Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/299 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung Wie steht die Landesregierung zur Flächenstilllegung im Landeswald? Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP), eingegangen am 15.12.2017 - Drs. 18/87 an die Staatskanzlei übersandt am 20.12.2017 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens der Landesregierung vom 14.02.2018, gezeichnet Barbara Otte-Kinast Vorbemerkung der Abgeordneten Die Wirtschaft und die Gesellschaft sind auf die Nutzung von Natur und Landschaft angewiesen. Das gilt besonders für naturnahe Wirtschaftszweige wie die Land- und die Forstwirtschaft, aber auch für die Bereiche Verkehr, Tourismus, Gewerbe und Wohnen. Unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit stellt sich die Frage, wie der Schutz der biologischen Vielfalt so gestaltet werden kann, dass diese erhalten bleibt und gleichzeitig das wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Interesse an einer angemessenen Nutzung realisierbar ist. Um diese Problemstellung durch übergreifende Naturschutzaktivitäten zu lösen, wurde auf der Konferenz der Vereinten Nationen 1992 in Rio de Janeiro das Übereinkommen über die biologische Vielfalt beschlossen, das im Laufe des Umsetzungsprozesses in Deutschland die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt hervorgebracht hat. In dieser nationalen Strategie ist bezüglich der Wälder folgendes Ziel festgehalten: „2020 beträgt der Flächenanteil der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung 5 % der Waldfläche.“ Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung bekennt sich zu den Zielen der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) und zu deren Basis, „Schutz und Nutzung stets aus ökologischer, ökonomischer und sozialer Sicht zu betrachten“. Mit der Entscheidung, Waldflächen in angemessenem Umfang dauerhaft der natürlichen Entwicklung zu überlassen, befindet sich die Landesregierung im Einklang mit der weit überwiegenden Zahl der Bundesländer, die sich in unterschiedlichen Anteilen und auf unterschiedlicher Berechnungsbasis an der NBS beteiligen. Die Gründe für den Erhalt der biologischen Vielfalt sind zahlreich und ökologischer, ökonomischer, sozialer, kultureller und ethischer Natur. Neben anderen Lebensräumen steht naturnaher Wald besonders im Fokus der Suchräume für eine Flächenkulisse für die natürliche Waldentwicklung (NWE). Die NBS sieht aufgrund der Vorbildfunktion des Staates die Einrichtungen der öffentlichen Hand auf verschiedenen Ebenen (Bund, Länder und Kommunen) besonders in der Pflicht und strebt eine Natürliche Waldentwicklung auf 10 % der Waldfläche der öffentlichen Hand bzw. auf 5 % der Gesamtwaldfläche an. Die Landesregierung wird sich an der NBS beteiligen. Neben Wäldern der Anstalt Niedersächsische Landesforsten (NLF) einschließlich Nationalpark Harz (NLP Harz) sollen auch Flächen aus dem Bereich der Domänen- und Moorverwaltung und der Naturschutzverwaltung beteiligt werden. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/299 2 Die von der Landesregierung am 26. September 2017 beschlossene Waldflächenkulisse für das NWE10-Programm ist bis 2020 bzw. 2022 durch die NLF und den NLP Harz in Abstimmung mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) und den zuständigen unteren Naturschutzbehörden im Einzelnen durch Feinplanungen zu evaluieren und umzusetzen. Bis zur endgültigen Aufgabe jeglicher Bewirtschaftung bleibt die Möglichkeit erhalten, Erstinstandsetzungen und Entwicklungsmaßnahmen (z. B. Entnahme von Nadelholz, Pflanzungen) zum Zwecke der ökologischen Aufwertung bzw. im NLP Harz vorbereitende Arbeiten zur Überführung der Naturentwicklungszone in die Naturdynamikzone vorzunehmen. Multifunktional bewirtschaftete Wälder, in denen Holz geerntet wird, dienen auch gleichzeitig der Erholung und der Gewährleistung vielfältiger Schutzfunktionen. Bäume werden nicht allein aus waldbaulichen Gründen und zur Vermarktung eingeschlagen, sondern vielfach auch aus Gründen der Landschaftspflege und des Naturschutzes, z. B. im Rahmen der Moorregeneration und von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Möglicher Waldflächenbesitz des Landes weiterer, hier nicht genannter Behörden, wurde nicht in den NWE10-Prozess einbezogen und bleibt im Folgenden unberücksichtigt. 1. Wie viele Hektar Wald befinden sich aktuell im Eigentum des Landes Niedersachsen? Die Fläche des niedersächsischen Landeswaldes betrug 2017 nach gesetzlicher Definition gemäß § 2 NWaldLG 333 203 ha. 2. Wie viele Hektar Landeswald der in der Antwort auf Frage 1 genannten Fläche werden aktuell von den Niedersächsischen Landesforsten (NLF) zum Zweck des Holzeinschlags bewirtschaftet, und wie viele Hektar Landeswald befinden sich aktuell in welcher anderen Nutzung bzw. Nichtnutzung unter der Verwaltung welcher Institution des Landes? Auf rund 288 000 ha der von den NLF bewirtschafteten Holzbodenfläche (ohne NLP-Harz) findet eine Holznutzung statt. Rund 19 400 ha Holzbodenfläche der NLF (ohne NLP-Harz) sind der NWE-Kulisse zuzuordnen oder dienen aus anderen naturschutzfachlichen Gründen nicht primär der Holzproduktion. Unberücksichtigt hierbei sind Flächen, die aufgrund des Geländereliefs oder der Bodenbeschaffenheit nicht oder nur fakultativ bewirtschaftet werden. Neben den ausgewiesenen NWE-Flächen der NLF gibt es einige nicht genutzte oder nicht nutzbare Flächen (z. B. kleine Habitatbaumflächen mit einer Größe von weniger als 0,3 ha), die aufgrund zu geringer Größe nicht Bestandteil der NWE-Kulisse werden können. Die von der Nationalparkverwaltung Harz verwaltete Fläche des NLP (niedersächsischer Anteil) beträgt 15 800 ha, davon 15 652 ha Landeswald. Anfallendes Holz wird zwar zum Teil vermarktet, eine forstliche Bewirtschaftung zum Zweck der Holznutzung erfolgt jedoch nicht. Die Waldfläche auf landeseigenen Naturschutzflächen des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) betrug im Jahr 2015 ca. 1 430 ha. In den letzten Jahren wurden weitere Flächen erworben, deren Waldanteile kurzfristig noch nicht genau bilanziert werden konnten. Die Flächen dienen ausnahmslos dem Naturschutz, sie werden nicht zum Zwecke des Holzeinschlags bewirtschaftet. Die Summe des Waldes im Zuständigkeitsbereich der Moor- und Domänenverwaltung beträgt ca. 970 ha. Eine forstliche Bewirtschaftung zum Zweck der Holznutzung erfolgt nicht. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/299 3 3. Wie viele Hektar Landeswald der in der Antwort auf Frage 2 genannten Fläche, die nicht von den NLF zum Zweck des Holzeinschlags bewirtschaftet wird, werden zum Zweck des Holzeinschlags von welcher anderen Institution des Landes bewirtschaftet? Im Landeswald werden außerhalb der NLF keine Flächen zum Zweck des Holzeinschlags bewirtschaftet (siehe auch Antwort zu Frage 2). 