Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2771 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Sylvia Bruns und Susanne Victoria Schütz (FDP) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung Quereinstieg in den Erzieherberuf Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Sylvia Bruns und Susanne Victoria Schütz (FDP), eingegangen am 17.01.2019 - Drs. 18/2614 an die Staatskanzlei übersandt am 22.01.2019 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung vom 05.02.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Seit dem 1. August 2018 ist der Besuch einer Kindertagesstätte in Niedersachsen für Kinder ab drei Jahren beitragsfrei. Der Betreuungsschlüssel, also das Verhältnis zwischen Fachkräften und zu betreuenden Kindern, ist ein wichtiger Faktor bei der Berechnung von Bedarfen im Kita-Bereich. Wie in jedem Berufsfeld wird auch hier stetig qualifizierter Nachwuchs benötigt, gerade auch im Hinblick auf gegenwärtige Herausforderungen. Die Erzieherausbildung dauert in Niedersachsen vier Jahre, wovon zwei für die Ausbildung von Sozialassistentinnen und Sozialassistenten aufgewendet werden. Neben Erzieherinnen und Erziehern gibt es auch noch andere Berufsgruppen, die die Kinderbetreuung in Niedersachsen sichern, wie beispielsweise die Tagesmütter in der Kindertagespflege. Tagesmütter müssen keine vollständige Ausbildung absolvieren, sondern eine Schulung besuchen und bestimmte persönliche Voraussetzungen erfüllen. Außerdem benötigen sie eine Erlaubnis des zuständigen Jugendamtes. Liegt alles vor, dürfen bis zu fünf Kinder gleichzeitig eigenverantwortlich betreut werden. Vorbemerkung der Landesregierung Die personellen Mindestanforderungen für Gruppen in Kindertagesstätten sind in § 4 des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) geregelt. Darin sind die für die jeweilige Funktion (Einrichtungsleitung, Gruppenleitung, zweite und dritte Kraft) erforderlichen Qualifikationen benannt. In Gruppen mit Kindern von der Vollendung des dritten Lebensjahres bis zur Einschulung (Kindergarten) muss neben der Gruppenleitung, die über eine Qualifikation als sozialpädagogische Fachkraft (Sozialpädagogin/Sozialpädagoge oder Erzieherin/Erzieher mit staatlicher Anerkennung) verfügen muss, eine zweite geeignete Fach- oder Betreuungskraft regelmäßig tätig sein. Die zweite Kraft soll in der Regel Erzieherin/Erzieher mit staatlicher Anerkennung sein, sie kann auch Kinderpflegerin/Kinderpfleger, Sozialassistentin/Sozialassistent mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik (neu: Sozialpädagogische Assistentin/Sozialpädagogischer Assistent) sein. Stehen derartige Kräfte auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, kann auch eine Spielkreisgruppenleiterin oder ein Spielkreisgruppenleiter mit entsprechendem Befähigungsnachweis oder eine Berufspraktikantin/ein Berufspraktikant als zweite Kraft tätig werden. Der Betreuungsschlüssel für Kindergartengruppen ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen der in der 1. Durchführungsverordnung zum KiTaG (1. DVO-KiTaG) festgelegten Gruppenobergrenze von 25 Kindern zu zwei in der Gruppe regelmäßig tätigen (anwesenden) Fachkräften. Die Anzahl der für eine Kindergartengruppe insgesamt erforderlichen Kräfte ist abhängig von der wöchentlichen Betreuungszeit zuzüglich der erforderlichen Verfügungszeit unter Beachtung der Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2771 2 tariflichen Arbeitszeit. Bei einer Betreuungszeit von mehr als 35 Stunden/Woche sind mehr als zwei Personen erforderlich. Die Zuständigkeit für die Kindertagespflege liegt beim örtlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Der örtliche Träger legt auch in eigener Zuständigkeit