Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2549 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay und Julia Hamburg (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung Beschulung von Geflüchteten Anfrage der Abgeordneten Belit Onay und Julia Hamburg (GRÜNE), eingegangen am 05.12.2018 - Drs. 18/2286 an die Staatskanzlei übersandt am 07.12.2018 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung vom 14.01.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Nach Verteilung der Schutzsuchenden aus der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) auf die Kommunen besteht für Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter umgehend eine Schulpflicht auf Basis des Niedersächsischen Schulgesetzes. In einzelnen Kommunen wie etwa der Stadt Oldenburg oder der Stadt Göttingen wurde bekannt, dass die Einschulung nach der Verteilung verzögert erfolgt. Vorbemerkung der Landesregierung Die Schulen sind zuständig für die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern nach Maßgabe der §§ 63, 59, 59 a des Niedersächsischen Schulgesetzes (NSchG) und im Rahmen ihrer Kapazität. Die Kapazität wird vom Schulträger festgelegt. Dieser muss gewährleisten, dass alle in seinem Gebiet lebenden Schülerinnen und Schüler bedarfsgerecht geeignete öffentliche Schulen besuchen können (§ 101 Abs. 1 NSchG). Die Verpflichtung, das erforderliche Schulangebot vorzuhalten, gehört zum eigenen Wirkungskreis der Kommunen als Schulträger, § 101 Abs. 2 NSchG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG). Zum Schuljahresbeginn hat das Kultusministerium auf die Verpflichtung zur zeitnahen Beschulung schulpflichtiger neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher und die besondere Verantwortung der Schule, an die sich die Erziehungsberechtigten als erste wenden, im Schulverwaltungsblatt nochmals explizit hingewiesen (SVBl. 2018, S. 387). Ebenso hat das Kultusministerium bereits im Jahr 2016 einen Leitfaden „Clearingstelle Schulzuweisung“ (Verteilerkonferenz) zur „Schulpflicht in Niedersachsen für begleitete und unbegleitete Kinder und Jugendliche aus dem Ausland“ erstellt, der u. a. über das Portal IBUS (Interkulturelle Bildung und Sprachbildung) verbreitet wurde. Biografiebezogene Daten von Schülerinnen und Schülern werden nicht erhoben. Die Zuweisung von Schulplätzen und die Durchsetzung der Schulpflicht gegebenenfalls mit Durchführung eines Bußgeldverfahrens sind eine kommunale Angelegenheit. Insofern liegen der Landesregierung keine individuellen Daten vor, anhand derer die Zeiträume zwischen Zuweisung zur Kommune und Einschulung nachvollzogen werden könnten. Zur Situation in den beispielhaft genannten Kommunen Stadt Oldenburg und Stadt Göttingen ist auf Folgendes hinzuweisen: In der Stadt Oldenburg bestehen nach derzeitigem Informationsstand aktuell keine Wartelisten, d. h. alle Schülerinnen und Schüler werden beschult. Die Stadt Oldenburg wird intensiv sowohl seitens der schulfachlichen Dezernentin der Niedersächsischen Landesschulbehörde (NLSchB) als auch der Fachaufgabe Sprachbildung und Interkulturelle Bildung mit dem Sprachbildungszentrum Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2549 2 beraten. Ein Termin für einen Runden Tisch im Sinne der vorstehend genannten Handreichung „Clearingstelle Schulzuweisung“ ist geplant. In der Stadt Göttingen gibt es im Sekundarbereich I nur Gymnasien und Gesamtschulen, was die Schulzuweisung im laufenden Schuljahr erschwerte. Durch intensive Abstimmung der Stadt Göttingen mit der NLSchB und den örtlichen Schulen konnten die vor diesem Hintergrund aufgetretenen Probleme bei der Schulzuweisung zu Beginn des Schuljahrs 2018/2019 gelöst werden. Aktuell sind keine Probleme bei der Zuweisung von Schulplätzen für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche bekannt. 1. Wie viele schutzsuchende Kinder und Jugendliche wurden jeweils in den einzelnen Jahren 2017 und 2018 in den niedersächsischen Kommunen eingeschult? Bitte jeweils aufschlüsseln nach Jahren, Regionen, Landkreisen und kreisfreien Städten. Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen. 2. Wie lange dauerte es jeweils in den einzelnen Jahren 2017 und 2018 nach der Verteilung auf eine Kommune im Durchschnitt bis zur Einschulung? Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen. 3. Wie lange dauerte es jeweils in den einzelnen Jahren 2017 und 2018 nach der Verteilung auf eine Kommune maximal bis zur Einschulung? Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen. 4. Welche Sprachfördermaßnahmen für schutzsuchende schulpflichtige Kinder und Jugendliche werden in Niedersachsen vorgehalten? Wie viele Stunden werden dafür angesetzt ? Welche Entwicklung gibt es hier im Vergleich der Jahre 2017, 2018 und 2019 (Planungsstand)? Bitte nach einzelnen Maßnahmen und Alter der Zielgruppe aufschlüsseln . Zusätzlich zu der integrativen Sprachförderung als Aufgabe jedes Unterrichts existieren verschiedene additive Sprachfördermaßnahmen auf der Grundlage des Runderlasses „Förderung von Bildungserfolg und Teilhabe für Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache“ (RdErl. d. MK v. 01.07.2014 - 25 - 81 625 - VORIS 22410, SVBl. 2014, S. 330 ff.): 1. Sprachfördermaßnahmen „Deutsch“ vor der Einschulung für Kinder, die keine Kindertagesstätte besuchen, 2. Sprachlernklassen, 3. Förderkurse „Deutsch als Zweitsprache“, 4. Förderunterricht, 5. Besondere Sprachförderkonzepte. Für die Durchführung der Fördermaßnahmen werden allgemeinbildenden Schulen zusätzliche Lehrerstunden zur Verfügung gestellt, sofern hierfür nicht eine zusätzliche Klasse („A-Klasse“) gemäß dem Erlass zur „Klassenbildung und Lehrerstundenzuweisung an den allgemeinbildenden Schulen“ (RdErl d. MK v. 07.07.2011, SVBl. 2011, S. 268, zuletzt geändert durch RdErl. v. 16.07.2015, SVBl. 2015, S. 366 ) gebildet worden ist, genügend Lehrerstunden zur Verfügung stehen und die Fördermaßnahmen auch tatsächlich durchgeführt werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist die Erstellung eines Sprachförderkonzepts, das insbesondere die Verzahnung integrativer und additiver Fördermaßnahmen vorsieht. Die Schule erhält die notwendigen Ressourcen zur Förderung der Schülerinnen und Schüler mit Sprachförderbedarf Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2549 3 unabhängig von deren Herkunft bzw. Aufenthaltsstatus, maßgeblich ist der pädagogische Förderbedarf . Die Zuweisung erfolgt nicht schülerbezogen, sondern im Hinblick auf die sinnvolle Durchführung der Sprachfördermaßnahmen nach dem Sprachförderkonzept der Schule in einer „Deutsch als Zweitsprache“-Lerngruppe. Das Alter der jeweiligen Zielgruppe wird nicht erhoben. Es wird grundsätzlich darauf hingewiesen, dass die Zusatzbedarfe zur Abdeckung der besonderen Fördermaßnahmen entsprechend den festgestellten und nachgewiesenen Bedarfen verteilt werden und nicht an bestimmte Alters- oder Zielgruppen gerichtet sind. Die Entwicklung der zugewiesenen Kontingente bis zu diesem Schuljahr 2018/2019 ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Schuljahr Per Erlass zugewiesenes Kontingent für Sprachfördermaßnahmen und Förderkonzepte Abgerufene Stunden 2015/2016 36.910 mit Kindern in Kindertagesstätten 36.910 2016/2017 50.910 mit Kindern in Kindertagesstätten Eine Überschreitung der Obergrenze wurde geduldet! rd. 58.000 2017/2018 50.910 mit Kindern in Kindertagesstätten + 4.000 Nachsteuerung 54.910 2018/2019 37.000 ohne Kinder in Kindertagesstätten (50.910 abzüglich 13.910 für Kindern in Kindertagesstätten) 37.000 Der Zusatzbedarf 071 (Förderkurse „Deutsch als Zweitsprache“, Förderunterricht, Fördermaßnahmen auf der Grundlage besonderer Sprachförderkonzepte sowie sonstige Fördermaßnahmen nach einem genehmigten Förderkonzept) wird jährlich nach Bedarf neu verteilt. Die Zuweisung für das Schuljahr 2019/2020 beträgt wie im laufenden Schuljahr 37 000 Unterrichtsstunden. Zum Stichtag 17.08.2017 (Schuljahr 2017/2018) verteilen sich die zugewiesenen Stunden aus dem Kontingent Sprachfördermaßnahmen und Förderkonzepte an den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen (ohne Schulen des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung) wie folgt auf die einzelnen Maßnahmen: Zweck Zusatzbedarf in Stunden Sprachförderung vor der Einschulung 14.685 Förderkurs Deutsch als Zweitsprache (Nr. 3.3 des Erlasses) 7.950 Förderunterricht Deutsch als