Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2386 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Rechte Szene im Großraum Braunschweig Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg und Imke Byl (GRÜNE), eingegangen am 05.11.2018 - Drs. 18/2102 an die Staatskanzlei übersandt am 14.11.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 12.12.2018 Vorbemerkung der Abgeordneten Neben dem „Tag der deutschen Zukunft“ im Frühjahr des Jahres 2018 fällt die niedersächsische rechte Szene vor allem mit Aktivitäten im Großraum Braunschweig auf. In Brauschweig tauchten in den letzten Monaten Schmierereien mit rassistischem und nationalistischem Inhalt auf1. Das Bündnis gegen Rechts Braunschweig berichtet von einer immer stärkeren Aktivität. Sowohl in Goslar als auch in Salzgitter sind Bürgerwehren im Rahmen der bundesweiten NPD-Kampagne „Schafft Schutzzonen“ entstanden, die propagieren, gegen vermeintliche Gefahrenzonen vorzugehen2. Im Jahr 2017 gab es in Peine eine Demonstration der Gruppe „Patrioten Niedersachsen“. Die Gruppe „Kollektiv-Nordharz“ hat sich im Januar zugunsten eines „Großkreisverbands Süd-Ost-Niedersachsen “ der Partei „Die Rechte“ aufgelöst. 2017 richtete die Jugendorganisation der NPD die „Jungen Nationalisten“ ein Kampfsportseminar aus, an dem auch russische Neonazis teilnahmen3. Vorbemerkung der Landesregierung Den Erkenntnissen der niedersächsischen Sicherheitsbehörden zufolge bilden in Niedersachsen rechtsextremistische Gruppierungen und Personenpotenziale keine flächendeckend homogene Szene. Diese sind zumeist regional bezogen, insbesondere im Großraum Braunschweig. Ferner setzt sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden zudem der Trend, dass rechtsextremistische Gruppierungen mit hierarchischen Strukturen an Bedeutung verlieren, in den letzten Jahren in Niedersachsen weiter fort. Überwiegend traten lose Gruppierungen mit einem wenige Personen umfassenden Kern respektive in Form sogenannter Aktionsgruppen in Erscheinung. Unter diesen Kleingruppen lassen sich u. a. drei Gruppierungen aus dem Großraum Braunschweig subsumieren : „Adrenalin Braunschweig“, „Die Rechte Großkreisverband Süd-Ost Niedersachsen“, „NPD/JN Braunschweig“. Die Aktivitäten dieser Gruppierungen äußern sich grundsätzlich durch einen seit Jahren bekannten, festen Personenkreis, der im Großraum Braunschweig verwurzelt ist. Der Personenkreis ist der örtlichen Polizei und dem Landeskriminalamt Niedersachsen bekannt und steht fortlaufend im Fokus der örtlich zuständigen Behörden. 1 https://www.braunschweiger-zeitung.de/braunschweig/article215639673/Neonazi-Schmierereien-im- Braunschweiger-Univiertel.html 2 https://www.news38.de/harz/article215642017/Schutzzone-in-Goslar-Polizei-haelt-dagegen.html 3 https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2017/11/23/white-rex-kampfsporttraining-mit-russischemneonazi _25081 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2386 2 1. Wie schätzt die Landesregierung die Entwicklung der rechten Szene im Großraum Braunschweig in den letzten Jahren ein? Den niedersächsischen Sicherheitsbehörden zufolge werden seit dem Zerfall der Gruppierung „Aktionsbündnis 38“ im Jahr 2014 die rechtsextremistischen Aktivitäten im Raum Braunschweig weitgehend von den Jungen Nationalisten (JN) geprägt. Von dieser Gruppe gingen die kurzzeitig festzustellenden Schutzzonen-Aktivitäten vornehmlich in Salzgitter und weitere vor allem gegen Parteien und Verbände wie Gewerkschaften gerichtete Protestformen aus. Die örtlichen Vertreter der vorgenannten NPD-Jugendorganisation sind eng mit der niedersächsischen Neonaziszene vernetzt. Beispiele sind zahlreiche gemeinsame Veranstaltungen und die Unterstützung durch Angehörige der Neonaziszene bei Infotischen oder Kundgebungen der JN sowie im vergangenen Jahr die Sonnenwendfeier in Eschede (Landkreis Celle) mit rund 120 Teilnehmenden oder ein „Heldengedenken“ von etwa 40 Rechtsextremisten im Landkreis Gifhorn. Gleiches gilt für die Teilnahme von Neonazis an überregionalen Stammtischen