 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei namens der Landesregierung Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen der Landesregierung mit den Islamverbänden? Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 11.10.2018 - Drs. 18/1813 an die Staatskanzlei übersandt am 12.10.2018 Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei namens der Landesregierung vom 15.11.2018 Vorbemerkung der Abgeordneten Im Januar 2017 wurden die Verhandlungen der Landesregierung mit den Islamverbänden zur Aushandlung eines Staatsvertrages seitens der rot-grünen Landesregierung ausgesetzt (Spiegel Online , 20.01.2017). Zu Beginn der neuen Wahlperiode gab es im Dezember 2017 ein Gespräch zwischen Ministerpräsident Weil und den Islamverbänden Ditib und Schura in der Staatkanzlei, dessen Ziel laut Presseberichten das Treffen von Einzelabsprachen gewesen sei, also explizit nicht das Aushandeln eines Staatsvertrages (NDR, 19.12.2017). Nach dem Treffen, an dem auch Kultusminister Tonne teilnahm, signalisierten die Islamverbände weiterhin ein großes Interesse am Zustandekommen eines Staatsvertrages (HAZ, 23.12.2017). Der Koalitionsvertrag der Großen Koalition sieht einen Staatsvertrag nicht explizit als Ziel von Verhandlungen vor, sondern lässt auch die Möglichkeit für andere Lösungen offen. Dort heißt es (Zeile 562 bis 572): „SPD und CDU werden anknüpfend an die zum Abschluss eines Vertrages mit den muslimischen Verbänden geführten Gespräche aus der abgelaufenen Wahlperiode den interreligiösen Dialog fortsetzen. Ziel ist die Entwicklung eines Formats der Zusammenarbeit, das einerseits der besonderen Verfasstheit der muslimischen Organisationen gerecht wird und andererseits die Gewähr dafür bietet, dass der mit dem Vertragsschluss seinerzeit angestrebte Zweck erreicht wird, sei es durch einen Vertrag, sei es auf vergleichbare andere Weise. Dieser Prozess soll durch Gutachten unterstützt werden, die sich mit den religiösen und rechtlichen Besonderheiten der muslimischen Organisationen auseinandersetzen und denkbare Modelle der Zusammenarbeit sowie die Schritte darstellen , die für eine erfolgreiche Einigung erforderlich sind.“ Vorbemerkung der Landesregierung Die Gespräche der Landesregierung mit dem DITIB-Landesverband Niedersachsen und Bremen e. V. (DITIB) sowie mit SCHURA Niedersachsen - Landesverband der Muslime in Niedersachsen e. V. (Schura) haben seit der vergangenen Wahlperiode bis heute zwei zentrale Gegenstände: – ein laufendes Verfahren der Anerkennung von DITIB und Schura als Religionsgemeinschaften i. S. d. Artikels 7 Abs. 3 GG, – den Abschluss eines Vertrags oder einer anderweitigen Übereinkunft zur Regelung der Beziehungen zwischen dem Land und den islamischen Landesverbänden in den bekannten Themenfeldern (s. hierzu Vertragsentwurf: https://www.mk.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/ver tragsverhandlungen_mit_ditib_und_schura_sowie_alevitischen_gemeinde/vertragsverhandlun gen-mit-ditib-und-schura-sowie-der-alevitischen-gemeinde-139428.html). Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2116 2 Die Frage, ob eine Religionsgemeinschaft die Anforderungen des Artikels 7 Abs. 3 GG erfüllt oder nicht, ist eine rein rechtliche Frage, die einer Verhandlung nicht zugänglich ist. Liegen die Voraussetzungen für eine Anerkennung vor, ist diese zu erteilen. Liegen sie nicht vor, ist die Anerkennung zu versagen. Einer positiven Entscheidung steht bisher bei beiden Verbänden entgegen, dass entgegen vergleichbaren Vereinigungen keine formalen Mitgliedschaften bestehen, aufgrund derer der Kreis der Berechtigten und Verpflichteten einer anerkannten Religionsgemeinschaft eindeutig bestimmt werden könnte. Beiden Verbänden ist dieses Anerkennungshindernis bekannt, bisher aber nicht beseitigt . Des