Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2989 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Christian Grascha, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Welche Aktivitäten unterhält die Landesregierung zur Förderung des Social Entrepreneurship in Niedersachsen? Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Christian Grascha, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP), eingegangen am 24.01.2019 - Drs. 18/2673 an die Staatskanzlei übersandt am 28.01.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 22.02.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten Soziales Unternehmertum oder Social Entrepreneurship bezeichnet eine unternehmerische Tätigkeit , die sich vordergründig der Lösung gesellschaftlicher Probleme mit unternehmerischer Betätigung verschrieben hat. Sogenannte „Social Start-ups“ entstehen insbesondere in den Bereichen Bildung, Umweltschutz, Armutsbekämpfung, Menschenrechte und der Beschäftigungsförderung für Menschen mit Behinderungen. Vorbemerkung der Landesregierung Für das soziale Unternehmertum gibt es keine einheitliche, festgelegte Definition. In der überwiegenden Mehrzahl der Veröffentlichungen wird Social Entrepreneurship oder soziales Unternehmertum definiert als unternehmerisches Denken und Handeln zum Wohle der Gesellschaft und zur Lösung oder Verbesserung gesellschaftlicher Missstände. Der Profitgedanke steht bei diesen Unternehmen meist erst an zweiter Stelle hinter dem gesellschaftlichen Nutzen (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon ). Unternehmen, die mit ihrem unternehmerischen Handeln gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, werden dem Social Entrepreneurship zugeordnet (vgl. Deutscher Social Entrepreneurships Monitor 2018). Gemäß § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist die Unternehmereigenschaft erfüllt, wenn eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausgeübt wird. Ein Unternehmen umfasst demnach die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Soziales Unternehmertum bzw. Social Entrepreneurship erfüllt diese Anforderungen im Regelfall. Start-ups sind von klassischen Unternehmen und Unternehmensgründungen noch einmal besonders abzugrenzen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie jünger sind als zehn Jahre, ein (geplantes ) Mitarbeiter-/Umsatzwachstum haben und dabei (hoch) innovativ in ihren Produkten/Dienstleistungen , Geschäftsmodellen und/oder Technologien sind (vgl. Deutscher Startup Monitor 2018). Als Social Start-ups werden Unternehmen bezeichnet, die per Definition ein Start-up-Unternehmen sind, gleichzeitig aber auch den oben beschriebenen Ansatz des Social Entrepreneurship verfolgen . Da bei der Gewerbeanmeldung diese Branche oder Unternehmenskategorie nicht ausgewiesen wird, liegen keine Zahlen über die Gründung von Social Start-ups vor. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2989 2 1. Wie viele solcher Unternehmen gibt es nach Kenntnis der Landesregierung derzeit in Niedersachsen? Es wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 2. Wie viele solcher Unternehmen wurden in den letzten zehn Jahren gegründet (bitte einzeln für jedes Jahr angeben)? Es wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 3. Welche Fördermöglichkeiten zur Entwicklung von sozial-innovativen Geschäftsmodellen gibt es in Niedersachsen? Die Landesregierung unterstützt Gründungen in allen Bereichen u. a. mit dem Förderprogramm MikroSTARTer, der Start-up-Initiative inklusive der Förderung von aktuell acht Start-up-Zentren sowie mit dem Beteiligungsfonds NSeed und dem im Abstimmungsprozess befindlichen neu aufzulegenden Gründungsstipendium. Außerdem bieten die niedersächsischen Hochschulen grundsätzlich ein großes Spektrum an Beratungs - und Qualifizierungsangeboten für Gründerinnen und Gründer bzw. Gründungsinteressierte an. Eine Befragung der 17 Technologietransferstellen an den niedersächsischen Hochschulen durch das Innovationszentrum Niedersachsen (Frühjahr 2018) zeigt, dass die meisten Transferstellen ein breites Unterstützungsangebot zum Thema Gründen bereithalten. Die aufgeführten Unterstützungsangebote sind auch für Social Entrepreneurs offen und relevant, sofern die Förderkriterien erfüllt werden. Mit der Richtlinie „Soziale Innovation“ (Erl. d. StK v. 22.06.2015 - 401-06025/19 -, VORIS 21141) werden gezielt die Entwicklung und Erprobung innovativer Lösungsansätze, die neue Antworten auf die spezifischen gesellschaftlichen Herausforderungen in zentralen gesellschaftlichen Handlungsfeldern geben können, gefördert. Hierfür stehen in der aktuellen EU-Förderperiode 12 Millionen Euro zur Verfügung. Die Richtlinie fördert Projekte mit den Schwerpunkten „Anpassung von Unternehmen , Unternehmerinnen, Unternehmern und Arbeitskräften an den Wandel“ sowie „Sicherung des Zugangs zu sowie die Verbesserung und Ausweitung von erschwinglichen, nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Gesundheits- und Sozialdienstleistungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge “. Bereits im Jahr 2015 wurde vom Landtag eine Stärkung des sozialen und ökologischen Wirtschaftens in Niedersachsen beschlossen (Beschluss vom 04.06.2015, Drs. 17/3630). Kernpunkt des Beschlusses war die Feststellung, dass Unternehmen und der Ausbau der gemeinwohlorientierten Wirtschaft zu stärken sind. Im Fokus der Betrachtungen stand die Rechtsform der Genossenschaft für soziale Unternehmungen, ganz speziell die Sozialgenossenschaft. Aufgrund dieses Beschlusses wurde