Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3005 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Peer Lilienthal (AfD) Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung Weshalb dauert die Bearbeitung von Steuererklärungen in den Arbeitnehmerbereichen niedersächsischer Finanzämter immer länger? Anfrage des Abgeordneten Peer Lilienthal (AfD), eingegangen am 25.01.2019 - Drs. 18/2693 an die Staatskanzlei übersandt am 31.01.2019 Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums namens der Landesregierung vom 26.02.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten In der jüngeren Vergangenheit haben verschiedene Medien berichtet, dass die Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmern im bundesweiten Vergleich in Niedersachsen am längsten dauere. Im Rahmen der Antwort auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung (Drucksache 18/2150) aus dem November 2018 wurde zudem bekannt, dass die Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmern in Niedersachsen im Vergleich der Jahre 2016 bis 2018 immer länger dauert. Vorbemerkung der Landesregierung Die Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmern hat im Jahr 2018 in Niedersachsen außergewöhnlich lange gedauert. Die Ursache für die gegenüber anderen Ländern und den Vorjahren längeren Durchlaufzeiten liegt maßgeblich darin, dass es in Niedersachsen im vergangenen Jahr zu teilweise massiven und länger andauernden EDV-Störungen und -ausfällen gekommen ist, die sich negativ auf die Bearbeitungszeit ausgewirkt haben. Die Störungen beruhten zu einem erheblichen Teil darauf, dass Niedersachsen im Konsensverbund der Länder das einzige Land ist, das noch linuxbasiert arbeitet. Andere Länder arbeiten mit dem Betriebssystem Windows. Bei Updates von unterschiedlichen Verfahren führte dieser Umstand leider häufig zu Fehlern und Ausfallzeiten. Die durch die EDV-Ausfälle bedingten hohen Arbeitsvorräte konnten bisher noch nicht vollständig zurückgeführt werden. Ein weiterer Grund für die relativ lange Bearbeitungszeit im Arbeitnehmerbereich im Vergleich mit anderen Ländern ist die organisatorische Ausgestaltung. In Niedersachsen werden im Arbeitnehmerbereich Einkommensteuerfälle von natürlichen Personen geführt, die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte erzielen. Andere Länder bearbeiten im Arbeitnehmerbereich zum Teil nur Fälle mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen und allenfalls noch sonstigen Einkünften. Ein „Arbeitnehmerfall“ in Niedersachsen kann daher einen deutlich höheren Prüfungsinhalt haben als in anderen Ländern. Um den weiteren Anstieg der Durchlaufzeiten im Jahr 2018 zu begrenzen und diese im Jahr 2019 möglichst wieder an die Werte der anderen Länder heranzuführen, hat das Landesamt für Steuern Niedersachsen bereits seit Mitte 2018 verschiedene Maßnahmen ergriffen. Dabei handelt es sich u. a. um Rahmenvorgaben zur Anforderung von Belegen und die konsequente Zuführung von gescannten Papiererklärungen in das elektronische Verfahren. Ab März dieses Jahres wird darüber hinaus in mehreren Finanzämtern eine veränderte Eingangsbearbeitung pilotiert, um Hinweise, die eine automatische Bearbeitung verhindern, aber keinen großen Zeitaufwand zur Bearbeitung brauchen, bevorzugt abzuarbeiten. 1 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode 1. Drucksache 18/3005 Weshalb dauert die Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmern seit 2016 immer länger? Die Durchlaufzeiten variieren seit dem Umstieg der Steuerverwaltung auf KONSENS I nur leicht zwischen 55 und 58 Tagen (Arbeitnehmerbereich; im Betrachtungsjahr der aktuelle Veranlagungszeitraum und der davor). Das Jahr 2018 ist eine Ausnahme (Hinweis auf die Vorbemerkung). 31.12.2014 57,9 Tage, 31.12.2015 55,6 Tage, 31.12.2016 58,1 Tage, 31.12.2017 56,1 Tage, 31.12.2018 63,0 Tage. 2. Wie viele Bearbeiter sind in Niedersachsen mit der Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen für Arbeitnehmer befasst? Welchen Anteil der insgesamt in der Steuerverwaltung beschäftigten Personen haben die mit der Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmern befassten Personen? In den Arbeitnehmerbereichen der Finanzämter, in denen die überwiegende Zahl der Steuererklärungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bearbeitet werden, waren zum 01.01.2019 1 309,22 Arbeitskräfte (Vollzeiteinheiten) beschäftigt, die neben der eigentlichen Bearbeitung (Veranlagung) von Steuererklärungen auch veranlagungsbegleitende Tätigkeiten und Auskunftsdienste in den Infotheken übernehmen. Dies entspricht bei Anwendung eines Multiplikators von 1,34 für Teilzeitbeschäftigungen (abgeleitet aus der Personalbedarfsberechnung) einer Kopfzahl von 1 754 Beschäftigten. Zum 01.01.2019 waren insgesamt 9 656,11 Arbeitskräfte (Vollzeiteinheiten) in den niedersächsischen Finanzämtern beschäftigt. Dies entspricht einer Kopfzahl von 12 939 Beschäftigten. Vor diesem Hintergrund werden rund 13,6 % der Beschäftigten in den Arbeitnehmerbereichen der Finanzämter eingesetzt. 