4. Wie viele Hektar Landeswald der in der Antwort auf Frage 2 genannten Fläche, die nicht von den NLF zum Zweck des Holzeinschlags bewirtschaftet wird, sind aktuell Teil des Programms zur Natürlichen Waldentwicklung (NWE), und unter der Verwaltung welcher Institution des Landes befinden sich diese NWE-Flächen? Im NLP-Harz befinden sich aktuell rund 8 600 ha innerhalb der NWE-Kulisse, im Zuge der internationalen Anerkennung durch die Weltnaturschutzorganisation IUCN werden bis 2022 weitere 3 500 ha und im Rahmen der stufenweisen Überführung der Borkenkäferbekämpfungszone nochmals 2 800 ha Teil der NWE-Kulisse, sodass rund 14 900 ha des NLP-Harz Teil der NWE-Kulisse sein werden. Zuständig für diese Flächen ist die Nationalparkverwaltung. Aus dem Flächenpool in Zuständigkeit des NLWKN sowie der Moor- und Domänenverwaltung sind Anteile von ca. 400 ha für das NWE10-Programm vorgesehen. 5. Gibt es aktuell Wald, der sich im Eigentum des Landes Niedersachsen befindet, nicht zum Zweck des Holzeinschlags bewirtschaftet wird und noch nicht in das NWE- Programm aufgenommen wurde, wenn ja, um wie viele Hektar welchen Waldes unter der Verwaltung welcher Institution des Landes handelt es sich dabei? Die in Antwort zu Frage 4 benannten 400 ha Wald sind für NWE10 vorgesehen, wurden aber noch nicht flächenscharf als Bestandteil des NWE10-Programms ausgewiesen. 6. Wäre es nach Auffassung der Landesregierung sinnvoll, die in der Antwort auf Frage 5 genannte Landeswaldfläche in das NWE-Programm aufzunehmen (bitte mit Begründung )? Ja, die Ausweisung als NWE10-Wald ist in Vorbereitung. 7. Welche Fläche des Landeswaldes wird als Basis für die Berechnung des Anteils des Landeswaldes verwendet, der sich im NWE-Programm befindet? (Bitte auch die Flächengröße in Hektar angeben.) In der NBS ist die Bezugsgröße die Waldfläche. Für die Bestimmung der Referenzfläche wurde die Walddefinition nach § 2 Abs. 3 bis 7 NWaldLG herangezogen. Nach Bereinigung um die nicht mit dem Wald zusammenhängenden Flächen ergibt sich eine Referenzfläche im NLF-Eigentum von 330 810 ha. Außerdem wurde auch 2 393 ha Wald außerhalb der NLF aus dem Bereich der Domänen- und Moorverwaltung in die Bilanz einbezogen. Zusammen ergibt das 333 203 ha Landeswald. 8. Welche Holzbodenfläche hat der Wald, der sich im Eigentum des Landes Niedersachsen befindet (bitte entsprechend der Antwort auf Frage 2 auch getrennt für Wald in Bewirtschaftung durch die NLF und andere Nutzungen bzw. Nichtnutzungen angeben)? Die Holzbodenfläche im Eigentum der NLF umfasste zum 02.06.2016 ohne den NLP Harz 302 989 ha. Für Landeswaldflächen außerhalb der NLF wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/299 4 9. Wird für die Berechnung des NWE-Anteils des Landeswaldes die Betrachtungsgröße Waldfläche oder Holzbodenfläche verwendet (bitte mit Begründung)? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Die Flächendefinitionen „Holzbodenfläche/Nichtholzbodenfläche “ wurden nicht verwendet. 10. Wie viele Hektar Wald, die sich im Eigentum des Landes Niedersachsen befinden, wurden in den Jahren 2013 bis 2017 pro Jahr in das NWE-Programm aufgenommen und damit sich selbst überlassen? Im laufenden Prozess, der noch bis 2020 (für den NLP Harz bis 2022) andauert, wird eine jährliche Statistik nicht geführt. Die NWE-Kulisse im Eigentum der NLF umfasste für die Jahre 2013, 2015 und Planung ab 2018 die folgenden Flächensummen: 2013: 4 400 ha (NLF außerhalb des NLP Harz) und 8 600 ha (innerhalb des NLP Harz) nutzungsfreie Wälder (Grundlage: NWE-Eröffnungsbilanz der NLF). Gesamtfläche: 13 000 ha. Zur Stichtagsbilanz 01.06.2015: 27 400 ha (NLF aktuell inklusive der Kernflächen und Teile der ehemaligen Borkenkäfer-Schutzzone des NLP Harz bzw. perspektivisch in fester Erwartung). 