Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3078 1 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung Widersprüche im Fall „MSC Zoe“: Ist der Verkehrsminister ausreichend und richtig informiert ? Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE), eingegangen am 30.01.2019 - Drs. 18/2735 an die Staatskanzlei übersandt am 05.02.2019 Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 01.03.2019 Vorbemerkung der Abgeordneten In der Plenarsitzung am 25. Januar 2019 hat Verkehrsminister Bernd Althusmann im Rahmen der Fragestunde angegeben, dass nach seinem Kenntnisstand die „MSC Zoe“ vor dem Ladungsverlust als Letztes den belgischen Hafen Antwerpen angelaufen habe. Am 29. Januar 2019 hieß es hingegen im Unterausschuss Häfen und Schifffahrt, dass die „MSC Zoe“ nicht im Hafen Antwerpen angelegt hatte, sondern direkt aus Sines in Portugal kam. Außerdem teilte der Minister in der Fragestunde auf die zweimaligen Nachfragen (MdL Santjer, MdL Janssen-Kucz) bezüglich der Frachtlisten und des Inhaltes der Container mit, dass er „in der Tat Kenntnisse über die Inhalte der Container habe, aber nicht vollumfänglich. Wir wissen, dass sich in einem Container Batteriezellen befunden haben und in einem weiteren Container Gefahrgut. Die genauen Erkenntnisse werden derzeit noch ermittelt.“ Sowie: „Zum genauen Inhalt hält sich die Reederei MSC bisher bedeckt. Sie verweist dabei leider auf vertrauliche Vertrags- und Kundenbeziehungen . Da haben wir rechtlich keine Möglichkeiten.“ In der Unterrichtung teilte das Havariekommando aber mit, dass die Ladungslisten zwei bis drei Tage nach der Havarie dem Havariekommando vollständig vorgelegen hätten und das Gefahrgut, auch nach Gefahrgutklassen, identifiziert werden konnte. Schon im Sommer 2018 äußerte sich Minister Althusmann widersprüchlich und korrigierte seine Aussagen im Plenum. So behauptete Minister Althusmann während einer Debatte im Plenum, dass ein Artikel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom 20. Juni 2018 zum Breitbandausbau in Niedersachsen „falsch“ sei. Angeblich hätten mehr als 30 Kommunen, die in dem Artikel erwähnt wurden und einen Antrag auf Förderung gestellt hatten, bereits einen Brief und eine Zusage vom Land erhalten. Kurz darauf korrigierte Minister Althusmann am 22. Juni 2018 seine Aussage im Rahmen einer Geschäftsordnungsdebatte im Landtag. Die Förderbescheide waren nämlich noch nicht versendet worden. Die HAZ titelte daraufhin „Widersprüchliche Aussagen: Althusmann unter Druck“ (HAZ 25.6.2018). In dem Artikel heißt es weiter, dass der Minister „den Landtag offenbar falsch informiert“ habe. Vorbemerkung der Landesregierung Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (MW) hat vom Lagezentrum des Ministeriums für Inneres und Sport (MI) regelmäßig die „Besonderen Lageinformationen“ des Havariekommandos erhalten. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3078 2 Hinsichtlich des aktuellen Stands der Ermittlungen gab es einen Austausch des MW mit der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung. Außerdem tauschte sich das MW im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD vom 9. Januar 2019 (Drs. 18/2562) mit dem Ministerium für Inneres und Sport sowie mit dem Justizministerium aus. Zu allgemeinen Fragen des Unfallgeschehens, der Besenderung von Containern sowie zu den geltenden Vorschriften zum Gefahrguttransport auf See fand ein Informationsaustausch zwischen den Fachebenen des MW und des Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU) statt. 