Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2529 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Abschiebung nach Punkten Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 05.12.2018 - Drs. 18/2338 an die Staatskanzlei übersandt am 11.12.2018 Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 08.01.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Der NDR berichtete am 28. November 2018: „Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat sich dafür ausgesprochen, dass straffällig gewordene Asylbewerber künftig nach einem Punktesystem eingeschätzt werden. Das Vorhaben des Bundeskriminalamtes soll dabei helfen, besonders gefährliche Straftäter zu erkennen und schneller abzuschieben.“ Laut Informationen, die das Innenministerium am 28. November an die Presse gegeben hat, gehe es dabei um die Verbesserung der behördenübergreifenden (länderübergreifenden) Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität von Mehrfach- und Intensivtätern. Das Konzept sehe im Wesentlichen folgende Maßnahmen vor: – Überprüfung aller Tatverdächtigen im Hinblick auf eine mögliche Einordnung als Mehrfach- bzw. Intensivtäter, – Bewertung der durch diese Tatverdächtigen begangenen Straftaten nach einem einheitlichen Punktesystem (sogenanntes Scoring-Verfahren); damit verbunden seien das Erkennen von Tatverdächtigen mit besonderer krimineller Energie und die Etablierung eines Systems zur besseren länderübergreifenden Vergleichbarkeit der Tatverdächtigen, – Verbesserung des länderübergreifenden polizeilichen Informationsaustauschs zu diesen Tatverdächtigen durch die Einrichtung von Zentralstellen in den Ländern und beim Bund, – Verbesserung des Informationsaustauschs mit Dritten (u. a. Ausländerbehörden und Justiz). In diesem Kontext sei u. a. beabsichtigt, dass die Länder und der Bund bekannten Tatverdächtigen den durch sie begangenen Straftaten entsprechende einheitliche Punktwerte zuordnen. Anhand der jeweils errechenbaren Gesamtpunktwerte lasse sich die potenzielle Gefährlichkeit einer Straftäterin /eines Straftäters bestimmen. Vor dem Hintergrund der föderalen Zuständigkeiten solle dieses Verfahren nunmehr bundesweit abgestimmt werden; es werde durch Niedersachsen im Grundsatz begrüßt. In Niedersachsen werde ein vergleichbares Verfahren bereits seit vielen Jahren insbesondere im Rahmen der Bekämpfung der Kriminalität von jungen Schwell- und Intensivtätern angewendet. Es ziele darauf ab, Täterinnen und Täter, die eine besondere kriminelle Energie aufweisen, frühzeitig zu erkennen, einer Verfestigung krimineller Karrieren entgegenzuwirken und damit auch zielgerichtet weitere, insbesondere schwere, Straftaten zu verhindern. Dafür sei landeseinheitlich ein Standard für die Einstufung junger Intensivtäterinnen und Intensivtäter definiert worden, bei dem durch eine Faktorisierung (Punktwerte) die von ihnen begangenen Taten, vorrangig Verbrechen, aber u. a. auch Körperverletzungsdelikte und andere Straftaten (Nötigung, Bedrohung pp.), bewertet werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2529 2 Im Bund solle das System Grundlagen für einen länderübergreifenden Infoaustausch nach einheitlichem Standard gewährleisten, insbesondere zum Erkennen von Mehrfach- und Intensivtätern und damit auch zur Verhinderung weiterer schwerer Straftaten durch diesen Personenkreis. Es würden vorrangig schwere Straftaten erfasst. Die genauen Details der Erfassung bedürften noch einer Abstimmung der zuständigen Fachebenen der Polizeien, der Länder und des Bundes. Vorbemerkung der Landesregierung Kriminologische Erkenntnisse belegen, dass für die Begehung eines relativ großen Teils von Straftaten ein vergleichsweise kleiner Täterkreis (Mehrfach- und Intensivtäter), unabhängig von der jeweiligen Staatsangehörigkeit, verantwortlich ist. Angesichts der damit verbundenen beachtlichen Kriminalitätsbelastung und der Gefahr der Ausformung persistenter Delinquenzverläufe bedarf diese Personengruppe nicht zuletzt auch wegen der erheblichen Auswirkungen auf die öffentliche Diskussion über Jugendkriminalität und die Kriminalitätsfurcht der Bevölkerung einer besonderen Aufmerksamkeit. Um die Fortsetzung kriminellen Handelns dieser Personen mit seinen erheblichen negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft