Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2422 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Wo liegen die gefährlichen Orte in Niedersachsen? Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP), eingegangen am 13.11.2018 - Drs. 18/2119 an die Staatskanzlei übersandt am 15.11.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 14.12.2018 Vorbemerkung des Abgeordneten Die Neue Osnabrücker Zeitung (NOZ) berichtete am 13.11.2018, dass es im Norden 20 sogenannte gefährliche Orte gebe, die die Polizei intern benannt habe. An diesen Orten hätten die Beamten Sonderrechte wie Kontrollen von Personen ohne konkreten Verdacht. An diesen Orten sei eine Häufung von Straftaten wie Drogenhandel, Prostitution und Gewalt zu verzeichnen. „Es braucht keine akute Gefahr, es reicht die abstrakte Möglichkeit, dass es zu Straftaten kommen könnte. Auch eine Videoaufzeichnung ist an diesen Brennpunkten erlaubt“ (NOZ, 13.11.2018). Das Innenministerium in Niedersachsen führe keine Liste über die benannten Orte. In Osnabrück, Lüneburg und Hannover gebe es jedoch keine gefährlichen Orte. Auch die Polizeidirektionen würden die Orte aus polizeitaktischen Hintergründen nicht öffentlich benennen. Andere Bundesländer, wie Hamburg, Bremen, Berlin und Nordrhein-Westfalen, würden diese Orte jedoch offenlegen (NOZ, 13.11.2018). Vorbemerkung der Landesregierung Nach dem Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) sind verschiedene Eingriffsbefugnisse der Verwaltungsbehörden und der Polizei ortsbezogen ausgestaltet und an ein vermehrtes Kriminalitätsaufkommen am Ort der Maßnahme geknüpft. So können Identitätsfeststellungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 Nds. SOG) und die Durchsuchung von Personen und Sachen (§§ 22 Abs. 1 Nr. 4, 23 Abs. 1 Nr. 4 Nds. SOG) u. a. durchgeführt werden, wenn eine Person an einem Ort angetroffen wird, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung oder die in den §§ 232 und 233 StGB genannten Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben, sich Personen aufhalten, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen, oder sich Personen verbergen, die wegen Straftaten gesucht werden . Eine Videoüberwachung mit Bildaufzeichnung kann nach § 32 Abs. 3 Nds. SOG u. a. erfolgen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass an den beobachteten Orten oder in deren unmittelbarer Umgebung künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten nach § 224 StGB begangen werden. Entsprechende Vorschriften finden sich auch in den Polizeigesetzen der anderen Länder. Ein besonderes Verfahren zur Festlegung von Orten im Sinne dieser Vorschriften besteht nicht; es handelt sich insoweit um die unmittelbar anzuwendenden Voraussetzungen der Eingriffsbefugnisse . Die Polizei in Niedersachsen macht von den ortsbezogenen Eingriffsbefugnissen Gebrauch und ordnet Orte entsprechend den Eingriffsvoraussetzungen ein. Es gibt jedoch weder „No-go-areas“ Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2422 2 noch Kriminalitätsschwerpunkte, die die Bürgerinnen oder Bürger in Niedersachsen veranlassen, solche räumlichen Bereiche zu meiden. 1. Welche genauen Gründe sprechen gegen eine Offenlegung der benannten Orte? Die Polizeibehörden entscheiden aufgrund interner Bewertung eigenverantwortlich über die Benennung der von der Neuen Osnabrücker Zeitung abgefragten „gefährlichen Orte“ mit dem Ziel, und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit die Identität von Personen festzustellen sowie diese und ihre mitgeführten Sachen durchsuchen zu können. Diese Kontrollmaßnahmen an „gefährlichen Orten“ sind ein rechtlich zulässiges und taktisch etabliertes Instrumentarium der Polizei in Niedersachsen. Eine allgemeine Veröffentlichung dieser Orte kann dazu führen, dass das Ziel der Maßnahme insgesamt gefährdet wird oder zumindest in Teilen nicht zu der gewünschten präventiven Wirkung führt. 2. Wie bewertet die Landesregierung, dass andere Bundesländer diese Orte offenlegen? Die Landesregierung kommentiert oder bewertet öffentlich grundsätzlich keine Entscheidungen, die außerhalb ihres eigenen Zuständigkeitsbereichs liegen. 