fest, welche Qualifikationsanforderungen er an die Tagespflegepersonen stellt. Das Land gewährt nach Maßgabe der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Betreuungsangebotes in der Kindertagespflege (RKTP) nur Zuwendungen für die Förderung des qualitativen und quantitativen Betreuungsangebotes in der Kindertagespflege, wenn eine Tagespflegeperson eingesetzt wird, die eine Fach- oder Betreuungsperson im Sinn des § 4 Abse. 1 bis 3 KiTaG (sozialpädagogische Fachund Assistenzkraft) ist oder eine gleichwertige Ausbildung für die Ausübung der Tätigkeit als Kindertagespflegeperson oder eine durch das Kultusministerium anerkannte Grundqualifikation im Umfang von mindestens 160 Stunden (z. B. DJI-Curriculum) oder eine vergleichbare pädagogische Qualifikation nachweisen kann. Eine Tagespflegeperson darf nach § 43 Abs. 3 SGB VIII bis zu fünf fremde Kinder betreuen. Der örtliche Träger entscheidet, ob die Erlaubnis im Einzelfall auch für weniger Kinder erteilt wird. § 15 AG SGB VIII regelt in Niedersachsen die sogenannte Großtagespflege. Werden mehr als acht fremde Kinder von mehreren Tagespflegepersonen betreut, so muss mindestens eine Tagespflegeperson eine pädagogische Fachkraft sein. Im Rahmen der Großtagespflege dürfen insgesamt nicht mehr als zehn Kinder gleichzeitig betreut werden. 1. Wer kann unter welchen Voraussetzungen als Quereinsteiger in den Erzieherberuf einsteigen? Das KiTaG ermöglicht die Erteilung von Ausnahmen für die Funktion der Einrichtungsleitung, der Gruppenleitung oder der zweiten und dritten Kraft für Fachkräfte mit einem zu den in § 4 Abs. 1 bis 3 KiTaG genannten Qualifikationen gleichwertigen pädagogischen Abschluss. Für vergleichbare Abschlüsse aus dem In- oder Ausland muss der Träger einer Kindertagesstätte einen Antrag auf Ausnahme im Einzelfall beim Fachbereich II des Niedersächsischen Landesjugendamtes (NLJA) stellen. 2. Welche anderen Qualifikationen ermöglichen die sofortige Aufnahme einer Tätigkeit vergleichbar einer Sozialassistenz oder dem Erzieherberuf in einer Kita? Um eine Antragstellung auf Ausnahme gemäß § 4 KiTaG im Einzelfall entbehrlich zu machen, lässt das NLJA mit Allgemeinverfügung des Kultusministeriums vom 17.11.2016 für bestimmte Qualifikationen bereits eine generelle Ausnahme (ohne Antragstellung) für die Funktion der Einrichtungsleitung, der Gruppenleitung oder der zweiten und dritten Kraft zu. Hierzu gehören staatlich anerkannte Kindheitspädagoginnen/Kindheitspädagogen, staatlich anerkannte Elementarpädagoginnen/Elementarpädagogen (Bremen) und Absolventinnen und Absolventen des bis 2017 an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim (HAWK) akkreditierten Studiengangs „Bildung und Erziehung im Kindesalter“. Heilpädagogische Fachkräfte (staatlich anerkannte Heilpädagoginnen/Heilpädagogen - FS/BA - sowie staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerinnen/Heilerziehungspfleger) können in Einrichtungen mit integrativen Gruppen sowohl als Einrichtungsleitung als auch als Gruppenleitung in der integrativen Gruppe tätig sein. Weiterhin können sie als zweite oder dritte Fach- oder Betreuungskraft in allen Gruppen von Kindertagesstätten tätig werden. 