11. Wie viele Hektar Landeswald, die zuvor von den NLF zum Zweck des Holzeinschlags bewirtschaftet wurden, wurden in den Jahren 2013 bis 2017 pro Jahr in das NWE- Programm aufgenommen und damit sich selbst überlassen? Es wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 12. Wie viele Hektar Landeswald, die zuvor von einer anderen Institution als den NLF zum Zweck des Holzeinschlags bewirtschaftet wurden, wurden in den Jahren 2013 bis 2017 pro Jahr in das NWE-Programm aufgenommen und damit sich selbst überlassen, und unter der Verwaltung welcher Institution des Landes stand der Wald zuvor? Entfällt, siehe Antwort zu Frage 3. 13. Wurde in den Jahren 2013 bis 2017 Wald, der sich im Eigentum des Landes Niedersachsen befand und nicht zum Zweck des Holzeinschlags bewirtschaftet wurde, in das NWE-Programm aufgenommen, wenn ja, um viele Hektar welchen Waldes handelte es sich dabei pro Jahr, und unter der Verwaltung welcher Institution des Landes stand der Wald zuvor? Eine erste verlässliche und aussagekräftige Bilanz über den Umfang und die Qualität bereits damals nutzungsfreier Wälder in Deutschland wurde besitzübergreifend von Dezember 2010 bis Dezember 2013 im Rahmen des bundesweiten Verbundprojekts „Natürliche Waldentwicklung als Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“ (NWE5) von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) erarbeitet (https://www.nw-fva.de/index.php?id=454). Für Niedersachsen wurden Habitatbaumflächen und Naturwälder im Rahmen des LÖWE-Programms , sogenannte (biologische) Hot-Spots, Wälder des Nationalparks Harz, im Biosphärenreservat Elbtalaue, Drömling, Naturschutz- und Natura-2000-Gebiete nicht zu bewirtschaftender Wald im Umfang von 5 % des Landeswaldes ausgemacht. Im Rahmen einer ersten Bilanz 2015 machte die Kulisse durch Zurechnung weiterer Habitatbaumflächen und Erwartungsflächen des Nationalparks Harz bereits 8 % nutzungsfreie Wälder aus. Bei Eignung wurden diese Flächen in das NWE10-Programm aufgenommen. Im Einzelnen wird auf Antwort zu Frage 10 verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/299 5 14. Wird aktuell die gesamte 3 500 ha große Borkenkäfermonitoringzone des Nationalparks Harz als Stilllegungsfläche innerhalb des NWE-Programms berücksichtigt, wenn nein, welche Flächen der Monitoringzone werden in welchem Umfang aus welchen Gründen bisher nicht berücksichtigt? Nein. Es werden nur 2 800 ha innerhalb des NLP Harz in das NWE10-Programm überführt. Die restliche Fläche der Borkenkäferbekämpfungszone dient weiterhin dem Schutz angrenzender Wirtschaftswälder . 15. Ist es nach Auffassung der Landesregierung gewährleistet, dass an den Nationalpark Harz angrenzender Wirtschaftswald, der sich nicht im Eigentum des Landes befindet, nicht durch eine Verschlechterung der Borkenkäfersituation benachteiligt wird? Es ist gewährleistet, dass der an den NLP angrenzende Wirtschaftswald durch die neue Situation bei der Borkenkäferbekämpfung nicht benachteiligt wird. An wenigen Orten, an denen privater Wirtschaftswald an Nationalparkflächen angrenzt, wird die Nationalparkverwaltung weiterhin eine konsequente Borkenkäferbekämpfung durchführen. 