Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3019 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD) Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung Vereinbarkeit von Amt, Mandat und politischer Tätigkeit in der Lehrerausbildung (Teil 2) Anfrage des Abgeordneten Harm Rykena (AfD), eingegangen am 25.01.2019 - Drs. 18/2723 an die Staatskanzlei übersandt am 01.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Kultusministeriums namens der Landesregierung vom 27.02.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Am 5., 6. und 7. September 2018 veranstaltete das Frauenwerk Nordkirche unter dem Motto „Zivil und ungehorsam“ Lichtinstallationen am Dorothee-Sölle-Haus in Hamburg. Mit verschiedenen Redebeiträgen beteiligten sich im Rahmen der abendlichen Veranstaltungen „Menschen aus Kirche und Stadt“, darunter u. a. Emiliy Laquer (Sprecherin Interventionistische Linke), Dr. Stefanie von Berg (Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied der HH-Bürgerschaft) und Edda Groth-Lechner (DIE LINKE, Publizistin u. a. für die Zeitschrift RotFuchs - Tribüne für Kommunisten und Sozialisten in Deutsch1 land). Die Interventionistische Linke (IL) wird seit mehreren Jahren vom Bundesamt sowie von zahlreichen Landesämtern für Verfassungsschutz (darunter Niedersachen und Hamburg) beobachtet, als linksextrem eingestuft und der Gruppe der gewaltorientierten Postautonomen zugerechnet, vgl. u. a. Verfassungsschutzbericht 2017. Ihre laut diesen Behörden verfassungsfeindliche Ausrichtung bringt die IL u. a. in ihrem Selbstverständnis zum Ausdruck: „Wir wollen eine radikale Linke, die aktiv nicht nur gegen die Zumutungen und Grausamkeiten, sondern gegen den Kapitalismus insgesamt kämpft, die dabei immer wieder neue Allianzen sucht, die Brüche vertieft und Chancen ergreift, die lieber Fehler macht und aus ihnen lernt, anstatt sich im Zynismus der reinen Kritik zu verlieren. Wir wollen eine radikale Linke, die auf den revolutionären Bruch mit dem nationalen und globalen Kapitalismus, mit der Macht des bürgerlichen Staates und allen Formen von Unterdrückung, Entrechtung, Diskriminierung orientiert ist. Kurz: Wir wollen eine neue, gesellschaftliche radikale Linke, die um politische Hegemonie ringt und Gegenmacht organisiert“ (Internetseite der IL, 19. Januar 2018, zitiert nach: Verfassungsschutzbericht Niedersachsen 2017, S. 72). 1. Ist es mit den Pflichten des Beamten, der sich mit seiner ganzen Persönlichkeit für den Erhalt und die Verteidigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzusetzen hat, vereinbar, an einer politischen Kundgebung teilzunehmen sowie öffentlich zu sprechen, an der ebenfalls eine führende Funktionärin/Aktivistin einer linksextremistischen gewaltorientierten Gruppe teilnimmt und einen Redebeitrag hält? Zum dienstrechtlichen Neutralitätsgebot wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung in der Drs. 18/2704 „Vereinbarkeit von Amt, Mandat und politischer Tätigkeit in der Lehrerausbildung (Teil 1)“ verwiesen. Nach hiesigen Erkenntnissen hat Frau Dr. von Berg stets konsequent darauf geachtet, Mandat und Dienstausübung zu trennen. Es konnte zu keiner Zeit weder eine Verletzung des institutionellen Vertrauens noch ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht beobachtet werden. 1 http://www.frauenwerk.nordkirche.de/docs/soelle_dokumentation_2018_3mb.pdf (abgerufen am 09.01.2018). 