1. Wann und in welcher Weise bestand Kontakt und fand ein Informationsaustausch zur havarierten „MSC Zoe“ zwischen Verkehrsminister Bernd Althusmann und seinem Verkehrsministerium mit Umweltminister Olaf Lies und dem Umweltministerium statt? Zwischen dem MW und dem MU fand im Rahmen der Vorbereitung der Plenarsitzung des Landtags am 25. Januar 2019 hinsichtlich der Havarie zur „MSC Zoe“ und des betreffenden Tagesordnungspunktes TOP 29 a ab dem 14. Januar 2019 ein regelmäßiger Austausch statt. Dabei wurden Informationen per E-Mail sowie telefonisch auf Fachebene ausgetauscht. Im Wesentlichen lieferte das MU dem MW auf fachlicher Ebene verschiedene Hintergrundinformationen zum Unfall der „MSC Zoe“ und es fand eine abschließende Abstimmung zwischen den Ministerien zur finalen Beantwortung der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD vom 9. Januar 2019 (Drs. 18/2562) statt. Im Einzelnen ging es bei dem Informationsaustausch u. a. um allgemeine Daten über das Containerschiff „MSC Zoe“ und die geladenen Container. Es wurden Informationen über die Menge der über Bord gegangenen Ladung und über den an den Stränden angespülten Müll ausgetauscht sowie die Umweltrisiken von Plastikmüll im Meer erörtert. Außerdem ging es bei dem Austausch um die abgekürzte Route der „MSC Zoe“ über die „Terschelling German Bight“ sowie um die Prüfung einer Verpflichtung auch für Containerschiffe, den Tiefwasserweg „German Bight Western Approach “ zu befahren. 2. In welcher Weise und mit welchen Ergebnissen hatten Verkehrsminister Althusmann und das Verkehrsministerium Kontakt mit dem Havariekommando, um sich über die „MSC Zoe“ auszutauschen? Das MW hatte keinen direkten Kontakt mit dem Havariekommando. Der Informationsaustausch fand über das MU statt, das im direkten Kontakt mit dem Havariekommando stand. Für die Situationsbeschreibung wurden die allgemein zugänglichen Presseinformationen des Havariekommandos herangezogen. 3. Wann hatte Verkehrsminister Althusmann bzw. sein Ministerium bezüglich der „MSC Zoe“ Kontakt zum zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur , und welche Informationen erhielten Minister Althusmann und sein Haus auf diesem Weg? Es fand kein Austausch zwischen dem MW und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zum Unfall der „MSC Zoe“ statt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3078 3 4. Wann und mit welchen Ergebnissen tauschte sich Bernd Althusmann mit Staatssekretär Enak Ferlemann des Bundesverkehrsministeriums über die havarierte „MSC Zoe“ aus? Bezüglich der havarierten „MSC Zoe“ gab es keinen Austausch zwischen Minister Dr. Althusmann und Staatssekretär Ferlemann. 5. Wie kam es dazu, dass Minister Althusmann äußerte, die „MSC Zoe“ habe vor ihrer Havarie im Hafen Antwerpen angelegt, obwohl sie tatsächlich aus Sines/Portugal kam? Der Irrtum der Landesregierung beruhte maßgeblich auf den ersten beiden Presseinformationen des Havariekommandos vom 2. Januar 2019, die den Hinweis enthielten, dass die „MSC Zoe“ auf dem Weg von Antwerpen nach Bremerhaven Container in der Nordsee verloren habe. Diese unzutreffende Information war zudem in diversen öffentlich zugänglichen Pressenachrichten zu lesen. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtete am 7. Januar 2019 - knapp eine Woche nach der Havarie -, dass die „MSC Zoe“ auf dem Weg von Antwerpen nach Bremerhaven Container verloren habe. Auch in der Nordwest-Zeitung sowie in der Emder Zeitung war noch am 12. Januar 2019 der Hinweis auf Antwerpen enthalten. Die dargestellten Quellen sind hierbei nur beispielhaft für viele weitere Pressemeldungen genannt, die ebenfalls tagelang den fehlerhaften Hinweis enthielten. Auch in der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD vom 9. Januar 2019 (Drs. 18/2562) hieß es unzutreffend : „Anfang Januar 2019 verlor der Container-Frachter ‚MSC Zoe‘ auf seinem Weg von Antwerpen nach Bremerhaven vor der Küste Frieslands mindestens 277 Container“. Aufgrund dieser dem MW vorliegenden Informationen kam es zu der unzutreffenden Aussage des Ministers. Aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Informationsquellen wurde jedoch kein Anlass gesehen, hinsichtlich des letzten Anlaufhafens der „MSC Zoe“ besondere Nachforschungen anzustellen oder diese Information kritisch zu überprüfen. Im Rahmen der Unterrichtung durch das Havariekommando zum Thema „Aktuelle Entwicklungen im Hinblick auf die Havarie der MSC Zoe und zukünftige Problembekämpfung“ in der 8. Sitzung des UAHuSch am 29. Januar 2019 konnte der Irrtum aufgeklärt werden. 