Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2589 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Mininisteriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Aufnahme von Schutzbedürftigen aus Libyen Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 14.12.2018 - Drs. 18/2430 an die Staatskanzlei übersandt am 18.12.2018 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 15.01.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten In ihrem gemeinsamen Erlass vom 26. Juli 2018 geben das niedersächsische Innenministerium und das Sozialministerium Hinweise zur aufenthaltsrechtlichen und kinder- und jugendhilferechtlichen Behandlung von Schutzbedürftigen aus Libyen im Rahmen eines Evakuierungsmechanismus und dem Aufnahme- und Verteilverfahren auf die Kommunen. Der Evakuierungsmechanismus wurde durch den UNHCR vor dem Hintergrund der Sicherheitslage in Libyen konzipiert, um Schutzbedürftige aus Libyen auszufliegen und das Resettlement-Verfahren in Sicherheit durchführen zu können. Deutschland habe sich bereit erklärt, bis zu 300 Schutzbedürftige mit syrischer, irakischer , eritreischer und somalischer Staatsangehörigkeit sowie Palästinenser aus Libyen aufzunehmen . 50 000 Flüchtlinge wurden vom UNHCR in Libyen registriert, mehrere Hunderttausend der in Libyen lebenden Flüchtlinge waren zum Zeitpunkt des Erlasses noch nicht registriert. Rund 15 000 Flüchtlinge wurden von der libyschen Küstenwache auf See aufgegriffen und nach Libyen zurückgebracht . Vorbemerkung der Landesregierung Resettlement ist ein international anerkanntes flüchtlingspolitisches Instrument zur Lösung langanhaltender Flüchtlingskrisen, an dem sich die Bundesregierung bereits seit mehreren Jahren freiwillig beteiligt. Flüchtlingen, bei denen eine Rückkehr in das Herkunftsland, aber auch die Integration im Erstzufluchtsstaat in absehbarer Zeit ausgeschlossen ist, wird im Rahmen dieses Verfahrens die Möglichkeit gegeben, sich in aufnahmebereiten Staaten wie Deutschland eine dauerhafte Lebensperspektive aufzubauen. Zwischen 2012 und 2014 hat Deutschland jährlich 300 Personen im Rahmen des Pilotprogramms zur Neuansiedlung besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge aufgenommen. Nachdem sich die Innenministerkonferenz Ende 2014 für eine Weiterführung und Ausweitung des Resettlements ausgesprochen hatte, wurde das Aufnahmekontingent ab 2015 auf 500 Personen jährlich erhöht. Für 2016 und 2017 wurden insgesamt 1 600 Flüchtlinge unterschiedlicher Staatsangehörigkeit oder staatenloser Flüchtlinge aus dem Libanon, dem Sudan und aus Ägypten sowie aus der Türkei aufgenommen . Im April 2018 hat die Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission zugesagt, dass Deutschland im Rahmen des Resettlements 10 200 weitere Flüchtlinge aus Nordafrika und dem Nahen Osten aufnimmt. In diesem Kontingent enthalten sind die Aufnahmezusagen für 300 besonders schutzbedürftige Personen aus Libyen, für die der Bund in enger Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) eine Aufnahmezusage erteilt hat. Die Landesregierung nimmt die besonders schutzbedürftigen Personen auf Grundlage der Anordnung des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat vom 6. Juli 2018 auf. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2589 2 1. Wie bewertet die Landesregierung in diesem Zusammenhang die Kooperation mit Libyen , Tschad und Niger, die mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht werden? Bei dem Resettlement-Verfahren, über das bis zu 300 besonders schutzbedürftige Personen aus Libyen nach Deutschland umgesiedelt worden sind, handelt es sich um ein eigenständiges Aufnahmeprogramm des Bundes, an dessen Entstehung die Landesregierung nicht beteiligt gewesen ist. Die Bundesregierung führte auf eine Kleine Anfrage vom 30. Januar 2018 (BT-Drs. 19/571) und eine Kleine Anfrage vom 9. März 2018 (BT-Drs. 19/1146) hierzu bereits aus, dass sie ebenso wie andere Partner der Europäischen Union der flächendeckenden Durchsetzung internationaler Menschenrechtsstandards zugunsten von Flüchtlingen und Migranten eine hohe Priorität zumisst. Die Bundesregierung führt daher nicht nur regelmäßig hochrangig besetzte Gespräche mit Regierungschefs , sondern unterstützt auch internationale Organisationen wie das UNHCR und die Internationale Organisation für Migration, die an der Verbesserung der Situation von Flüchtlingen und Migranten vor Ort arbeiten. Die Landesregierung begrüßt es, dass sich die Bundesregierung unter der Fortführung von Gesprächen mit den Regierungschefs und der finanziellen Unterstützung internationaler Organisationen auch weiterhin freiwillig dazu bereiterklärt, besonders schutzbedürftige Personen aufzunehmen , die in dem Erstzufluchtsstaat nicht ausreichend geschützt sind und keine Möglichkeit haben, in ihr Herkunftsland zurückzukehren. 