Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/237 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Teilantwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Petra Emmerich-Kopatsch (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Hat das Land die Schlüsselzuweisungen für Clausthal-Zellerfeld gesenkt? Anfrage der Abgeordneten Petra Emmerich-Kopatsch (SPD), eingegangen am 04.12.2017 - Drs. 18/23 an die Staatskanzlei übersandt am 06.12.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 29.01.2018, gezeichnet In Vertretung Stephan Manke Vorbemerkung der Abgeordneten In einem Bericht über die jüngste Ratssitzung in Clausthal-Zellerfeld titelt die Goslarsche Zeitung vom 28.10.2017 „Land senkt Schlüsselzuweisung - Stadt fehlen damit mehr als 500 000 Euro“. Der Kämmerer habe berichtet, „das Land habe die Kürzung rückwirkend zum 01.01.2017 in Kraft gesetzt , sodass eine Mindereinnahme von 264 000 Euro im Jahr 2017 letztlich den Haushalt 2018 doppelt belasten würde“. Er nannte „die neue Situation dramatisch“, obwohl er bis vor Kurzem der Ansicht war, man befinde sich auf einem guten Weg. Solche Aussagen können den Eindruck erwecken, das Land senke so kurz nach der Landtagswahl nachträglich die Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich und überrasche damit die Stadt Clausthal-Zellerfeld. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung hat am 11. November 2016 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich und anderer Gesetze in den Niedersächsischen Landtag eingebracht (Drs. 17/6875). Die laufende Nr. 7 zu Artikel 1 des Gesetzentwurfs sah vor, dass für 2017 eine Übergangsregelung zur anzuwendenden Bevölkerungsstatistik in das Niedersächsische Gesetz über den Finanzausgleich eingefügt wird. Mit diesem auf ausdrücklichen Wunsch der kommunalen Spitzenverbände vorgetragenen Änderungsvorschlag sollte verhindert werden, dass es aufgrund der nicht rechtzeitig durch Bundes- und Landesstatistikbehörden zur Verfügung gestellten Bevölkerungsstatistiken zu erheblichen Verzögerungen bei der Festsetzung von Ausgleichsleistungen kommt. Mit der vorgeschlagenen Übergangsregelung sollte daher ausschließlich bei der Festsetzung der Leistungen im Jahr 2017 ausnahmsweise, statt mit der ursprünglich gesetzlich vorgesehen, aber noch nicht vorliegenden Einwohnerzahl vom 30. Juni 2016, mit der bereits vorliegenden Bevölkerungsstatistik vom 31. Dezember 2015 gearbeitet werden. Die aus der Verwendung eines abweichenden Stichtags resultierenden Differenzen bei den einzelnen Kommunen sollten sodann im KFA des Folgejahres (also 2018) angemessen ausgeglichen werden. Der Landtag hat dem Gesetzentwurf ohne inhaltliche Änderungen am 1. März 2017 einstimmig zugestimmt . Den Kommunen hätten diese Auswirkungen somit schon im November 2016 bekannt sein können; zudem hat das Landesamt für Statistik im Rahmen seiner Bekanntgabe der vorläufigen Berechnungsgrundlagen vom 16. November 2016 sowohl in der Übersicht als auch noch einmal ausdrücklich in einem Begleitschreiben auf den im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Gesetzentwurf unter Hinweis auf die Drs. 17/6875 hingewiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/237 2 1. Hat das Land die Schlüsselzuweisungen für das Jahr 2017 tatsächlich und nachträglich gekürzt und damit die Stadt Clausthal-Zellerfeld überrascht? Nein. 2. Worauf ist es zurückzuführen, dass die Stadt Clausthal-Zellerfeld im Jahr 2017 einen gegenüber dem Jahr 2016 geringeren Anteil an den Schlüsselzuweisungen erhalten hat? War diese Entwicklung für die Stadt Clausthal-Zellerfeld „überraschend“, oder hätte diese Entwicklung vorhergesehen werden können? Die Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld hat 2016 Schlüsselzuweisungen in Höhe von 5,878 Millionen Euro erhalten. Im Jahr 2017 wurden der Stadt Schlüsselzuweisungen in Höhe von 5,799 Millionen Euro zugewiesen. Der Anteil der Stadt an den Schlüsselzuweisungen für die Gemeindeebene belief sich demnach im Jahr 2016 auf 0,336981 %, im Jahr 2017 auf 0,306571 %. Es liegt insofern tatsächlich ein geringer Rückgang vor. Der kommunale Finanzausgleich ist ein System mit zahlreichen ineinandergreifenden Faktoren und Beziehungen. Dabei spielen neben der absoluten Einwohnerzahl auch die relative Einwohnerzahl der jeweiligen Kommune und ihre Steuerkraft eine maßgebliche Rolle bei der Ermittlung der Schlüsselzuweisungen. Ein Vergleich zeigt, dass die Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld im Jahr 2017 zum einen trotz höherer angerechneter Einwohnerzahl insgesamt einen geringeren Anteil an der Gesamteinwohnerzahl des Landes hatte und zum anderen eine sowohl absolut als auch anteilig höhere Steuerkraft nachweisen konnte. Beide Faktoren haben zu einer insgesamt und anteilig geringeren Schlüsselzuweisung maßgeblich beigetragen. Eine Beurteilung, ob die Stadt diese Entwicklung hätte vorhersehen können, ist von hier aus nicht möglich. Abweichungen in dieser Größenordnung sind aber zumindest nicht unüblich. Überraschend kam diese Entwicklung daher nicht. 