der JN und an deren Vortrags- und Infoveranstaltungen, aber auch an einem von der NPD-Parteijugend organisierten Selbstverteidigungs- bzw. Kampfsportseminar im November 2017. Die Aktivitäten der JN Braunschweig befinden sich seit Jahren im Vergleich zu anderen Regionen auf einem beständig hohen Niveau. Eine Besonderheit waren die Ausrichtung des „Tages der deutschen Zukunft“ in Goslar am 02.06.2018 und die dazu gehörigen Vorbereitungen. Die Teilnehmerzahl auf rechtsextremistischer Seite fiel geringer aus als vom Veranstalter angestrebt. Darüber hinaus ist in jüngster Zeit die Gruppe „Adrenalin BS“ in sozialen Netzwerken und bei Versammlungen in Erscheinung getreten (vgl. Antwort zu Frage 11). 2. Welches Personenpotenzial hat die rechte Szene im Großraum Braunschweig in den letzten Jahren? Der niedersächsische Verfassungsschutz rechnet der rechtsextremistischen Szene im Großraum Braunschweig ein Personenpotenzial im niedrigen dreistelligen Bereich zu. Feststellbar ist hierbei, dass insbesondere Angehörige der Neonazi-Szene und der JN in mehreren Gruppierungen agieren oder sich gegenseitig bei den jeweiligen Aktivitäten unterstützen. 3. Welches Gewaltpotenzial sieht die Landesregierung in dieser oben beschriebenen Szene ? Nach Erkenntnissen des niedersächsischen Verfassungsschutzes traten sowohl einzelne Angehörige der neonazistischen Szene im Raum Braunschweig als auch Mitglieder der NPD/JN und der Partei Die Rechte mitunter durch Gewaltdelikte in Erscheinung. Im bisherigen Verlauf des Jahres 2018 sind im Bereich der Polizeidirektion Braunschweig acht Gewaltdelikte (Körperverletzungen) zu verzeichnen, denen eine rechte Motivation zugeordnet wird. Auch wenn die vorgenannten Gewaltdelikte überwiegend nicht unmittelbar Mitgliedern der Gruppierung „Adrenalin BS“ zugerechnet werden können, geht nach Einschätzung der Polizeidirektion Braunschweig von dieser Gruppierung, die Beziehungen in die Hooligan-Szene pflegt, ein Gewaltpotenzial aus. Eines der bisher bekannt gewordenen vorgenannten Körperverletzungsdelikte wird einem Angehörigen der Gruppierung konkret angelastet. 4. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um auf die oben beschriebene Entwicklung zu reagieren? Die Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität - rechts - und des Extremismus bilden Aufgabenschwerpunkte der niedersächsischen Sicherheitsbehörden. Trotz zuletzt festzustellender deutlich zurückgehender Fallzahlen im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität wird sich die Landesregierung weiterhin entschlossen gegen dieses Phänomen stellen. Die niedersächsischen Si- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2386 3 cherheitsbehörden begegnen dem Phänomen mit gefahrenabwehrenden, strafverfolgenden und präventiven Maßnahmen. Die Polizeidirektion Braunschweig berichtete, gegen Bestrebungen der rechtsextremistischen Szene bei niedriger Einschreitschwelle alle erforderlichen und möglichen Maßnahmen zu treffen, um Rechtsverstöße zu verhindern oder zu ahnden. Bei Bekanntwerden von Aktionen der rechten Szene wird im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften beispielsweise durch erhöhte Streifentätigkeit, Präsenz und sofortiges Einschreiten konsequent versucht, eine Verfestigung der Szene zu unterbinden . Dazu findet auch eine Auswertung der sozialen Medien begleitend statt. Bei der Polizeiinspektion Braunschweig ist eine Ermittlungsgruppe eingerichtet, die sich zielgerichtet mit den Mitgliedern der rechtsextremistischen Szene befasst. In der Extremismusprävention kommt insbesondere der Schulung von Berufsgruppen der Jugendund Bildungsarbeit eine besondere Bedeutung zu. Beispielsweise bietet dafür der niedersächsische Verfassungsschutz in Kooperation mit Schulen und anderen Bildungseinrichtungen Unterstützung an, um denen, die täglich mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen arbeiten, Kenntnisse über extremistische Ideologien zu vermitteln. Sie sollen damit in die Lage versetzt werden, frühzeitig Radikalisierungsprozesse zu erkennen