1 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode 2. Drucksache 18/3019 Sieht der zuständige Dienstherr in diesem Vorgang auch gerade vor dem Hintergrund der Stellung von Frau Dr. von Berg als Leiterin eines niedersächsischen Studienseminars der Lehrerausbildung ein Verhalten, das sich auf das institutionelle Vertrauen und die Neutralität der niedersächsischen Schulbehörde sowie auf die Vorbildwirkung der Seminarleiterin negativ auswirken könnte? Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Welche dienst- oder arbeitsrechtlichen Maßnahmen hat der Dienstherr aufgrund der gemeinsamen Teilnahme von Frau Dr. von Berg und Emily Laquer an der Veranstaltung „Zivil und ungehorsam“ nach Kenntnisnahme durch diese Anfrage ergriffen, bzw. welche Maßnahmen sollen noch erfolgen? Allein die gemeinsame Teilnahme von Frau Dr. von Berg und der im Rahmen der Fragestellung genannten Person rechtfertigt keine arbeitsrechtlichen und disziplinarischen Maßnahmen. 4. Seit wann hat die zuständige Schulbehörde von dem Arbeitsumfang von Frau Dr. von Berg (60 bis 80 Arbeitsstunden pro Woche nach eigener Auskunft) Kenntnis? Dienstrechtlich haben Mandatsinhaberinnen und -inhaber gemäß § 69 Abs. 3 NBG die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit bis auf ein Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit zu ermäßigen oder Urlaub ohne Bezüge zu beantragen. Frau Dr. von Berg hat diesen gesetzlichen Rahmen nicht ausgeschöpft. Es wird daher davon ausgegangen, dass sie ihre Tätigkeit in dem Studienseminar Stade mit einem Umfang von 75 % der regelmäßigen Arbeitszeit zeitlich mit ihrem Mandat in der Hamburgischen Bürgerschaft vereinbaren konnte. Die Tätigkeit im Hauptamt von Frau Dr. von Berg war zu keiner Zeit zu beanstanden. Der Niedersächsische Landesschulbehörde (NLSchB) sind keine Verstöße gegen die politische Neutralitätspflicht bei der Ausübung der Funktion einer Leiterin des Studienseminars für das Lehramt an berufsbildenden Schulen bekannt. Es bestand dementsprechend kein Anlass, dienstrechtliche Maßnahmen gegen Frau Dr. von Berg zu ergreifen. 5. Gab es für die zuständige Behörde Anhaltspunkte, dass unter der politischen Nebentätigkeit Frau Dr. von Bergs als Bürgerschaftsabgeordnete, als schulpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, als Vorsitzende des Ausschusses für Schule und Berufsbildung und aufgrund ihrer Wahlkreisaktivitäten ihre Berufsausübung als Leiterin des Studienseminars litt? Wenn ja, welche Maßnahmen hat die Schulbehörde wann ergriffen? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 6. Welche Stelle innerhalb der niedersächsischen Schulbehörde hat die Nebentätigkeit Frau Dr. von Bergs als Bürgerschaftsabgeordnete inklusive ihrer Funktion und ihrer Wahlkreistätigkeit wann überprüft und genehmigt? Zur Ausübung eines politischen Mandats besteht keine Genehmigungspflicht. Vor dem Hintergrund eventueller Inkompatibilitäten von Amt und Mandat hat der Gesetzgeber ein entsprechendes Regelungssystem erschaffen, in dessen Rahmen die Wählbarkeit und Ausübung eines Mandates genehmigungsfrei möglich ist. Die diesbezüglichen Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis folgen unmittelbar aus dem Gesetz (§ 69 NBG i. V. m. AbgG); eine besondere Verfügung des Dienstherrn, die diese Rechtslage herbeiführt, ist nicht erforderlich. Auch die Aufnahme einer Nebentätigkeit ist auf Grundlage von §§ 69 Abs. 2 S. 1 NBG, 5 Abs. 1 S. 1 AbgG nicht anzeigepflichtig. 2 Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3019 Anhaltspunkte, die ein Tätigwerden der NLSchB erforderlich machen, bestehen und bestanden nicht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung in der Drs. 18/2704 verwiesen. (Verteilt am 28.02.2019) 3