16. Wie viele Festmeter Holzeinschlag, wie viel Umsatz sowie Gewinn und wie viele Abführungen der NLF und sonstiger Institutionen an den Landeshaushalt gehen dem Land Niedersachsen pro Hektar zusätzlicher Stilllegungsfläche im Landeswald auf der Basis der Durchschnittszahlen der vergangenen fünf Jahre verloren? Die Stilllegung von Landeswald führt im Zuge der NBS-Umsetzung zu einem reduzierten Holzeinschlag . Gegenüber 2013 kalkulieren die NLF durch NWE10 mit einem um mindestens 180 000 Festmeter reduzierten Hiebssatz pro Jahr, sobald die Zielmarke von 10 % erreicht ist. Im Mittel der Jahre 2012 bis 2016 ergibt sich für die NLF ein möglicher entgehender Umsatz von etwa 412 Euro je Jahr und ha NWE-Fläche. Dies entspricht einem entgangenen Gewinn von ca. 55 Euro je Jahr und ha. Aktuell führen die NLF 70 % des jährlichen Gewinns an das Land ab. 17. Wie viele Festmeter Rohholz werden in Niedersachsen pro Jahr zu welchen Zwecken verbraucht, und wie viele Festmeter Rohholz werden in den niedersächsischen Wäldern pro Jahr produziert (bitte für die vergangenen fünf Jahre angeben)? Die Absatzwege des niedersächsischen Holzes sind nicht bekannt. 2015 wurde für Niedersachsen und Bremen im Rahmen eines umfangreichen von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt koordinierten Verbundprojekts auf der Grundlage amtlicher Statistiken, Verbandsbefragungen und wissenschaftlicher Auswertungen eine regionale Holzrohstoffbilanz für das Bezugsjahr 2010 aufgestellt (siehe Tabelle). Demnach lag im Jahr 2010 das Rohholzaufkommen in den genannten Bundesländern bei rund 8,567 Millionen m3 Rohholzäquivalent. Beim Rohholzäquivalent handelt es sich um eine theoretische Größe, die ausdrückt, wie viele Einheiten Rohholz für die Herstellung einer Einheit der jeweiligen holzbasierten Roh-, Halb- oder Fertigware erforderlich ist. Dabei sind Ausbeuteverluste berücksichtigt . Rund 58 % des Gesamtaufkommens kamen aus dem Wald und etwa 7 % aus dem Landschaftspflegebereich. Das Altholzaufkommen hatte am Gesamtaufkommen einen Anteil von rund 13 %. Etwa 31 % des Gesamtaufkommens im Bezugsjahr 2010 wurden stofflich vor allem in der Sägeund Holzwerkstoffindustrie verwendet. Die energetische Nutzung hatte demnach mit etwa 69 % einen entsprechend hohen Anteil, wobei der Hausbrand und Biomassefeuerungsanlagen mit einer Leistung unter 1 Megawatt eine herausragende Bedeutung einnehmen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/299 6 Sortiment Aufkommen Verwendung Verwender Mio. m³ % Mio. m³ % Derbholz NH o. R. 2,253 26,3 1,490 17,4 Sägeindustrie Derbholz LH o. R. 1,795 20,9 1,022 11,9 Holzwerkstoffe Waldrestholz 0,635 7,4 Holz- und Zellstoff Derbholzrinde 0,313 3,7 0,109 1,3 Sonst. stoffliche Nutzung Landschaftspflegeholz 0,614 7,2 1,744 20,4 Biomassefeuerungsanlagen > 1 MW Kurzumtriebsplantagen 0,000 0,0 0,716 8,4 Biomassefeuerungsanlagen < 1 MW 3,307 38,6 Hausbrand Sägenebenprodukte 0,617 7,2 0,000 0,0 Sonst. energetische Verwertung Sonst. Industrieholzreste 0,437 5,1 Schwarzlauge 0,245 2,9 0,179 2,1 Energieholzprodukthersteller Altholz 1,088 12,7 Energieholzprodukte 0,478 5,6 Sonstiges 0,093 1,1 Summe 8,567 100,0 8,567 100,0 Summe Holzrohstoffbilanz für Niedersachsen und Bremen im Jahr 2010 (Mantau 2015) 18. Wie sieht die Handelsbilanz Niedersachsens beim Rohholz in den vergangenen fünf Jahren aus? Eine detaillierte Beantwortung der Teilfragen für den Zeitraum der vergangenen fünf Jahre ist nicht möglich (siehe auch Ausführungen zu Frage 17). Die durchschnittliche jährliche Gesamtnutzung von 2002 bis 2012 lag laut den Auswertungen der 3. Bundeswaldinventur in Niedersachsen bei 6,5 Millionen Erntefestmeter (BWI 2012). Da es in den vergangenen fünf Jahren keine größeren Kalamitätsereignisse wie beispielsweise den Orkan Kyrill gab und die konjunkturelle Entwicklung relativ stabil verläuft, hat sich die ermittelte Nutzungsmenge seit 2012 bis heute vermutlich nur unwesentlich verändert. 