Zweitsprache (Nr. 3.4 des Erlasses) 11.663 Besondere Sprachförderkonzepte (Nr. 3.5 des Erlasses) 4.526 Sprachlernklasse (Nr. 3.2 des Erlasses) 8.998 andere Fördermaßnahmen nach genehmigtem Förderkonzept 5.810 A-Klassen 236 Die Daten vom Stichtag 23.08.2018 sind derzeit noch nicht abschließend validiert und werden mit der Beantwortung der Landesregierung zur Kleinen Anfrage zur schriftlichen Beantwortung „Statistische Schuldaten“, Drs. 18/1310, zur Verfügung gestellt. Im Bereich der öffentlichen berufsbildenden Schulen erfolgt eine Förderung der Jugendlichen zum einen im Schulversuch SPRINT (Sprach- und Integrationsprojekt für jugendliche Flüchtlinge) bzw. SPRINT Dual in der Altersgruppe von 16 bis 21 Jahren. Der Schulversuch SPRINT/SPRINT Dual läuft am 31.07.2019 aus und wird ins Regelsystem überführt. Zum anderen erfolgt eine Förderung im „Berufsvorbereitungsjahr Sprachförderung“ für schulpflichtige Jugendliche. Diese sind in der Regel in der Altersgruppe von 16 bis 18 Jahren. Ab dem Schuljahr 2019/2020 besteht wie bisher für jugendliche schulpflichtige Flüchtlinge die Möglichkeit zum Besuch der Berufseinstiegsschule. Die Berufseinstiegsschule umfasst das Berufsvor- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2549 4 bereitungsjahr (BVJ), das BVJ-A (Berufsvorbereitungsjahr - Sprachförderklasse) und die Berufseinstiegsklasse (BEK). Schülerinnen und Schüler ausländischer Herkunft und aus Aussiedlerfamilien können die Sprachförderklasse (BVJ-A) besuchen, wenn sie wegen fehlender deutscher Sprachkenntnisse noch nicht in eine betriebliche Ausbildung oder in die Regelformen der beruflichen Vollzeitschulen eintreten können. Der Unterricht in der Sprachförderklasse dient vorwiegend dem Erlernen der deutschen Sprache, die aber fachbezogen vermittelt wird. Die Sprachförderklasse bereitet außerdem auf eine berufliche Ausbildung bzw. Tätigkeit vor. Im BVJ steht die individuelle Förderung mit einzelfallbezogener Zielsetzung im Vordergrund, in der BEK ist das gemeinsame Ziel der Hauptschulabschluss bzw. die Verbesserung der Ausbildungsreife . Anschließend besteht die Möglichkeit, direkt eine duale Ausbildung aufzunehmen oder in einem anderen vollzeitschulischen Bildungsgang des berufsbildenden Bereichs weitere schulische oder berufliche Qualifikationen zu erwerben. Während der dualen Ausbildung haben die Migrantinnen und Migranten die Möglichkeit, Sprachkurse gemäß der Deutschförderverordnung (DeuFöv) in Anspruch zu nehmen. Das Kultusministerium sieht auch weiterhin die Notwendigkeit, diese umfassende Integrationsarbeit in Beruf und Gesellschaft mit auskömmlichen Ressourcen zu hinterlegen. Für nicht mehr schulpflichtige jugendliche Flüchtlinge ist die Agentur für Arbeit zuständig. Zum Stichtag der Erhebung am 15.11. stellt sich die Teilnahme am Schulversuch wie folgt dar: SPRINT/SPRINT Dual Stichtag 15.11.2016 15.11.2017 Beteiligte Schulen 83 74 Anzahl der Klassen 192 185 Schülerinnen und Schüler 2.814 2.465 Für den Schulversuch SPRINT sind 25 Unterrichtsstunden pro Woche vorgesehen. Für SPRINT Dual sind 1,5 Tage in der berufsbildenden Schule und 3,5 Tage im Betrieb vorgesehen. Im Bereich des Berufsvorbereitungsjahrs (BVJ) Sprachförderung betrugen die Zahlen zum Stichtag der Statistik 15.11. in den öffentlichen berufsbildenden Schulen: BVJ Sprachförderklassen Stichtag 15.11.2016 15.11.2017 Beteiligte Schulen 76 71 Anzahl der Klassen 205 161 Schülerinnen und Schüler 2.780 2.024 Die Stundentafel des BVJ Sprachförderung umfasst gemäß den Ergänzenden Bestimmungen für das berufsbildende Schulwesen (RdErl. d. MK v. 10.06.2009 - 41-80006/5/1 - VORIS 22410, SVBl. 2009, S. 238, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14.01.2017, SVBl. 2017, S. 226) 35 Stunden pro Woche. Die Sprachförderung ist in allen Bildungsgängen ein durchgängiges Prinzip. Die Statistik zum Stichtag 15.11.2018 ist noch nicht abschließend validiert. Mit einer Veröffentlichung dieser Daten ist im Frühjahr dieses Jahres zu rechnen. (Verteilt am 15.01.2019) Drucksache 18/2549 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Belit Onay und Julia Hamburg (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums Beschulung von Geflüchteten