zu verhindern und gleichzeitig die Effizienz in der Strafverfolgung zu erhöhen, ist es notwendig, täterorientiert und deliktsübergreifend zu ermitteln, Erkenntnisse der Strafverfolgungsbehörden zu bündeln und eine gemeinsame Vorgehensweise, insbesondere auch behörden- und länderübergreifend , abzustimmen. Bezogen auf den Personenkreis der ausländischen Mehrfach- und Intensivtäter ist in diesem Kontext zu berücksichtigen, dass auf der Grundlage des bestehenden Rechts neben allen polizeilichen Maßnahmen auch ausländerrechtliche Maßnahmen geprüft werden müssen. Vor diesem Hintergrund befasste sich die Ständige Konferenz der Innenminister- und -senatoren in ihrer Sitzung vom 28. bis 30. November 2018 u. a. mit den Möglichkeiten einer Vereinheitlichung, Standardisierung und Harmonisierung bereits bestehender Intensivtäterkonzepte in den Ländern. Es ist beabsichtigt, dass die im o. g. Kontext infrage kommenden Maßnahmen durch eine noch einzurichtende Arbeitsgruppe des Bundes und der Länder geprüft werden. Neben der Verbesserung der länderübergreifenden Zusammenarbeit und des Informationsaustausches gehört dazu u. a. auch die Prüfung eines sogenannten Scoring-Verfahrens anhand eines bundeseinheitlich festgelegten Punktesystems, welches auf die Art und Schwere der betreffenden Straftaten abstellt. 1. Welche Ergebnisse hat die Innenministerkonferenz diesbezüglich erbracht? Siehe Vorbemerkungen. 2. Wie soll das Verfahren funktionieren? Wer erstellt die Kriterien für die Bepunktung und bis wann? Welche Kriterien wird es für die Bepunktung geben? Wie viele Punkte entfallen auf welches Kriterium? Welche Folgen ergeben sich auf aus welchen Punkteständen ? Werden Punkte wieder verfallen und gegebenenfalls nach welcher Zeit oder unter welchen Bedingungen? Wie lange soll eine solche Speicherung von Punkten erfolgen? Siehe Vorbemerkungen. 3. Sieht die Landesregierung Abschiebung als Strafe an, oder wie stuft sie Abschiebung sonst ein? Eine Abschiebung ist keine Strafe. Eine Abschiebung ist die zwingende Rechtsfolge, wenn vollziehbar ausreisepflichtige Personen die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht genutzt haben. Die Ausländerbehörden sind dann gesetzlich verpflichtet, den Aufenthalt zwangsweise zu beenden. Der Bundesgesetzgeber hat ihnen hierbei kein Ermessen eingeräumt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2529 3 4. Wie erklärt die Landesregierung den Systemunterschied, dass einerseits bei den jungen Schwellen- und Intensivtäterinnen und -tätern einer Verfestigung krimineller Karrieren entgegengewirkt werden soll und dort auch Hilfen angeboten werden, andererseits aber bei den Migrantinnen und Migranten solche Hilfen nicht vorgesehen sind und Abschiebungen angestrebt werden? Sollen den Migrantinnen und Migranten ebenfalls Hilfen oder Präventionsmaßnahmen angeboten werden? Falls nicht, warum nicht? Mithilfe der niedersächsischen Landesrahmenkonzeption „Junge Schwellen- und Intensivtäterinnen und Schwellen und Intensivtäter (JuSIT)“ soll die Kriminalität der bereits mehrfach in Erscheinung getretenen jugendlichen bzw. heranwachsenden Täterinnen und Täter reduziert und die Anwendung präventiver Maßnahmen und Hilfen zwischen Polizei, Justiz, Jugendhilfe, Schulen und anderen Beteiligten abgestimmt werden. Infrage kommende Hilfs- bzw. Präventionsmaßnahmen werden insofern für alle in diesem Kontext ermittelten Täterinnen bzw. Täter, unabhängig von der Staatsangehörigkeit dieser Personen, in Betracht gezogen und individuell umgesetzt. Ausländerinnen und Ausländer, die entweder aufgrund ihrer Straffälligkeit die Voraussetzungen für ein asylverfahrensunabhängiges Aufenthaltsrecht nicht erfüllen oder die nach negativem Abschluss des Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig sind, sind zurückzuführen. Die zwingende gesetzliche Regelung lässt in diesen Fällen keinen weiteren Raum für Hilfs- oder Präventionsmaßnahmen. (Verteilt am 11.01.2019) Drucksache 18/2529 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Abschiebung nach Punkten Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 05.12.2018 - Drs. 18/2338 an die Staatskanzlei übersandt am 11.12.2018 Antwort des Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 08.01.2019