Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3044 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung Was plant die Landesregierung hinsichtlich einer zentralen Ausländerbehörde des Landes? Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE), eingegangen am 29.01.2019 - Drs. 18/2727 an die Staatskanzlei übersandt am 01.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport namens der Landesregierung vom 27.02.2019 Vorbemerkung des Abgeordneten Im Rahmen einer Unterrichtung im Ausschuss für Inneres und Sport stellte das Innenministerium am 17. Januar 2019 seine Überlegungen zu einer landesweit agierenden zentralen Ausländerbehörde des Landes vor. Zweck sei die weitere Optimierung und Zentralisierung des Rückführungsvollzuges . Die Zuständigkeit für den Rückführungsvollzug nach Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreiseverpflichtung solle auf eine landesweit agierende zentrale Ausländerbehörde des Landes verlagert werden. Als Vorteile einer solchen Behörde sieht die Landesregierung laut der Unterrichtung die Vereinheitlichung und Optimierung der Rechtsanwendung, die landeseinheitliche Entscheidungspraxis bei der Erteilung von Duldungen und damit auch von Beschäftigungserlaubnissen für vollziehbar ausreisepflichtige Personen sowie die stärkere Spezialisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, höhere personelle Kontinuität und dadurch den Aufwuchs von Erfahrungswissen. Die Aufgabenverlagerung von den Kommunen an das Land werde gegenwärtig in einem Projekt konkret erarbeitet. Sie solle sukzessive erfolgen, entsprechend dem Aufwuchs des Personalbestands in der vorgesehenen zentralen Landesbehörde. Langfristig würden nach gegenwärtiger Schätzung 200 VZE in der Landesbehörde erforderlich sein. In einer ersten Ausbaustufe sollen die neuen Aufgaben mit 50 VZE begonnen werden. Diese Stellen seien für das Haushaltsjahr 2019 bereits bewilligt . Im Rahmen der auf die Unterrichtung folgenden Aussprache im Ausschuss ergänzte das Innenministerium , es biete sich an, die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen um die zentrale Ausländerbehörde des Landes zu erweitern. Die grobe Zielrichtung sei, ab Mitte 2019 die ersten Bearbeitungen durch die Landesbehörde durchführen zu können. Die Ortsebene würde nach wie vor Ansprechpartner sein. Die Ausländerinnen und Ausländer müssten also nicht in der Zentrale vorsprechen . Nur die aktenmäßige Bearbeitung würde von dieser zentralen Behörde vorgenommen. 1. Inwiefern sind die Rechtsanwendung und die Entscheidungspraxis bei der Erteilung von Duldungen und von Beschäftigungserlaubnissen für vollziehbar ausreisepflichtige Personen bisher uneinheitlich? Wo genau sieht die Landesregierung Optimierungsbedarf ? In wie vielen Fällen hat die Landesregierung im Jahr 2018 Entscheidungen oder Vorgänge von Ausländerbehörden korrigiert? Die Struktur des Rückführungsvollzuges geht von der umfassenden Zuständigkeit der kommunalen Ausländerbehörde bis einschließlich zur Einleitung der Abschiebung aus. Um eine möglichst einheitliche landesweite Anwendung des Aufenthaltsrechts zu erreichen, organisiert das Innenministerium regelmäßig themenbezogene Dienstbesprechungen mit den Ausländerbehörden, in deren Rahmen Probleme aus der ausländerbehördlichen Praxis erörtert und Lösungsansätze erarbeitet werden. Die Gründe, die zur Erteilung von Duldungen als inlandsbezogenes Vollzugshindernis bei der Durchführung des Rückführungsvollzugs führen, sind regelmäßig Thema bei den Besprechun- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3044 2 gen. Der fachliche Austausch kann dabei den kommunalen Ausländerbehörden als Orientierung bei der Entscheidung über die Erteilung von Duldungen im individuell-konkreten Fall dienen, soweit kein Anspruch auf Erteilung einer Duldung besteht. Dies gilt gleichermaßen für die Prüfung des Vorliegens von Versagungsgründen im Zusammenhang mit einer Beschäftigungserlaubnis für Geduldete nach § 60 a Abs. 6 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Gleichwohl ist es auch eine wiederkehrende Erkenntnis aus den Dienstbesprechungen, dass einzelne ausländerrechtliche Fragen von den kommunalen Ausländerbehörden unterschiedlich gelöst werden. Dies betrifft beispielsweise Fälle, in denen an Ermessensentscheidungen unterschiedliche Maßstäbe angelegt oder aufgrund der sehr hohen Arbeitsbelastung unterschiedliche Prioritäten bei der Bewältigung der vielfältigen ausländerrechtlichen Aufgaben gesetzt wurden. Lösungsansätze, die in einzelnen kommunalen Ausländerbehörden entwickelt werden, sind zudem nicht unmittelbar für andere Ausländerbehörden zugänglich. Auch wenn die Dienstbesprechungen zu einer Vereinheitlichung der Verfahren und zum