3. In welcher Höhe hat die Stadt Clausthal-Zellerfeld in den Jahren 2013 bis 2017 Bedarfszuweisungen vom Land erhalten? Die Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld ist durch gemeindliche Neubildung zum 1. Januar 2015 aus der ehemaligen Samtgemeinde Oberharz und ihren Mitgliedsgemeinden Bergstadt Clausthal-Zellerfeld, Bergstadt Altenau, Bergstadt Wildemann und Gemeinde Schulenberg im Oberharz entstanden. Die Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld hat seit ihrem Bestehen Bedarfszuweisungen in Höhe von insgesamt 2,84 Millionen Euro erhalten. Zuvor hatte die ehemalige Samtgemeinde Oberharz in den Jahren 2013 und 2014 Bedarfszuweisungen in Höhe von insgesamt 5,670 Millionen Euro vereinnahmt. Unabhängig vom Bedarfszuweisungsverfahren hat die ehemalige Samtgemeinde Oberharz auf Grundlage des am 3. Dezember 2014 unterzeichneten Zukunftsvertrags eine Entschuldungshilfe in Höhe von 16 178 520,96 Euro erhalten. 4. Das Land stellt für Zukunftsprojekte eine Förderung aus EU- und Landesmitteln in Höhe von bis zu 95 % in Aussicht. Bei welchen Projekten hat die Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld die Kofinanzierung des Landes beantragt, um die Stadt und die Entwicklung der Stadt voranzubringen? Die Landesregierung stellt seit 2015 Mittel bereit, um besonders finanzschwache Kommunen bei der Kofinanzierung von Maßnahmen im Rahmen der Förderung mit Mittel aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) zu unterstützen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/237 3 Die Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld hat bisher für folgende Projekte ergänzende Zuweisungen (Kofinanzierung durch das Ministerium für Inneres und Sport) beantragt: 1. Fassadensanierung Rathaus Clausthal-Zellerfeld, 2. Inwertsetzung bergbaulicher Anlagen: Ottiliaeschacht, 3. Kultur/KMU - Regionale Entwicklung durch Attraktivierung touristischer Infrastruktur und Vernetzung im UNESCO Weltkulturerbe Bergwerk Rammelsberg, Altstadt Goslar und Oberharzer Wasserregal, 4. bauliche Erweiterung Nationalparkbesucherzentrum Torfhaus. Aufgrund der unterschiedlich auslegbaren Abgrenzung der Frage wird die Landesregierung eine Abfrage unter den Ressorts durchführen, ob die Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld oder ihre Vorgängerkommunen seit 2013 Landesmittel aus anderen Programmen beantragt haben. Diese Abfrage wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, die Ergebnisse werden unaufgefordert nachgereicht. 5. Wie beurteilt das Land Niedersachsen die finanzielle Situation der Stadt Clausthal-Zellerfeld ? Der Haushaltsplanung der Berg- und Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld weist regelmäßig hohe Defizite auf. Im Rahmen des am 3. Dezember 2014 mit dem Landkreis Goslar und dem Land Niedersachsen abgeschlossenen Zukunftsvertrags verpflichtete sich die Stadt, das Saldo im Ergebnishaushalt auf 1 485 000 Euro, d. h. auf 50 % des Defizites des Haushaltes 2011, zu begrenzen; langfristig soll dieser Wert deutlich - bis hin zum Haushaltsausgleich - unterschritten werden. Im Haushaltsjahr 2017 sah der Haushalt in der Fassung des 2. Nachtrags einen Fehlbetrag im ordentlichen Ergebnis von 1 335 316 Euro vor. Die Plandaten der Folgejahre überschreiten hingegen mit jeweils ca. 1,7 Millionen Euro das Ziel des Zukunftsvertrags. Vor diesem Hintergrund haben das Innenministerium und die Kommunalaufsicht des Landkreises Goslar Ende November 2017 ein Haushaltsgespräch mit der Stadt geführt, in dem die Hintergründe der Haushaltsverschlechterungen und mögliche Lösungsansätze erörtert wurden. Abweichend von der Haushaltsplanung weisen die Jahresabschlüsse der letzten Jahre eine sehr viel erfreulichere Haushaltsentwicklung auf. Seit dem Jahr 2013 gelingt es der Stadt, im Jahresabschluss einen Ausgleich zu erreichen bzw. Überschüsse zu erwirtschaften. Zum Stichtag 30. September 2017 lagen die Liquiditätskredite mit ca. 4,5 Millionen Euro nur halb so hoch wie es im Rahmen der Vertragsverhandlungen für das Jahr 2017 prognostiziert wurde. Neben einer erfreulichen Entwicklung des Steueraufkommens kann der Stadt auch eine hohe Haushaltsdisziplin bei der unterjährigen Haushaltsbewirtschaftung attestiert werden. Ziel muss es jedoch sein, auch in der Haushaltsplanung die Ziele des Zukunftsvertrags und langfristig auch einen Haushaltsausgleich zu erreichen. Hierzu sind weitere Konsolidierungsanstrengungen erforderlich. An den Zielen des Zukunftsvertrages wird seitens des Landes festgehalten. 6. Waren die Konsolidierungsbemühungen der letzten Jahre ausreichend, um die finanzielle Lage der Stadt zu stabilisieren, oder sind weitere erhöhte Anstrengungen erforderlich ? Siehe Antwort zu Frage 5. (Verteilt am ) (Verteilt am 30.01.2018) Drucksache 18/237 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Teilantwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Petra Emmerich-Kopatsch (SPD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Hat das Land die Schlüsselzuweisungen für Clausthal-Zellerfeld gesenkt?