3. Ist die Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen für Arbeitnehmer teilweise automatisiert? Gibt es Steuererklärungen, die vollautomatisch in einen Steuerbescheid münden? Wenn ja, in welchem Umfang? Die Bearbeitung von Steuererklärungen erfolgt auch teilautomatisiert. Grundsätzlich werden alle Steuererklärungen des Arbeitnehmerbereichs über ein Risikomanagementsystem einer Prüfung unterzogen und dann vollständig, punktuell oder gar nicht („Autofälle“) mehr manuell geprüft. Arbeitnehmerbereich insg. - authentifizierte Erklärungen - komprimierte Erklärungen 1 Veranlagungszeitraum 2017 in 2018 Autofälle Quote 139.590 10,1 % 1 92.742 18,58 % 1 47.296 16,09 % Veranlagungszeitraum 2016 in 2018 Autofälle Quote 17.312 6,3 % 1 13.539 9,21 % 1 3.914 7,59 % bezogen auf alle authentifizierten bzw. komprimierten ELSTER-Erklärungen 4. Gibt es seit 2017 Einkommensteuererklärungen, die über sechs Monate nach Eingang unbearbeitet sind? Wenn ja, in welchem Umfang? Gibt es seit 2017 Einkommensteuererklärungen, die über zwölf Monate unbearbeitet bleiben? Wenn ja, in welchem Umfang? Die Frage kann nicht mit Bezug auf das Kalenderjahr, sondern nur mit Bezug auf einen Veranlagungszeitraum beantwortet werden. Die folgenden Zahlen beziehen sich auf den Veranlagungszeitraum 2017 für Arbeitnehmer und sonstige natürliche Personen. Insgesamt wurden 7 951 365 Spei- 2 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3005 cherkonten verarbeitet. Nicht ermittelt werden kann, ob zu den Fällen bereits anderweitige Vorgänge (Anschreiben, Rückfragen etc.) veranlasst wurden. Es gab 9 707 Fälle, die zwischen Eingang und Veranlagung einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten und 69 Fälle, die einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten aufweisen. Es gibt 8 687 Fälle, bei denen (noch) keine Veranlagung durchgeführt wurde und die seit Eingang einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten und 655 Fälle, die einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten aufweisen. 5. Gegen wie viele Einkommensteuerbescheide (ANB) wird Einspruch eingelegt? Wie häufig wird diesen Einsprüchen abgeholfen? Wie lange dauert die Einspruchsbearbeitung (nur ANB)? Bitte für die Jahre 2016 und 2017 darstellen. Zurzeit wird die Datenbank-Rechtsbehelfe (DB-Rb) in Niedersachsen eingeführt und löst die „VDVAnwendung grafisch-REBE“ ab. Die Daten können zurzeit nur bis zum 26.11.2018 ausgewertet werden. Einsprüche der Veranlagungszeiträume 2016 und 2017 bis zum 26.11.2018 (Kalenderjahren 2017 und 2018): Veranlagungs zeitraum 2016 2017 6. Anzahl Einsprüche 97.870 47.710 Anzahl Abhilfen 67.242 27.381 Erledigungsdauer in Tagen 59 34 Trifft es zu, dass die Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmern in den in der Region Hannover gelegenen Ämtern länger dauert, als im Durchschnitt des Landes? Wenn ja, weshalb? Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für Einkommensteuererklärungen von Arbeitnehmern liegt in der Region Hannover sowohl unter als auch über dem Durchschnitt. Unterschiedlich lange Bearbeitungszeiten für Einkommensteuererklärungen können viele Ursachen haben. Zu nennen sind diesbezüglich beispielsweise: – Abweichungen in der personellen Besetzung der Finanzämter, – Unterschiede zwischen den Finanzämtern in Bezug auf Ausfallzeiten (z. B. aufgrund von Krankheit oder Elternzeit), – unterschiedlich starker und unterschiedlich strukturierter Besucherverkehr, – unterschiedliches Abgabeverhalten (im Jahresverlauf und elektronisch oder Papier) der Steuerberaterinnen und Steuerberater, der Lohnsteuerhilfevereine sowie der Steuerbürgerinnen und Steuerbürger. Hierdurch werden der Arbeitsvorrat und damit auch die Bearbeitungszeit maßgeblich beeinflusst. – unterschiedliche Bearbeitungszeiten, z. B. durch notwendige Rückfragen oder fehlende Belege. (Verteilt am 28.02.2019) 3