3. Welche anderen Voraussetzungen, abweichend von der Ausbildung zur Sozialassistenz, ermöglichen den Einstieg in die Erzieherausbildung? Unter Beibehaltung der aktuellen Qualitätsstandards der niedersächsischen Erzieherausbildung wird Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern entsprechend ihrer nachfolgend genannten beruflichen oder schulischen Vorbildung zusätzlich eine Anrechnung von einem Jahr auf die Ausbildungszeit gewährt: Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2771 3 – Allgemeine Hochschulreife – Fachgebundene Hochschulreife – Fachhochschulreife – Berufliche Vorbildung – Berufsausbildung und dreijährige Berufsausübung – Fachschul-, Fortbildungsabschluss – Meister/-in, Techniker/-in, Betriebswirt/-in – Ausbildung zur Kinderpflegerin/zum Kinderpfleger – Zweijährige Berufsfachschule Sozialpädagogik, die zum Realschulabschluss führt – Berufsausbildung und Tagespflegequalifikation und ein- bis dreijährige Berufserfahrung – Berufsausbildung und Spielkreisleiterqualifikation und dreijährige Berufserfahrung Zusätzlich berechtigen die nachfolgend aufgeführten Vorbildungen zum direkten Quereinstieg in die Weiterbildung zur Erzieherin/zum Erzieher an der Fachschule. Hier wird eine Anrechnung von zwei Jahren auf die Ausbildungszeit gewährt. – Berufliches Gymnasium Sozialpädagogik und ein Jahr bzw. 600 Std. begleitete Praxis – Pädagogischer Hochschulabschluss und ein Jahr bzw. 600 Std. begleitete Praxis Seit dem 01.08.2018 wird auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern folgender Berufe aufgrund ihrer gleichwertigen beruflichen Vorbildung die direkte Aufnahme der zweijährigen Erzieherausbildung an der Fachschule ermöglicht: – Heilerziehungspflegerin/Heilerziehungspfleger – Ergotherapeutin/Ergotherapeut – Logopädin/Logopäde – Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin/Atem-, Sprech- und Stimmlehrer – Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin/Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der individuellen Anrechnung von im Inland oder Ausland erworbenen einschlägigen Vorbildungen und Berufserfahrungen. Weitere Möglichkeiten des Quereinstiegs in die Erzieherausbildung werden kontinuierlich geprüft und, soweit qualitativ vertretbar, in das niedersächsische Ausbildungsmodell integriert. 4. Unter welchen persönlichen Voraussetzungen können die Kindertagesstätten weitere Kräfte ohne Anrechnung auf den Betreuungsschlüssel und ohne Refinanzierung durch das Land einsetzen (z. B. Väter, Mütter und Großeltern)? Die Träger von Kindertagesstätten können zusätzliche Kräfte, die nicht zur Erfüllung der gesetzlichen Mindestanforderungen nach dem KiTaG notwendig sind, nach eigenem Ermessen einstellen. Auch für zusätzliche Kräfte in Kindertagesstätten ist die Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses gemäß § 30a des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) erforderlich. Das Land fördert im Rahmen der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Verbesserung der Qualität in Kindertagesstätten (QuiK) Personalausgaben für zusätzliche, über die Personalmindestausstattung nach KiTaG hinausgehende Fach- und Betreuungskräfte in Kindergartengruppen. Ziel ist die Verbesserung der Qualität in Kindertagesstätten unter besonderer Berücksichtigung der Integration von Kindern mit Fluchterfahrung. Gefördert werden neben Zusatzkräften mit pädagogischer Qualifikation auch Zusatzkräfte, sofern diese mindestens die in Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2771 4 der Antwort zu Frage 3 aufgeführten Voraussetzungen für den Einstieg in die Klasse 2 der Ausbildung zur Sozialpädagogischen Assistenz mitbringen. 5. Welche Berufsschulen sind bezüglich eines Quereinstiegs in den Erzieherberuf bereits tätig geworden, und welche Möglichkeiten der Qualifizierung bieten diese an? Alle Berufsfachschulen Sozialpädagogische Assistenz und alle Fachschulen Sozialpädagogik bieten die in der Antwort zu Frage 3 aufgeführten Quereinstiegsmöglichkeiten vollständig an. (Verteilt am 08.02.2019) Drucksache 18/2771 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Björn Försterling, Sylvia Bruns und Susanne Victoria Schütz (FDP) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung Quereinstieg in den Erzieherberuf