im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung die Förderrichtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Gründung von Sozialgenossenschaften erarbeitet , die zum 01.01.2018 in Kraft getreten ist (Erl. d. MS v. 24.01.2018 - 303.11-43813-01-, VORIS 21141). Ziel der Förderrichtlinie ist es, die Gründung von Sozialgenossenschaften durch Erstattung der Gründungskosten zu befördern. Sozialgenossenschaften im Sinne dieser Richtlinie sind Unternehmen in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft, deren Zweck darauf gerichtet ist, die sozialen Belange ihrer Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Geschätzt werden an Genossenschaften die Nachhaltigkeit, die unmittelbare Form der Selbsthilfe, die regionale Verankerung und das Handeln zum Wohle der Mitglieder. Sie sind daher auch für ehrenamtliches Engagement sehr gut geeignet. Es geht um Projekte wie Dorfläden, Bürgerbusse, ambulant betreute Wohngemeinschaften, gemeinschaftliche Wohnprojekte usw. Nach der o. g. Förderrichtlinie sind in 2018 zehn Genossenschaftsinitiativen gefördert worden, weitere Gründungsprozesse laufen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2989 3 4. Bei welchen bestehenden Förderprogrammen ist eine Öffnung für Sozialunternehmen geplant? Eine Öffnung ist nicht erforderlich, da die entsprechenden Förderprogramme branchenunabhängig sind. Auf die Antwort zu Frage drei wird verwiesen. Zur begrifflichen Definition (hier Sozialunternehmen ) wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 5. Bei welchen geplanten Förderprogrammen ist eine Öffnung für Sozialunternehmen geplant ? Eine Öffnung ist nicht erforderlich. Auf die Antworten zu den Fragen 3 und 4 wird verwiesen. 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Förderung solcher sozialer Unternehmen in Niedersachsen im Vergleich mit der Förderung anderer „Geschäftsbereiche“ wie beispielsweise Technologie-Startups? Gründungen sind für die niedersächsische Wirtschaft von essenzieller Bedeutung. Sie erzeugen Dynamik und sind mit Blick auf den digitalen Wandel wirtschaftspolitisch dringend notwendig. Die Landesregierung fördert die Schaffung eines gesellschaftlichen und politischen Klimas, in dem Menschen ermutigt werden, ihre Ideen in Form einer Gründung umzusetzen. Dazu gehört die Förderung der Gründermentalität und des unternehmerischen Denkens in allen Bereichen von technischen Innovationen bis hin zu Social Entrepreneurship. Letztgenannte können wichtige soziale Funktionen erfüllen. Neben der Gründungsförderung stehen mit der Richtlinie „Soziale Innovationen “ und mit der Förderung von Sozialgenossenschaften Instrumente zur Verfügung, die für eine Förderung von sozialen Unternehmen geeignet sein könnten. 7. Wie setzt sich die Landesregierung für eine bessere Vernetzung interessierter Sozialunternehmer ein? Zur besseren Vernetzung der Gründerszene Niedersachsens hat die Landesregierung die Internetseite startup.nds.de gestartet, die einen umfassenden Überblick über die Gründungsaktivitäten im Land gewährt und Möglichkeiten zur Vernetzung bietet. Auch durch die vom Land geförderten Start-up-Zentren, die entsprechende Veranstaltungen durchführen, werden Vernetzungsplattformen angeboten, die auch Social Start-ups zur Verfügung stehen. Im Rahmen einer Fachveranstaltung, die voraussichtlich im September 2019 stattfindet, sollen die Erfolge und Erfahrungen mit der Richtlinie „Soziale Innovation“ einer breiteren Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Der fachliche Austausch ist Bestandteil der Veranstaltung. Darüber hinaus werben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der drei Stellen für Soziale Innovation, die beim Deutschen Gewerkschaftsbund, bei den Unternehmerverbänden Niedersachsen sowie bei der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege angesiedelt sind, auf regionaler Ebene zusammen mit den Ämtern für regionale Landesentwicklung regelmäßig im Rahmen ihrer Veranstaltungen für die Richtlinie und bieten Gelegenheiten zur Vernetzung. Überdies gibt es spezialisierte Angebote der Hochschulen zur Entwicklung von sozial-innovativen Geschäftsmodellen. Beispielsweise – veranstaltet der vom Land geförderte Südniedersachseninnovationscampus seit Dezember 2018 ein regelmäßiges „Social Entrepreneurship Meetup Göttingen“, – hat die Leuphana Universität Lüneburg 2009 als erste deutsche staatliche Universität eine Juniorprofessur für Social Entrepreneurship eingerichtet, deren besonderes Augenmerk auf der Förderung studentischer Social-Entrepreneurship-Projekte liegt. Mit dem „Social Change Hub (SCHub)“ hat die Leuphana Universität eine Plattform errichtet, die studentisches Engagement im Sinne des Social Entrepreneurship fördern und unterstützen soll, indem Studierende eigene Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/2989 4 Projektideen erfinden und dabei in Form von Workshops und Seminaren sowie Beratung unterstützt werden, – veranstaltet im Februar 2019 das Social Innovation Center (SIC) der Region Hannover gemeinsam mit Starting Business der Leibniz Universität Hannover das erste „Social Entrepreneurship Camp“ an der Universität Hannover. Mit den Methoden des Lean Startups werden an zwei Tagen soziale Geschäftsideen weiterentwickelt. (Verteilt am 26.02.2019) Drucksache 18/2989 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Christian Grascha, Susanne Victoria Schütz und Björn Försterling (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Welche Aktivitäten unterhält die Landesregierung zur Förderung des Social Entrepreneurship in Niedersachsen?