Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2907 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang und Hermann Grupe (FDP) Antwort des Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung Einschätzung von Wolfsverhalten und -monitoring Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang und Hermann Grupe (FDP), eingegangen am 11.01.2019 - Drs. 18/2581 an die Staatskanzlei übersandt am 16.01.2019 Antwort des Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz namens der Landesregierung vom 19.02.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Umweltminister Olaf Lies wird in der Pressemitteilung 118/2018 dahin gehend zitiert, dass nicht jedes auffällige Verhalten der Wölfe hingenommen werden dürfe. Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger müsse laut Umweltminister Lies gewährleistet sein und habe höchste Priorität. Jedoch verängstigen zunehmende Wolfsrisse und -sichtungen die Weidetierhalter und Anwohner (https://www. agrarheute.com/landundforst/betrieb-familie/tier/lueneburger-heide-wolfsangriffe-neuer-dimension- 548024). 1. Werden Übergriffe auf Weidetiere und auffälliges Verhalten von Wölfen in Bezug auf die bekannten Rudelterritorien bzw. bei genetischem Nachweis die Rudelzugehörigkeit im Monitoring dokumentiert? Falls ja, sind derartige Auswertungen verfügbar? Falls nein, wie werden durch das Wolfsmanagement auffällige Wölfe ermittelt? Jeder Rissvorfall, der gemeldet wird, wird mit allen beurteilungsrelevanten Details dokumentiert. Auffällige Häufungen führen zu einer territoriumsbezogenen Einzelbetrachtung, dabei werden selbstverständlich die Ergebnisse der genetischen Analysen mitbetrachtet. Derartige Auswertungen werden fallbezogen durchgeführt, nicht routinemäßig. 2. Wie viele Nahbegegnungen/Beißvorfälle mit Wölfen oder bei denen ein Wolf nicht ausgeschlossen werden konnte, sind in Niedersachsen dokumentiert? Dokumentiert ist ein angeblicher Beißvorfall (Steinfeld/Bühlstedt). Der Begriff „Nahbegegnung“ ist nicht eindeutig definiert, sodass hierzu keine Zahlen genannt werden können. 3. Welche Konsequenz zieht die Landesregierung aus der Entwicklung der Zahl der Nahbegegnungen in und an menschlichen Ansiedlungen? Entsprechend der gewachsenen Teil-Wolfspopulation in Niedersachsen kommt es an verschiedenen Stellen zu Wolfsbeobachtungen. Sofern gemeldet, werden diese im Rahmen des Monitorings bewertet, und wo verstärkte Beobachtung für notwendig gehalten wird, ist dies im Rahmen des Wolfsmonitorings verzeichnet. Hierbei kommt es stets auf den Einzelfall an. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2907 2 4. Welche Übergriffe von Wölfen sind aus Sicht der Landesregierung nicht mehr zu tolerieren und sollten zu einem Abschuss dieser Wölfe führen? Bitte eine Einordnung vornehmen . Bitte folgende Beispiele bewerten: – Anzahl Nutztierrisse je Rudel/Territorium, – Anzahl von Rissen hinter „wolfssicherem Grundschutz“, – Anzahl von Rinder- und Pferderissen, – Anzahl von verletzten/getöteten Nutztieren neben den gefressenen Nutztieren, – Anzahl von Nahbegegnungen mit Menschen, – Höchstannäherung an Häuser und Siedlungen. „Abschuss“ ist im Rechtssinn eine Entnahme. Die Notwendigkeit einer Entnahme richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben und ist immer eine Einzelfallentscheidung. 5. Wie viele Wölfe können in Niedersachsen aus Sicht der Landesregierung verträglich leben? Bitte Individuen und Rudel getrennt bewerten. Eine solche Feststellung ist nicht allein für Niedersachsen zu treffen, sondern nur für das gesamte Bundesgebiet. Die Federführung hierfür liegt beim Bund und bei der EU. 6. Welche „Raumwiderstände“ hält die Landesregierung für den Wolf für angemessen? (Abstandsgrenzen, „no go areas“). Bitte Abstände zu folgenden Bereichen angeben: – Seedeiche, – Binnendeiche, – Naturpark Lüneburger Heide, – Ortschaften, – Wohnhäuser, – Kindergärten/Schulen. „Raumwiderstände“ ist kein Begriff, der allgemein geltende Festlegungen zulässt. Eine Beurteilung ist höchstens im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten möglich. 7. Welche Güterabwägung hat die Landesregierung in Bezug auf den Tierschutz bei folgenden Fragestellungen vorgenommen: – Elektroeinzäunung von Herdenschutzhunden (HSH), – Erfordernis von Schutzhütten für HSH, – maximale Stromspannung für Kinder, Weidetiere, Kleinsäuger und Vögel, ohne gegen das Grundgesetz und das Tierschutzgesetz zu verstoßen? Strom führende Zäune sind in der Landwirtschaft seit vielen Jahrzehnten ein probates Mittel, Tiere am Verlassen einer Weide zu hindern. Jetzt dienen sie auch dazu, Beutegreifer am Betreten der Weide zu hindern. Eine Güterabwägung im Sinne der Frage hat bereits bei der Definition der guten landwirtschaftlichen Praxis stattgefunden. 