Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2826 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Antisemitische Straftaten Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD), eingegangen am 17.01.2019 - Drs. 18/2599 an die Staatskanzlei übersandt am 21.01.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 12.02.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Laut Welt Online vom 14. Januar 2019 ist in Hamburg die Zahl der antisemitischen Straftaten in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen (Quelle: https://www.welt.de/regionales/hamburg/ article187049166/Kriminalitaet-Zahl-der-antisemitischen-Straftaten-in-Hamburg-nimmt-zu.html). Vorbemerkung der Landesregierung Antisemitismus ist mit der freiheitlichen demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar. Die Landesregierung bekennt sich ausdrücklich zur jüdischen Gemeinschaft, zum jüdischen Leben in Niedersachsen und wendet sich gegen jede Form des Antisemitismus in der Gesellschaft. Die zuständigen Behörden gehen mit aller Entschiedenheit gegen antisemitische Erscheinungsformen vor; die Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität und des Extremismus bilden Schwerpunkte im Rahmen der Aufgabenerledigung niedersächsischer Sicherheitsbehörden. 1. Wie viele antisemitische Straftaten hat es in den Jahren 2018, 2017, 2016, 2015, 2014 und 2013 in Niedersachsen gegeben, und wie viele dieser Straftaten waren Gewaltdelikte ? Die Fragen 1 bis 6 werden zusammenfassend wie folgt beantwortet: Die Erfassung Politisch motivierter Kriminalität (PMK) erfolgt auf der Grundlage bundeseinheitlicher Standards. Dazu werden Straftaten gemäß dem Definitionssystem PMK einem Phänomenbereich und gemäß bundeseinheitlichem Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) sogenannten Themenfeldern zugeordnet. Die Auswahl von Themenfeldern und die Zuordnung zu einem Phänomenbereich ergeben sich aus der Würdigung der Umstände der Tat und/oder aus der Einstellung des Täters und obliegen der zuständigen Sachbearbeitung bei Eingabe eines Vorgangs; insofern erfolgt eine automatische Zuordnung von Straftaten gemäß Frage 4 nicht. Unter Hinweis auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung „Erfassung antisemitischer Straftaten“ (Drs. 18/753) werden antisemitische Straftaten im KPMD als Teilmenge des Themenfeldes Hasskriminalität erfasst. Unter Hinweis auf die Antwort auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung „Antisemitische Straftaten in der Statistik politisch motivierter Kriminalität“ (Drs. 18/1232) sind gemäß aktueller „Ausfüllanleitung zur kriminaltaktischen Anfrage in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KTA-PMK)“ fremdenfeindliche sowie antisemitische Straftaten dem Phänomenbereich PMK - rechts - zuzuordnen, wenn keine gegenteiligen Tatsachen zur Tätermotivation vorliegen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2826 2 Unter Hinweis auf die Antwort auf die Kleine Anfrage „Nachfragen zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen „Rechte Straftaten im ersten Quartal 2018“ (Drs. 18/1665) werden dem Phänomenbereich PMK - rechts - Straftaten grundsätzlich zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie nach verständiger Betrachtung (z. B. nach Art der Themenfelder) einer „rechten“ Orientierung zuzurechnen sind, ohne dass die Tat bereits die Außerkraftsetzung oder Abschaffung eines Elementes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (Extremismus) zum Ziel haben muss. Der wesentliche Kerngedanke einer „rechten“ Ideologie ist die Annahme einer Ungleichheit/Ungleichwertigkeit der Menschen. Insbesondere sind Taten dazuzurechnen, wenn Bezüge zu völkischem Nationalismus, Rassismus, Sozialdarwinismus oder Nationalsozialismus ganz oder teilweise ursächlich für die Tatbegehung waren. Diese politisch motivierten Straftaten sind in der Regel als rechtsextremistisch zu qualifizieren . Unter Hinweis auf die o. a. Drs. 18/753 wird zu ermittelten Tatverdächtigen die Staatsangehörigkeit gespeichert. Gemäß der bundesweit gültigen „Ausfüllanleitung zur kriminaltaktischen Anfrage in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KTA-PMK)“ wird die Religionszugehörigkeit in diesem Rahmen erfasst, soweit dies für die Aufklärung des internationalen Terrorismus erforderlich ist. Im Ergebnis einer Auswertung des basalen - der Dynamik unterliegenden, damit veränderlichen - Datenbestandes zum Stichtag 30.01.2019 durch das Landeskriminalamt Niedersachsen ergeben sich die statistischen Angaben im Sinne der Fragen 1 bis 3 ausweislich folgender tabellarischer Übersicht: * Die Erfassungen für das Jahr 2018 sind noch nicht abgeschlossen; daher sind die Angaben für 2018 noch nicht valide sowie noch nicht mit dem BKA abgestimmt und haben insofern einen vorläufigen Stand. 