6. Wie kam Minister Althusmann zu der Aussage, die Frachtlisten seien nicht bekannt gewesen , obwohl das Havariekommando, vertreten durch Herrn Hans-Werner Monsees, im Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ angab, dass die vollständigen Listen bereits zwei bis drei Tage nach der Havarie am 2. Januar 2019 vorlagen und damit bekannt waren? Dem MW sowie dem MU lag in der Plenarsitzung am 25. Januar 2019 keine Ladeliste der „MSC Zoe“ vor, und es war auch keine Weitergabe der Ladeliste durch das Havariekommando erfolgt. Daher hatten die genannten Ministerien am 25. Januar 2019 tatsächlich keine Kenntnisse über den Inhalt der Ladeliste. Zutreffend ist allerdings, dass die Ladeliste zum Zeitpunkt der vorgetragenen Antwort der Landesregierung bereits dem Havariekommando vorlag. Das Havariekommando ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und der Küstenländer und kann bzw. hat eine Schadenslage nach § 9 der Vereinbarung über die Errichtung des Havariekommandos (HKV) sowie nach §§ 2 bis 4 der Vereinbarung über die Bekämpfung von Meeresverschmutzungen (Rd. Erl. d. MU v. 07.02.2003, Nds. MBl. S. 183) aufgrund einer unmittelbar bevorstehenden komplexen Schadenslage, aufgrund einer eingetretenen komplexen Schadenslage, aufgrund eines komplexen Schadstoffunfalls oder aufgrund eines Ersuchens des betroffenen Küstenlandes oder eines Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts zu übernehmen. Bei der Havarie der „MSC Zoe“ erfolgte kein Ersuchen durch die Landesregierung. Der Leiter des Havariekommandos übernahm die Einsatzleitung für die Schadenslage durch Ausübung seines Selbsteintrittsrechts nach § 9 HKV. Die Partner der Vereinbarung haben erklärt, dem Leiter des Havariekommandos im Einsatzfall weitgehende fachliche Unabhängigkeit einzuräumen. Dementsprechend erhielt das Hava- Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode Drucksache 18/3078 4 riekommando auch keine Weisungen seitens der Landesregierung, z. B. zur Einholung der Ladeliste gegenüber der Reederei MSC, sondern es war in dieser Angelegenheit selbstständig tätig. Die Gespräche der Landesregierung mit dem Havariekommando konzentrierten sich auf die Organisation der Ufer- und Strandreinigung. Dementsprechend wurde auch keine Bitte an das Havariekommando gerichtet, die Ladeliste an die Landesregierung weiterzuleiten. 7. In welcher Weise und wann wird Minister Althusmann im Fall seiner Aussagen zur „MSC Zoe“ eine Klarstellung vornehmen? Mit Schreiben vom 8. Februar 2019 wurde gegenüber der Präsidentin des Landtags eine schriftliche Klarstellung abgegeben. 8. Hat Minister Althusmann gegenüber dem Landtag nicht korrekte Aussagen getroffen? Die in Rede stehenden Antwortbeiträge des Ministers erfolgten auf Grundlage der dem MW zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Unterlagen nach bestem Wissen und Gewissen. Ergänzend wird auf die vorstehenden Antworten verwiesen. (Verteilt am 05.03.2019) Drucksache 18/3078 Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung gemäß § 46 Abs. 1 GO LT mit Antwort der Landesregierung Anfrage der Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Detlev Schulz-Hendel (GRÜNE) Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung Widersprüche im Fall „MSC Zoe“: Ist der Verkehrsminister ausreichend und richtig informiert?