Erfahrungsaustausch beitragen, bietet die Wahrnehmung der Aufgaben in einer zentralen Behörde die Chance, landeseinheitliche Verfahren leichter umzusetzen und landesweit schneller auf Veränderungen und neue Herausforderungen zu reagieren. Statistische Erhebungen über die Anzahl der Fälle, in denen im Jahr 2018 Einfluss auf Entscheidungen kommunaler Ausländerbehörden durch Beratung oder Weisung im Wege der Fachaufsicht genommen worden ist, liegen nicht vor. 2. Ist die personelle Fluktuation in den Ausländerbehörden höher als in anderen kommunalen Behörden? Was macht die Arbeit für kommunale Bedienstete in einer Ausländerbehörde attraktiv bzw. unattraktiv? Welchen Einfluss haben diese Faktoren auf die Überlegungen der Landesregierung zur zukünftigen Personalgewinnung für die zentrale Ausländerbehörde des Landes? Die Landesregierung hat die kommunalen Ausländerbehörden zu diesen Fragestellungen um Stellungnahme gebeten. Es liegen die Antworten von 38 der 54 Ausländerbehörden vor. Wegen der Kurzfristigkeit der Abfrage war es den Ausländerbehörden zum Teil nicht möglich, hinsichtlich der Fluktuation statistisch valide Vergleichszahlen zu anderen Aufgabenbereichen ihrer Behörde zu erheben. Eine erhöhte Fluktuation in den Ausländerbehörden sei vereinzelt zu verzeichnen . Zudem seien die Ausländerbehörden von der grundsätzlichen Herausforderung der Personalgewinnung in den Kommunen betroffen. Gründe, die die Arbeit für Bedienstete in der Ausländerbehörde attraktiv machten, seien insbesondere der rege Publikumsverkehr mit direktem Bürgerkontakt sowie die Freude im Umgang mit fremden Kulturen. Es sei eine verantwortungsvolle Aufgabe in einem interessanten Rechtsgebiet. Gründe, die die Arbeit für Bedienstete in der Ausländerbehörde unattraktiv machten, seien vor allem die hohe Arbeitsbelastung einhergehend mit hoher psychischer Belastung und Stress. Auch das schlechte Image der Ausländerbehörde sowie der Umgang mit schwieriger Klientel zählten zu den negativen Aspekten der Beschäftigung in der Ausländerbehörde. Die Landesregierung sieht in der weiteren Zentralisierung der Aufgaben im Rückführungsvollzug u. a. die Chance, eine Differenzierung der Tätigkeitsbereiche und damit eine größere Spezialisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erreichen. Eine höhere Spezialisierung ist in diesem komplexen Rechtsgebiet von Vorteil, um den hohen Anforderungen gerecht zu werden, und kann daher dazu beitragen, die Stressbelastung zu reduzieren. Darüber hinaus besitzt eine zentrale Behörde einen größeren Stellenpool und bietet damit mehr Möglichkeiten der Personalentwicklung innerhalb des Tätigkeitsbereiches Rückführungsvollzug. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3044 3 3. Welche Behörden oder Behördenteile arbeiten mit welchen Kapazitäten an dem Projekt zur Aufgabenverlagerung von den Kommunen auf das Land? Für das Projekt sind aktuell im Ministerium für Inneres und Sport (MI) Freistellungen i. H. v. 1,5 Vollzeiteinheiten (VZE) erteilt worden. Dabei handelt es sich um 0,75 VZE für die Projektleitung sowie 0,75 VZE für die Geschäftsstelle. Darüber hinaus arbeiten Kolleginnen und Kollegen aus den Fachreferaten der Abteilung Migration und Geoinformation des MI, der Abteilung Zentrale Angelegenheiten des MI sowie der Landesaufnahmebehörde in vier unterschiedlichen Arbeitsgruppen ohne Freistellung. In diesen Arbeitsgruppen haben die kommunalen Spitzenverbände unterstützend Personal aus den Kommunen zur Mitarbeit benannt. 4. Bis wann soll der laut Landesregierung geschätzte Bedarf von 200 VZE für die Landesbehörde gedeckt sein? Das Projektziel wird im Projektauftrag mit der Einrichtung einer Organisationseinheit als Zentralstelle für den Rückführungsvollzug im Umfang von 50 VZE unter Berücksichtigung des Vollausbaus mit einer Ausweiterung in einer Größenordnung von 200 VZE beschrieben. Die Fragen der Ressourcen sind dabei Bestandteil der laufenden Projektarbeit. 5. Nach welchen Kriterien sollen die ab Mitte 2019 vorgesehenen Bearbeitungen durch die neue Landesbehörde ausgewählt werden? Falls eine regionale Auswahl getroffen werden soll, welche Regionen werden zuerst ihre Fälle an die Landesbehörde abgeben? Es stellt einen Teil der Projektarbeit dar, nach welche Kriterien die vorgesehenen Bearbeitungen durch die einzurichtende Zentralstelle ausgewählt werden. Die Erarbeitung im Projekt ist auch in diesem Punkt ergebnisoffen und wird zu gegebener Zeit vorgestellt werden. (Verteilt am 01.03.2019) Drucksache 18/3044 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage des Abgeordneten Belit Onay (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport Was plant die Landesregierung hinsichtlich einer zentralen Ausländerbehörde des Landes?