Weiteren kann DITIB Bremen-Niedersachsen aufgrund ihrer Satzung jedenfalls formal nicht die ebenfalls erforderliche Staatsferne - hier zum türkischen Staat - attestiert werden. Auch dies ist DITIB Bremen-Niedersachsen bekannt und bisher ebenfalls nicht aufgelöst. Bei den bisherigen Vertragsverhandlungen ging es den Beteiligten demgegenüber nicht um eine formalrechtliche Stellung der islamischen Verbände, sondern um die Bekräftigung der Normalität islamischen Lebens in Niedersachsen durch Absprachen zur Zusammenarbeit auf Sachebene und auf gleicher Augenhöhe. Die bisherigen Verhandlungen wurden trotz abschließender inhaltlicher Übereinstimmung nicht zu Ende geführt, weil die aufgrund von Terrorakten zunehmend kontroverse Diskussion über den Islam in Deutschland sowie die Belastungen im deutsch-türkischen Verhältnis und der erkennbare Einfluss der Türkei auf DITIB Deutschland aller Voraussicht nach dazu geführt hätten, dass ein Vertragsschluss in Niedersachsen öffentlich gerade nicht als Schritt der Annäherung und Normalisierung wahrgenommen worden wäre. 1. Gab es seit dem Gespräch im Dezember 2017 weitere Gespräche mit den Islamverbänden ? 2. Wenn ja, was waren die Inhalte und Ergebnisse dieser Gespräche? 3. Wie weit sind die Verhandlungen mit den Islamverbänden bisher gekommen, und was ist das derzeitige Ziel der Landesregierung hinsichtlich der Frage nach der Art des angestrebten Ergebnisses (Staatsvertrag oder andere vergleichbare Lösungen)? 4. Sind weitere Gespräche mit den Islamverbänden geplant, und wenn ja, wann? Die Fragen 1 bis 4 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Zu den in der Vorbemerkung der Landesregierung genannten beiden Gesprächsgegenständen gab es zwei Besprechungen von Vertretern der Landesregierung mit DITIB und Schura: – das in der Anfrage genannte Treffen am 20.12.2017, an dem seitens der Landesregierung der Ministerpräsident, der Kultusminister sowie der Chef der Staatskanzlei, seitens der Verbände die beiden Vorsitzenden in Begleitung eines Vorstandsmitglieds sowie einer Geschäftsführerin teilnahmen, – am 07.06.2018 nahmen an dem Gespräch seitens der Landesregierung der Kultusminister und der Chef der Staatskanzlei, seitens der Verbände die beiden Vorsitzenden teil. Inhalt des Gesprächs im Dezember 2017 waren die wechselseitige Bekräftigung der mit dem bisherigen Prozess verfolgen Absichten (s. Vorbemerkung der Landesregierung), die Erläuterung der zitierten Passage aus der Koalitionsvereinbarung (s. Vorbemerkung der Fragesteller) sowie die Vereinbarung , dass die islamischen Verbände zunächst prioritär die Verfahren zur Anerkennung als Religionsgemeinschaft nach Artikel 7 Abs. 3 GG betreiben. Das Gespräch am 07.06.2018 diente dementsprechend noch einmal der vertieften Erläuterung der in der Vorbemerkung der Landesregierung genannten Anerkennungshindernisse. Hierzu gibt es bis heute keinen neuen Stand. Weitergehende Fragen werden daher derzeit nicht vertieft, Gespräche nicht konkret geplant. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2116 3 5. Welche Auswirkung hat nach Ansicht der Landesregierung die derzeitige Diskussion um eine Beobachtung der DITIB durch den Verfassungsschutz auf die Verhandlungen, und wie steht die Landesregierung zu diesem Thema? Eine Prüfung durch den niedersächsischen Verfassungsschutz ergab, dass aktuell kein ausreichender Anfangsverdacht für eine Beobachtung des DITIB-Landesverbands vorliegt. Unabhängig davon verfolgt die Landesregierung regelmäßig die innerverbandlichen Entwicklungen von DITIB und Schura. (Verteilt am ) (Verteilt am 15.11.2018) Drucksache 18/2116 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort der Niedersächsischen Staatskanzlei Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen der Landesregierung mit den Islamverbänden?