3. An welchen Orten in Niedersachsen können Polizeibeamte nach § 13 Abs. 1 NSOG Identitätsfeststellungen durchführen? Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Frage auf Identitätsfeststellungen nach den in den Vorbemerkungen näher erläuterten Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 2 Nds. SOG bezieht und nicht auf Identitätsfeststellungen unter den in den übrigen Nummern des § 13 Abs. 1 Nds. SOG aufgeführten Voraussetzungen. Da eine allgemeine Veröffentlichung dieser Orte - wie unter Frage 1 dargestellt - dazu führen kann, dass das Ziel der Maßnahme insgesamt gefährdet wird oder zumindest in Teilen nicht zu der gewünschten präventiven Wirkung führt, kann dem Auskunftsverlangen in einer der Öffentlichkeit zugänglichen Antwort auf eine sogenannte Kleine Anfrage nicht nachgekommen werden, weil ansonsten Nachteile für das Wohl des Landes Niedersachsen zu befürchten sind. Um der verfassungsrechtlich verankerten Informationspflicht gegenüber dem Landtag dennoch nachzukommen und gleichzeitig Nachteile für das Wohl des Landes zu vermeiden, wird angeboten, zu Frage 3 im Ausschuss für Inneres und Sport in vertraulicher Sitzung durch die Landesregierung zu unterrichten . 4. Wer genau benennt diese Orte? Die Anordnungskompetenz für Identitätsfeststellungen gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 Nds. SOG liegt bei Verwaltungsbehörden und Polizei. Im Regelfall erfolgt die Einstufung der Örtlichkeit durch die Leitung der örtlich zuständigen Polizeidienststelle . Hinsichtlich der nach Frage 3 in vertraulicher Sitzung zu benennenden Orte wurde die Einstufung durch die jeweilige Leitung der Polizeidienststelle vorgenommen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2422 3 5. An welchen Orten in Niedersachsen können Polizeibeamte nach § 22 NSOG Personen kontrollieren und durchsuchen? Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Frage auf die Personendurchsuchung nach § 22 Abs. 1 Nr. 4 Nds. SOG bezieht und nicht auf Personendurchsuchungen nach den übrigen Nummern des § 22 Abs. 1 Nds. SOG. Eine solche Durchsuchung der Person kann erfolgen, wenn sie an einem in § 13 Abs. 1 Nr. 2 Nds. SOG genannten Ort angetroffen wird. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung und die Beantwortung der Frage 3 verwiesen. 6. An welchen Orten in Niedersachsen findet eine Datenerhebung nach § 32 Abs. 3 NSOG statt? Alle Standorte polizeilicher Videoüberwachungsanlagen in Niedersachsen werden seit dem 16.10.2014 als Videoanlagenkataster im Internet (https://www.mi.niedersachsen.de/themen/in nere_sicherheit/polizei/allgemeines_ueber_polizei/videoueberwachung_polizei_niedersachsen/vi deoueberwachung-der-polizei-niedersachsen-126954.html) veröffentlicht. Das Videoanlagenkataster wird fortlaufend aktualisiert. Darüber hinaus wurden im Zeitraum vom 01.01.2017 bis 01.10.2018 folgende temporäre polizeiliche Datenerhebungen mittels mobiler Anlagen durchgeführt: Polizeidirektion Braunschweig: – Braunschweig, Bereich Innenstadt, Kameraeinsatz im Rahmen des Karnevalsumzugs „Schoduvel “ am 26.02.2017 sowie am 11.02.2018, – Wolfsburg, Innenstadt, Veranstaltungsfläche des „Tag des Niedersachsen“ vom 01.09.2017 bis 03.09.2017. Polizeidirektion Osnabrück: – Fußballspiele des Vfl Osnabrück am Stadion/Bremer Brücke sowie an der Katharinenstraße am 26.01.2017, 28.01.2017, 02.04.2017 sowie 18.03.2018, – Fußballspiele des SV Meppen an der Hänsch-Arena/Lathener Straße am 20.09.2017, 21.02.2018, 03.02.2018 und 05.05.2018, – Karnevalsveranstaltung in Osnabrück am 25.02.2017 und 10.02.2018, – Abschlussveranstaltung zum Weltfriedenstag in Osnabrück am 12.09.2017, – Open-Air-Musikgroßveranstaltung im Schlossgarten Osnabrück am 10.08.2018. Polizeidirektion Oldenburg: – Stadtfest, „Kramermarkt“ und Weihnachtsmarkt Oldenburg, – „Stoppelmarkt“ Vechta, – „Deichbrandfestival“ Cuxhaven. (Verteilt am 18.12.2018) Drucksache 18/2422 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Wo liegen die gefährlichen Orte in Niedersachsen?