8. Welche Notwehrmaßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr hält die Landesregierung bei folgenden Aspekten für Betroffene für angemessen bzw. für empfehlenswert: – während des Hütezuges im offenen Gelände, – am Nachtferch, – an Stallungen, Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2907 3 – im befriedeten Bezirk direkt an Häusern, – in Ortschaften, – beim Annähern an gerissene Nutztiere? Maßnahmen der Notwehr - in diesem Fall wohl in der Regel eher des rechtfertigenden Notstands - zur unmittelbaren Gefahrenabwehr sind abschließend rechtlich geregelt. Grundsätzlich ist immer eine Einzelfallabwägung erforderlich. 9. Plant die Landesregierung, das Meldeverfahren und die Untersuchungswege insbesondere in Bezug auf folgende Aspekte transparenter (online verfolgbar) zu gestalten: – Genfrequenzzuordnung des Einzeltiers, – Stammbaumveröffentlichung eines jeden Wolfes, soweit er aus der Genfrequenzierung abzuleiten ist, – Veröffentlichung der DANN-Ergebnisse unmittelbar nach der Ermittlung, – Zuordnungen der Risse zu den Einzelwölfen in der Risstabelle, wenn die DNA vorliegt , – Erfassung von verletzten und verschollenen Tieren in der Risstabelle, – Definierung von Mindestbearbeitungszeiten, – Onlinedokumentation des Bearbeitungsstandes, – Abschaffung des genetischen Nachweises bei dokumentiertem Tötungs-/Kehlbiss, – Schaffung einer Widerspruchsmöglichkeit für Geschädigte bei Zweifeln an der Beweisführung bzw. Nichtberücksichtigung erkennbarer Rissmerkmale? Die Meldeverfahren sind im erforderlichen Umfang transparent gestaltet. Eine Veröffentlichung von Daten und neuen Erkenntnissen (z. B. DNA-Untersuchungsergebnisse) wird entsprechend den personellen Kapazitäten so zeitnah wie möglich vorgenommen. Jedem Verwaltungsakt kann von den Betroffenen widersprochen werden. 10. Stellt die Landesregierung sicher, dass alle Daten des Wolfsmonitorings in die dazu gefertigten Berichte der Landesjägerschaft Niedersachsen (LJN) eingehen, gegebenenfalls ab wann? Für die Berichte der Landesjägerschaft ist ausschließlich die Landesjägerschaft verantwortlich. Sie erstellt die Berichte entsprechend der Vereinbarung zwischen dem Land und der Landesjägerschaft . Sämtliche Informationen des Monitorings stehen der Landesjägerschaft dafür zur Verfügung , sofern sie von den Autoren dafür freigegeben wurden (Autorenrechte z. B. an Fotos und Filmen müssen respektiert werden). 11. In diesen Berichten werden regelmäßig fehlende Meldungen ausgewiesen. Welche Stellen sind für die fehlenden Meldungen zuständig, und warum fehlen die Meldungen? „Fehlende Meldungen“ gibt es nicht, da es keine Meldepflicht gibt. Die Feststellungen der Landesjägerschaft beziehen sich auf eben solche Meldungen, in denen die Autoren eine Freigabe nicht erteilt haben. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2907 4 12. Es ist in diesem Jahr mehrfach zu Nahbegegnungen mit Wölfen, auch im Ortsbereich, gekommen. Teilweise waren dabei Kinder beteiligt. Welche Anweisungen hat das Wolfsbüro des Landes in Bezug auf in solchen Situationen zu treffende Maßnahmen, und in welcher Art und Weise wurde tatsächlich reagiert, und wo und wie wurde dies dokumentiert? Das Wolfsbüro reagiert auf besondere Situationen in individuell angepasster Weise, in der Regel durch erhöhte Beratungstätigkeit. 13. Stellt die Landesregierung sicher bzw. kontrolliert bei externen Referenten, dass Unterrichts -/Vortragsmaterialien für Schulklassen ausgewogen und angemessen zum Einsatz kommt und gemäß der Realität über folgende Themen berichtet wird: – die Populationsentwicklung, – die Verbreitungsgebiete und Bestandsdichten, – die Stellung eines Spitzenprädators ohne natürliche Feinde, – die gefährdete Biodiversität durch weniger Beweidung, – die Gefährdung artgerechter Haltung der Weidetiere, – die Problematik des Einsatzes von Herdenschutzhunden, – die Auswirkungen auf das Leben im ländlichen Raum, – die Auswirkungen auf die Deichsicherheit? Im Rahmen der vorhandenen Curricula für den Sachunterricht besteht die Möglichkeit, externe Referenten hinzuzuziehen. Es ist Aufgabe der Unterrichtsverantwortlichen, die von diesen Referenten vermittelten Inhalte entsprechend einzuordnen. Die vom NLWKN und den Kooperationspartnern des MU zur Verfügung gestellten Materialien sind fachlich geprüft. (Verteilt am 20.02.2019) Drucksache 18/2907 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Horst Kortlang und Hermann Grupe (FDP) Antwort des Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Einschätzung von Wolfsverhalten und -monitoring