und notwendige Maßnahmen ergreifen zu können. Insbesondere der Schule kommt als Institution, die jeder junge Mensch für einen bestimmten Zeitraum durchläuft, eine besondere Rolle in der Primärprävention zu. Ein wesentliches Element der Präventionsarbeit des niedersächsischen Verfassungsschutzes ist die Wanderausstellung „Gemeinsam gegen Rechtsextremismus“. Die Ausstellung gibt insbesondere Einblicke in die rechtsextremistische Jugendszene, hierbei werden die Informationen über den Rechtsextremismus innerhalb der Ausstellung u. a. anhand einschlägiger Musik (hören), Internetpropaganda (sehen & hören) und Szenebekleidung (tasten & sehen) vermittelt. Diese Ausstellung war im Jahr 2017 in der Region u. a. in Osterode am Harz und in Wolfsburg zu Gast. 5. Welche Demonstrationen und Kundgebungen wurden im Großraum Braunschweig von extrem rechten Gruppierungen seit 2016 angemeldet und haben stattgefunden (bitte aufschlüsseln nach Datum, organisierender Gruppierung, thematischer Ausrichtung, Ort)? Eine auf der Auswertung der niedersächsischen Sicherheitsbehörden vorliegenden Erkenntnisse beruhende Darstellung ist als Anlage beigefügt. 6. Hat die Landesregierung Kenntnis darüber, ob es sich bei den beiden bisher öffentlich bekannt gewordenen „Schutzzonen“-Gruppen in Salzgitter und Goslar um unterschiedliche Personengruppen handelt? Die sogenannten Schutzzonen-Aktionen basierten auf der bundesweiten Kampagne der NPD. Die in der Frage genannten Aktionen wurden nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden von den Jungen Nationalisten Braunschweig durchgeführt. Insofern handelte es sich nicht um unterschiedliche Gruppierungen. Einzelpersonen aus Goslar und Salzgitter waren an den jeweils im anderen Ort durchgeführten Aktionen beteiligt. a) Gibt es Überschneidungen bei den an den Aktionen beteiligten Personen? Ja, siehe Antwort zu Frage 6. b) Hat die Landesregierung Kenntnis darüber, ob es weitere ähnliche Aktionen oder Gründungen von Bürgerwehren im Großraum Braunschweig gegeben hat? Ja, im Sinne dieser Fragestellung sind zu berücksichtigen: – Präsenz in sozialen Medien mit der Bezeichnung „Schutzzone Braunschweig“; eine weitere Umsetzung in der Realität ist den niedersächsischen Sicherheitsbehörden nicht bekannt geworden. – Präsenz in sozialen Medien mit der Bezeichnung „Schutzzone Peine“; eine weitere Umsetzung in der Realität ist den niedersächsischen Sicherheitsbehörden nicht bekannt geworden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2386 4 – Bildung der sich als solche selbst bezeichnenden „Bürgerwehr Landkreis Goslar“ Ende 2015/Anfang 2016 mit Durchführung einer Versammlung im Januar 2016 unter dem Thema „Langelsheim wacht auf“ und Ankündigung eines „Spaziergangs“ im sozialen Netzwerk Facebook , dessen Umsetzung polizeilich nicht festgestellt wurde. Mit Blick auf den Begriff „Bürgerwehr “ wird insofern auf die Beantwortung der Dringlichen Anfrage „Selbst ernannte Bürgerwehren in Niedersachsen“ (Drs. 17/5161) und der Kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung „Erkenntnisse über die Gruppierung Schutzzone Salzgitter“ (Drs. 18/1664) hingewiesen. 7. Welche Aktivitäten sind der Landesregierung über den „Großkreisverband Süd-Ost-Niedersachsen “ bekannt? Wie hoch schätzt die Landesregierung das aktuelle Personenpotenzial /die Mitgliederzahl der Gruppierung ein? Der „Großkreisverband Süd-Ost-Niedersachsen“ wurde am 06.01.2018 von Mitgliedern des zuvor aufgelösten „Kollektiv Nordharz“ gegründet. Das Personenpotenzial des „Großkreisverbands Süd- Ost-Niedersachsen“ der Partei Die Rechte wird auf ca. 10 bis 15 Personen geschätzt. In den vergangenen Monaten konnte festgestellt werden, dass die Aktivitäten des „Großkreisverbands Süd- Ost-Niedersachsen“ beinahe zum Erliegen gekommen sind. Vereinzelt konnte man einige Mitglieder des „Großkreisverbands Süd-Ost-Niedersachsen“ bei versammlungsrechtlichen Aktionen feststellen . Die dem niedersächsischen Verfassungsschutz im Einzelnen bekannt gewordenen Aktivitäten des „Großkreisverbands Süd-Ost-Niedersachsen“ sind der Antwort auf die Frage 5 zu entnehmen . Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes löste sich der „Großkreisverband Süd-Ost-Niedersachsen “ der Partei Die Rechte unmittelbar nach der Durchführung des „10. Tags der Deutschen Zukunft“ auf. 8. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Gruppierung „Patrioten Niedersachsen “? Wie hoch schätzt die Landesregierung das aktuelle Personenpotenzial der Gruppierung ein? Nach den Erkenntnissen der niedersächsischen Sicherheitsbehörden traten die „Patrioten Niedersachsen “ erstmals am 03.02.2018 öffentlich in Erscheinung, als unter diesem Namen eine Kundgebung mit dem Titel „Gegen Fehlpolitik und für soziale Gerechtigkeit dem deutschen Volke“ mit anschließender Demonstration in Peine stattfand. Anmelder war ein Rechtsextremist aus Schleswig- Holstein. Der Anmelder ist nicht in Niedersachsen aktiv und in der Vergangenheit nicht nur vom linken , sondern insbesondere auch vom rechten Spektrum eindeutig als isolierte Einzelperson dargestellt worden. Zur Demonstration fanden sich Personen aus unterschiedlichen Gruppierungen der bundesweiten rechten Szene ein. Insgesamt nahmen rund 90 Personen teil, von denen etwa ein Drittel dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet werden konnte. Unter den Teilnehmern befanden sich auch Angehörige aus dem Umfeld der rechtsextremistischen Organisationen „Thügida“, „Wir lieben Sachsen e. V.“ und der mittlerweile aufgelösten „Volksbewegung Niedersachsen“ sowie Vertreter der JN Braunschweig und der Partei Die Rechte. Der Name „Patrioten Niedersachsen“ wurde als Oberbegriff für die Versammlungsanmeldung genutzt . Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass die „Patrioten Niedersachsen“ keine feste Gruppierung darstellen. Nach den vorliegenden Erkenntnissen steht hinter den „Patrioten Niedersachsen “ lediglich der zuvor erwähnte Rechtsextremist aus Schleswig-Holstein. Für den 30.06.2018 meldete dieselbe Person eine identische Kundgebung in Celle an. Trotz mehrwöchiger Mobilisierung via Facebook fanden sich an besagtem Datum - inklusive Anmelder - lediglich drei Teilnehmer in Celle ein. Nach kurzer Rücksprache mit der Polizei entschieden sich die Teilnehmer dazu, die Kundgebung nicht durchzuführen. Nach dem 30.06.2018 wurden keine weiteren Aktivitäten festgestellt. Auch die Präsenz der „Patrioten Niedersachsen“ in dem sozialen Netzwerk „Facebook“ wurde zwischenzeitlich eingestellt. Der niedersächsische Verfassungsschutz geht davon aus, dass zum einen die negative Resonanz im Nachgang der gescheiterten Kundgebung in Celle, zum anderen die ohnehin sehr geringe Akzeptanz des Anmelders innerhalb der rechtsextremistischen Szene maßgeblich zu der Einstellung der Aktivitäten geführt haben. Die hohe Teilnehmerzahl in Peine ist demzufolge weniger auf das Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2386 5 Mobilisierungspotenzial der „Patrioten Niedersachsen“ zurückzuführen. Vielmehr nutzten die regional verorteten Akteure der rechtsextremistischen Szene die Kundgebung als Plattform für ihre eigene Agenda. So wurde beispielsweise im Rahmen der Veranstaltung für den „Tag der deutschen Zukunft“ mobilisiert. 9. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die NPD-Jugendorganisation im Großraum Braunschweig? Wie hoch schätzt die Landesregierung das aktuelle Personenpotenzial /die Mitgliederzahl der Organisation ein? Die Jungen Nationalisten (JN) Braunschweig sind die derzeit aktivste Organisationseinheit der NPD Niedersachsen. Neben zahlreichen Aktivitäten innerhalb ihres Stützpunkts nehmen JN-Mitglieder an bundesweiten, teils auch im Ausland stattfindenden rechtsextremistischen Kundgebungen teil. Die JN wird im Großraum Braunschweig maßgeblich durch eine männliche Person aus Braunschweig geprägt, die das Amt des Unterbezirksvorsitzenden wahrnimmt. Diese hat in den vergangenen Jahren mehrfach Versammlungen angezeigt und durchgeführt, wobei rechtliche Vorgaben wie das Versammlungsrecht berücksichtigt wurden. Einige der angezeigten Versammlungen wurden von den zuständigen Kommunen untersagt; der Untersagung wurde Folge geleistet. Die JN Braunschweig umfassen derzeit etwa zehn Personen. 10. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die „Identitäre Bewegung“ im Großraum Braunschweig? Wie hoch schätzt die Landesregierung das aktuelle Personenpotenzial /die Mitgliederzahl der Gruppierung ein? Schwerpunkte der Identitären Bewegung (IB) in Niedersachsen sind neben dem Raum Lüneburg insbesondere der Großraum Hannover-Hildesheim-Braunschweig. Nach Erkenntnissen des niedersächsischen Verfassungsschutzes können der IB in diesem Bereich insgesamt etwa 30 Personen zugeordnet werden. Hiervon haben einzelne Personen ihren Wohnsitz im Raum Braunschweig. Als Anhänger der IB sind im Großraum Braunschweig zwei Personen bekannt. Plakat- bzw. Transparentaktionen unbekannter Angehöriger der IB haben im September und Dezember 2017 in Braunschweig stattgefunden. Im Jahr 2018 konnten keine größeren öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten der IB im Raum Braunschweig festgestellt werden. Nach Erkenntnissen des niedersächsischen Verfassungsschutzes kam es dort zu kleineren Banneraktionen sowie zu vereinzelten Stammtischen. Mitglieder der IB aus dem Raum Braunschweig konnten jedoch bei überregionalen Veranstaltungen oder Aktionen im Bundesgebiet festgestellt werden. Daneben ist bekannt, dass sich im März 2018 in Goslar drei Anhänger der IB aus Sachsen-Anhalt auf dem Marktplatz mit einer Fahne der IB fotografiert haben. 11. Welche Erkenntnis hat die Landesregierung über die Gruppe „Adrenalin BS“ im Großraum Braunschweig? Wie hoch schätzt die Landesregierung das aktuelle Personenpotenzial /die Mitgliederzahl der Gruppierung ein? Es liegen Erkenntnisse zu zwei bekannten Mitgliedern der Gruppierung vor, und daneben wird von ca. fünf Unterstützern ausgegangen. Bis auf die Teilnahme an einer Versammlung in Chemnitz durch die beiden bekannten Personen sind bisher lediglich Auftritte in sozialen Netzwerken des sich dort selbst darstellenden Personenkreises „Adrenalin BS“ festzustellen. Beide bekannte Personen pflegen offenbar Beziehungen in die Hooligan-Szene. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2386 6 12. Welche Erkenntnis hat die Landesregierung über die AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ im Großraum Braunschweig? Wie hoch schätzt die Landesregierung das aktuelle Personenpotenzial/die Mitgliederzahl der Organisation ein? Nach Erkenntnissen des niedersächsischen Verfassungsschutzes umfasst der Bezirksverband Braunschweig der Jungen Alternative (JA) Niedersachsen den ehemaligen Regierungsbezirk Braunschweig und damit sieben Landkreise sowie drei kreisfreie Städte im südöstlichen Niedersachsen . Die JA Braunschweig verfügt schätzungsweise über ein Personenpotenzial im knapp zweistelligen Bereich. Dabei ist festzustellen, dass in der Vergangenheit Mitglieder anderer niedersächsischer JA-Bezirksverbände an Aktionen und Veranstaltungen im Großraum Braunschweig beteiligt waren und sich das mobilisierbare Personenpotenzial somit vereinzelt auf etwa 25 Personen vergrößern konnte. Bereits im November 2016 führte der Bezirksverband Braunschweig seine Jahreshauptversammlung mit anschließender Kundgebung in Goslar mit acht Personen durch. Sowohl das Aktivitätsniveau der JA Braunschweig als auch ihr politischer Einfluss auf den Landesverband der JA Niedersachsen sind als hoch einzuschätzen. Die Mehrheit des bis September 2018 tätigen Landesvorstands kann dem Großraum Braunschweig bzw. dem Raum Südostniedersachsen zugeordnet werden. Diese Personen initiierten einen Großteil der seit 2017 durchgeführten Aktivitäten (Demonstrationen, Veranstaltungen, Aktionen) und koordinierten die Teilnahmen der JA an externen Veranstaltungen, u. a. in Braunschweig, Peine, Salzgitter, Göttingen und Goslar. Der Landesverband der JA wurde aufgelöst. 13. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung, wie die in den Fragen 6 bis 11 genannten Gruppierungen miteinander vernetzt sind? Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden bestehen in Niedersachsen personelle Überschneidungen zwischen der Jungen Alternative (JA) und der Identitären Bewegung (IB) sowie auf persönlicher Ebene zwischen der JA und den Jungen Nationalisten (JN) in Braunschweig (siehe hierzu die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung „Nimmt der niedersächsische Verfassungsschutz jetzt den Bundesverband der ‚Jungen Alternative‘ in den Blickpunkt?“, Drs. 18/1772). Einige der Gruppierungen sind u. a. durch dort agierende Führungsaktivisten miteinander bekannt. Bekannt sind dazu Verbindungen des sich aufgelösten „Großkreisverbands Süd- Ost-Niedersachsen“ der Partei „Die Rechte“ zu den JN. Vereinzelt kommt es zu wechselseitigen Teilnahmen an Veranstaltungen der verschiedenen Gruppierungen. Es ist zu berücksichtigen, dass die rechtsextremistische Szene zudem durch ein erlebnisorientiertes Verhalten ihrer wenigen Mitglieder auffällt, worin auch ein reges Interesse an der Teilnahme an Veranstaltungen anderer Gruppierungen begründet ist. Es handelt sich insbesondere um Bekanntschaften unter den Aktivisten , die zu einem Teilnehmeraustausch führen. Eine Vernetzung der Gruppierungen kann derzeit - über persönliche Kennverhältnisse hinaus - nicht bestätigt werden. 14. Welche Bedeutung hat der Kampfsport für die niedersächsische Rechte? Kampfsport hat in den letzten Jahren bundesweit unter Rechtsextremisten an Bedeutung gewonnen , so auch in Niedersachsen. Beispiele für diese Entwicklung sind Teilnahmen an Kampfsportveranstaltungen in verschiedenen Bundesländern. Über eine darüber hinausgehende Kampfsportaffinität der niedersächsischen Rechtsextremisten insgesamt kann derzeit keine Aussage getroffen werden. In den letzten sechs Jahren haben zwei Veranstaltungen in Hildesheim (2012) und Harburg (2013) unter dem Namen „Fight Night“ stattgefunden. Am 18.11.2017 fand in Cremlingen (LK Wolfenbüttel ) ein Kampfsport- und Selbstverteidigungsseminar unter dem Label „White Rex“ statt. Zusammengefasst handelte es sich bei den genannten Kampfsportveranstaltungen um Veranstaltungen, bei denen Angehörige der rechtsextremistischen Szene an der Organisation beteiligt und sowohl im Publikum als auch bei den Kämpfern vertreten waren. Dennoch handelte es sich bei den vorgenannten Veranstaltungen nach Bewertung der niedersächsischen Sicherheitsbehörden nicht um „politische“ Veranstaltungen. Die Kämpfe und somit der Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2386 7 Sport standen im Vordergrund, und politische Themen spielten über den gesamten Veranstaltungszeitraum keine nennenswerte Rolle. Während der Veranstaltung wurde durch die Organisatoren darauf geachtet, dass keine eindeutigen rechtsextremistischen Bezüge zu erkennen waren und dass es nicht zu strafbaren Handlungen kam. a) Welche rechtsradikalen Kampfsportevents oder Trainings wurden 2016 bis heute im Großraum Braunschweig organisiert und durchgeführt? Siehe Antwort zu Frage 14. b) Wer sind die Veranstalterinnen und Veranstalter, Sponsorinnen und Sponsoren und Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Events? Veranstalter des Kampfsport- und Selbstverteidigungsseminares am 18.11.2017 in Cremlingen (LK Wolfenbüttel) waren die JN Braunschweig. Auf den im Internet einsehbaren Lichtbildern sind Einzelpersonen zu erkennen, die zumindest in Verbindung zur JN stehen. Das „Training“ wurde von dem Label „White Rex“ unter der Leitung eines russischen Rechtsextremisten durchgeführt. Bei „White Rex“ handelt es sich um eine rechtsextremistische, russische Bekleidungsmarke, die Verbindungen nach Deutschland aufweist, insbesondere für das Sponsoring von Kampfsportveranstaltungen (u. a. „Kampf der Nibelungen“) in Ostdeutschland. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2386 8 Anlage (Verteilt am 14.12.2018) Drucksache 18/2386 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Julia Willie Hamburg und Imke Byl (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Rechte Szene im Großraum Braunschweig Anlage