2. Wie viele Personen wurden Niedersachsen zugeteilt, und wie viele wurden tatsächlich aufgenommen? Bitte differenzieren nach Herkunftsstaat, Schutzbedürftigkeit, Alleinstehenden bzw. Familien. Die Bundesregierung hat im Rahmen dieses Resettlements bis Ende 2018 insgesamt 288 Aufnahmezusagen erteilt. Da einzelne Personen aus medizinischen Gründen nicht in die Bundesrepublik Deutschland einreisen konnten, hat sich die Zahl der tatsächlich eingereisten Schutzbedürftigen auf insgesamt 276 Personen reduziert. Die Personen wurden nach Maßgabe des Königsteiner Schlüssels auf alle Bundesländer verteilt. Für das Land Niedersachsen waren insgesamt 29 Personen vorgesehen. Aus gesundheitlichen Gründen hat sich die Anzahl der tatsächlich eingereisten Personen auf 27 Personen reduziert. Es handelt sich um Alleinreisende, die allesamt die eritreische Staatsangehörigkeit besitzen. Unter den 27 Personen waren sechs unbegleitete Minderjährige, die unmittelbar nach der Ankunft in die Obhut der zuständigen Jugendämter übergeben worden sind. Das Land Niedersachsen hat im Rahmen eines Umverteilungsverfahrens darüber hinaus nachträglich drei weitere Schutzbedürftige aus Libyen aufgenommen, die aufgrund des Königsteiner Schlüssels bereits Hessen zugeteilt worden waren. Aufgrund bestehender familiärer Beziehungen hat das Land Niedersachsen in Absprache mit dem Bund und der Kommune der Umverteilung der drei Personen zugestimmt. Da die Landesregierung nicht an den Entscheidungsprozessen in Niger beteiligt ist, ist nicht bekannt , aus welchen Gründen die Personen konkret ausgewählt und als Resettlement-Flüchtlinge anerkannt worden sind. Eine Aussage zur konkreten Schutzbedürftigkeit jeder einzelnen Person kann daher nicht gegeben werden. 3. Wie stellt sich die Versorgung der Traumatisierten oder anderweitig Behandlungsbedürftigen dar? Die besonders schutzbedürftigen Personen, die vom UNHCR ausgewählt und über den Evakuierungsmechanismus nach Niger gebracht worden sind, werden bei Bedarf bereits vor Ort medizinisch versorgt. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2589 3 Sämtliche Informationen zum Gesundheitszustand werden schließlich an die aufnahmebereiten Staaten weitergegeben. Soweit bekannt ist, dass Einreisende beispielsweise aufgrund von Traumata medizinisch versorgt werden müssen, wird dieses bereits bei der Verteilung auf die Bundesländer berücksichtigt. Ebenfalls wird in den jeweiligen Kommunen sichergestellt, dass eine adäquate Behandlung in der Zielkommunen erfolgt. Darüber hinaus hat die Landesregierung durch Erlass vom 27. Juni 2018 sichergestellt, dass Schwerstkranke und deren Familienangehörigen bereits vor der Einreise nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt und nach Eintreffen in Deutschland unmittelbar in die Zielkommunen gebracht werden, um dort schnellstmöglich medizinisch versorgt zu werden. 4. Wo und in welchem Ausmaß sieht die Landesregierung Bedarf für eine Erhöhung der Aufnahmekontingente? Wie bewertet die Landesregierung das quantitative Verhältnis der bis zu 300 aufzunehmenden Schutzbedürftigen zu den 50 000 vom UNHCR registrierten Flüchtlingen in Libyen und den 15 000 vom Mittelmeer nach Libyen zurückgebrachten Flüchtlingen? Setzt sich die Landesregierung in diesem Zusammenhang für eine Erhöhung der Kontingente ein? Deutschland beteiligt sich bereits seit Jahren an der Aufnahme von Schutzbedürftigen im Ausland. Das Aufnahmekontingent wird der Europäischen Union unter Berücksichtigung der Kapazitäten der einzelnen Bundesländer mitgeteilt. Zu beachten ist, dass die Bundesrepublik Deutschland unabhängig von der allgemeinen Aufnahmeverpflichtung aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union 2018/2019 nicht nur die bis zu 300 besonders Schutzbedürftigen aus Libyen, sondern u. a. auch noch bis zu 2 900 Schutzbedürftige aus Ägypten, Jordanien und Äthiopien, bis zu 6 000 Schutzbedürftige aus der Türkei und 500 Personen über ein Private-Sponsoring-Programm (Titel des Programms : Neustart im Team „NesT“) zusätzlich aufnimmt. Die Landesregierung begrüßt die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Personen aus dem Ausland und steht einer Erhöhung des Kontingents grundsätzlich positiv gegenüber. Das Resettlement-Verfahren stellt aus Sicht des Landes Niedersachen ein sinnvolles Instrument dar, damit sich die besonders schutzbedürftigen Personen nicht mehr auf die gefährliche Flucht in die Obhut von Schleusern begeben und ihr Leben auf gefährlichen Routen gefährden. (Verteilt am 17.01.2019) Drucksache 18/2589 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Mininisteriums für Inneres und Sport Aufnahme von Schutzbedürftigen aus Libyen