19. Werden bei der Stilllegung von Wald nach Auffassung der Landesregierung im Allgemeinen alle Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt, und wurde dies bei der Stilllegung von Landeswald in den konkreten Fällen der vergangenen fünf Jahren getan? Nachhaltigkeit ist in der Waldwirtschaft nicht allein als Nachhaltigkeit der Holznutzung zu verstehen. Ziel der Landesregierung beim NWE-Prozess sind die Wahrung aller Nachhaltigkeitsaspekte in den Regionen Niedersachsens sowie ein hohes Maß an Akzeptanz aller Beteiligten und der Bevölkerung . Die Auswahl der NWE-Flächenkulisse ist das Ergebnis eines außerordentlich intensiven Abstimmungsprozesses . Naturschutzfachliche und ökonomische Bewertungen haben diesen Prozess seit Beginn des NWE5-Projekts 2010 bis 2017 begleitet (s. auch Vorbemerkung der Landesregierung ). Die Auswirkungen auf die Beschäftigten der NLF-Forstämter, auf die finanziellen Folgen für den Landeshaushalt und auf die Holzproduktion hatten dabei eine besondere Bedeutung. Im Rahmen der Bürgerbeteiligung sind umfassende Anregungen von Einzelpersonen, Verbänden, Kommunen, Holz verarbeitender Industrie, Naturschutzbehörden und der NLF einschließlich der Berufsvertretungen der betroffenen Beschäftigten eingegangen. Zahlreiche, teils kontroverse Anregungen sind in den Entscheidungsprozess eingeflossen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/299 7 20. Ist es nach Auffassung der Landesregierung im Sinne der Nachhaltigkeit besser, hochproduktive Wälder für die Bereitstellung des Rohstoffs Holz zu verwenden, als diese komplett stillzulegen? Die Gewährleistung des Nachhaltigkeitsaspekts „Holzproduktion“ im öffentlichen Wald wird durch NWE10 zwar gemindert, aber nicht gefährdet. Bei der Auswahl der NWE10-Flächen wurden auch die Produktivität der Standorte und die Auswirkungen auf die Holzwirtschaft berücksichtigt. Es wurden für NWE10 nach Möglichkeit forstwirtschaftlich weniger wertvolle Waldbestände bzw. weniger produktive oder schwer zu bewirtschaftende (sogenannte Grenz-)Standorte ausgewählt, wenn das naturschutzfachliche Ziel „Förderung und Erhaltung der biologischen Vielfalt“ hier ebenso gut oder besser erreicht werden kann wie auf hochproduktiven Standorten mit den wertvollsten Holzvorräten. Flächen, auf denen Holzeinschlag und Pflege ruhen, werden nicht komplett stillgelegt, sondern erfüllen weiterhin vielfältige wichtige Schutz- und Erholungsfunktionen. Aus Sicht der Landesregierung ist die multifunktionale Bewirtschaftung öffentlicher Wälder der bestgeeignete Weg zur dauerhaften Gewährleistung aller Nachhaltigkeitsfunktionen auf gleicher Fläche. Sonderfunktionen und funktionale Schwerpunkte von begrenztem Umfang (z. B. für Erholungsverkehr, Naturwälder, NLP Harz, Natur-, Biotop- oder Wasserschutz) stellen die multifunktionale Bewirtschaftung dabei grundsätzlich nicht infrage. Vielmehr sind unbewirtschaftete Flächen oder Flächen mit Sonderfunktionen bereits seit Jahrzehnten integrative Bestandteile der öffentlichen Forstwirtschaft und des LÖWE- Waldschutzgebietskonzepts der Niedersächsischen Landesforsten, aus denen u. a. auch wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse über natürliche Entwicklungsprozesse in Wäldern gewonnen werden . Unter dem Gesichtspunkt einer CO2-Bindung ist eine Stilllegung von Waldflächen langfristig klimaneutral . (Verteilt am 14,02.2018) Drucksache 18/299 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Hermann Grupe und Dr. Stefan Birkner (FDP) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Wie steht die Landesregierung zur Flächenstilllegung im Landeswald?