2. Wie viele der unter Punkt 1 aufgeführten Straftaten wurden in den Jahren 2018, 2017, 2016, 2015, 2014 und 2013 aufgeklärt? Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Welchem Phänomenbereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) sind die ermittelten Täter bzw. die ausgeübten Straftaten jeweils zuzuordnen (Rechts, Links, Ausländische Ideologie, Religiöse Ideologie)? Siehe Antwort zu Frage 1. … nach Kalenderjahr 2013 2014 2015 2016 2017 2018* Antisemitische Straftaten Gesamt … 114 132 143 127 129 99* davon aufgeklärte Straftaten 57 70 67 80 73 48* davon Gewaltdelikte 1 5 4 2 2 2* Ve rt ei lu ng a uf d ie Ph än om en be re ic he PM K - Ausländerkriminalität - 1 8 2 1 bestand nicht - ausländische Ideologie - bestand nicht 3 0* - religiöse Ideologie - bestand nicht 3 3* - links - 0 0 0 2 0 0* - rechts - 112 105 133 121 120 91* Nicht zuzuordnen 1 19 8 3 3 5* Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2826 3 4. Werden nicht aufgeklärte antisemitische Straftaten automatisch dem Phänomenbereich Politisch motivierte Kriminalität - rechts - zugeordnet? Siehe Antwort zu Frage 1. 5. Was sind die Kriterien, nach denen eine solche Tat dem Spektrum „Rechts“ zugeordnet wird? Siehe Antwort zu Frage 1. 6. Werden die Religionszugehörigkeit und die Nationalität der ermittelten Täter im Deliktsbereich Politisch motivierte Kriminalität erfasst? Siehe Antwort zu Frage 1. 7. Welche Maßnahmen werden von der Landesregierung bereits durchgeführt oder sind geplant, um Bürger jüdischen Glaubens vor antisemitischen Übergriffen zu schützen? Im gesamten Bundesgebiet, somit auch in Niedersachsen - wird seit Jahren von einer hohen abstrakten Gefährdungslage für jüdische Einrichtungen ausgegangen (vgl. Drs. 17/4022). Eine per se für Menschen jüdischen Glaubens oder jüdische Einrichtungen in Niedersachsen gegebene konkrete Gefährdungslage ist nicht zu konstatieren (vgl. Drs. 18/1720). Auf der Grundlage im Einzelfall vorliegender sicherheitsrelevanter Erkenntnisse erfolgen durch niedersächsische Sicherheitsbehörden Bewertungen hinsichtlich einer Gefährdungslage und, unter Einbeziehung der einschlägigen Vorschriftenlage und Befugnisse, darauf aufbauend die Initiierung oder Durchführung gegebenenfalls temporär erforderlicher konkreter Maßnahmen (vgl. Drs. 18/1232). Das kann sich im Einzelfall auf Gefährdungen für Menschen jüdischen Glaubens oder jüdische Einrichtungen beziehen. Sich - im Sinne der Fragestellung - im Speziellen nur auf Bürgerinnen oder Bürger jüdischen Glaubens beziehende generelle Maßnahmenkonzepte zu deren Schutz vor antisemitischen Übergriffen liegen nicht vor. Vielmehr werden die zuständigen Sicherheitsbehörden im Rahmen ihrer Aufgabenerledigung antisemitischen Erscheinungsformen durch soweit im Einzelfall erforderliche gefahrenabwehrende oder repressive Maßnahmen begegnen. Ergänzend ist festzuhalten, dass die Landesregierung bzw. zuständigen niedersächsischen Behörden und Einrichtungen verschiedene Angebote, Maßnahmen und Projekte durchführen oder unterstützen , die im Speziellen demokratieerziehende Wirkung entfalten, zu einer demokratischen Gestaltung der Gesellschaft beitragen und sich gegen extremistisches Gedankengut richten und damit im Kern auch antisemitistischen Erscheinungsformen von vornherein entgegenwirken sollen. In Ergänzung wird hierzu auch auf die Beantwortung der Kleinen Anfragen zur schriftlichen Beantwortung „Anti-semitische Straftaten in Niedersachsen“ (Drs. 17/3425) und „Antisemitistische Anschläge und Übergriffe 2016 und 2017“ (Drs. 18/1720) dargelegten - antisemitischen Erscheinungsformen vorbeugenden - Maßnahmen hingewiesen. (Verteilt am 19.02.2019) Drucksache 18/2826 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Jens Ahrends (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Antisemitische Straftaten