Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2937 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD), eingegangen am 30.01.2019 - Drs. 18/2713 an die Staatskanzlei übersandt am 01.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 20.02.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Laut einem Bericht der Braunschweiger Zeitung vom 23.12.2018 scheiterte in Niedersachsen im vergangenen Jahr ein Großteil der Abschiebungen rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber1. 1. Wie viele rechtskräftig abgelehnte und unmittelbar ausreisepflichtige Asylbewerber hielten sich zum Ende des Jahres 2018 in Niedersachsen auf? Zum Stichtag 31.12.2018 lebten in Niedersachsen insgesamt 22 258 ausreisepflichtige Personen. Bei 17 551 Personen wurde der Vollzug der Abschiebung vorübergehend ausgesetzt (Duldung), wobei die Duldungsgründe vielfältig sind (z. B. familiäre, dringende persönliche oder medizinische Gründe). Die Ausreisepflicht besteht zum Teil auch aus asylverfahrensunabhängigen Gründen. Ausreiseverpflichtungen aus asylverfahrensunabhängigen Gründen entstehen in den Fällen, in denen die Person kein Asylverfahren durchlaufen hat und keinen Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltsrechts hat, da entweder die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht erfüllt werden oder Versagungsgründe vorliegen. Asylverfahrensunabhängige Aufenthaltsmöglichkeiten können sich u. a. nach den Vorschriften zum Familiennachzug (vormals bestehende familiäre Bindungen in Deutschland liegen z. B. infolge einer Ehescheidung nicht mehr vor) oder zur Aufnahme eines Studiums (z. B. nach Abbruch des Studiums) ergeben. Die genaue Anzahl der vollziehbar ausreisepflichtigen Personen kann nicht aus dem Ausländerzentralregister (AZR) beziffert werden, da das AZR nicht danach differenziert, ob die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht bereits eingetreten ist. Daher ist bei der verbleibenden Differenz zwischen Ausreisepflichtigen und Geduldeten (4 707 Personen) zu berücksichtigen, dass in diesen Fällen die Ausreisepflicht nicht immer vollziehbar ist. Zum Verlassen des Bundesgebiets sind Ausländerinnen und Ausländer bereits mit Eintritt der Ausreisepflicht gesetzlich verpflichtet. Ihnen wird jedoch eine Frist zur freiwilligen Ausreise eingeräumt, innerhalb derer die Behörden keine Abschiebung vollziehen dürfen. Erst wenn diese gesetzliche Ausreisefrist abgelaufen ist, wird die Ausreisepflicht vollziehbar; es sei denn, dass in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren entschieden worden ist, dass die Abschiebung auch nach Ablauf der Ausreisefrist nicht vor Abschluss des Verfahrens vollzogen werden darf, die Vollziehbarkeit also ausgesetzt wird. 1 https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/article216075769/Grossteil-der-Abschiebungen-in- Niedersachsen-scheitert.html Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2937 2 Mit einer geplanten Änderung der AZRG-Durchführungsverordnung soll zukünftig auch die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht im AZR abgebildet werden. 2. Wie viele Abschiebungen wurden 2018 versucht, und wie viele davon scheiterten? Im Jahr 2018 haben die Ausländerbehörden 6 275 Abschiebungsersuchen zur Organisation der Abschiebung an das LKA Niedersachsen gerichtet, wovon 1 445 Abschiebungen vollzogen werden konnten. In 526 Fällen handelte es sich dabei um Dublin-Überstellungen in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen EU-Mitgliedstaat. 4 830 Ersuchen konnten bereits im Vorfeld einer tatsächlichen Abschiebungsmaßnahme bzw. während einer laufenden Abschiebungsmaßnahme nicht vollzogen werden. Die Gründe, aus denen Abschiebungen entweder im Vorfeld nicht vollzogen werden können oder diese während einer laufenden Maßnahme scheitern, sind vielfältig. Zu den Ursachen zählen beispielsweise , dass die notwendigen Passersatzpapiere nicht rechtzeitig eintreffen, behördliche oder verwaltungsgerichtliche Entscheidungen einen Vollzug der Maßnahme verhindern, die Betroffenen nach Einleitung der Abschiebung freiwillig ausreisen, reiseunfähig sind, einen Asylfolgeantrag stellen oder im Rahmen des unmittelbaren Vollzugs der Maßnahme nicht angetroffen werden. Verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die dem Vollzug einer Abschiebung entgegenstehen, sind Beschlüsse, die die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage anordnen (§ 80 Abs. 5 VwGO) und somit vor einer Abschiebung die Entscheidung im Klageverfahren abzuwarten sind. Eine behördliche Entscheidung, die den Vollzug der Maßnahme hindert, liegt insbesondere vor, wenn das BAMF auf Antrag des Betroffenen ein Asylfolgeverfahren durchführt. 3. Wie viele von diesen Abschiebungen scheiterten daran, dass die abzuschiebende Person sich durch Untertauchen der Abschiebung entzogen hat? Im Jahr 2018 konnten insgesamt 2 339 Rückführungen nicht durchgeführt werden, da die rückzuführende Person entweder während der Maßnahme selbst nicht angetroffen wurde oder bereits im Vorfeld der Abschiebung den zugewiesenen Wohnort verlassen hatte. 4. In wie vielen Fällen wurden unmittelbar ausreisepflichtige Personen zur Gewährleistung der Durchführbarkeit der Abschiebung in Sicherungshaft genommen? Im Jahr 2018 befanden sich 332 Personen, für die eine niedersächsische Ausländerbehörde zuständig war, in Abschiebungshaft in der Abteilung Langenhagen. 5. Welcher Art und von welcher Dauer sind die Maßnahmen zuständiger Behörden, um Personen, die sich der Abschiebung durch Untertauchen entzogen haben, aufzufinden, um dann die Abschiebung durchzuführen? In wie vielen Fällen hatten derlei Maßnahmen Erfolg und führten letztendlich zur Abschiebung? Sofern eine ausreisepflichtige Person versucht, sich der Abschiebung zu entziehen, oder sich bereits der Rückführung entzogen hat, kann die Person nach § 50 Abs. 6 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes zur Aufenthaltsermittlung oder zur Festnahme ausgeschrieben werden. Im Falle des Antreffens dieser Person durch beispielsweise die Polizei wird die zuständige Ausländerbehörde über den Aufgriff informiert. Anschließend kann die Ausländerbehörde weitergehende Maßnahmen treffen, um den illegalen Aufenthalt zu beenden. Daneben kann die Person durch die Polizei vorübergehend in Gewahrsam genommen werden, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen . Die Polizei kann dem Ausländer zudem beispielsweise eine Anlaufbescheinigung aushändigen , die ihn verpflichtet, bei der zuständigen Ausländerbehörde vorzusprechen. Sofern die Voraussetzungen vorliegen, kann auch ein Abschiebungshaftantrag beim zuständigen Amtsgericht gestellt werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2937 3 Die Dauer der Ausschreibungen zur Aufenthaltsermittlung oder Festnahme richten sich dabei nach den gesetzlichen Löschfristen der Verordnung (EU) 2018/1861 des europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der Grenzkontrollen, zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen und zur Änderung und Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006. Eine statistische Erfassung, wie oft derartige Maßnahmen zu einer tatsächlichen Rückführung geführt haben, erfolgt nicht. 6. Welche niedersächsischen Flughäfen werden für Rückführungsflüge genutzt? Im Jahr 2018 wurde ausschließlich der Flughafen Hannover für Rückführungsmaßnahmen genutzt. (Verteilt am 22.02.2019) Drucksache 18/2937 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Stephan Bothe (AfD) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber